Unruhige Beine – Was ist los mit mir? ▷ Restless Legs Syndrom
In diesem Artikel:
- Was sind die Symptome eines Restless Legs Syndroms (RLS)?
- Selbsttest: Kann es das Restless Legs Syndrom sein?
- Häufigkeit: Wie viele Menschen leiden in Deutschland am RLS?
- Was sind die Ursachen für das RLS?
- Wann zum Arzt?
- Zu welchem Arzt sollten Betroffene gehen?
- Wie wird die Diagnose RLS gestellt?
- L– Dopa– Test zur Diagnose des RLS
- Wie sieht die Prognose aus?
- Wie kann man das Restless Legs Syndrom behandeln?
- Gibt es neben Medikamenten auch andere Behandlungsmöglichkeiten?
- Tipps für Patienten
Sie liegen abends nach einem anstrengenden Tag endlich im Bett und können wegen sehr lästiger Empfindungen in den Beinen und dem Drang, diese bewegen zu müssen, einfach nicht einschlafen.
Wenn Ihnen diese Situation bekannt vorkommt, dann besteht die Möglichkeit, dass Sie an dem Restless Legs Syndrom leiden.
Dieses Syndrom ist eine häufige, oft übersehene oder fehlgedeutete Ursache von Schlafstörungen. Für die Betroffenen ist es deshalb äußerst wichtig, dass diese neurologische Erkrankung diagnostisch zutreffend eingeordnet wird, um sie gezielt behandeln zu können.
Was sind die Symptome eines Restless Legs Syndroms (RLS)?
Das Restless Legs Syndrom – abgekürzt RLS – heißt übersetzt “Syndrom der ruhelosen Beine”. Betroffene verspüren vorwiegend in Ruhe- und Entspannungssituationen (z.B. beim Fernsehen, im Kino, bei einer Busfahrt oder zu Beginn der Bettruhe) unangenehme bis qualvolle Missempfindungen wie Ziehen, Reißen, Kribbeln oder Jucken in den Beinen oder Armen.
Meist sind diese Missempfindungen mit einem unstillbaren Bewegungsdrang verbunden. Betroffene müssen häufig aufstehen und umhergehen, die Beine auch im Bett ständig bewegen. Das hat zur Folge, dass sie schlecht ein- und durchschlafen können und tagsüber müde und erschöpft sind.
Hauptsymptome des RLS sind also Missempfindungen und Bewegungsdrang, andere Symptome sind z.B. Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit. Die typische Kombination mehrerer Symptome erhält dann die Bezeichnung Syndrom.
Selbsttest: Kann es das Restless Legs Syndrom sein?
In der “Checkliste Restless-Legs-Syndrom”, einem Fragebogen zur Diagnose dieser Erkrankung, werden 10 Fragen gestellt. Werden von Ihnen mehr als 2 dieser Fragen mit JA beantwortet, sollten Sie Ihre Beschwerden mit einem Neurologen oder Ihrem Hausarzt besprechen.
Die Fragen sind:
- Leiden Sie in Ruhe- und/oder Entspannungssituationen unter lästigen bis quälenden Missempfindungen in den Beinen oder Armen?
- Werden Sie in solchen Situationen durch einen unstillbaren Bewegungsdrang zum Aufstehen und Umhergehen gezwungen?
- Sind diese Beschwerden durch aktive Bewegungen, kalte Fußbäder, Massagen o.ä. vorübergehend zu lindern oder zu beseitigen?
- Haben Sie keine oder kaum Beschwerden, solange Sie am Tag in Bewegung sind?
- Bemerken Sie eine Zunahme der Beschwerden abends oder nachts?
- Leiden Sie unter Ein- und/oder Durchschlafstörungen?
- Fühlen Sie sich tagsüber häufig müde, abgespannt und erschöpft?
- Verhindern die Beschwerden in den Beinen auch tagsüber die ersehnte Ruhe und Entspannung und fühlen Sie sich durch die Beschwerden in Ihren sozialen Aktivitäten eingeschränkt (z.B. Verzicht auf Kino-, Theater- oder Konzertbesuche, Flugreisen)?
- Bemerkt Ihr Partner nachts häufig unwillkürliche Zuckungen Ihrer Beine oder Füße, während Sie schlafen?
