Lumbalpunktion ▷ Ablauf, Risiken, Nebenwirkungen und Tipps
In diesem Artikel:
- Was ist eine Lumbalpunktion?
- Gründe für eine Lumbalpunktion
- Risiken und Nebenwirkungen
- Ablauf
- Praxis-Tipps
Was ist der Liquor?
Der Liquor – lateinisch “Flüssigkeit” – ist im Normalfall eine wasserklare Flüssigkeit, die um das zentrale Nervensystem, also das Gehirn und das Rückenmark, im sogenannten Subarachnoidalraum zirkuliert. Dies ist der Raum zwischen zwei Schichten der Hirnhäute, in dem auch hirnversorgende Arterien und Venen verlaufen. Der Liquor kann, wie das Blut, zu diagnostischen Zwecken bei Erkrankungen des Nervensystems laborchemisch untersucht werden.
Was ist eine Lumbalpunktion (LP)?
Prinzipiell ist eine Lumbalpunktion, wie die Punktion einer Vene oder Arterie, ein invasives, in den Körper eingreifendes Verfahren.
Sie stellt eine Methode zur Entnahme des sogenannten Liquor cerebrospinalis dar. Dabei handelt es sich um die Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit, die umgangssprachlich auch als Nervenwasser bezeichnet wird. Die Liquoranalyse gewinnt zunehmend an Bedeutung in der Diagnostik neurodegenerativer Erkrankungen. In der Regel handelt es sich bei der Lumbalpunktion um einen Routine-Eingriff, der sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt werden kann, sodass ein Krankenhausaufenthalt nicht zwingend erforderlich ist.
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Die auch als Spinalpunktion oder Liquorpunktion bezeichnete Methode kann neben diagnostischen Zwecken auch zur Verabreichung von Arzneimitteln in den Liquorraum und zur Betäubung der Nerven für den Unterleib oder die Beine als Peridural- oder Spinalanästhesie eingesetzt werden. Selten wird auch Liquor zur Entlastung eines Hirndrucks bei dem sogenannten Normaldruckhydrozephalus über die Punktionsnadel entnommen.1
Gründe für eine Lumbalpunktion
Da eine Lumbalpunktion sowohl diagnostisch als auch therapeutisch von Bedeutung ist, gibt es mehrere Indikationen, die diese Methode notwendig machen.2
Diagnostische Anwendungsgebiete umfassen unter anderem:
- Entzündliche ZNS-Erkrankungen wie zum Beispiel akute bakterielle oder virale Entzündungen des Gehirns und der Hirnhäute – medizinisch werden diese als Meningitis beziehungsweise Meningoenzephalitis, Neuroborreliose und virale Meningoenzephalitis bezeichnet
- Autoimmun-entzündliche Erkrankungen, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen richtet, wie zum Beispiel die Multiple Sklerose
- Degenerative Erkrankungen des Gehirns wie zum Beispiel verschiedene Demenzformen oder der Normaldruckhydrozephalus
- Gefäßerkrankungen wie zum Beispiel die Subarachnoidalblutung aus einem Aneurysma
- Tumorerkrankungen mit krankhafter Neubildung von Zellen, wie zum Beispiel die Meningeosis carcinomatosa
Auch bei einer Fazialisparese, also einer Lähmung des siebten Hirnnerven, der überwiegend für die Aktivierung der mimischen Gesichtsmuskulatur zuständig ist, kann eine Lumbalpunktion diagnostisch sinnvoll sein, zum Beispiel um eine durch Zecken vermittelte Borreliose als Ursache auszuschließen. Die Fazialisparese kann infolge eines Schlaganfalls auftreten.
Therapeutische Anwendungsgebiete sind unter anderem:
- Bei chronischen Erkrankungen die intrathekale Medikamententherapie, bei der eine programmierbare Pumpe, die unter der Bauchhaut platziert wird, über einen Katheter mit dem Liquorraum verbunden wird. Beispiele sind die Baclofen-Pumpe zur Behandlung einer schweren Spastik der Beine oder die Schmerzpumpe bei chronischen Rücken- oder Beinschmerzen.
