Senkt der Morgenkaffee das Sterberisiko? ▷ Studie

Kaffeetrinken am Morgen kann das Sterberisiko senken Foto: Ground Picture
Eine im Januar 2025 in den USA veröffentlichte Studie untersuchte das Kaffee-Trinkverhalten der US-amerikanischen Bevölkerung. Es sollte ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt des Kaffeekonsums und dem Sterberisiko bewertet werden.
Die Studie
Die Studienteilnehmer
Die Wissenschaftler werteten insgesamt die Daten von 42.188 Studienteilnehmern aus:
- Daten von 40.725 Erwachsenen aus einer Gesundheitsstudie der US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention, kurz CDC.
- Daten von weiteren 1.463 Erwachsenen der Women’s and Men’s Lifestyle Validation Study zur Überprüfung der allgemeinen Gültigkeit der Ergebnisse.
Hintergrundwissen: Der National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES)
Eine Einrichtung der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC führte diese Gesundheitsstudie zwischen 1999 und 2018 durch. Das Ziel war die Untersuchung der Gesundheit und der Ernährungsgewohnheiten der US-Bürger.
Die Ergebnisse der Studie halfen bei der Erkennung von Entwicklungstrends. Eine Beobachtung von Krankheiten, Ernährung und Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen war über fast zwei Jahrzehnte hinweg möglich.
Die Studienteilnehmer wurden über einen Zeitraum von durchschnittlich 9,8 Jahren beobachtet.
Die Datenauswertung
Zur Erkennung von Mustern bei den Kaffee-Trinkzeiten wurde eine Form des maschinellen Lernens eingesetzt. Diese bezeichnet man als Clustering-Analyse. Zur Datenanalyse werden die Datenpunkte bei diesem Verfahren in Gruppen – die sogenannten Cluster – eingeteilt.
Die Ergebnisse wurden zunächst innerhalb der NHANES-Studie überprüft. Das bezeichnet man als interne Validierung. Anschließend wurden sie mit den Daten einer unabhängigen Studie, der Women’s and Men’s Lifestyle Validation Study, verglichen. Auf diese Weise wurden die Ergebnisse zusätzlich extern validiert. Das Ziel einer externen Validierung ist, herauszufinden, ob die Ergebnisse auch außerhalb der ursprünglichen Studie gültig und weder zufällig noch fehlerhaft sind.
Ablauf der Studie mit interner und externer Validierung
Die Studienergebnisse
Die Wissenschaftler fanden zwei Muster beim Kaffee-Trinkverhalten:
- Morgen-Typ: 36 Prozent der Teilnehmer tranken ihren Kaffee morgens kurz nach dem Erwachen oder zu Arbeitsbeginn.
- Ganztags-Typ: 14 Prozent der Teilnehmer tranken ihren Kaffee unregelmäßig über den Tag verteilt, auch nachmittags und abends. Es gab keine zeitlichen Begrenzungen.
Die restlichen 50 Prozent der Studienteilnehmer tranken entweder wenig oder keinen Kaffee. In der Studie dienten die Nicht-Kaffeetrinker als Vergleichsgruppe.
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Relevante Zahlen und Fakten
Im Beobachtungs-Zeitraum von durchschnittlich 9,8 Jahren wurden
- 4295 Todesfälle aller Ursachen
- 1268 Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
- 934 Todesfälle durch Krebserkrankungen
festgestellt.
Der Morgen-Typ hatte im Vergleich zum Ganztags-Typ allgemein ein geringeres Risiko zu sterben, insbesondere durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei diesem Ergebnis wurden Kaffeekonsum, Schlafgewohnheiten und andere Einflussgrößen berücksichtigt.
In Zahlen:
- Das Risiko für alle Todesursachen war beim Morgen-Typ um 16 % niedriger.
- Das Risiko für Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen war um 31 % niedriger.
Darüber hinaus zeigte die Studie: Mehr Kaffee ist mit einem geringeren Risiko für Todesfälle verbunden. Das galt ausschließlich für die Teilnehmer, die ihren Kaffee morgens tranken. Die Studienteilnehmer mit unregelmäßigem, über den Tag verteilten Kaffeekonsum profitierten hiervon nicht.