- Gibt es jemanden in Ihrer Verwandtschaft, der über ähnliche Symptome klagt?
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Wie viele Menschen leiden in Deutschland am RLS?
Nach Angaben der Deutschen Restless Legs Vereinigung1 sind in Deutschland 2 – 10 Prozent der Bevölkerung von diesem Syndrom betroffen. Frauen erkranken häufiger als Männer. Mit dem Alter nimmt die Häufigkeit zu.
Doch auch bei Kindern kann das Syndrom der unruhigen Beine auftreten. Ist dies der Fall, wird diese Erkrankung oftmals mit dem Hyperaktivitätssyndrom oder Wachstumsschmerzen verwechselt.
Unruhige Beine kommen zudem besonders in der Schwangerschaft häufig vor. So klagen 8-30 Prozent2 der Frauen während ihrer Schwangerschaft in Ruhephasen über ein Kribbeln, Zucken oder Schmerzen in den Beinen, was charakteristisch für das RLS ist.
Was sind die Ursachen für das RLS?
Für das Restless Legs Syndrom können verschiedene Faktoren verantwortlich sein, die eigentliche Ursache ist noch weitgehend ungeklärt. Tritt dieses Syndrom z.B. während der Schwangerschaft auf, verschwinden die Beschwerden meistens nach der Entbindung wieder. Obwohl etwa 2 – 10 Prozent der Bevölkerung an einem RLS leidet, sind nur bei 1 – 2 Prozent die Beschwerden so stark, dass sie eine Therapie benötigen.1
Man geht davon aus, dass bei dieser neurologischen Erkrankung ein Defekt bei der Übertragung von Nervensignalen in definierten Bereichen des Gehirns, den Stammganglien, vorliegt.
Außerdem nehmen die Hirnforscher an, dass diese Erkrankung durch ein Ungleichgewicht des wichtigen Botenstoffs im Gehirn verursacht wird, dem Neurotransmitter Dopamin. Bei der Ursachenermittlung unterscheidet man insbesondere zwischen dem häufigen idiopathischen (auslösende Ursache unbekannt, häufig genetisch bedingt) und dem symptomatischen RLS (bedingt durch eine Grunderkrankung).
Da für das idiopathische RLS genetische Faktoren eine Rolle spielen, gibt es derzeit noch keine ursächliche Behandlung.
Anders sieht es beim symptomatischen RLS aus. Hier steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund. Erkrankungen, die das Restless Legs Syndrom auslösen können, sind:3
- Schilddrüsenfunktionsstörungen
- Schwangerschaft
- Eisenmangel
- Stoffwechselstörungen
- dialysepflichtige Niereninsuffizienz
Abgesehen davon können auch einige Medikamente die Entstehung eines symptomatischen RLS begünstigen. Zu diesen Medikamenten gehören u.a. Antidepressiva, Neuroleptika sowie Mittel gegen Übelkeit.
Wann zum Arzt?
Da viele Betroffene die Befürchtung haben, von ihrem Arzt mit ihren Beschwerden nicht ausreichend ernst genommen zu werden, verzichten sie oftmals zunächst auf einen Arztbesuch.
Nicht zu vergessen ist jedoch, dass durch das Restless Legs Syndrom der Schlaf extrem gestört werden kann, wodurch es zu vermehrter Müdigkeit und Erschöpfung tagsüber kommt. Dadurch wird die Lebensqualität der Patienten stark eingeschränkt und die Entstehung weiterer Erkrankungen, wie z.B. Depressionen kann begünstigt werden. Suchen Sie daher bei Verdacht auf ein RLS Ihren Arzt auf und schildern Sie Ihre Symptome möglichst genau.
Zu welchem Arzt sollten Betroffene gehen?
Das Restless Legs Syndrom ist eine neurologische Erkrankung, die in vielen Fällen chronisch verläuft. Als Ansprechpartner dient zunächst der Hausarzt, der bei einem Verdacht auf das RLS weitere Spezialisten, wie Neurologen, hinzuziehen kann.
Die Patienten bekommen in solchen Fällen eine Überweisung zu einem Neurologen. Betroffene sollten am besten darauf achten, dass sich der ausgewählte Neurologe mit dieser Erkrankung auskennt und diese auch behandelt.
