Eine Krankenhaus-Ärztin erklärt: Was geschieht nach der Notaufnahme im Krankenhaus? ▷ Video & Text
Schlaganfall – Was passiert nach der Notaufnahme im Krankenhaus?
In diesem Artikel:
- Was passiert unmittelbar nach dem Eintreffen in der Notaufnahme?
- Computertomographie / Angiographie
- Thrombolyse
- Thrombektomie
Ich bin Christina Rückert, Oberärztin und stellvertretende Leiterin der Notaufnahme an einem Krankenhaus.
Unsere Klinik ist als Schlaganfallzentrum zertifiziert und verfügt über eine Stroke Unit mit 14 Intensiv-Überwachungsbetten, also eine spezielle Abteilung für Schlaganfall-Patienten.
Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute
Ich bin Fachärztin für Neurologie und mein Schwerpunkt liegt seit vielen Jahren in der Akutversorgung von Patienten mit Schlaganfall. In der Notaufnahme habe ich die Aufgabe, Sie unmittelbar nach Eintreffen im Krankenhaus zu untersuchen und das weitere Vorgehen zu koordinieren.
Häufig wird ein Patient mit Verdacht auf Schlaganfall bereits vom Notarzt angekündigt, noch bevor er die Klinik erreicht hat. So ist unser Behandlungsteam vorbereitet, die notwendigen Untersuchungen möglichst rasch durchführen zu können.
Denn das oberste Prinzip bei einem Schlaganfall lautet: Keine Zeit verlieren!
Was passiert unmittelbar nach dem Eintreffen in der Notaufnahme?
Unmittelbar nach Eintreffen in der Notaufnahme erfolgt die erste neurologische Untersuchung. Das ist eine körperliche Untersuchung der Funktionen des Gehirns, des Rückenmarks und der Nerven durch einen Neurologen. Dabei kommen noch keine Geräte zum Einsatz.
Hierbei werden auch zwei der wichtigsten Fragen geklärt:
- Wann genau wurden die Symptome, also die Anzeichen, bemerkt?
- Welche Medikamente wurden eingenommen?
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Computertomographie / Angiographie
Als erste apparative Untersuchung des Gehirns schließt sich umgehend eine Computertomographie an (auch CT genannt). Damit wird die zunächst wichtigste Frage beantwortet, nämlich ob es zu einer Blutung oder zu einem Blutmangel in einer Hirnregion gekommen ist. Zum Sichtbarmachen der Hirngefäße (Angiographie genannt) wird ein Kontrastmittel verwendet. Kontrastmittel sind Substanzen, die z.B. in ein Blutgefäß gespritzt werden. So kann ein Arzt bei einer bildlichen Darstellung gut erkennen, ob Durchblutungsprobleme im Gehirn vorliegen.
Zudem wird das Herz abgehört und Blutdruck sowie Puls werden gemessen. Eine Blutprobe wird entnommen und auf Zuckerwerte und Gerinnungsfaktoren untersucht.
Thrombolyse
Hat sich der Verdacht bestätigt, dass Durchblutungsmangel, also ein Schlaganfall, vorliegt, muss die Ursache, eine Gefäßverstopfung, beseitigt werden. Dafür wird der Blutpfropf (Blutgerinnsel oder auch Thrombus genannt) aufgelöst.
Das erfolgt mit einem Medikament, das in die Vene gespritzt wird. Diese Behandlung wird “Intravenöse Thrombolyse” (kurz “i.v.Lyse”) genannt. Solch ein medikamentöses Auflösen des Gerinnsels ist nur innerhalb von 4,5 Stunden nach Eintreten des Schlaganfalls möglich. Daher ist schnelles Handeln nach dem Bemerken von Schlaganfall-Anzeichen äußerst wichtig!
Thrombektomie
Neuerdings kann innerhalb von 24 Stunden nach dem Schlaganfall versucht werden, ein das Gefäß verstopfende Blutgerinnsel in einer Hirnarterie mit einem speziellen Katheter zu entfernen. Dieser wird von einem Neuroradiologen unter Röntgensicht, ausgehend von der Beckenarterie durch die verschlossene Hirnarterie geschoben und das Blutgerinnsel wird herausgezogen.
Dieses vielversprechende Verfahren wird “mechanische Thrombektomie” genannt und ist bei Gelingen die erfolgreichste Methode der modernen Schlaganfall-Behandlung. Das Blut kann wieder ungehindert in die zuvor nicht durchblutete Hirnregion fließen.
Wie geht es weiter?
Nach der Notfallversorgung erfolgt die weitere Behandlung auf der Stroke Unit. Was dort passiert, erfahren Sie im Video „Ein Krankenhaus-Arzt erklärt: Was geschieht auf der Stroke Unit?“
Sie haben eine Frage zur Schlaganfall-Behandlung? Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen und Angehörigen in unserem Forum aus.
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Quellen
- Intravenous thrombolysis prior to mechanical thrombectomy in large vessel occlusions – Autoren: Aristeidis H. Katsanos MD, Konark Malhotra MD, Nitin Goyal MD, Adam Arthur MD, MPH Peter D. Schellinger MD, Martin Köhrmann MD, Christos Krogias MD, Guillaume Turc MD, Georgios Magoufis MD, Didier Leys MD, Niaz Ahmed MD, Pooja Khatri MD, Mayank Goyal MD, Andrei V. Alexandrov MD, Georgios Tsivgoulis MD – Publikation: Ann Neurol. 2019 Sep;86(3):395-406 – DOI: 10.1002/ana.25544 – Epub 2019 Jul 22 –PMID: 31282044
- Thrombolysis Guided by Perfusion Imaging up to 9 Hours after Onset of Stroke – Autoren: Henry Ma, Ph.D., Bruce C.V. Campbell, Ph.D., Mark W. Parsons, Ph.D., Leonid Churilov, Ph.D., Christopher R. Levi, M.B., B.S., Chung Hsu, Ph.D., Timothy J. Kleinig, Ph.D., Tissa Wijeratne, M.D., Sami Curtze, Ph.D., Helen M. Dewey, Ph.D., Ferdinand Miteff, M.B., B.S., Chon-Haw Tsai, Ph.D. – Publikation: N Engl J Med. 2019 May 9;380(19):1795-1803. DOI: 10.1056/NEJMoa1813046 – PMID: 31067369
- Guidelines for the Early Management of Patients With Acute Ischemic Stroke: 2019 Update to the 2018 Guidelines for the Early Management of Acute Ischemic Stroke: A Guideline for Healthcare Professionals From the American Heart Association/American Stroke Association – Autoren: William J. Powers, Alejandro A. Rabinstein, Teri Ackerson, Opeolu M. Adeoye, Nicholas C. Bambakidis, Kyra Becker, José Biller, Michael Brown, Bart M. Demaerschalk, Brian Hoh, Edward C. Jauch, Chelsea S. Kidwell, Thabele M. Leslie-Mazwi, Bruce Ovbiagele, Phillip A. Scott, Kevin N. Sheth, Andrew M. Southerland, Deborah V. Summers, David L. Tirschwell – Publikation: Stroke. 2019 Dec;50(12):e344-e418. Epub 2019 Oct 30. – DOI: 10.1161/STR.0000000000000211 – PMID: 31662037