Aneurysma ▷ Symptome, Ursachen, Behandlung, Operation
In diesem Artikel:
- Was ist ein Aneurysma?
- Häufigkeit
- Wie hoch ist das Risiko, wenn ein Aneurysma platzt?
- Blutungsrisiko und Vorgehen bei einem zufällig entdeckten Aneurysma
- Welche Symptome treten bei einer Aneurysmablutung auf?
- Tipps für Betroffene: Leben mit einem Aneurysma
- Aortenaneurysma
- Symptome des Aortenaneurysmas
Was ist ein Aneurysma?
Ein Aneurysma (von altgriechisch aneurysma, Deutsch: Ausweitung) ist eine örtlich umschriebene Ausbuchtung oder Aussackung eines Blutgefäßes, meist einer Arterie. Aneurysmen können angeboren sein. Häufiger bilden sie sich jedoch erst im Verlauf des Lebens aus.
Häufigkeit von Aneurysmen
Es wird geschätzt, dass 3 – 7 Prozent der Menschen im Laufe des Lebens ein Aneurysma entwickeln. Der Entstehungsmechanismus ist nicht eindeutig geklärt. Angenommen wird unter anderem, dass eine angeborene Gefäßwandschwäche durch arteriosklerotische Veränderungen der Gefäßwand und Bluthochdruck zur Ausbildung eines Aneurysmas führt.
Aneurysmen der Hirnarterien finden sich häufiger bei Menschen im Alter über 45 Jahren. Frauen sind eher betroffen. Das Verhältnis Frau zu Mann beträgt 5:3.
Erblichkeit ist nicht nachgewiesen. Allerdings haben direkte Abkömmlinge von Aneurysma-Trägern eine bis zu 4-mal höhere Wahrscheinlichkeit, ebenfalls ein Aneurysma zu entwickeln.
Aneurysma der hirnversorgenden Arterien – zwei Patientengeschichten
Am Morgen des 22.03.2023 tritt bei kräftigem Pressen ein für ihn unbekannter, schwerster Hinterkopfschmerz zusammen mit Übelkeit, Erbrechen und starker Benommenheit auf. Er kommt von der Toilette nicht mehr hoch. Egon ruft seine Frau zu Hilfe.
Sie versucht, telefonisch den Hausarzt zu informieren, hängt aber in der Warteschleife fest. Da sich das Bewusstsein von Egon rasch verschlechtert, entschließt sie sich, nach etwa zehn Minuten den Notarzt zu rufen. Als dieser eintrifft, ist Egon bereits tief bewusstlos und hat Atemstörungen. Noch im Notarztwagen wird die Beatmung durchgeführt.
In der Klinik zeigt die notfallmäßig durchgeführte Kernspintomographie (MRT) des Kopfes an der mittleren Hirnarterie ein großes, 15 mm messendes Aneurysma mit mehreren Aussackungen. Im Nervenwasserraum ist Blut nachweisbar. Es handelt sich somit um eine ausgedehnte Subarachnoidalblutung (SAB).
Unmittelbar anschließend führt die Neuroradiologin eine endovaskuläre Therapie durch Coiling in Intubationsnarkose durch. Die Ausstopfung des Aneurysmas durch kleine Metallspiralen gelingt erfolgreich.
Nach achtwöchiger Krankenhaus- und Rehabilitationsbehandlung ist Egon so weit hergestellt, dass er ohne gravierende Einschränkungen seinen Beruf wieder ausüben und ein normales Leben führen kann. Das Zigarettenrauchen hat er aufgegeben.
Als er bis 17:00 Uhr nicht zurückgekehrt ist, ruft die Sekretärin bei Manfreds Frau an. Auch sie weiß nichts vom Verbleib ihres Mannes. Höchst beunruhigt informiert sie die Polizei, die zunächst alle Krankenhäuser nach Noteinweisungen abfragt.
Da Manfred keine Ausweispapiere bei sich hat, ist die Suche natürlich erschwert. Das Notarztprotokoll einer nahegelegenen Klinik berichtet dann von einem unbekannten Mann, der gegen 15:30 Uhr in einer Straße nahe seines Büros bewusstlos zusammengebrochen war.