Wie wird die Diagnose RLS gestellt?
Bei Verdacht auf ein RLS wird vor der ärztlichen Untersuchung ein Fragebogen (siehe oben) ausgefüllt. Dann folgt ein ausführliches Arzt–Patienten–Gespräch, in dem der Arzt sich ausführlicher mit den Beschwerden beschäftigt, z.B. wann diese angefangen haben und in welcher Form sich diese äußern. Auch die Frage, ob bei Familienmitgliedern das gleiche Problem besteht, wird gestellt.
Bereits durch das Anamnesegespräch kann der Arzt den Verdacht auf ein Restless Legs Syndrom äußern. Durch die körperliche (neurologische) Untersuchung kann dieser Verdacht bestätigt oder ausgeschlossen werden.
Außerdem wird dem Patienten Blut entnommen, um den Eisenwert sowie die Nierenfunktion zu überprüfen. Zur Erinnerung: Ein Eisenmangel oder Nierenerkrankungen können das Restless Legs Syndrom auslösen bzw. die Entstehung begünstigen.
Zur weiteren diagnostischen Einordnung und zur Bestimmung des Schweregrades des RLS kann der Betroffene an ein Schlaflabor überwiesen werden, um z.B. zu prüfen, wie sich die Beine in Ruhephasen oder beim Versuch einzuschlafen, verhalten.
Es werden auch apparative, neurologische Tests (z.B. elektrische Untersuchungen der Nerven und Muskeln) durchgeführt, um sicherzustellen, dass keine andere Erkrankung, z.B. eine Polyneuropathie, für die Symptome verantwortlich ist.
L– Dopa– Test zur Diagnose des RLS
Um ein RLS sicher diagnostizieren zu können, kann der L–Dopa–Test durchgeführt werden (L-Dopa steht für Dopamin). Bei diesem Test wird dem Patienten eine Testdosis von L–Dopa gegeben. Wenn es danach zu einer Besserung der Beschwerden kommt, kann man sicher vom RLS ausgehen. Wenn dieser Effekt jedoch ausbleibt, muss dies nicht unbedingt heißen, dass ein RLS ausgeschlossen ist.
Es werden weitere Faktoren berücksichtigt, die möglicherweise die Diagnose des RLS erhärten, wie z.B.:
- Wenn bereits andere Familienangehörige an einem RLS leiden
- Wenn der Patient von unkontrollierbaren Bewegungen der Beine im Schlaf oder aber auch im Wachzustand betroffen ist
Wie sieht die Prognose aus?
In vielen Fällen verspürt der Betroffenen am Anfang der Erkrankung nur geringe und nicht stärker beeinträchtigende Beschwerden, die allerdings im Verlauf von Monaten oder Jahren zunehmen. Es handelt sich also um eine sog. “chronisch-progrediente Erkrankung”.
“Positiv” an dieser Erkrankung ist, dass sie meist nur langsam fortschreitet, wodurch eine medikamentöse Behandlung erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien erforderlich wird.
Wie kann man das Restless Legs Syndrom behandeln?
Das genetisch bedingte RLS kann nicht ursächlich behandelt werden. Ist eine Grunderkrankung für das RLS verantwortlich, steht eine Palette unterschiedlicher Medikamente zur Verfügung, welche oft sehr hilfreich sind.4
Bei diesen Medikamenten handelt es sich zum einen um L–Dopa mit einem Decarboxlasehemmer. Es wird also versucht, einen vermuteten Dopaminmangel zu beheben. Zum anderen können, wenn das L–Dopa nicht mehr den erwünschten Effekt hat, Wirkstoffe verabreicht werden, welche die körpereigene Produktion von Dopamin unterstützen (Dopaminagonisten) oder den körpereigenen Abbau hemmen.
Diese Medikamente werden in aller Regel bei vorsichtiger, “einschleichender” Dosierung gut vertragen. Natürlich können auch unangenehme Nebenwirkungen wie Übelkeit, Kreislaufprobleme, Benommenheit u.v.a. auftreten. Dennoch kommt es nur selten wegen Nebenwirkungen zum Therapieabbruch.
