Was ist eine Stroke Unit und was passiert dort? ▷ Schlaganfall-Behandlung
In diesem Artikel:
- Was ist eine Stroke Unit?
- Stroke Unit aus Sicht eines Krankenhausarztes
- Behandlung des Schlaganfalls auf der Stroke Unit
- Was passiert nach der Stroke Unit?
Was ist eine Stroke Unit?
Eine Stroke Unit ist eine hochspezialisierte Einrichtung nur für Schlaganfall-Patienten. Dort werden Schlaganfall-Patienten von einem spezialisierten Team aus Pflegepersonen, Therapeuten (Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie) ggf. Neuropsychologen sowie Neurologen versorgt.
Für die optimale Versorgung der Patienten ist eine enge Zusammenarbeit mit Ärzten anderer Fachrichtungen wie der Kardiologie, Neuroradiologie, Gefäßchirurgie und Neurochirurgie gefordert, die sich allesamt auf die Schlaganfall-Erkrankung spezialisiert haben.
Optimale Akutversorgung
Die Behandlung auf der Stroke Unit stellt damit für alle Schlaganfall-Patienten die optimale Erstbehandlung dar. Denn die Behandlung auf derart spezialisierten Stationen verhindert Komplikationen und das Auftreten weiterer Schlaganfälle (Rezidive) und erlaubt gleichzeitig eine schnelle Abklärung der Ursache des Schlaganfalls.
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Außerdem beginnt auf einer Stroke Unit direkt die Frührehabilitation mit aktivierender Pflege. Insgesamt führen all diese Faktoren zu einer messbaren Verbesserung der Prognose für alle behandelten Patienten. Ziel ist es daher, dass jeder Schlaganfall-Patient auf einer Stroke Unit behandelt wird. Dazu gehören auch Patienten mit einer Hirnblutung oder einer Transitorisch Ischämischen Attacke (TIA).
Für die Aufnahme auf eine Stroke Unit ist alleine die Verdachtsdiagnose Schlaganfall ausschlaggebend, was bedeutet, dass Patienten jeden Alters und auch solche mit Vorerkrankungen auf einer Stroke Unit behandelt werden sollten.
Stroke Unit aus Sicht eines Krankenhausarztes
Eindrücke von der Stroke Unit
Stroke Units sind Überwachungsstationen. Alle Patienten werden im Hinblick auf Blutdruck, Herzfrequenz und Atmung kontinuierlich überwacht. Bei auffälligen Werten erfolgen Alarme, es “piepst” und “klingelt” ständig. Da die Liegezeit auf der Station kurz ist, werden Patienten häufig verlegt oder neu aufgenommen und das zu jeder Tages- und Nachtzeit.
Für Behandler und Patienten ist eine weitere Schwierigkeit, dass es neben “gesunden” Patienten mit TIA, die keine Beschwerden mehr haben, schwer betroffene Patienten mit Bewusstseinsstörungen und Unruhezuständen gibt und eine Zimmertrennung oft nicht möglich ist.
Deshalb ist eine Stroke Unit keine “ruhige” Umgebung, sondern meist laut und auch gelegentlich hektisch. Auch fällt es vielen Patienten schwer, im Bett bleiben zu müssen und dauerhaft an Monitorkabel angeschlossen zu sein, was aber in der Akutphase nötig ist, um Herzrhythmusstörungen und andere Komplikationen nicht zu übersehen.
Untersuchungen auf der Stroke Unit
Das Ziel während der Akutbehandlung ist es, den Patienten zu stabilisieren und die Ursache für den Schlaganfall zu klären.
Patienten werden mehrfach täglich und einmal in der Nacht neurologisch untersucht. Die Vitalparameter, also der Blutdruck, die Atmung, Herztätigkeit, Körpertemperatur und Blutwerte werden laufend aufgezeichnet und überprüft. Die Patienten werden mit Messgeräten verbunden und mit Infusionsschläuchen versehen.
Auslöser für Schlaganfälle sind häufig Herzrhythmusstörungen, wie z. B. das Vorhofflimmern. In solchen Fällen arbeiten Neurologen mit Herzspezialisten zusammen.
Behandlung des Schlaganfalls auf der Stroke Unit
Nach Vorliegen aller Untersuchungsergebnisse wird die medikamentöse Sekundärprophylaxe festgelegt. Je nach Zustand der Person können beispielsweise fiebersenkende Mittel, Antibiotika, Sauerstoff oder Infusionen gegeben werden, die der Genesung des Patienten dienen.
Therapien und Frührehabilitation
Zudem finden erste therapeutische Maßnahmen statt. Denn je früher mit gezielten Therapien begonnen wird, desto besser wirkt sich dies auf die Entwicklung der Symptome und Einschränkungen aus.1
Aus diesem Grund ist es inzwischen Standard, dass erste Übungen bereits innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Schlaganfall beginnen. Darunter fallen zum Beispiel therapeutische Behandlungen wie die Physiotherapie. Wichtig ist hierbei die Mobilisierung durch aktive und passive Bewegungsübungen, um Patienten möglichst bald “aus dem Bett zu holen”.