Als Ursache dieser plötzlichen Bewusstlosigkeit wird ein großes Aneurysma an der Basilararterie mit massiver Blutung in den Hirnstamm festgestellt.
Leider ist Manfred aus der tiefen Bewusstlosigkeit nicht mehr aufgewacht und nach wenigen Tagen gestorben.
Wie hoch ist das Risiko, wenn ein Aneurysma platzt?
Platzt ein Aneurysma innerhalb des Schädels, entsteht durch die Subarachnoidalblutung (SAB) eine lebensbedrohliche Situation und damit ein Notfall. Schlagartig strömt Blut in den Subarachnoidalraum (Liquorraum) zwischen Gehirn und Schädelbasis. Das führt zu einem akuten Anstieg des Hirndrucks.
Eine SAB tritt mit einer Häufigkeit von ca. 10 Menschen/100.000/Jahr auf, meistens im Alter zwischen 40 und 60 Jahren. Etwa 30 Prozent der Betroffenen sterben an der Blutung oder ihren Folgen. Nur etwa 20 Prozent überleben eine SAB ohne Folgeschäden.
Daher sollte ein Aneurysma, wenn möglich, neurochirurgisch-operativ oder interventionell-neuroradiologisch durch Coiling verschlossen werden. Dies wird immer der Schritt sein, wenn es aus einem Aneurysma geblutet hat und dieses lokalisiert werden kann.
Bei einem zufällig entdeckten Aneurysma entsteht häufig der Entscheidungskonflikt, ob das Aneurysma operiert oder belassen und sein Wachstum kontrolliert werden soll. Die Frage ist also: Ist das Risiko des Platzens (Ruptur) höher als das Risiko eines Eingriffs?
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Wie wird eine Subarachnoidalblutung (SAB) festgestellt?
Bei Verdacht auf eine SAB sollte nach der Anamnese als erste apparative Untersuchung eine Computertomographie des Schädels (CT) oder eine Kernspintomographie (MRT) durchgeführt werden. Dadurch kann in den meisten Fällen geklärt werden, ob ein Aneurysma vorliegt und Blut in den mit Nervenwasser gefüllten Subarachnoidalraum ausgetreten ist.
Wichtig ist auch, einen erhöhten Hirndruck auszuschließen, da dieser eine Lumbalpunktion zum Nachweis von Blut im Nervenwasser verbietet. Bei normalem CT- Befund kann bei diagnostischer Unsicherheit die Nervenwasserentnahme durch Lumbalpunktion erfolgen.
Blutungsrisiko und Vorgehen bei einem zufällig entdeckten Aneurysma
Internationale Studien haben Folgendes gezeigt:
- Kleine (< 7mm), zufällig entdeckte Aneurysmen im vorderen Hirnkreislauf (Karotissystem) haben ein nur geringes Blutungsrisiko. Es liegt bei etwa 0,2 Prozent/Jahr. Bei größeren Aneurysmen beträgt das Blutungsrisiko mehr als 10 Prozent/Jahr.
- Faktoren, die das Blutungsrisiko erhöhen, sind u.a. Bluthochdruck, Rauchen, erhöhter Alkoholkonsum, wenn das Aneurysma im hinteren Hirnkreislauf (Vertebrobasiläres System) lokalisiert ist oder eine unregelmäßige Form aufweist.
- Wenn kein Eingriff vorgesehen ist, wird eine jährliche Verlaufskontrolle mit der Kernspintomographie empfohlen. Hierbei zeigt sich bei 2-5 Prozent der Aneurysmen eine Größenzunahme oder eine Tochterblase. Diese Feststellungen erhöhen das Blutungsrisiko um das Zehnfache und führen häufig zur neurochirurgischen oder interventionell- neuroradiologischen Behandlung.
- Wird ein zufällig entdecktes Aneurysma mit einer Größe von < 10 mm dennoch behandelt, liegt das Risiko für eine schwere Komplikation bei ca. 2 Prozent.
Wie entsteht ein Aneurysma?