- Schmerztherapie zum Beispiel im Rahmen eines Kaiserschnitts oder einer Hüftgelenksoperation als Spinal- oder Periduralanästhesie.
Andere Anwendungsgebiete:
Die früher häufig durchgeführte Methode der Myelographie, die Darstellung des Liquorraums mit einem Röntgenkontrastmittel vor allem zur Diagnostik von Bandscheibenvorfällen, wurde von der Computer- oder Kernspintomographie weitgehend abgelöst.
In welchen Fällen sollte eine Lumbalpunktion nicht durchgeführt werden?
Obwohl die Lumbalpunktion, wie bereits beschrieben, sowohl von diagnostischer als auch therapeutischer Bedeutung ist, gibt es einige Kontraindikationen, also Argumente gegen den Einsatz dieser Maßnahme.
Solche Kontraindikationen sind zum Beispiel eine erhöhte Blutungsneigung bei Bluterkrankungen, aber auch die Einnahme sogenannter Antikoagulanzien, also Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen. Durch die Lumbalpunktion ist in solchen Fällen das Risiko von Blutungen in den Nervenwasserraum zu groß.
Auch bei Haut- oder Gewebe-Entzündungen im Bereich oder in der Nähe der Einstichstelle ist die Lumbalpunktion kontraindiziert.
Insbesondere muss vor einer Lumbalpunktion ein erhöhter Hirndruck anhand klinischer Kriterien und bildgebender Untersuchungen mit der Computer- oder Kernspintomographie ausgeschlossen werden. Eine Lumbalpunktion bei Vorliegen klinischer Hirndruckzeichen oder bildgebenden Hinweisen auf einen erhöhten Hirndruck kann schwerwiegende Folgen haben: Es kann hierbei zu einer Einklemmung von Strukturen des Nervensystems kommen, die schlimmstenfalls zum Tod führen kann.2
Bei Verdacht auf eine Meningitis oder Subarachnoidalblutung, die ebenfalls zu einer Drucksteigerung im Schädel führen, ist die Lumbalpunktion hingegen angezeigt.3
Risiken und Nebenwirkungen einer Lumbalpunktion
Durch eine Lumbalpunktion kann es selten zu gravierenden Nebenwirkungen kommen, die einen stationären Aufenthalt notwendig machen oder verlängern.
Es können lokale Schmerzen oder leichte Blutungen an der Einstichstelle, akute vorübergehende Rückenschmerzen, aber auch Kopfschmerzen vor allem in aufrechter Position mit Begleitsymptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Lichtempfindlichkeit auftreten.
Vor Einführung der sogenannten atraumatischen Punktionsnadel, bei der über eine Führungsnadel eine dünnere Nadel in den Nervenwasserraum geschoben wird, kam es nicht selten zu dem gefürchteten Liquorunterdruck-Syndrom. Bei Verwendung der atraumatischen Punktionsnadel kommt es nur noch selten zu diesem Syndrom.
Die früher benutzte dickere Punktionsnadel verursachte eine Verletzung der Rückenmarkshaut, durch die dann Nervenwasser in das umliegende Gewebe austreten konnte und damit einen Unterdruck im Nervenwasser-System bewirkte.
Symptome des Liquorunterdruck-Syndroms über eine Dauer bis maximal zwei Wochen sind
- zunehmend schwere, drückende oder pulsierende Kopfschmerzen im Sitzen oder Stehen, Besserung oder Verschwinden im Liegen, allerdings nicht immer.
- Übelkeit, Erbrechen, Ohrgeräusche (Tinnitus), Doppelbilder, seltener Kreislaufkollaps oder Bewusstseinsstörung.
Selten kann es zu einer Infektion des Stichkanals kommen. Auch eine Verletzung von venösen Blutgefäßen im Spinalkanal ist möglich.
Blutungen mit neurologischen Ausfällen, Hirnnervenausfälle, Migräneattacken, epileptische Anfälle oder Einklemmungssyndrome treten nur in Einzelfällen auf, meist bei Durchführung der Lumbalpunktion trotz Kontraindikationen.
Wie verläuft die Lumbalpunktion?
