Herzdruckmassage und Herz-Lungen-Wiederbelebung ▷ Reanimation
In diesem Artikel:
- Was ist eine Herzdruckmassage?
- Wie wird die Herzdruckmassage durchgeführt?
- Muss man den Bewusstlosen beatmen?
- Wie funktioniert die Beatmung?
- Hinweise und Tipps
- Wann sollte die Reanimation beendet werden?
- Welche Risiken kann eine Reanimation haben?
- Folgeschäden einer zu späten Wiederbelebung
- Kann man bei einem Herzstillstand den Defibrillator einsetzen?
Im Jahr 2019 hat das Deutsche Reanimationsregister1 unter Berücksichtigung aktueller Zahlen herausgefunden, dass mindestens 50.000 Menschen pro Jahr außerhalb eines Krankenhauses von einem Herz–Kreislauf–Stillstand betroffen sind.
Es überleben nur 10 Prozent dieser Patienten, wobei man annimmt, dass mehr Betroffene überleben könnten, wenn mehr Menschen im Bedarfsfall Reanimationsmaßnahmen beherrschen und durchführen würden. Es wurde zudem festgestellt, dass in den letzten Jahren immer mehr ungeübte Ersthelfer Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet haben, jedoch noch nicht genug. Im Jahr 2019 wurde bei ca. 40 Prozent der Betroffenen eine Reanimation durch Laien vor Eintreffen der Rettungskräfte durchgeführt.
Es kann jedem und überall passieren: Man sieht, wie jemand zusammenbricht und auf nichts mehr reagiert. Im schlimmsten Fall röchelt der Mensch nur noch oder atmet gar nicht mehr. Dann ist rasche Reaktion gefragt.
Oberstes Gebot ist: Ruhe bewahren. Danach den Notruf unter der Telefonnummer 112 verständigen und sofort Erste Hilfe leisten. Es darf nicht gewartet werden, bis der Notarzt eintrifft. Viele Menschen befürchten, in solchen Situationen das Falsche zu tun und scheuen sich davor, eine Reanimation durchzuführen. Ohne rasche Hilfe stirbt dieser Mensch jedoch möglicherweise.
Was ist eine Herzdruckmassage?
Unter einer Herzdruckmassage (=HDM) versteht man eine Sofortmaßnahme, die bei einem Kreislaufstillstand eines Patienten durchgeführt werden muss. Diese Maßnahme soll die lebenswichtigen Organe des Betroffenen weiterhin mit Sauerstoff versorgen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Reanimation, also einer „Wiederbelebung“. Die Herzdruckmassage dient dazu, durch den ausgeübten Druck auf das Herz den Blutkreislauf, der durch den Herzstillstand unterbrochen wurde, bestmöglich aufrechtzuerhalten.
Mit der Herzdruckmassage muss begonnen werden, wenn der Bewusstlose nicht oder nur unzureichend atmet.
Wie wird die Herzdruckmassage durchgeführt?
Bevor die Herzdruckmassage durchgeführt wird, sollte der Helfer den Bewusstlosen zunächst ansprechen und die Atmung kontrollieren. Reagiert der Betroffene nicht und ist keine Atmung feststellbar, muss sofort mit der Wiederbelebung begonnen werden.
Hilfreich ist es, wenn der Helfer andere Leute auf die Situation aufmerksam macht und sie bittet, einen Notruf abzusetzen und zu helfen. Die Herzdruckmassage sollte auf einer festen Unterlage erfolgen, beispielsweise auf dem Fußboden, Asphalt oder auf dem Rasen. Das ist deshalb von großer Bedeutung, weil die Patientin oder der Patient bei einer weichen Unterlage mit jedem Druck auf die Brust etwas in der Unterlage „versinkt“. Dadurch wird es für Helfende schwerer, das Brustbein in Richtung Wirbelsäule zu drücken. Auch der Oberkörper sollte frei gemacht werden, um auf diese Weise den richtigen Druckpunkt zu finden.
Der richtige Druckpunkt: Der Druckpunkt lässt sich mitten im Zentrum des Brustkorbes finden. Wenn der Druckpunkt zu tief liegt, so kann eine Schädigung verschiedener Organe, wie der Milz oder Leber, verursacht werden. Wenn man den Druckpunkt seitlich des Brustbeins legt, kann es zu Rippenbrüchen kommen.
So geht’s richtig:
- Neben dem Betroffenen in Höhe des Brustkorbs knien.
- Den Ballen einer Hand auf dem unteren Drittel des Brustbeins platzieren (= Mitte des Brustkorbs)
- Den Ballen der anderen Hand auf die erste Hand aufsetzen und die Finger verschränken.
Wichtig ist dabei, dass die Arme des Helfers im Ellbogen immer gestreckt bleiben. Der Brustkorb wird senkrecht von oben durch eine Gewichtsverlagerung des Oberkörpers des Helfers eingedrückt. Dabei sollte die Dauer des Drückens und des anschließenden Entlastens des Brustkorbes ungefähr gleich sein, es sollte also nicht „stoßweise“ gedrückt werden. Der Helfer sollte es schaffen, mindestens 100x/Minute zu drücken. Das wird so lange fortgeführt, bis der Rettungsdienst eintrifft oder der Patient wieder atmet.