In Abhängigkeit der Schwere des Schlaganfalls, der Beeinträchtigung und des Körpergewichts gehen Therapeuten alleine oder zu zweit (zum Beispiel mit anderen Physiotherapeuten, Ergotherapeuten oder Logopäden) zu den Patienten, um das therapeutische Vorgehen festzulegen und den Patienten zu behandeln. Für die Physiotherapie erhält jeder Patient eine auf seine Bedürfnisse abgestimmte Therapie, die im Zimmer, auf dem Flur oder im Treppenhaus stattfinden kann.
Dabei ist es üblich, dass die Patienten an den Monitoren angeschlossen bleiben. In Absprache mit einem Arzt oder dem Pflegepersonal ist es in unkomplizierten Fällen auch möglich, dass keine Monitor-Überwachung während der Therapie stattfinden muss.
Eine häufig angewendete Therapie auf der Stroke Unit ist die motorische Therapie. Das Hauptaugenmerk dieser Therapie liegt in der Kreislaufstabilisierung, indem die Patienten regelmäßig aufgerichtet werden, motiviert werden, sich eigenständig im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu bewegen und die Wahrnehmung auf der betroffenen Seite anzuregen. All dies erfolgt dabei in einer möglichst alltagsnahen Situation (z.B. an der Bettkante sitzen, um dann zu essen oder um sich zu waschen).
Eine Therapie mit beispielsweise einer Physiotherapeutin und einer Logopädin könnte zum Beispiel das Ziel haben, den Patienten in einem aufrechten und symmetrischen Sitz zu halten (Physiotherapie) und gleichzeitig eine Schlucküberprüfung durchzuführen (Logopädie).
Denn auch Schluckstörungen treten nach einem Schlaganfall häufig auf. Sie können eine Lungenentzündung provozieren. Durch die Schlucküberprüfung kann dieses Risiko minimiert werden. Daneben kümmern sich Logopäden um Sprachstörungen und Sprechstörungen, die ebenfalls häufig nach einem Schlaganfall auftreten können.
Stroke Nurse als Unterstützung
Da die Stroke Unit eine Intensivstation ist, sind die Ärzte oft voll beansprucht. Leider bleibt den einzelnen Ärzten deshalb wenig Zeit für Patientengespräche. Trotzdem gilt es, die Schritte der weiteren ärztlichen Behandlung und Nachsorge gründlich gemeinsam mit den Patienten und Angehörigen zu planen. Einige Kliniken verfügen über eine speziell ausgebildete Krankenschwester, die sogenannte Stroke Nurse und eine Schlaganfall-Infostelle, die Fragen mit Ruhe und Geduld beantworten.
Was eine Stroke Nurse genau macht, erfahren Sie in diesem Video. Besuchen Sie auch die Website des Stroke Nurse-Projekts unter www.strokenurse.de.
Was passiert nach der Stroke Unit?
In der Regel bleiben Schlaganfall-Patienten ein bis drei Tage auf der Stroke Unit, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind und die Sekundärprophylaxe begonnen wird.
Nach der Akutversorgung auf der Stroke Unit gibt es keinen einheitlichen Behandlungspfad. Wie es nach der Stroke Unit weitergeht, hängt dann von der Schwere der Hirnschädigung und den resultierenden Folgen ab.
Häufig werden Patienten nach der Stroke Unit auf eine Allgemeinstation verlegt, um den Zustand zu überwachen und weitere Folgen des Schlaganfalls zu behandeln. Einige Patienten werden auch direkt in die Reha-Klinik oder nach Hause entlassen.
Patienten und ihre Angehörigen können im Krankenhaus Unterstützung vom Sozialdienst erhalten. Der Sozialdienst bzw. das Entlassungsmanagement eines Krankenhauses unterstützt Betroffene und Angehörige dabei, die Entlassung zu planen und die weitere Versorgung zu organisieren.
Die Ansprechpersonen beraten in sozialen Fragen, unterstützen bei der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen und vermitteln Hilfen, die sich an die Entlassung aus dem Krankenhaus anschließen. Eine solche Hilfe könnte beispielsweise die oben erwähnte Stroke-Nurse sein.
Sie haben eine Frage zur Schlaganfall-Behandlung? Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen und Angehörigen in unserem Forum aus.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autor
Dr. med. Thomas Staudacher ist Facharzt für Neurologie. Sein Schwerpunkt ist die Notfallbehandlung von Schlaganfällen. 20 Jahre lang leitete er eine Stroke Unit, also eine Spezialstation zur Akutbehandlung und Intensiv-Überwachung von Schlaganfall-Patienten. [mehr]
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Quellen
- Indicators for Return to Work after Stroke and the Importance of Work for Subjective Well-Being and Life Satisfaction – Autoren: Monika Vestling, Bertil Tufvesson, Susanne Iwarsson – Publikation: Journal of Rehabilitation Medicine, 35.3 (2003), 127–31 – DOI: 10.1080/16501970310010475