Ein Aneurysma kann entstehen, wenn eine Gefäßwand an Elastizität verliert. Arteriosklerotische Veränderungen im Zusammenhang mit Bluthochdruck spielen hier eine große Rolle. Auch Rauchen und Entzündungen werden verantwortlich gemacht.
Das Alter ist ein Faktor, da die Arterien im Lebensverlauf weniger elastisch werden. Selten ist ein Aneurysma angeboren, wie bei den Bindegewebserkrankungen Ehlers-Danlos-Syndrom oder Marfan-Syndrom.
Ursachen für die Entstehung eines Aneurysmas
- angeborene Bindegewebsschwäche der Arterienwand, oftmals sind andere Familienmitglieder ebenfalls betroffen
- Folge einer Arteriosklerose der Arterienwände
- Folge von Gefäßverletzungen
- Entzündungen von Blutgefäßen durch Pilze, Bakterien oder Viren
Risikofaktoren für die Entstehung eines Aneurysmas
Wenn ein Aneurysma nicht angeboren ist, kann es sich im Laufe des Lebens entwickeln. Es kann die Folge von Arteriosklerose (Gefäßverkalkung) sein. Daher sind alle Risikofaktoren, die zu einer Arteriosklerose führen können, mögliche Risikofaktoren für die Entstehung eines Aneurysmas. Besonders bedeutend sind:
- Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
- Rauchen
- Diabetes mellitus
- Fett- bzw. Cholesterin-Stoffwechselstörung
- Übergewicht
- Alkoholmissbrauch
Diese Risikofaktoren sind vermeidbar bzw. behandelbar.
Werden sie tatsächlich vermieden, frühzeitig entdeckt und konsequent behandelt, kann das Auftreten der häufigsten und bedrohlichsten Erkrankungen drastisch gesenkt werden:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen, vor allem Schlaganfall und Herzinfarkt um ca. 70 – 90 Prozent
- Krebserkrankungen um ca. 50 Prozent
- Demenzerkrankungen um ca. 30 Prozent
Diese Zahlen verdeutlichen, welchen Stellenwert die Prävention hat und wie sehr es sich lohnt, selbstverantwortlich zu handeln und Gesundheitskompetenz zu erwerben.
Wie entsteht eine Subarachnoidalblutung (SAB)?
Ein Aneurysma kann im Laufe der Zeit an Größe zunehmen (wachsen). Mit zunehmender Größe nimmt die Gefahr zu, dass es platzt und Blut in den Subarachnoidalraum gelangt. Bei starken Blutungen kann es auch zur Einblutung in das umliegende Hirngewebe kommen.
Diese Blutung wird Subarachnoidalblutung (SAB) oder Aneurysmablutung genannt. Sie wird der Gruppe der Schlaganfälle zugerechnet, da sie schlagartig auftritt und eine Form der Hirndurchblutungsstörung ist. Die anderen Formen sind der Hirninfarkt und die Hirnblutung.
Welche Symptome treten bei einer Aneurysmablutung auf?
Wenn ein Aneurysma im Kopf platzt, handelt es sich immer um einen medizinischen Notfall und um eine lebensbedrohliche Situation. Wenn also ungewohnt stärkste Kopfschmerzen auftreten, ist nicht der Hausarzt, sondern unverzüglich der Notarzt anzufordern (siehe oben: Patientengeschichte von Egon F.).
Das Kardinalsymptom ist ein plötzlich „donnerschlagartig“ auftretender, heftigster Kopfschmerz im Nacken-Hinterkopf-Bereich.
In der Folge können entstehen:
- Verwirrtheit
- Störungen des Bewusstseins bis zum Koma
- Übelkeit und Erbrechen
- starker Schwindel
- Nackensteifigkeit
- Epileptischer Anfall
Größere Gehirnaneurysmen, die nicht platzen und damit auch nicht bluten, können durch ihre Nähe zum Gehirngewebe ab einem gewissen Durchmesser Druck auf das Hirngewebe und umliegende Nerven ausüben.
Dann entstehen Kopfschmerzen oder Schlaganfallsymptome wie Lähmungserscheinungen einer Körperhälfte oder eine einseitig erweiterte Pupille. Diese Aneurysmen werden durch die Computer- oder Kernspintomographie entdeckt und je nach individueller Situation neurochirurgisch oder neuroradiologisch behandelt.
