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Risikofaktor Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
In diesem Artikel:
- Was genau ist ein Diabetes?
- Diabetes mellitus-Typ-1
- Diabetes mellitus-Typ-2
- Warum ist Diabetes so gefährlich?
- Was kann ich selbst tun?
- Konkrete Tipps zur Lebensweise
Neben dem Bluthochdruck ist die Zuckerkrankheit der gefährlichste und immer häufiger vorkommende Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und somit auch ein Risikofaktor für Bluthochdruck, Hirninfarkt und Herzinfarkt.
Prävalenz von Diabetes
In weniger als drei Jahrzehnten (1985-2013) ist das weltweite Vorkommen (Prävalenz) von 30 Millionen auf unglaubliche 382 Millionen Einwohner gestiegen. Prognosen weisen darauf hin, dass sich dieser Anstieg fortsetzt: Bis zum Jahr 2035 auf 592 Millionen.
80 Prozent aller Diabetiker leben in Ländern mit niedrigen bis mittleren Einkommen, z.B. in Indien, Südostasien oder Indonesien. In Deutschland sind ca. 10 Prozent der Einwohner (8,2 Millionen) betroffen. Tendenz ebenfalls steigend.
Was genau ist ein Diabetes mellitus?
Diabetes eine Gruppe von Stoffwechselstörungen, die mit einer Erhöhung des Zuckergehalts im Blut (sog. Hyperglykämie) einhergehen. Verantwortlich können Erbanlagen und/oder Risikofaktoren wie Übergewicht, Bewegungsmangel, falsche Ernährung u.a. sein.
Es werden zwei Typen der Zuckerkrankheit unterschieden:
Diabetes mellitus-Typ-1
Der Diabetes mellitus-Typ-1 (sog. “jugendlicher Diabetes”), der meist vor dem 30. Lebensjahr auftritt. Ursache ist eine Erkrankung des körpereigenen Immunabwehr-Systems (eine sog. Autoimmunerkrankung), welche die Produktion des blutzuckersenkenden Insulins verhindert. Insulin wird als Hormon in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) produziert und kontrolliert den Blutzucker (Glucose, GLU) – Spiegel im Blut.
Diabetes mellitus-Typ-2
Der Diabetes mellitus-Typ-2 (“Altersdiabetes”) wird auf eine mangelhafte Reaktion der Zellen auf Insulin (sog. Insulinresistenz), eine unzureichende Produktion des Insulin in der Bauchspeicheldrüse oder die vermehrte Produktion von Glucose (Zucker) in der Leber zurückgeführt.
Charakteristisch für den Typ-2 ist, dass er mit zunehmendem Alter immer häufiger auftritt und dabei lange Zeit unbemerkt bleibt. Bedauerlicherweise auch bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Als Ursache wird vor allem Übergewicht (Adipositas) verantwortlich gemacht.
Risikofaktoren für den Typ-2 sind unter anderem: familiäre Belastung, Übergewicht, Bewegungsmangel, Bluthochdruck und sehr niedriges HDL-Cholesterin.
Warum ist Diabetes mellitus so gefährlich?
Die negativen Auswirkungen bleiben häufig über viele Jahre hinweg unbemerkt, Patienten können bis zu 10 Jahre lang frei von Symptomen sein. Das betrifft vornehmlich den Diabetes-Typ- 2.
Deshalb wird empfohlen, bei Personen über 45 mindestens alle drei Jahre sowohl den Blutzucker im nüchternen Zustand als auch den HbA1c-Wert (“Langzeitwert”) zu bestimmen – bei übergewichtigen bzw. adipösen Menschen in jährlichen Abständen.
Gefährlich ist der erhöhte Blutzucker nicht nur hinsichtlich der Entwicklung der Arteriosklerose – vor allem der hirnversorgenden Arterien im Halsbereich und der Herzkranz-Arterien. Auch die Schädigung der Augen mit gravierenden Sehstörungen (diabetische Retinopathie), der Nieren und der Nerven (diabetische Polyneuropathie) sind nicht selten Folgen eines Diabetes.
Häufig wird dieser erst erkannt, wenn eine der genannten Folgeschäden den Betroffenen zum Arzt führt. Die Früherkennung ist somit entscheidend.
Kann ich die Entstehung und Behandlung des Diabetes mellitus selbst beeinflussen?
Ja, das ist ohne wesentliche Einschränkungen sehr gut möglich. Allerdings setzt dies einen gesundheitsbewussten Lebensstil voraus und auch Disziplin sich selbst gegenüber. Ohne diese Voraussetzungen haben unsere ärztlichen Bemühungen wenig Aussicht auf Erfolg.
Wir können nur versuchen, gravierende Folge-Erkrankungen zu verhindern oder zu behandeln. Patienten haben also die Entwicklung eines Diabetes – vor allem des Typ-2 – selbst in der Hand.
Unsere Empfehlungen
Die wichtigsten und wissenschaftlich gesicherten Empfehlungen sind:
Verhindern bzw. Abbau von Übergewicht
Übergewicht ist der gefährlichste Risikofaktor für die Entstehung eines Diabetes-Typ-2. Besonders bösartig ist das Bauchfett als Hinweis für Fettspeicher auch in der Bauchhöhle, vor allem in der Leber – mit der Folge Fettleber. Das Messen des Bauchumfanges ist anzuraten.
Ausreichend Bewegung in den Alltag integrieren
So zum Beispiel: Laufen beim Telefonieren, Treppen statt Rolltreppen oder Aufzüge nehmen, Dehn- und Kraftübungen (z.B. mit dem “Deuser-Band” oder Hanteln) vor dem Fernseher, tägliche Bewegung von mindestens 30 Minuten an der frischen Luft (z.B. Walken, Joggen, Fahrradfahren). Das hilft auch bei der Gewichtsreduktion und trägt zum allgemeinen Wohlbefinden bei.
