Erhöht Espresso den Cholesterinspiegel? ▷ Kaffee und Blutfettwerte
Espresso kann den Gesamtcholesterinspiegel erhöhen (Foto: RachenArt | Shutterstock)
In diesem Artikel:
Das Wichtigste in Kürze:
- Espresso und Stempelkannenkaffee (French Press) erhöhen ab dem Genuss einer bestimmten Menge deutlich den Gesamtcholesterinspiegel.
- Während der cholesterinsteigernde Effekt sich beim Espresso stärker auf Männer auswirkt, ist die Wirkung beim Stempelkannen-Kaffee geschlechtsunabhängig.
- Auch Filterkaffee kann bei starkem täglichem Konsum von über 6 Tassen die Cholesterinwerte leicht anheben, jedoch nur bei Frauen.
- Instantkaffee hat geschlechts- und mengenunabhängig keine Wirkung auf den Cholesterinspiegel, was auf seine geringen Mengen der für den Effekt verantwortlichen Substanzen Cafestol und Kawehol zurückzuführen ist.
Einleitung und Hintergrund
Kaffee ist das weltweit meist getrunkene Getränk mit anregender und belebender Wirkung. Besonders in Norwegen ist Kaffee beliebt. Es ist das Land mit dem weltweit zweithöchsten Kaffeekonsum.
Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Stoffe in Kaffeezubereitungen den Cholesterinspiegel erhöhen können. Hohe Cholesterinwerte sind ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie den Schlaganfall.
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Studienziel
Das Ziel der Analyse von Daten der in Norwegen in den Jahren 2015 bis 2016 durchgeführten Tromsø-Studie war die Untersuchung, wie bestimmte Zubereitungsarten von Kaffee mit einem möglichen Anstieg des Cholesterinspiegels zusammenhängen.
Die skandinavischen Forschenden interessierten sich dabei besonders für eine cholesterinsteigernde Wirkung von Espresso.
Durchführung der Studie
Für die Untersuchung werteten sie Daten von 21.083 Erwachsenen ab 40 Jahren aus. Diese nahmen an der Tromsø-Studie in Nordnorwegen teil.
Was ist die Tromsø-Studie?
Im Grunde ist die Tromsø-Studie eine umfangreiche und langfristige Studie, die auf der regelmäßigen Befragung der Bürgerschaft der norwegischen Stadt Tromsø zu ihrer Gesundheit beruht. Sie begann im Jahr 1974 und wird seitdem etwa alle 6-7 Jahre von Forscherteams der norwegischen Universität UiT The Arctic University of Norway durchgeführt.
Die gesamte Einwohnerschaft der Stadt ab einem bestimmten Alter wird eingeladen, an den Befragungen teilzunehmen.
Bei dem analysierten Datensatz unserer Studienzusammenfassung handelt es sich um Daten aus der 7. und bisher letzten Befragung, die in den Jahren 2015 und 2016 durchgeführt wurde. Daran nahmen Einwohner ab 40 Jahren teil.
Es ist also eine Querschnittstudie: Die Forschenden betrachten Daten zu einem bestimmten Zeitpunkt und untersuchen bestimmte Zusammenhänge. Sie untersuchen jedoch nicht, ob und wie sich die Voraussetzungen und Zusammenhänge im Laufe der Zeit ändern.
Die Teilnehmenden gaben in Fragebögen an, wie viel Kaffee sie pro Tag tranken. Darüber hinaus wurden sie körperlich untersucht und Blutproben entnommen. Die Fragebögen enthielten Angaben über:
- die Menge des konsumierten Kaffees: 0 Tassen, 1 bis 2 Tassen, 3 bis 5 Tassen und über 6 Tassen täglich
- die Zubereitungsart: Filterkaffee, gebrühter Kaffee/grob gemahlener French-Press-Kaffee, Instant Kaffee, Kaffee auf Espressobasis (beispielsweise aus Kaffeemaschinen oder Kapseln)
Ergebnisse der Studie
Allgemeine Studienergebnisse
Frauen tranken mit durchschnittlich etwa 4 Tassen Kaffee am Tag bis zu eine Tasse weniger verglichen mit den männlichen Studienteilnehmern. Durchschnittlich waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwa 56 Jahre alt und die Kaffeetrinker waren älter als die Nicht-Kaffeetrinker.