Selten kommt es zu wiederholten Sickerblutungen aus einem Aneurysma, die nur kurzfristig starke Kopfschmerzen verursachen und die Diagnose erschweren. Auch in dieser Situation gilt das Handlungsprinzip: Jeder ungewohnt starke Kopfschmerz ist verdächtig auf eine Aneurysmablutung.
Wie wird ein Aneurysma der hirnversorgenden Arterien diagnostiziert?
Ein erster Hinweis ergibt sich aus der Vorgeschichte des Patienten mit schwersten, akut auftretenden Kopfschmerzen ohne oder mit Begleitsymptomen. Der Nachweis des Aneurysmas erfolgt durch eine Bildgebung des Schädels mittels Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT/MRI) inklusive Gefäßdarstellung. Hierbei kann auch festgestellt werden, ob eine Blutung aus dem Aneurysma vorliegt.
Wie wird ein geplatztes Aneurysma behandelt?
Um ein Aneurysma auszuschalten, stehen zwei Methoden zur Verfügung: Die neurochirurgische mit dem Clipping-Verfahren oder das interventionell-neuroradiologische Coiling-Verfahren.
Clipping-Verfahren
In Vollnarkose wird durch eine Öffnung des Schädels eine mikrochirurgische Operation mit spezifischen Instrumenten durchgeführt. Dabei wird versucht, das Aneurysma an seinem Hals durch einen Metallclip aus Titan abzuklemmen und damit auszuschalten.
Das Risiko dieses Vorgehens liegt bei ca. 2 Prozent. Größte Risiken sind eine schwere Nachblutung, ein Gefäßverschluss mit nachfolgendem Schlaganfall oder eine Epilepsie.
Coiling-Verfahren
Durch die Leistenarterie wird vom Neuroradiologen ein Katheter als sogenannter Führungskatheter in eine Leistenarterie eingeführt. Dieser wird unter Röntgensicht bis in die Hirnarterie vorgeschoben, die das Aneurysma trägt. Ein zweiter, dünnerer Mikrokatheter wird dann in den Führungskatheter geschoben, bis er das Aneurysma erreicht.
Er trägt an seinem Ende Metallspiralen (Coils) aus Platin, die elektrolytisch abgelöst werden und damit das Aneurysma ausstopfen, bis kein Blut in ihm zirkulieren kann. In ausgewählten Fällen wird zusätzlich der Arterienabschnitt, an dem sich das Aneurysma befindet, mit einem Stent (Metallgitter) stabilisiert.
Das Risiko des Coiling-Verfahrens entspricht dem des Clipping-Verfahrens.
Welche Behandlungsstrategie für den einzelnen Patienten gewählt wird, hängt von folgenden Faktoren ab:
- Größe und Gestalt (ballonartig oder gelappt)
- anatomischen Lage
- Nähe zu anderen hirnversorgenden Arterien
- Alter und Vorerkrankungen des Patienten
Die Entscheidung zu dem einen oder anderen Verfahren erfolgt nach Absprache unter Ärztinnen und Ärzten der Neurologie, Neuroradiologie und Neurochirurgie.
Wenn viel Blut im Subarachnoidalraum zu einem erhöhten Druck im Gehirn führt, kann es nötig sein, durch ein Bohrloch im Schädel einen dünnen Katheter in die Hirnkammern einzulegen. So wird der Druck im Gehirn reduziert und Blut oder Nervenwasser (Liquor) können vorübergehend nach außen abgeleitet werden. Bei größeren Blutungen, die massiven Druck auf das umliegende Hirngewebe ausüben, kann es erforderlich sein, die Blutung mittels Operation zu entfernen (auszuräumen).2
Die konservative Therapie besteht aus
- Bettruhe,
- Vermeiden von starkem Husten,
- Pressen oder Heben schwerer Gegenstände,
- Blutdruckkontrolle
- und Medikamenten zur Vermeidung von Verkrampfungen der Hirnarterien, die den Blutfluss behindern und zu Hirninfarkten führen können (Gefäßspasmen).