Das Aufklärungsgespräch
Bevor ein Termin zur Durchführung der Lumbalpunktion vereinbart wird, findet ein Aufklärungsgespräch zwischen behandelndem Arzt und Patient statt, um den Nutzen, mögliche Risiken und gegebenenfalls vorzuziehende Alternativen zu besprechen und dem Patienten Raum für mögliche Fragen zu geben. Einige Ärzte stellen bereits vor diesem Gespräch Informationsblätter zur Vorbereitung auf das anstehende Gespräch zur Verfügung.
Auch die Krankenvorgeschichte und vorliegende Laborbefunde, die für die Untersuchung relevant sind, werden hierbei besprochen. In der Regel ist vor allem das Vorliegen aktueller Gerinnungswerte wichtig, da es im Rahmen der Punktion zum Auftreten von Blutungen kommen kann. Patientinnen und Patienten sollten dem behandelnden Arzt mitteilen, welche Medikamente sie einnehmen, da diese für die Untersuchung unter Umständen abgesetzt oder ersetzt werden müssen. Solche Medikamente können unter anderem Einfluss auf die Blutungsneigung haben.
Das Gespräch basiert in den meisten Fällen auf einem standardisierten Aufklärungsbogen, in dem das Besprochene dokumentiert wird. Üblicherweise erfordert die Lumbalpunktion eine schriftliche Einverständniserklärung des Patienten beziehungsweise dessen Stellvertreters. Nur in Notfallsituationen, wie dem Verdacht auf eine bakterielle Hirnhautentzündung, kann die Untersuchung bei nicht einwilligungsfähigen Patienten ohne vorherige schriftliche Einverständniserklärung erfolgen, was in diesem Fall schriftlich dokumentiert wird. Nach der Aufklärung des Patienten und der Entscheidung des Arztes, dass die Lumbalpunktion durchgeführt werden kann, erfolgt die Terminvereinbarung für die Untersuchung.
Lagerung des Patienten
Die Punktion kann grundsätzlich im Sitzen oder in Seitenlage durchgeführt werden. Es kann von Vorteil sein, wenn der Patient sich in sitzender Position befindet, da die Wirbelsäule hierbei senkrecht verläuft. Dies ist jedoch nicht immer möglich, da in einigen Fällen der Patient aus medizinischen Gründen im Liegen punktiert werden muss.
Im Fall, dass der Patient unter einer Bewusstseinsstörung leidet, bei der die Daueraufmerksamkeit beeinträchtigt ist, ist zum Beispiel eine Punktion im Liegen notwendig.4 Diese kann unter anderem im Rahmen von Hirnblutungen und ischämischen Schlaganfällen sowie anderen Erkrankungen auftreten.
Vorbereitung der Untersuchung
In den meisten Fällen werden für Lumbalpunktionen heutzutage aus Sicherheitsgründen sogenannte atraumatische Nadeln eingesetzt.
Bei ihrer Verwendung kommt es eher zu einer Verdrängung von Gewebe als zum Durchstechen des Gewebes. Sie schonen das Gewebe und hinterlassen beim Herausziehen kein Loch. Durch Verwendung dieser Nadeln kann das Risiko für Nebenwirkungen der Lumbalpunktion um ein Vielfaches gesenkt werden. Zuvor wurden hauptsächlich sogenannte Quincke-Kanülen mit schräg geschliffener Spitze verwendet. Diese zeichnen sich durch hohe Stabilität aus. Sie hinterlassen Löcher, durch die auch nach der eigentlichen Lumbalpunktion weiter Liquor austreten kann. Dieser Verlust von Nervenwasser bewirkt das oben beschriebene Liquorunterdruck-Syndrom.
Bei Verwendung der atraumatischen Nadel wird häufig eine schärfere Vorstichnadel (“Introducer”) oder ein Skalpell bereitgelegt, um den Einstich mit der atraumatischen Nadel zu erleichtern.3,4 Eine lokale Betäubung ist in der Regel nicht erforderlich, da für diese ebenso ein Einstich erforderlich ist und zudem die Infektionsgefahr durch das Injizieren des Betäubungsmittels erhöht ist.