Muss man den Bewusstlosen beatmen?
Oft taucht die Frage auf, ob der Patient zusätzlich zur Herzdruckmassage noch beatmet werden muss.
Die Antwort lautet: Nein.
Unerfahrenen Ersthelfern wird sogar von der American Heart Association empfohlen, auf die Beatmung zu verzichten und sich stattdessen ganz auf die Herzdruckmassage zu konzentrieren. Dieses Vorgehen wird seit 2005 von den europäischen und deutschen Leitlinien berücksichtigt. Einige Studien haben herausgefunden, dass trotz eines Herzstillstands bei einem Erwachsenen für etwa 8 Minuten noch ausreichend Sauerstoff im Blut vorhanden ist. Damit der Sauerstoff jedoch ins Gehirn gelangt, muss dieser mit einer richtig ausgeführten und ununterbrochenen Herzdruckmassage „von außen“ dorthin gepumpt werden.
Wenn sich der Helfer jedoch zutraut, den Patienten auch noch zu beatmen, muss dies im Verhältnis von 30:2 erfolgen. Das bedeutet, dass der Patient nach 30 mal Drücken des Brustkorbes zweimal beatmet wird. Die Wiederbelebung kann mit einem Helfer durchgeführt werden. Da dies aber sehr anstrengend ist, sollte der Helfer versuchen, andere Menschen auf die Situation aufmerksam zu machen und um Hilfe bei der Herzdruckmassage und Beatmung zu bitten.
Ein–Helfer–Methode: Zunächst beginnt der Helfer mit 30 Herzkompressionen und führt dann zwei Atemspenden durch. Mit diesem Rhythmus macht er dann weiter.
Zwei–Helfer–Methode: Während der eine Helfer die Herzdruckmassage durchführt, ist der andere für die Beatmung zuständig.
Die Helfer müssen darauf achten, ein Verhältnis von 30:2 zu halten.
Wie funktioniert die Beatmung?
Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten, um die Beatmung durchzuführen.
Mund–zu–Mund–Beatmung
Schritt für Schritt: Reanimation mit Atemspende
- Prüfen Sie, ob die Atemwege frei sind. Entfernen Sie etwaige Fremdkörper.
- Ziehen Sie das Kinn des Betroffenen nach oben.
- Legen Sie Ihren Mund auf den des Betroffenen und halten Sie dessen Nase zu. Blasen Sie Luft ein.
- Führen Sie die Herzdruckmassage durch.
Bei dieser Beatmungstechnik ist es erforderlich, die Nase des Patienten zuzuhalten und den Mund zu öffnen. Hierbei wird der eigene Mund auf den Mund des Betroffenen gelegt und das Kinn des Betroffenen nach oben gezogen, um das Freihalten der Atemwege sicherzustellen. Wenn man wahrnimmt, dass sich der Brustkorb des Patienten hebt und senkt, kann angenommen werden, dass die Atemspende richtig ausgeführt wird. Trifft das nicht zu, sollte der Helfer den Mund–und Rachenraum des Patienten kontrollieren und gegebenenfalls Fremdkörper entfernen, da diese die Atemwege verlegen können.
Mund–zu–Nase–Beatmung
Der Helfer muss mit einer Hand an die Stirn und mit der anderen an den Kiefer des Patienten fassen und dabei seinen Kopf in den Nacken legen. Der Mund muss geschlossen bleiben, damit die in die Nase eingeblasene Luft nicht durch den Mund wieder entweichen kann. Der Mund des Helfers muss zudem fest um die Nase des Patienten gesetzt sein. Nun sollte der Helfer die eingeatmete Luft in die Nase des Betroffenen blasen und darauf achten, den eigenen Mund nach jeder Beatmung zu heben, um dem Patienten die Möglichkeit zu geben, auszuatmen.
Hinweise und Tipps
- Die Durchführung der Herzdruckmassage kostet die Helfer sehr viel Kraft. Daher sollte man sich regelmäßig alle paar Minuten mit Drücken und Beatmen abwechseln.
- Bei der Beatmung muss darauf geachtet werden, dass die Luft eine Sekunde lang langsam eingeblasen wird. Durch das Einblasen von Luft muss sich der Brustkorb des Patienten heben.
- Der Kopf muss bei der Durchführung der Atemspende im Genick überstreckt sein, sonst fällt es sehr schwer, die Luft in die Lunge zu blasen.
Es gibt von verschiedenen Anbietern einfache Beatmungshilfen für Laien in Form von einfach anzuwendenden Hilfsmitteln für die Atemspende, die den direkten Mundkontakt zum Bewusstlosen unnötig machen. Das reduziert die Hemmschwelle des Helfers und kann vor Infektionen schützen. Sie werden oftmals als kleine Anhänger für den Schlüsselbund angeboten.
Zusammenfassung:
- Prüfen
- Rufen
- Drücken
- Beatmen
Wann sollte die Reanimation beendet werden?