Kann ich einem Aneurysma vorbeugen?
Am wichtigsten ist die Vermeidung der Entstehung eines Aneurysmas. Es gilt also zum Beispiel, die Entwicklung einer Arteriosklerose zu verhindern. Dies gelingt durch konsequente Vermeidung oder Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Rauchen, Übergewicht und erhöhten Cholesterinwerten. Viel Bewegung und eine gesunde Ernährung helfen dabei.
Tipps für Betroffene: Leben mit einem Aneurysma
Wurde bei Ihnen ein Aneurysma festgestellt, das bisher keine Beschwerden gemacht hat und das aktuell nicht behandelt werden muss? Dann sollten Sie auf folgende Punkte achten:
- Nehmen Sie zuverlässig und regelmäßig die Kontrolltermine beim Arzt wahr, auch wenn Sie keine Probleme haben.
- Wenn Sie immer wieder erhöhte Blutdruckwerte messen oder an Bluthochdruck leiden: Achten Sie auf normale Blutdruckwerte (Ziel: < 140/90 mmHg, erstrebenswert 120/80 mmHg).
- Achten Sie auf die regelmäßige Einnahme Ihrer blutdrucksenkenden Medikamente oder lassen Sie sich entsprechende Medikamente von Ihrem Hausarzt verordnen. Normale Blutdruckwerte können das Wachstum des Aneurysmas verlangsamen.
- Plötzliche Blutdruckspitzen können sehr gefährlich sein, da dann auch hoher Druck auf die Wand des Aneurysmas entsteht. Daher sollten Sie bei sportlicher Aktivität auf sanften Ausdauersport wie Schwimmen, Walken oder Radfahren setzen. Krafttraining und Sportarten mit hoher und rascher Anstrengung sind zu vermeiden.
- Studien haben belegt, dass Rauchen die Gefahr erhöht, dass ein Aneurysma platzt.4 Beenden Sie daher das Rauchen!
- Vermeiden Sie starkes Husten oder Pressen beim Stuhlgang, da hierdurch der Druck im Schädelinneren erhöht wird.
Informieren Sie Angehörige und den engen Freundeskreis über Ihre Diagnose und darüber, wie im Notfall zu handeln ist, damit Sie schnellstmöglich die richtige Hilfe bekommen. Wenn schlagartig schwerste Kopfschmerzen auftreten, muss der Notarzt unverzüglich unter 112 angefordert werden.
Prognose
Die Subarachnoidalblutung durch ein geplatztes Aneurysma ist eine lebensbedrohliche Erkrankung. Die Prognose ist abhängig vom Alter des Betroffenen, dem Ausmaß der Blutung und von der Lokalisation des Aneurysmas.
Während das 5-Jahres-Blutungsrisiko eines nicht wachsenden Aneurysmas ca. 3 Prozent beträgt, liegt das Risiko für Komplikationen durch einen Eingriff bei ca. 4 Prozent.3
Allerdings konnte die Komplikationsrate durch Verfeinerung der Behandlungstechniken auf ca. 2 Prozent gesenkt werden.
Ca. 30 Prozent der Patienten mit einer Subarachnoidalblutung sterben vor Erreichen einer Klinik oder in den ersten Tagen nach der Blutung. Von den überlebenden Betroffenen behält etwa die Hälfte zum Teil schwere Einschränkungen (Lähmungen, Sprachstörungen, geistige Defizite) zurück. Ein Drittel bleibt auf Hilfe angewiesen. Frühzeitiges Erkennen und eine schnelle intensivmedizinische Behandlung verbessern die Prognose der Patienten.
Aortenaneurysma
Ein Aneurysma der großen Körperschlagader Aorta im Brust- oder häufiger im Bauchraum wird Aortenaneurysma genannt. Meistens werden Aortenaneurysmen zufällig entdeckt.
Diese krankhafte Aortenerweiterung um mehr als das 1,5-fache des umgebenden Gefäßdurchmessers kann meist ohne Vorwarnung platzen (rupturieren). Sie ist allein in Deutschland für ca. 10.000 Todesfälle jährlich verantwortlich. Nur etwa 10 Prozent überleben die Ruptur mit massiver Blutung. Daher wird sie auch als „tickende Zeitbombe” bezeichnet.