In Ausnahmefällen kann es auch vorkommen, dass sich durch die Medikamente die Beschwerden verschlechtern. Man spricht dann von Augmentation. Wenn es also durch die Gabe von L–Dopa zur Verschlimmerung der Symptome kommen sollte, wird der Arzt einen Dopaminagonisten einsetzen. Wenn eine Augmentation auch durch die Einnahme von Dopaminagonisten verursacht, dann müssen andere Substanzen versucht werden.
Wichtigste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Behandlung sind das Krankheitsverständnis, das Vertrauen in den behandelnden Arzt und Geduld hinsichtlich der Behandlung und möglicher Nebenwirkungen. Nicht selten kann das “richtige” Medikament erst nach einigen Versuchen gefunden werden.
Gibt es neben Medikamenten auch andere Behandlungsmöglichkeiten?
Alternativ zu den genannten Medikamenten gibt es auch andere Möglichkeiten, das RLS zu behandeln bzw. die Beschwerden zu lindern.
Viele Patienten, die alternative Möglichkeiten ausprobierten, berichten, dass sich ihre Beschwerden verbessert haben. Zu diesen alternativen Verfahren gehören u.a.:
- Homöopathie
- Akupunktur
- Magnetfeldtherapie
Allerdings ist die Wirksamkeit dieser Verfahren trotz der positiven Erfahrungsberichte auf wissenschaftlicher Basis nicht nachgewiesen.
Tipps für Patienten
Sie fragen sich nun bestimmt, wie Sie zu Ihrer Genesung und der Linderung Ihrer Beschwerden beitragen können. Wir haben hier einige Tipps für Sie zusammengefasst, die Ihnen helfen könnten.
Sie sollten sich gesund und eisenreich ernähren. Das ist deshalb so wichtig, weil ein Eisenmangel zu den Risikofaktoren gehört, die die Entstehung des RLS begünstigen können.
Zudem ist es wichtig, dass Sie darauf achten, sich ausreichend zu bewegen. Vor dem Schlafengehen sollten Sie auf Koffein und Alkohol verzichten. Auch sollten Sie Wert darauf legen, ein gesundes Schlafverhalten zu haben.
Das RLS ist zwar eine sehr lästige, aber nicht “gefährliche” Erkrankung. Die Lebenserwartung von Patienten mit einem RLS ist nicht verkürzt. Erfreulicherweise haben sich in den vergangenen Jahren bei den Ärzten die Aufmerksamkeit für diese Erkrankung und die Möglichkeiten einer wirksamen Behandlung wesentlich verbessert.
Wichtig ist auch, zu wissen, dass das RLS nichts mit dem Parkinson-Syndrom zu tun hat, auch wenn es mit Medikamenten behandelt wird, die auch bei dieser Erkrankung sehr hilfreich sind.
Sie haben eine Frage zu unruhigen Beinen? Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen und Angehörigen in unserem Forum aus.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autoren
unter Mitarbeit von stud. med. Sedef Kuecuekuncular
Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen ist niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am Neurozentrum Ravensburg. Als Chefarzt leitete er die Abteilung für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit gehört die Diagnostik und Behandlung von Schlaganfällen. [mehr]Sie erhalten von uns regelmäßig und kostenlos aktuelle Informationen rund um den Schlaganfall.
Quellen
- Deutsche Restless Legs Vereinigung – URL: https://www.restless-legs.org/
- Das Restless-Legs-Syndrom in der Schwangerschaft – Pathophysiologische Hintergründe und therapeutische Begleitung – Autoren: Dr. med. Ulf Kallweit, Prof. Dr. med. Claudio Bassetti – Publikation: Gynäkologie 1/2014 – URL: https://www.rosenfluh.ch/media/gynaekologie/2014/01/Das_RestlessLegsSyndrom.pdf
- Restless-Legs-Syndrom – Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
- Restless Legs – Autorinnen: Mareike Müller, Christiane Fux – URL: https://www.netdoktor.de/krankheiten/restless-legs/
- Leitlinie Restless Legs Syndrom – Leitlinie für Patientinnen und Patienten – AWMF Registernr. 030/081 – URL: https://hirnstiftung.org/wp-content/uploads/2023/09/DHS_Patientenleitlinie_RLS_Stand-August-2023-1.pdf