Personen, die mehr als 7 Tassen Kaffee pro Tag tranken, hatten meist eine geringere Bildung und rauchten.
Hauptergebnisse
Die Studie ergab, dass bei fast allen Kaffeezubereitungen deutliche Geschlechterunterschiede auftraten. Eine Ausnahme bildete der Stempelkannen-Kaffee (French Press).
- Filterkaffee: Bei gefiltertem Kaffee zeigte sich nur bei Frauen ein leichter Anstieg des Cholesterinspiegels um 0,1 mmol/L. Dieser Anstieg konnte erst ab einem Konsum von 6 Tassen täglich beobachtet werden.
- Stempelkannen-Kaffee (French Press): Ein Konsum von mindestens 6 Tassen Stempelkannen-Kaffee am Tag erhöhte den Cholesterinspiegel bei Frauen um etwa 0,3 mmol/L und bei Männern um etwa 0,2 mmol/L.
- Instantkaffee: Bei Frauen und Männern, die Instantkaffee tranken, konnte kein Anstieg und keine Dosis-Antwort-Beziehung festgestellt werden.
- Kaffee auf Espressobasis: Schon das Trinken von 3 bis 5 Tassen Espresso täglich führte zu einem erhöhten Cholesterinspiegel. Frauen, die Espresso tranken, hatten fast 0,1 mmol/L mehr Cholesterin im Blut als Frauen, die keinen Kaffee tranken. Bei den männlichen Espresso-Trinkern waren die Cholesterinwerte etwa 0,2 mmol/L höher als bei Nicht-Kaffeetrinkern.
Schlussfolgerung
Die Studie konnte zeigen, dass die cholesterinsteigernde Wirkung von Kaffee mit der Zubereitungsart zusammenhängt. Vor allem männliche Espresso-Trinker sind davon betroffen.
Aber auch gekochter Stempelkannen-Kaffee (French Press) verursachte einen Anstieg des Gesamtcholesterinspiegels bei beiden Geschlechtern. Filterkaffee ließ ausschließlich den Cholesterinspiegel bei Frauen mit starkem Kaffeegenuss von über 6 Tassen täglich steigen.
Die Geschlechterunterschiede in der Wirkung von Kaffee auf den Cholesterinspiegel waren bei allen Zubereitungsarten deutlich, mit Ausnahme des Stempelkannen-Kaffees.
Die Studie liefert einige Gründe für den Anstieg des Gesamtcholesterinspiegels in Abhängigkeit von der Zubereitungsart des Kaffees. Im Kaffee sind Substanzen enthalten, die nachweislich für den cholesterinsteigernden Effekt verantwortlich sind.
Es handelt sich dabei um zwei natürliche Diterpene namens Cafestol und Kawehol. Die Zubereitungsart beeinflusst den Gehalt der beiden Substanzen im Kaffeegetränk. Je weniger der Kaffee bei der Zubereitung gefiltert wird, desto höher ist der Cafestol- und Kaweholgehalt im Getränk.
Sind Cafestol und Kawehol cholesterinähnliche Substanzen?
Nein. Obwohl sowohl Cafestol und Kawehol als auch Cholesterin aus chemischer Sicht mehrere Ringstrukturen besitzen, sind die beiden im Kaffee enthaltenen Substanzen nicht cholesterinähnlich. Sie unterscheiden sich in ihren chemischen Grundgerüsten von dem des Cholesterins. Zudem hat Cholesterin eine größere Molekülmasse als Cafestol und Kawehol.
Die strukturellen Unterschiede führen dazu, dass Cafestol und Kawehol eine andere biologische Wirkung haben als Cholesterin.