Diskussion der Studienergebnisse
Es gibt zwei mögliche Erklärungen für die Studienergebnisse:
- Erklärung für koffeinhaltigen Kaffee: Das unregelmäßig über den Tag verteilte Kaffee-Trinkverhalten des Ganztags-Typs kann den biologischen Tag-Nacht-Rhythmus stören. Eine Studie belegt, dass starker Kaffeekonsum am Nachmittag oder Abend die Produktion des schlaffördernden Hormons Melatonin hemmt. Niedrige Melatoninspiegel steigern unter anderem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Erklärung für sowohl entkoffeinierten als auch koffeinhaltigen Kaffee: Die bioaktiven Substanzen im Kaffee haben entzündungshemmende Wirkung. Die Konzentration einiger entzündungsfördernder Stoffe im Körper ist morgens am höchsten. Mit fortschreitender Tageszeit nimmt sie ab. Daher könnte Kaffee am Morgen die stärkste entzündungshemmende Wirkung haben.
Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass auch die Kaffeemenge eine Rolle spielt:
- Bei Menschen des Morgen-Typs führte ein mittlerer bis hoher Kaffeekonsum (1 bis mehr als 3 Tassen) zu einem deutlich niedrigeren Sterberisiko. Das galt vor allem hinsichtlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Verglichen wurden die Ergebnisse mit denen von Studienteilnehmern, die keinen Kaffee tranken.
- Der gesundheitliche Vorteil zeigte sich bei Studienteilnehmern, die über den Tag verteilt Kaffee tranken, nicht.
Die Studienlage zur konsumierten Kaffeemenge ist zum Teil widersprüchlich. Einige Studien können keinen Zusammenhang zwischen Kaffeemenge und Sterberisiko nachweisen. Andere zeigen eine klare Senkung des Risikos.
Welche Faktoren könnten diese Unterschiede erklären? Hierzu gibt es verschiedene Annahmen:
- Starke Kaffeetrinker sind häufig Raucher. Der positive Effekt der Kaffee-Wirkstoffe könnte durch die negativen Effekte des Rauchens abgeschwächt werden.
- Das Ausmaß der gesundheitsfördernden Wirkung von Kaffee könnte durch erblich bedingte Unterschiede im Koffeinstoffwechsel beeinflusst werden.
- Die Zubereitungsart des Kaffees könnte eine Rolle spielen. Die Ergebnisse können davon abhängen, ob der Kaffee entkoffeiniert ist. Auch die Zugabe von Kaffeesahne oder Zucker kann einen Unterschied machen.
Die Studie hat einige Einschränkungen:
- Sie basiert ausschließlich auf den Selbstauskünften der Studienteilnehmer.
- Sie wurde nur mit US-Amerikanern durchgeführt, was die Übertragbarkeit auf andere Bevölkerungen beeinflusst.
Fazit
Die Studie zeigt, dass die Tageszeit, zu der wir unseren Kaffee bevorzugt genießen, Einfluss auf unser Sterberisiko haben kann. Auch die Kaffeemenge spielt hierbei eine Rolle.
Besonders das Trinken von Kaffee am Morgen scheint mit einem niedrigeren allgemeinen Sterberisiko verbunden zu sein. Vor allem das Sterberisiko durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist deutlich niedriger. Der Zeitpunkt des Kaffeekonsums könnte also eine wichtige Rolle für die Gesundheit spielen.
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Autoren
Dipl.-Biol. Claudia Helbig unter Mitarbeit von Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen
Claudia Helbig ist Diplom-Human- und Molekularbiologin und hat zuvor eine Ausbildung zur Arzthelferin absolviert. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Medizinischen Biochemie und Molekularbiologie hat sie Medizinstudenten in Pathobiochemie-Seminaren und Praktika betreut. Nach Ihrer Arbeit in der pharmazeutischen Forschung hat sie in einem Auftragsforschungsinstitut für klinische Studien unter anderem Visiten mit Studienteilnehmern zur Erhebung von Studiendaten durchgeführt und Texte für die Website verfasst. Mit ihrem interdisziplinären Hintergrund und ihrer Leidenschaft zu schreiben möchte sie naturwissenschaftliche Inhalte fachlich fundiert, empathisch und verständlich an Interessierte vermitteln. [mehr]
Quellen
- Coffee drinking timing and mortality in US adults – Autoren: Wang, Xuan; Ma, Hao; Sun, Qi; Li, Jun; Heianza, Yoriko; Van Dam, Rob M.; Hu, Frank B.; Rimm, Eric; Manson, JoAnn E.; Qi, Lu – Publikation: Eur Heart J. Published online January 8, 2025 – DOI: 10.1093/eurheartj/ehae871