Patient Franz Baech, 80 Jahre alt, berichtet ▷ Erfahrungsbericht
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Schlaganfall auf dem E-Bike – ein Patient (80) berichtet
Mein Name ist Franz Baech. Ich bin 80 Jahre alt, alleinstehend, noch recht rüstig und klar im Kopf. Ich versorge mich selbst, ohne fremde Hilfe und habe einen großen Freundeskreis, auch in der Nachbarschaft.
Am 27.07.2019 um 9 Uhr wollte ich mit meinem E-Bike eine Fahrradtour unternehmen. Beim Aufsitzen bin ich plötzlich nach rechts umgefallen und konnte meine rechte Seite nicht mehr bewegen.
Ich habe später erfahren, dass mich eine Nachbarin am Boden liegend fand und den Notarzt alarmierte, der mich in die 32 km entfernte Klinik brachte.
Alles geschah so schnell und war sehr verwirrend. Ich kann mich nur noch lückenhaft erinnern.
Ich wurde mehrmals körperlich untersucht und befragt, irgendwie habe ich nicht die richtigen Worte gefunden. An die Stiche der Blutentnahmen erinnere ich mich, auch an das unbequeme Liegen in der Untersuchungsröhre. Ich war total hilflos.
Mir wurde später erklärt, dass sich die linke Halsschlagader durch die Arteriosklerose fast gänzlich verschlossen hat und sich von dort aus einem Blutgerinnsel gelöst und die mittlere Hirnarterie verstopft hat. Diese Arterie ist offenbar für die Blutversorgung wichtiger Hirnbereiche im Großhirn hinsichtlich der Sprache und der Bewegungen zuständig.
Auch wenn ich mich ausgeliefert und entscheidungsunfähig fühlte, konnte durch die Behandlung erreicht werden, dass ich wenige Tage später wieder aufstehen und mit einem Krankengymnasten über den Flur gehen konnte. Meine Sprache ist fast wieder in Ordnung.
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Manchmal fehlen mir noch einzelne Worte oder ich verwechsle einzelne Begriffe. Dennoch kann ich mich wieder unterhalten. Auch Zeitung lesen geht, ich verstehe alles, nur nicht die Politik. Aber die habe ich noch nie verstanden.
Mein Arzt war recht ungehalten, als er hörte, dass ich meine Medikamente gegen den hohen Blutdruck und die vielen Fette im Blut nur schlampig eingenommen habe. In dieser Beziehung bin ich sehr vergesslich, sonst eigentlich nicht.
Offenbar habe ich 22 Kilogramm Übergewicht. Es wird nicht leicht, da runterzukommen.
Aber ich bin zuversichtlich, dass ich es schaffen kann. Schließlich habe ich einen Schlaganfall überlebt. Und das mit 80 Jahren.
Arztbrief
Liebe Kollegen,
Herr Franz Baech wurde am 27.07.2019 gegen 10:30 mit dem Notarzt bei uns eingeliefert und am 02.08.2019 in die Früh-Rehabilitation verlegt.
Diagnose: Links-hemisphärischer Hirninfarkt bei höchstgradiger Stenose am Abgang der linken A.carotis interna und arterio-arterieller Embolie des Hauptstamms der linken A. cerebri media mit Hemiplegie rechts, aphasischer Sprachstörung und Vigilanzminderung.
Risikofaktoren: Arterielle Hypertonie (unbefriedigend behandelt)
Hyperlipidämie ( LDL 220 mg/dl unter nicht konsequenter Statin-Therapie)
Adipositas (22 kg Übergewicht)
Ursache des schweren Schlaganfalls war ein thrombo-embolischer Verschluß des linken Mediahauptstamms bei ipsilateraler, filiformer Stenose der A.carotis interna im Halsbereich.
Nach Ausschluss einer Hirnblutung mit der Computertomographie des Schädels und angiographischer Feststellung sowohl der Interna-Stenose links als auch der Mediathrombose links, entschlossen wir uns zur intravenösen Lyse und anschließenden Thrombektomie.
Problematisch war die Bewusstseinsstörung des Patienten und die Sprachstörung. Er war nicht in der Lage, die Einwilligung für die o.g. Behandlungen zu unterschreiben. Angehörige waren nicht verfügbar.
Dennoch versuchten wir bei dem guten Allgemeinzustand des Patienten und trotz seines Alters wegen der schweren neurologischen Ausfälle die Auflösung bzw. Entfernung der Blutgerinnsel.
Entscheidend war dann, dass wir in dem prognostisch günstigen Zeitfenster von 4 Stunden (240 Minuten) die notwendigen Untersuchungen und schließlich die Thrombektomie durchführen konnten.
Im Einzelnen wurde 40 Minuten nach Aufnahme des Patienten, somit 90 Minuten nach Eintritt des Schlaganfalls, die intravenöse und zweieinhalb Stunden später die neuroradiologische Intervention begonnen.
Diese bestand zunächst in einer Lumenerweiterung der Interna links, anschließend die Absaugung des Thrombus aus dem Mediahauptstamm mit einem mikrodrahtgesteuerten Thrombektomie – System. Es wurde eine vollständige Rekanalisierung erreicht.
Schlussendlich wurde ein Stent in die linke Interna platziert.
Der weitere Verlauf war überaus günstig. Bei der Verlegung bestand noch eine leichte Halbseitenlähmung rechts, gelegentliche Wortfindungsstörungen und ein leicht verwaschenes Sprechen. Keine kognitiven Defizite.
Empfehlungen zu weiteren Behandlungen betreffen vor allem die unbefriedigende Adhärenz bzw. Therapietreue hinsichtlich der o.g. der Risikofaktoren.
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