Betroffen sind am häufigsten Menschen im Alter über 65 Jahren. Männer erkranken etwa fünfmal häufiger als Frauen.
Patientengeschichte
Der 68-jährige, schwergewichtige (112 kg bei 178 cm Körpergröße) Witwer Werner R. möchte mit seiner Tochter ein Gläschen Wein zum Abendessen trinken. Er lässt es sich nicht nehmen, die Flasche selbst aus dem Keller zu holen. Schon beim Treppensteigen schnauft er wie gewohnt heftig. Um an die Flasche zu kommen, muss er einige gefüllte Bierkisten beiseite heben. Ein plötzlicher, unerträglicher Bauchschmerz und schwere Übelkeit zwingen ihn zu Boden.
Als seine Tochter den Schrei, das Poltern und Stöhnen hört, erkennt sie den Notfall, wählt die 112 und schildert dem Mitarbeiter der Notrufzentrale die Situation.
Nach wenigen Minuten rückt die Notärztin mit vier kräftigen Sanitätern an, die Werner in den Notarztwagen transportieren. Die Klinik wird unverzüglich informiert.
Nach der Computertomographie des Bauchraums steht die Ursache der Schmerzen fest: ein im Bauchraum geplatztes Aneurysma. Die sofort eingeleitete Operation ist erfolgreich. Werner erholt sich gut.
Sein weiteres Leben hat er seiner Tochter zu verdanken. Ohne ihr umsichtiges Handeln wäre er jetzt tot.
Ursachen eines Aortenaneurysmas
Mit zunehmendem Alter kommt es, individuell sehr unterschiedlich, zu einer Abnahme der Elastizität und Festigkeit der mehrschichtigen Arterienwände. Bei ausgeprägter Arteriosklerose kann es bei zusätzlich erhöhtem Blutdruck zur Aufweitung, Spaltung und zum Einreißen der Gefäßschichten kommen. Die Folge ist dann eine meist tödliche Blutung in den Brust- oder Bauchraum.
Hauptursachen für ein Aortenaneurysma sind:
- Arteriosklerose
- Bluthochdruck (arterielle Hypertonie)
- angeborene oder erworbene Bindegewebsschwächen oder -erkrankungen (zum Beispiel das Marfan-Syndrom)
- entzündliche Gefäßerkrankungen durch Bakterien oder Pilze.
Risikofaktoren eines Aortenaneurysmas
Alle Risikofaktoren für die Entwicklung einer arteriosklerotischen Gefäßkrankheit gelten auch für das Aortenaneurysma.
Die wichtigsten Risikofaktoren:
- Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
- Rauchen
- Diabetes mellitus
- Fett- bzw. Cholesterin-Stoffwechselstörung
- Übergewicht
- Alkoholmissbrauch
Symptome des Aortenaneurysmas
Das Heimtückische ist, dass bei der Ausbildung eines Aortenaneurysmas nur selten Symptome auftreten und die meisten zufällig bei Untersuchungen des Brust- oder Bauchraums entdeckt werden.
Wenn ein Aortenaneurysma vor dem Platzen Symptome macht, äußern sie sich je nach Lage als
- Schmerzen in der Brust
- abnormes Atemgeräusch durch Druck auf die Luftwege
- stechende oder dauerhafte Schmerzen im Bauchraum
- Rückenschmerzen, zum Teil mit Ausstrahlung in die Beine.
Der Einriss (Ruptur) mit Blutung geht, in den meisten Fällen ohne Vorwarnung, mit plötzlich auftretenden, schwersten und unerträglichen Schmerzen einher. Oft treten zusätzlich Übelkeit oder Erbrechen auf. Im Brustraum kann der Schmerz einen Herzinfarkt vortäuschen.
Es entsteht in jedem Fall ein Notfall. Rufen Sie daher nicht den Hausarzt, sondern ohne Zeitverlust den Notarzt unter der Telefonnummer 112.
Wie wird ein Aortenaneurysma diagnostiziert?
