Ein Neuroradiologe erklärt: Was sind meine diagnostischen und therapeutischen Aufgaben? ▷ Video & Text
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Schlaganfall – Was macht der Neuroradiologe?
Mein Name ist Alfons Bernhard. Seit über 20 Jahren untersuche und behandle ich als Facharzt für “Diagnostische Radiologie und interventionelle Neuroradiologie” Patienten an einem Krankenhaus.
In der Mehrzahl sind es Patienten mit Schlaganfällen, also mit Hirninfarkten, Hirnblutungen und Hirngefäß -Aneurysmen.
Mein Arbeitsfeld umfasst somit zum einen die Diagnostik, also die Feststellung einer Erkrankung, zum anderen zunehmend auch Eingriffe der interventionellen Neuroradiologie.
Untersuchungen
Welche Methoden zur Diagnostik stehen mir zur Verfügung?
- Die Anwendung von Röntgenmethoden, wie der Computertomographie des Schädels (CT) mit Kontrastmittel – Darstellung der Hirngefäße, der Angiographie.
- Die Kernspintomographie, auch Magnet-Resonanz-Tomographie genannt, zur “Feindiagnostik” und Verlaufsbeobachtung von Durchblutungsstörungen des Gehirns.
Behandlungen
Die Neuroradiologie hat durch die Vielzahl an Möglichkeiten für therapeutische Eingriffe eine enorme Aufwertung erfahren und hat sich bei der zunehmenden Häufigkeit von Schlaganfällen zu einem Spezialgebiet mit großer Zukunft entwickelt.
Dieser Onlinekurs erklärt Ihnen in 12 kompakten Modulen alles, was Sie jetzt wissen müssen.
Thrombektomie
Die wichtigsten Eingriffe (Interventionen) sind: Mit der interventionellen (mechanischen) Thrombektomie in Intubations-Narkose können wir seit wenigen Jahren – zu allen Tages- und Nachtzeiten und an jedem Tag im Jahr – Blutgerinnsel aus großen, hirnversorgenden Arterien mit einem hochspezialisierten Katheter entfernen.
Wir führen etwa 100 Eingriffe dieser Art im Jahr durch. Sie sind inzwischen die wirksamste und sicherste Methode zur Behandlung von Hirninfarkten, die durch ein Blutgerinnsel verursacht wurden. Sie können bis zu 24 Stunden nach Auftreten eines Schlaganfalls vorgenommen werden. Dennoch gilt immer das Prinzip: “Zeit ist Hirn” oder “je früher, desto erfolgversprechender”. Sehen Sie hierzu auch das Video “Eine Krankenhausärztin erklärt: Was geschieht nach der Notaufnahme im Krankenhaus?”
Es ist einfach wunderbar zu erfahren, wie ein Patient mit schwerer Halbseitenlähmung und Sprachverlust wenige Tage nach dem Eingriff wieder über den Flur spaziert und an Unterhaltungen teilnimmt.
Aneurysma-Coiling
Ein weiterer Eingriff ist das sogenannte Aneurysma-Coiling: Mit dem ”Ausstopfen” von hochgefährlichen, dünnwandigen Aussackungen an Hirnarterien, Aneurysmen genannt, können fatale Blutungen oder Nachblutungen verhindert werden, ohne dass eine neurochirurgische Operation durchgeführt wird.
Wir führen im Jahr ca. 60 mal dieses endovaskuläre Vorgehen, d.h. Eingriffe im Inneren der Arterien durch.
Stenting
Ein weiterer Eingriff ist das Einbringen von Gefäßstützen (Stenting genannt): Mit Aufdehnung von hochgradigen Verengungen (Stenosen) der Halsschlagadern kann alternativ zu einer Operation Schlaganfällen vorgebeugt werden. Wir führen jährlich ca. 70 Eingriffe dieser Art mit sehr gutem Erfolg durch, sie überwiegen inzwischen Operationen durch den Gefäßchirurgen.
Zusammengefasst sind diese Entwicklungen äußerst ermutigend und rechtfertigen den sehr hohen personellen und apparativen und damit auch den hohen finanziellen Aufwand.
Sie haben eine Frage zur Neuroradiologie? Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen und Angehörigen in unserem Forum aus.
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Quellen
- Intravenous thrombolysis prior to mechanical thrombectomy in large vessel occlusions – Autoren: Aristeidis H. Katsanos MD, Konark Malhotra MD, Nitin Goyal MD, Adam Arthur MD, MPH Peter D. Schellinger MD, Martin Köhrmann MD, Christos Krogias MD, Guillaume Turc MD, Georgios Magoufis MD, Didier Leys MD, Niaz Ahmed MD, Pooja Khatri MD, Mayank Goyal MD, Andrei V. Alexandrov MD, Georgios Tsivgoulis MD – Publikation: Ann Neurol. 2019 Sep;86(3):395-406 – DOI: 10.1002/ana.25544 – Epub 2019 Jul 22 –PMID: 31282044
- Thrombolysis Guided by Perfusion Imaging up to 9 Hours after Onset of Stroke – Autoren: Henry Ma, Ph.D., Bruce C.V. Campbell, Ph.D., Mark W. Parsons, Ph.D., Leonid Churilov, Ph.D., Christopher R. Levi, M.B., B.S., Chung Hsu, Ph.D., Timothy J. Kleinig, Ph.D., Tissa Wijeratne, M.D., Sami Curtze, Ph.D., Helen M. Dewey, Ph.D., Ferdinand Miteff, M.B., B.S., Chon-Haw Tsai, Ph.D. – Publikation: N Engl J Med. 2019 May 9;380(19):1795-1803. DOI: 10.1056/NEJMoa1813046 – PMID: 31067369
- Struktur der neurologischen Kliniken in Deutschland: Ergebnisse der 13. Erhebung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie – Autoren: Prof. Dr. M. Schroeter, K. Rezazadegan, F. Erbguth, R. Kiefer, T. Neumann-Haefelin, C. Redecker, H. Steinmetz, G. R. Fink – Publikation: DGNeurologie > Ausgabe 3/2019 – DOI: 10.1007/s42451-019-0078-y