Der Espresso gilt als ungefiltertes Kaffeegetränk. Das erklärt, warum er mehr Cafestol und Kawehol enthält als beispielsweise Filterkaffee. Den Studiendaten zufolge hat Espresso einen mittleren Gehalt an den beiden Substanzen. Er hat also mehr Cafestol und Kawehol als Filterkaffee, aber weniger als Stempelkannen-Kaffee.
Der geringe Gehalt im Filterkaffee lässt sich dadurch erklären, dass die beiden Substanzen zum großen Teil bei der Zubereitung herausgefiltert werden. Deswegen hat der Filterkaffee auch nur einen sehr geringen Einfluss auf den Gesamtcholesterinspiegel.
Instantkaffee wird aus geröstetem, gemahlenem und anschließend gebrühtem Kaffee hergestellt, der durch Sprüh- oder Gefriertrocknung getrocknet wird.3 Dieser Prozess entfernt einen Großteil der Kaffeeöle, in denen Cafestol und Kawehol enthalten sind.
Der Genuss von Kaffee erhöht je nach Zubereitungsart den Gesamtcholesterinspiegel. Beim Genuss von 3 bis 5 Tassen Espresso sind Männer stärker betroffen als Frauen. Der Stempelkannen-Kaffee lässt den Gesamtcholesterinspiegel ab 6 Tassen gleichermaßen bei beiden Geschlechtern steigen. Filterkaffee hat nur ab Genuss von 6 oder mehr Tassen eine schwache Auswirkung auf den Cholesterinspiegel bei Frauen. Instantkaffee hat den niedrigsten Gehalt an Cafestol und Kawehol und somit keinen eindeutigen Einfluss auf den Gesamtcholesterinspiegel.
Bedeutung der Studie für den Kaffeegenuss
Die Ergebnisse der Studie liefern einen bedeutenden Beitrag für Empfehlungen zum Kaffeekonsum. Das ist insbesondere wichtig in Bezug auf die Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie dem Schlaganfall oder Herzinfarkt. Erhöhte Cholesterinwerte steigern das Risiko für diese Erkrankungen.
Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, dass konkrete Empfehlungen in den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (European Society of Cardiology, ESC) zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufgenommen werden.
Um die genauen Mechanismen zu verstehen, wie Espressogenuss zum Cholesterinanstieg führt, ist weitere Forschung notwendig. Das betonen auch die für die Studie Verantwortlichen.
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- Senkt der Morgenkaffee das Sterberisiko?
- Cholesterin
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Autoren
Dipl.-Biol. Claudia Helbig unter Mitarbeit von Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen
Claudia Helbig ist Diplom-Human- und Molekularbiologin und hat zuvor eine Ausbildung zur Arzthelferin absolviert. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Medizinischen Biochemie und Molekularbiologie hat sie Medizinstudenten in Pathobiochemie-Seminaren und Praktika betreut. Nach Ihrer Arbeit in der pharmazeutischen Forschung hat sie in einem Auftragsforschungsinstitut für klinische Studien unter anderem Visiten mit Studienteilnehmern zur Erhebung von Studiendaten durchgeführt und Texte für die Website verfasst. Mit ihrem interdisziplinären Hintergrund und ihrer Leidenschaft zu schreiben möchte sie naturwissenschaftliche Inhalte fachlich fundiert, empathisch und verständlich an Interessierte vermitteln. [mehr]
Quellen
- Association between espresso coffee and serum total cholesterol: the Tromsø Study 2015–2016 – Autoren: Svatun, Åsne Lirhus; Løchen, Maja-Lisa; Thlle, Dag Steinar; Wilsgaard, Tom – Publikation: Open Heart 2022;9:e001946 – DOI: 10.1136/openhrt-2021-001946
- The Tromsø Study (abgerufen am 20.03.2025) – URL: https://uit.no/research/ipsum/project?pid=829035
- Wie wird löslicher Kaffee hergestellt? (abgerufen am 21.03.2025) – URL: https://www.nescafe.com/de/kaffeekultur/kaffee-know-how/wie-wird-loeslicher-kaffee-hergestellt