Olaf – Schlaganfall durch PFO mit 52 ▷ Erfahrungsbericht
Mein Name ist Olaf. Ich hatte meinen Schlaganfall im Alter von 52 Jahren am 17.03.2020, direkt in der ersten Nacht des ersten Corona-Lockdowns.
Um ca. 3 Uhr hatte ich eine gewisse Unruhe bemerkt. Ich bin dann aufgestanden und ins Badezimmer gegangen. Schon auf dem Weg ins Badezimmer bemerkte ich, dass mein rechtes Bein nicht mehr wie gewohnt funktionierte. Im Badezimmer bin ich dann umgefallen.
Meine Frau hat sofort den Rettungswagen alarmiert. Ich kam mit Verdacht auf Schlaganfall umgehend in die Stroke Unit der Medizinischen Hochschule Hannover. Ab jetzt war alles anders. Dort verbrachte ich die erste Woche meines neuen Danach-Lebens. Ganz allein und im Bett natürlich. Meinen rechten Arm und das Bein konnte ich nicht mehr bewegen, das Bett nur mit Hilfe und im Rollstuhl verlassen.
Alle medizinischen Einrichtungen waren in der Zeit des Lockdowns hermetisch abgeriegelt, meine Frau habe ich erst 9 Wochen später wiedergesehen. Die Empfindungen von Angehörigen darf man bei einem Schlaganfall nicht vernachlässigen. Auch für sie änderte sich schlagartig das gewohnte Leben.
Mein persönlicher Plan B
Mir wurde schnell klar, ab jetzt benötigte ich einen Plan B für mein Leben.
Vom 22.03.2020 bis 24.09.2020 war ich in der Reha in der BDH-Klinik in Hessisch Oldendorf. Dort hatte ich an 151 Tagen gut 863 Therapiestunden.
Physio- und Ergotherapie, aber auch Neuropädagogik oder die Holzwerkstatt als Vorbereitung auf das wieder anstehende Arbeitsleben. Ich habe gute Fortschritte erzielt.
Am Anfang der Reha hatte ich eine vollständige Lähmung meiner rechten Seite und saß im Rollstuhl. Nach der Reha kann ich wieder laufen, den rechten Arm benutzen, arbeiten und leben. Jedoch ist mein Training noch lange nicht beendet. Eine rechtsseitige Hemiparese ist geblieben, dazu noch eine entsprechende Fußheberschwäche.
Persönlich wichtig war mir, die Ursache für meinen Schlaganfall zu kennen. Bei mir war es ein kleines Loch im Herzen (PFO = persistierendes Foramen ovale). Dieses wurde bereits in der Reha verschlossen und ermöglicht mir heute ein angstfreies Leben zu führen.
Kognitives Training – Wie ich zum Schreiben kam?
Der Anfang lag wohl in der Reha in Hessisch Oldendorf. In Form der Therapieeinheit Neuropädagogik.
Hier werden abweichend zu den anderen eher körperzentrierten Therapien die kognitiven Fähigkeiten des Gehirns trainiert. Viel Arbeit wird dabei am Computer erledigt. Als EDV-Mann fand ich das cool, wollte am Anfang der Therapie jedoch lediglich die Bedienung der Maus mit der rechten Hand üben.
Katja, meine Therapeutin, hatte als zusätzliche Aufgabe die Klinikzeitung „Tagespost“ (zwei DIN A4 Seiten täglich) zu lektorieren und herauszugeben. Ich bin dann auf die Idee gekommen, ein paar neue Artikel beizusteuern. Mein Vorschlag fiel auf fruchtbaren Boden und sie gab mir ein paar Themen vor.
Schnell merkte ich, dass mir die Aufgabe lag und immer mehr Spaß machte. Eine Stunde Recherche des Themas und dann eine Stunde verfassen des jeweiligen Artikels. Schon waren zwei Tage geschafft. Die Inhalte traten dabei schnell immer mehr in den Vordergrund.
Zu Hause das neu entdeckte Hobby nicht wieder aufgeben
Nach der Reha wollte ich dieses neu entdeckte Hobby nicht einfach wieder aufgeben. Ich wollte es mit meiner Leidenschaft für digitale Möglichkeiten kombinieren und war dann selber erstaunt, wie einfach das Erstellen meines Blogs www.weitermitplanb.org mit marktgängigen IT-Tools inzwischen möglich war.
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Und ich habe gemerkt, dass Schreiben für mich ein tolles Ventil darstellt, um mit den Einschränkungen durch meine Krankheit besser klarzukommen. Was man erst im Laufe der Zeit bemerkt: Schlaganfall ist auch eine Erkrankung der Psyche.
Es kommt immer wieder während der Reha und besonders in der weniger unterstützten Phasen danach zu deprimierten Verstimmungen. Aus diesen muss man sich dann befreien. Hier hilft mir die Aufarbeitung und Analyse durch das Aufschreiben.
Der nächste Schritt, Rückkehr in den Job
Meine Wiedereingliederung in den Job fand in der Zeit vom 02.10.2020 bis 30.10.2020 statt. Seit dieser Zeit arbeite ich wieder im IT-Bereich eines nationalen Konzerns.