Für den Eingriff werden Hohlnadel, Lochtuch, Desinfektionsmittel, Tupfer und Handschuhe vorbereitet. Ist eine lokale Betäubung geplant, werden zusätzlich das Lokalanästhetikum, eine Spritze und Kanülen zum Aufziehen und Injizieren des Mittels bereitgelegt.
Nach großflächiger Desinfektion des zu punktierenden Bereichs und Abdeckung des Rückens mit einem Lochtuch kann die Punktion durchgeführt werden.
Durchführung der Punktion
Bei der Lumbalpunktion wird mithilfe einer langen Hohlnadel in den sogenannten Subarachnoidalraum, in dem der Liquor zirkuliert, zwischen dem dritten und fünften Lendenwirbel-Dornfortsatz eingestochen und durch diese Nadel Liquor abgelassen.
Um die Punktion bestmöglich durchführen zu können, werden Patientinnen und Patienten gebeten, einen “Katzenbuckel” zu machen, also ihren Rücken rund zu machen. Hierdurch fächern sich die Dornfortsätze der Wirbelkörper auf und erleichtern das Einstechen an der korrekten Stelle. Diese wird ausgehend von den Beckenkämmen ertastet, da die Oberkante der Beckenkämme etwa auf der gleichen Höhe liegt wie der vierte und fünfte Lendenwirbelkörper. Durch die Dicke der Patientenhaut liegen die Hände beim Ertasten der Position etwa auf Höhe des dritten und vierten Lendenwirbelkörpers.
Damit der Einstich sicher unterhalb des zum Steißbein gerichteten Endes des Rückenmarks liegt, wird die Punktionsnadelnadel zwischen dem 3. und 4. oder dem 4. und 5. Lendenwirbel-Dornfortsatz eingeführt. Hierbei wird die Nadel parallel zu den Dornfortsätzen mit leichter Neigung zum Kopf hin eingestochen.
Der Arzt, der die Untersuchung durchführt, spürt das Durchstechen der den Spinalkanal umhüllenden Rückenmarkshaut durch das plötzliche Nachlassen des Widerstands. Da die Hohlnadel mit einem als Mandrin bezeichneten Hilfsmittel zur Einführung der Nadel ausgestattet ist, muss der Arzt diesen nach erfolgreicher Positionierung der Nadel ziehen, damit der Liquor abtropfen kann.
Direkt im Anschluss wird der Eröffnungsdruck im Nervenwasserraum gemessen, da der Druck durch das Ablassen des Liquors zunächst fällt.4,5 Beim liegenden Patienten sollte der Eröffnungsdruck 60 bis 200 Millimeter Wassersäule betragen, was 5 bis 15 Millimetern auf der Quecksilbersäule entspricht. Zu niedrige Werte weisen auf ein sogenanntes Liquorunterdrucksyndrom hin, zu hohe auf eine Drucksteigerung im Schädel. Zu hohe Werte können aber auch durch die Anspannung des Patienten aufgrund der Untersuchung oder durch ausgeprägtes Übergewicht verursacht werden. Falsch niedrige Werte können entstehen, wenn die Nadel nicht korrekt positioniert ist.
Für die meisten Standard-Laboruntersuchungen werden drei Röhrchen mit je etwa ein bis zwei Millilitern, für spezielle Fragestellungen zwischen zehn und fünfzehn Milliliter benötigt.3 Blutbeimengungen sind leicht erkennbar, da es sich bei normalem Liquor um eine klare Flüssigkeit handelt.
Ist der Liquor rot verfärbt, führt der Arzt eine sogenannte 3-Gläser-Probe durch, bei der die Liquorfärbung von drei aufeinanderfolgend abgenommenen Röhrchen miteinander verglichen wird. Eine abnehmende Farbintensität weist auf eine künstlich verursachte Blutbeimengung durch die Punktion hin. Bleibt die Intensität jedoch über alle drei Röhrchen gleich, ist dies ein möglicher Hinweis auf eine Subarachnoidalblutung.
Ist der Liquor eitrig, deutet dies auf eine bakterielle Meningitis hin.3
Der Eingriff selbst dauert in der Regel etwa 15 Minuten.6
Nachbereitung der Untersuchung
Sobald ausreichende Mengen Liquor entnommen wurden, wird der Mandrin wieder in die Hohlnadel eingeführt und diese entfernt. Mit einem sterilen Pflaster wird die Punktionsstelle vor Verunreinigungen geschützt.