Wie bereits erwähnt, ist die Entdeckung eines Aortenaneurysmas häufig ein Zufallsbefund, zum Beispiel im Rahmen der Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie) oder des Bauchraums (Oberbauchsonographie). Gelegentlich kann beim Abtasten des Bauchraums eine pulsierende Walze festgestellt werden, die verdächtig auf ein Aneurysma ist.
Weitere wichtige diagnostische Methoden:
- Die Computertomographie (CT) ist die Untersuchungsmethode der ersten Wahl. Mit ihr gelingt eine dreidimensionale und exakt messbare Darstellung der Aorta. Da die CT-Untersuchung nur wenige Minuten dauert, ist sie für Notfalluntersuchungen besonders geeignet.
- Die Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) liefert eine ebenso exakte Darstellung der Aorta. Ein Vorteil ist die bessere Darstellung von Weichteilen, ein Nachteil die längere Untersuchungsdauer.
Therapie des Aortenaneurysmas5
Wird ein Aortenaneurysma entdeckt, das keine oder nur geringe Beschwerden verursacht, wird in den meisten Fällen unter engmaschigen, zunächst halbjährlichen Kontrolluntersuchungen der weitere Verlauf beobachtet.
Sehr wichtig dabei ist, die Betroffenen und auch ihre Angehörigen eingehend über die Gefahren der möglichen Ruptur aufzuklären und das notwendige Verhalten im Notfall zu erklären.
Rauchen sollte aufgegeben und vor allem der Blutdruck auf Normalwerte eingestellt werden.
- Ein Aneurysma im Bereich der aufsteigenden Aorta (Aorta ascendens) mit einem Durchmesser von mehr als 55 mm wird chirurgisch bei eröffnetem Brustraum mit einer Gefäßprothese versorgt. Dies trifft auch zu, wenn ein Aneurysma im Durchmesser um mehr als 10 mm in einem Jahr zunimmt.
- Aneurysmen der absteigenden Aorta (Aorta descendens) werden, wenn möglich, minimalinvasiv mit einer Stentprothese stabilisiert. Über einen Katheter in der Leistenarterie wird die Prothese in das Aneurysma vorgeschoben, wo sie sich entfaltet.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autor
Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen ist niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am Neurozentrum Ravensburg. Als Chefarzt leitete er die Abteilung für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit gehört die Diagnostik und Behandlung von Schlaganfällen. [mehr]
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Quellen
- Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie – Autoren: Diener, H. C.; Weimar, C.; Berlit, P.; et al. – Herausgegeben von der Kommission „Leitlinien“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) – DOI: 10.1055/b-002-37755
- Guidelines for the Management of Spontaneous Intracerebral Hemorrhage – A Guideline for Healthcare Professionals From the American Heart Association/American Stroke Association – Autoren: J. Claude HemphillIII, Steven M. Greenberg, Craig S. Anderson, Kyra Becker, Bernard R. Bendok, Mary Cushman, Gordon L. Fung, Joshua N. Goldstein, R. Loch Macdonald, Pamela H. Mitchell, Phillip A. Scott, Magdy H. Selim, Daniel Woo – Publikation: Stroke. 2015;46:2032–2060 – DOI: 10.1161/STR.0000000000000069
- Unrupturierte intrakranielle Aneurysmen – Pathogenese und individualisierte Behandlung – Autoren: Etminan, Nima; Dörfler, Arnd; Steinmetz, Helmuth – Publikation: Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 235-42 – DOI: 10.3238/arztebl.2020.0235
- Lifelong rupture risk of intracranial aneurysms depends on risk factors: a prospective Finnish cohort study – Autoren: Miikka Korja, Hanna Lehto, Seppo Juvela – Publikation: Stroke. 2014 Jul;45(7):1958-63 – DOI: 10.1161/strokeaha.114.005318
- Aortenaneurysma Ursache, Symptome & Therapie – Autoren: Prof. Dr. med. Christoph T. Starck, PD Dr. Felix Hohendanner – Deutsches Herzzentrum der Charite – URL: https://www.dhzb.de/ratgeber/aortenaneurysma