“Ehrliche” und bewusste Reflektion der Ernährungsgewohnheiten
Erfreulicherweise sind die Zeiten vorüber, in denen von Ärzten und Ernährungsberatern bei Diabetes Zucker verboten und ein strenger Diätplan empfohlen wurde. Allerdings gilt weiterhin die Empfehlung, die tägliche Zuckermenge einzuschränken.
Nichts ist verboten. Es geht vielmehr um eine persönlich abgestimmte gesunde Ernährung durch eine vollwertige Mischkost:
Täglich pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Ballaststoffe wie Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen und Linsen, Vollkornbrot, Kartoffeln und Reis;
Seltener tierische Lebensmittel wie Fleisch (Geflügel statt Schweinefleisch) und Fisch (empfehlenswert Thunfisch, Lachs, Makrele), weniger Butter und stark fetthaltige Käse- oder Wurstsorten und vor allem weniger Süßigkeiten.
Das ist die “Mittelmeerkost”, die allgemein zur Verhinderung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfohlen wird. Sie verhilft auch zur Gewichtsreduktion.
Die sicherste Methode der Gewichtsreduktion besteht darin, die Kalorienzufuhr täglich um 500-800 Kalorien zu reduzieren. Auf Kaffee muss nicht verzichtet werden, allerdings auf stark fetthaltige Milchprodukte und Zucker. Auch ein Glas Wein oder Bier ist erlaubt – für Frauen 0,125 ml (⅛ l ) Wein und für Männer 0,5 l Bier.
Softdrinks sollten vermieden werden, dafür wird empfohlen, mindestens 2-3 Liter kalorienarme Flüssigkeit (Tee) oder Wasser zu trinken.
Fett (9,3 kcal. pro Gramm) und Alkohol (7,1 kcal pro Gramm) haben den höchsten Kaloriengehalt, Kohlehydrate und Eiweiß dagegen jeweils nur 4,1 kcal pro Gramm, eine leicht erhältliche Kalorientabelle gibt Aufschluss und erleichtert die richtige Wahl der Nahrungsmittel. Danach kann der Kühlschrank mit einem persönlichen Ernährungsplan “geschmückt” werden.
Rauchverzicht
Wer auf das Rauchen (Nikotin) verzichtet, senkt das Risiko, einen Diabetes-Typ-2 zu entwickeln, um 30-50 Prozent. Rauchen wird als “der Blutgefäß-Killer” bezeichnet und ist zudem krebserregend.
Schlaf
Schlafmangel oder gestörter Schlaf erhöhen die Blutzuckerwerte, vor allem das Schlaf-Apnoe-Syndrom ist ein Risikofaktor für Schlaganfälle.
Stress
Stress bzw. Stresshormone führen zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels.
Vielen von uns fällt es schwer, ungesunden Stress abzubauen. Eine häufige Antwort ist: ”Das ist leicht gesagt”.
Dennoch lohnt es sich sehr, darüber nachzudenken, wie Stress vermieden werden kann. Wichtig sind hierfür die konsequente Einhaltung von Ruhe- und Kommunikationspausen, die Ablenkung durch körperliche oder musische Aktivitäten und das Erlernen von Entspannungstechniken wie autogenes Training, Yoga, Pilates u.a.
Videotranskript
Auch die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus genannt) ist ein bedeutender Risikofaktor für Schlaganfälle. Diese Krankheit erhöht das Schlaganfallrisiko um das Zwei- bis Dreifache.
Diabetes wird oft erst spät entdeckt, denn viele Betroffene haben zu Beginn ihrer Erkrankung keine Beschwerden.
Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte – Ärzte sprechen von einer Hyperglykämie – begünstigen die Verkalkung der Innenwände von Arterien, somit die Arteriosklerose.
Allgemein gilt: Bei Diabetikern entwickelt sich eine Arteriosklerose früher und ausgeprägter als bei Menschen mit einem gesunden Stoffwechsel.
Häufig wirken mehrere, zum Teil auch genetisch bedingte Faktoren zusammen. So hat die Kombination aus „bauchbetontem“ Übergewicht, hohem Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen und Typ-2-Diabetes sogar einen eigenen Namen. Dieser lautet: „metabolisches Syndrom“.
Diabetes kann mit Insulinspritzen oder medikamentös behandelt werden. Aber auch Sie selbst können Ihren Blutzuckerspiegel „in Schach halten“ – und zwar mit einer gesunden Lebensführung. Dazu gehören eine Ernährungsumstellung, eine Gewichtsabnahme bei Übergewicht und körperliche Aktivität.
Damit verringern Sie die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden.
Autor
Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen ist niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am Neurozentrum Ravensburg. Als Chefarzt leitete er die Abteilung für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit gehört die Diagnostik und Behandlung von Schlaganfällen. [mehr]
Quellen
- Prävalenz und Inzidenz von Diabetes mellitus in Deutschland – Autoren: Tamayo, Teresa; Brinks, Ralph; Hoyer, Annika; Kuß, Oliver; Rathmann, Wolfgang – Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 177-82; – DOI: 10.3238/arztebl.2016.0177
- Das Geheiminis der herzgesunden Mittelmeerkost – Prof. (DHfPG) Dr. Thomas Wessinghage – Gesundheitswissen.de
- Kalorientabelle zum Ausdrucken
- Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
- Deutsche Diabetes Hilfe