Unmittelbar nach der Beurteilung der Proben hinsichtlich Färbung und Trübung erfolgt die mikroskopische Untersuchung in einem qualifizierten Labor, unter anderem hinsichtlich Zellzahl, Eiweißgehalt und Glukosekonzentration. In einigen Fällen werden Spezialuntersuchungen durchgeführt.
Der Patient sollte nach abgeschlossener Punktion für ein bis zwei Stunden liegen, um Kreislaufbeschwerden und Kopfschmerzen vorzubeugen. Eine Lagerung in Bauchlage ist hierfür sinnvoll, da hierdurch ein Nachfließen von weiterem Liquor verhindert und der Verschluss des Punktionskanals gefördert wird.
Treten unmittelbar nach der Lumbalpunktion Kreislaufbeschwerden beim Patienten auf, wird dieser für einige Minuten auf dem Rücken liegend mit erhöhten Beinen gelagert.
Kopfschmerzen treten, wie oben bereits erwähnt, relativ häufig 24 bis 72 Stunden nach der Punktion auf und halten einige Tage an.7 Dagegen hilft meist eine Steigerung der Trinkmenge und das Hinlegen in Rückenlage. Auch Koffein kann die Kopfschmerzen lindern.8,9 Hierfür eignen sich Kombinationspräparate aus Ibuprofen oder Paracetamol mit Koffein. Bei stark ausgeprägten postpunktionellen Kopfschmerzen kann ein sogenannter epiduraler Blutpatch mit Eigenblut des Patienten durchgeführt werden.10 Durch das injizierte Blutvolumen kommt es meist zu einer sofortigen Linderung der Symptome und das gerinnende Blut verschließt die punktierte Stelle in dem als Dura mater spinalis bezeichneten Teil der harten Hirnhaut. Wenn die Kopfschmerzen über eine Woche anhalten oder stärker werden, sollten Patientinnen und Patienten einen Arzt aufsuchen.
Aufgrund möglicher Nebenwirkungen nach dem Eingriff sollten sich die Patienten für etwa 24 Stunden schonen. Das Einhalten einer Bettruhe ist nach aktuellem Stand bei Beschwerdefreiheit des Patienten nicht mehr erforderlich. Eine Ausnahme besteht, wenn die oben beschriebenen Kopfschmerzen auftreten, da hier eine liegende Position Linderung verschaffen kann.
Lumbalpunktion zur Diagnostik einer Subarachnoidalblutung (SAB)
Die spontan auftretende Subarachnoidalblutung, kurz SAB, ist – wie der Hirninfarkt und die Hirnblutung – eine Erkrankung, die zur Gruppe der Schlaganfälle zählt.
Die Liquoranalytik nach einer Lumbalpunktion kann neben bildgebenden Verfahren wie der Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie ergänzend zur Diagnostik der SAB eingesetzt werden. Vor allem bei CT-negativen Subarachnoidalblutungen ist die Lumbalpunktion mit Liquordiagnostik die Methode der Wahl.11
Vor allem bei kleineren oder länger zurückliegenden Blutungen kann eine ergänzende Untersuchung des Liquors sinnvoll sein, da diese in 10 bis 20 Prozent der Fälle im CT nicht klar erkennbar sind. Ab etwa 24 Stunden nach Auftreten der Subarachnoidalblutung nimmt die Sensitivität für den Nachweis mittels Computertomographie ab.
Unterscheidet sich die Farbintensität bei der sogenannten 3-Gläser-Probe, handelt es sich meist um eine Blutbeimengung, die durch die Lumbalpunktion selbst entstanden ist. Dennoch kann eine Subarachnoidalblutung in diesem Fall nicht ausgeschlossen werden. Ist der Liquor in allen 3 Röhrchen gleichmäßig blutig, reicht dies aus, um in Notfallsituationen die Diagnose “Subarachnoidalblutung” ausreichend zu belegen.