Die Wiederbelebungsmaßnahmen sollten beendet werden, wenn der Patient wieder anfängt selbstständig zu atmen und sichere Lebenszeichen wie normale Atmung, Bewegungen oder Husten und Schlucken feststellbar sind. Andernfalls sollte so lange weitergemacht werden, bis professionelle Hilfe eingetroffen ist.
Welche Risiken kann eine Reanimation haben?
Eine Wiederbelebung kann mit verschiedenen Risiken verbunden sein. Dazu gehören u.a.:
- Rippenbrüche, unter Umständen mit Verletzungen des Lungengewebes
- Einatmen von Mageninhalt durch den Patienten
- Lungenverletzungen
- Eintritt von Blut in den Raum zwischen Herz und Herzbeutel
Wenn der Patient eine Infektion hat und vom Helfer beatmet wird, so besteht das Risiko einer Ansteckung. Nicht zu vergessen ist, dass die Herzdruckmassage sehr anstrengend ist und der Helfer sich auch dabei verletzen kann.
Lassen Sie sich jedoch nicht von den möglichen Risiken verunsichern. Während einer Reanimation kommt es oft vor, dass z.B. Rippen brechen, was absolut nicht schlimm ist. Was aber schlimm wäre, ist die Herzdruckmassage nicht durchzuführen, weil man Angst vor den Risiken hat.
Folgeschäden einer zu späten Wiederbelebung
Leitet man die Wiederbelebungsmaßnahmen nicht oder zu spät ein, so wird der Betroffene sehr wahrscheinlich dauerhafte Schäden durch Sauerstoffmangel erleiden oder versterben. Zu den Folgeschäden kommt es, weil das Gehirn bei einem Herz-/ Kreislaufstillstand zu lange ohne Sauerstoff bleibt.
Kann man bei einem Herzstillstand den Defibrillator einsetzen?
Ein Defibrillator ist ein medizinisches Gerät, das über auf den Brustkorb aufgeklebte Elektroden gezielte Stromstöße abgibt, um bestimmte Formen von lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen zu beenden.
Diese Geräte werden auf Intensivstationen, in Notaufnahmen oder in Rettungswagen von medizinischem Personal benutzt. Seit den 1990er-Jahren werden sogenannte automatisierte externe Defibrillatoren (AED) auch zunehmend in öffentlich zugänglichen Gebäuden wie Bahnhöfen, Flughäfen, Sporthallen und anderen Orten für eine Anwendung durch medizinische Laien bereitgestellt.
Diese Geräte erkennen automatisch nach Anlegen der Elektroden am Patienten, ob eine elektrische Schockabgabe sinnvoll oder nötig ist. Die Energie, welche beim Schock abgegeben wird, wird ebenfalls durch den AED bestimmt. Als Ersthelfer muss man lediglich auf die akustischen Anweisungen des Gerätes achten, wie z. B. Durchführung der Herz-Lungen-Wiederbelebung oder das vorübergehende Einstellen der Herzdruckmassage (und ggf. Abstand zum Patienten nehmen, falls geschockt wird) während der Rhythmusanalyse oder der Schockabgabe durch das Gerät.
Ein Defibrillator kann die Chancen einer erfolgreichen Wiederbelebung erhöhen, ersetzt aber nicht eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durch Herzdruckmassage.
Fazit
Haben Sie in Notfallsituationen, in denen Sie eine Herz-Lungen-Wiederbelebung anwenden müssen, keine Angst, etwas Falsches zu tun. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob eine Atmung vorhanden ist, sollten Sie sicherheitshalber lieber eine Herzdruckmassage durchführen. Wenn Sie den Betroffenen nicht beatmen möchten oder können, müssen Sie dies nicht tun. Sie sollten sich dann vielmehr darauf konzentrieren, die Herzmassage richtig und ununterbrochen durchzuführen.
Versuchen Sie, andere Menschen um Hilfe zu bitten. Sind sie auf sich alleine gestellt, so führen Sie zunächst eine Minute lang die Wiederbelebungsmaßnahmen durch und alarmieren Sie erst dann die Rettungskräfte. Wenn Sie nicht wissen, wie die Reanimation funktioniert oder sich nicht mehr sicher darin fühlen, sollten Sie darüber nachdenken, einen Auffrischungs– bzw. Erste–Hilfe–Kurs zu besuchen.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autorin
unter Mitarbeit von stud. med. Sedef Kuecuekuncular
Dr. med. Christina Rückert ist Fachärztin für Neurologie und Geriatrie und arbeitete mehr als 10 Jahre als Oberärztin an der Oberschwabenklinik in Ravensburg. Ihre berufliche Tätigkeit beinhaltete auch die stellvertretende ärztliche Leitung der Zentralen Notaufnahme. Seit Juli 2021 ist sie gemeinsam mit ihrem Mann – ebenfalls Facharzt für Neurologie – in eigener Praxis in Rothenburg ob der Tauber niedergelassen. Ein Schwerpunkt ihrer ambulanten Tätigkeit ist die Nachsorge von Patienten nach Schlaganfall. [mehr]Sie erhalten von uns regelmäßig und kostenlos aktuelle Informationen rund um den Schlaganfall.
Quellen
- Deutsches Reanimationsregister der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) 2019.