Auch diese Phase war durch Corona und unterschiedliche Interessen zwischen meinem Arbeitgeber und mir nicht ohne Spannungen. Man weiß als normaler Mensch einfach zu wenig über den Prozess der Wiedereingliederung und auch in der Reha kommt dieses Thema aus meiner Sicht viel zu kurz. Gute Erfahrungen habe ich mit einer zeitlich begrenzten Arbeitszeitreduzierung gemacht. Diese gewonnene Zeit habe ich dann gezielt für die Therapie eingesetzt.
Parallel habe ich neben der Wiedereingliederung ein Fußhebersystem als Hilfsmittel beantragt. Dieses System erweitert meinen Radius bei noch immer existierender Fußheberschwäche erheblich. Die Ablehnung durch meine Krankenkasse war dann sozusagen der Gipfel des schwierigen Starts meiner Nachsorge. Was man gegen eine Ablehnung eines Hilfsmittels unternehmen kann, ist ebenfalls auf meinem Blog zu lesen.
Und in der Zeit danach?
Die Nachsorge ging weiter. Ich hatte weiter Physio- und Ergotherapie, jeweils 1-mal die Woche. Zusätzlich habe ich mich zum Reha-Sport angemeldet. Jedoch musste dieser Termin bedingt durch den Corona-Lockdown längere Zeit ausfallen. Dies hatte zur Folge, dass ich meinen Gesundheitszustand und die gemachten Fortschritte aus der stationären Reha nicht einfach halten konnte.
Gibt es weitere alternative Heilmittel in der Schlaganfall-Nachsorge? Oder muss ich diesen Abbau meines Gesundheitszustands einfach klaglos hinnehmen? Eine Antwort fand ich im Magazin meines Sozialverbandes BDH in Form der wenig bekannten Neurointensivwochen. Hier ein kurzer Auszug aus der Homepage des Therapiezentrums:
„Intensives und gezieltes Training mit maximalen Wiederholungszahlen“
Im Vergleich zu einer herkömmlichen ambulanten Therapie bieten die Neurointensivwochen (BDH Ortenau) viele Therapieeinheiten in kurzer Zeit. Studien belegen: Es kommt nicht nur darauf an, das richtige Therapieverfahren für bestimmte Störungsmuster zu finden, sondern es sind vor allem Häufigkeit und Intensität (Wiederholungszahlen) der Therapie, die entscheidend für substantielle Verbesserungen sind.
„Aktives Training drei Wochen am Stück, vier Stunden pro Tag“
Das Angebot richtet sich an Betroffene, die motiviert sind, über 3 Wochen hinweg intensiv an ihren persönlichen Zielen zu arbeiten. Die erfahrenen Therapeutinnen und Therapeuten aus den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie freuen sich darauf, Sie dabei bestmöglich zu unterstützen und zu begleiten.
Mein bisheriges Fazit
Inzwischen habe ich dieses Angebot zweimal wahrgenommen. Und ich muss sagen, es hat mir wirklich etwas gebracht. Nach dem ersten Aufenthalt (ca. 1,5 Jahre nach meinem Schlaganfall) konnte ich wieder Fahrradfahren und auch 2,5 Jahre nach dem Ereignis haben sich Werte wie meine Gehgeschwindigkeit immer noch weiter verbessert. Wer sich näher für das Thema interessiert, den möchte ich wiederum auf meinen Blog verweisen.
In diesem Zusammenhang kann man wirklich sagen, viel und häufig hilft tatsächlich auch viel und führt zu großen Fortschritten. Aussagen wie, was nach einem Jahr noch nicht wieder da ist, kommt auch nicht wieder, kann man getrost ad Acta legen.
Meine Pläne für die Zukunft
Ich bin seit einiger Zeit auch auf Facebook. Das Praktische dort ist die Teilnahmemöglichkeit an Themengruppen. Natürlich zum Thema Schlaganfall. Hier kann ich ebenfalls Betroffene virtuell treffen und ihnen meine Fragen stellen. Und ich kann hier meine Anregungen und Erfahrungen beschreiben und weitergeben. Damit andere Betroffene davon ebenfalls profitieren können.
Nebenbei habe ich einen neuen Arbeitgeber gefunden, arbeite wieder in Vollzeit, betreibe regelmäßig Sport, meinen Blog www.weitermitplanb.org, bin aktives BDH Mitglied und versuche über diese Mitgliedschaft, “Richter im Ehrenamt” am Sozialgericht Hannover zu werden. Gerne würde ich meine fünf zusätzlichen Urlaubstage als Schwerbehinderter sinnvoll und verantwortungsvoll einsetzen.
Aus meinen Schreibversuchen in der Neuropädagogik sind anfangs zwei Artikel für das BDH- Magazin, später eine regelmäßige Kolumne und mein Blog entstanden.
Der Schlaganfall ist Teil meines Lebens geworden. Einschränkungen sind und bleiben wohl auch weiterhin vorhanden. Das muss ich akzeptieren. Das heißt aber nicht, dass das Leben für mich nicht mehr lebenswert ist und dass sich auch nach längerer Zeit keine Fortschritte mehr ergeben können. Einfach beständig dranbleiben, ist hier meine Devise.
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