Die Beurteilung der Zellen im Liquor ist am spezifischsten für den Nachweis einer echten Blutung in den Subarachnoidalraum. Allerdings ist die Methode auch wenig sensitiv und entscheidend stadienabhängig.
In Fällen, in denen keine klare Unterscheidung zwischen einer Blutbeimengung durch die Lumbalpunktion selbst und einer Subarachnoidalblutung möglich ist, kann die Lumbalpunktion in einem höher gelegenen Zwischenwirbelraum wiederholt werden.11
Ist der Liquor gelblich verfärbt, spricht man von einer Xanthochromie. Im Rahmen einer SAB kann diese auftreten, wenn die als Erythrozyten bezeichneten roten Blutkörperchen zerfallen und infolgedessen beim Abbau des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin gelbes Bilirubin gebildet wird. Die Xanthochromie ist im Liquor 8 bis 12 Stunden nach Eintreten der Erythrozyten in den Subarachnoidalraum nachweisbar.
Auch eine Konzentration von mehr als 15 Nanogramm pro Milliliter Ferritin im Liquor kann im Zusammenhang mit dem klinischen Gesamtbild für das Vorliegen einer SAB sprechen und erweist sich insgesamt als der sensitivste Marker für die Blutung. Der Ferritinanstieg eignet sich vor allem für die Ausschlussdiagnostik.
Zusammenfassend ist eine Liquordiagnostik bei negativem CT-Befund zum Nachweis einer Subarachnoidalblutung erst etwa 8 bis 12 Stunden nach Beginn der explosionsartigen Kopfschmerzen sinnvoll, da die auf eine SAB hinweisenden Änderungen der entsprechenden Liquorparameter frühestens nach dieser Zeit positiv sind.
Praxis-Tipps
- Nehmen Sie sich Zeit bei der Arztsuche. Wenn Sie bereits einen Arzt kennen, der Lumbalpunktionen durchführt und dem Sie vertrauen beziehungsweise Sie von jemandem in Ihrem Freundes- und Verwandtenkreis einen Arzt empfohlen bekommen, kann Ihnen das die Angst vor der Untersuchung nehmen. Das sorgt für Entspannung beim Eingriff und erhöht somit die Sicherheit.
- Nutzen Sie das Aufklärungsgespräch, um Ihren Fragen und Ängsten Raum zu geben. Ihre Ängste sind verständlich, auch wenn sie aus medizinischer Sicht unbegründet sind. Es handelt sich bei der Lumbalpunktion um einen Routine-Eingriff, bei dem nur in sehr seltenen Fällen ernste Komplikationen auftreten.
- Fragen Sie den Arzt, ob eine Begleitperson bei dem Eingriff anwesend sein darf. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn jemand Vertrautes Ihre Hand hält oder auch einfach nur bei Ihnen ist.
- Besprechen Sie bereits im Vorfeld mit dem Arzt, ob man Ihnen gegebenenfalls ein leichtes Beruhigungsmittel beziehungsweise eine lokale Betäubung verabreichen kann.
- Wenden Sie vor der Untersuchung gerne Entspannungstechniken wie autogenes Training, progressive Muskelrelaxation oder gezielte Atemübungen an, die Ihnen helfen, ruhig und entspannt zu bleiben.
- Trinken Sie vor der Untersuchung eine ausreichende Menge Wasser. Das hilft dabei, Ihren Kreislauf optimal auf die bevorstehende Lumbalpunktion vorzubereiten.
- Bitten Sie gegebenenfalls um Hilfsmittel wie ein Kissen unter den Oberschenkeln, die Sie dabei unterstützen, den Rücken bei einer Lumbalpunktion im Sitzen für die Dauer der Untersuchung rund zu halten.
- Sollten Sie während der Lumbalpunktion übermäßige Schmerzen oder Angst empfinden, teilen Sie dies dem Arzt mit. Oftmals reicht schon eine kurze Unterbrechung oder eine minimale Änderung der Nadelposition aus, um den Eingriff erträglicher und angenehmer zu gestalten.
- Schonen Sie sich am Tag des Eingriffs und dem darauffolgenden Tag.
- Bitten Sie den behandelnden Arzt um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, falls Sie berufstätig sind. Diese wird Ihnen in der Regel für ein bis zwei Tage ausgestellt, in seltenen Fällen für bis zu eine Woche.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autoren
Dipl.-Biol. Claudia Helbig unter Mitarbeit von Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen
Claudia Helbig ist Diplom-Human- und Molekularbiologin und hat zuvor eine Ausbildung zur Arzthelferin absolviert. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Medizinischen Biochemie und Molekularbiologie hat sie Medizinstudenten in Pathobiochemie-Seminaren und Praktika betreut. Nach Ihrer Arbeit in der pharmazeutischen Forschung hat sie in einem Auftragsforschungsinstitut für klinische Studien unter anderem Visiten mit Studienteilnehmern zur Erhebung von Studiendaten durchgeführt und Texte für die Website verfasst. Mit ihrem interdisziplinären Hintergrund und ihrer Leidenschaft zu schreiben möchte sie naturwissenschaftliche Inhalte fachlich fundiert, empathisch und verständlich an Interessierte vermitteln. [mehr]
Quellen
- Pschyrembel Klinisches Wörterbuch; 266. aktualisierte Auflage; 2014 – Autoren: Pschyrembel, Willibald; Arnold, Ulrike – Publikation: Walter de Gruyter & Co. Verlag; Berlin
- S1-Leitlinie: Lumbalpunktion und Liquordiagnostik Nr. 030/141 (2019); (abgerufen am 28.08.2024) – Autoren: Tumani, Hayrettin; Petereit, Hela F. – Herausgeber: Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Gesellschaft für Liquordiagnostik und Klinische Neurochemie (DGLN) – URL: https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-141l_S1_Lumbalpunktion_und_Liquordiagnostik_2020-01.pdf
- Duale Reihe Neurologie, 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage – Autoren: Masuhr, Karl F.; Masuhr, Florian; Neumann, Marianne – Publikation: Georg Thieme Verlag Stuttgart 2013 – DOI: 10.1055/b-003-106487
- Kurzlehrbuch Neurologie; 4. Auflage; 2022 – Autoren: Bender, Andreas; Rémi, Jan; Feddersen, Berend; Fesl, Gunther; Birnbaum, Tobias; Klein, Matthias; Pellkofer, Hannah Luise – Publikation: Urban & Fischer Verlag / Elsevier GmbH München 2022 – ISBN: 3437411756
- Lumbalpunktion – Schritt für Schritt – Autoren: Tumani, Hayrettin; Lewerenz, Jan; Jesse, Sarah – Publikation: Neurologie up2date, Bd. 2, Nr. 01, 2019, S. 22–28 – DOI: 10.1055/a-0754-0920
- Lumbalpunktion (2023); (abgerufen am 28.08.2024) – Autorin: Weber, Elena – URL: https://www.praktischarzt.de/untersuchungen/lumbalpunktion/
- Postpunktioneller Kopfschmerz – URL: https://www.pschyrembel.de/Postpunktioneller%20Kopfschmerz/B07FD/doc/
- Caffeine and headaches (2008) – Autor: Shapiro, Robert E. – Publikation: Current Pain and Headache Reports, Bd. 12, Nr. 4, 2008, S. 311–315 – DOI: 10.1007/s11916-008-0052-z
- Postpunktioneller Kopfschmerz und Unterdruckkopfschmerz (2023); (abgerufen am 29.08.2024) – Autor: Silberstein, Stephen D. – URL: https://www.msdmanuals.com/de/profi/neurologische-krankheiten/kopfschmerz/postpunktioneller-kopfschmerz-und-unterdruckkopfschmerz#Diagnose_v1040504_de
- Epiduraler Blutpatch – URL: https://www.pschyrembel.de/epiduraler%20Blutpatch/K03VW/doc/
- Liquordiagnostik bei CT-negativer Subarachnoidalblutung – Autoren: Tumani, H.; Petzold, A.; Wick, M.; Kühn, H.-J.; Uhr, M.; Otto, M.; Regeniter, A.; Brettschneider, J. – Publikation: Der Nervenarzt, Bd. 81, Nr. 8, 2010, S. 973–979 – DOI: 10.1007/s00115-010-2997-5