Studie: Erhöhen heiße Sommernächte das Schlaganfall-Risiko? ▷ Ergebnisse, Ausblick und Tipps
Hohe Temperaturen erhöhen das Schlaganfallrisiko besonders in der Nacht (Foto: Stokkete | Shutterstock)
In diesem Artikel:
- Das Wichtigste in Kürze
- Wärmere Sommernächte auch in Deutschland
- Informationen zur Studie
- Ablauf
- Studienergebnisse
- Schlussfolgerung
- 8 Tipps: Schlaganfallrisiko in warmen Nächten senken
Das Wichtigste in Kürze:
Für alle, die gleich in die Tiefe gehen und mehr wissen möchten: Hier geht es zur ausführlichen Version des Artikels.
Hohe Temperaturen erhöhen das Schlaganfallrisiko besonders in der Nacht. Zu diesem Ergebnis kam das Forschungsteam einer Studie im Raum Augsburg. Vor allem das Risiko für einen Hirninfarkt oder eine TIA steigt mit zunehmender nächtlicher Hitze.
Wer ist besonders anfällig?
- Menschen über 60 Jahre
- Frauen
- Betroffene mit leichten Schlaganfallsymptomen
Warum begünstigt Hitze die Risikofaktoren für einen Schlaganfall?
- Nimmt die Körperflüssigkeit durch vermehrtes Schwitzen und geringe Trinkmengen ab, wird unser Blut dickflüssiger und fließt langsamer. So können sich Blutgerinnsel bilden und eine Hirnarterie verschließen.
- Der Blutdruck steigt eher bei hohen Temperaturen.
- Ältere Menschen sind anfälliger gegen Hitze und für Schlaganfälle
Ein hitzebedingter Schlaganfall lässt sich vorbeugen, wenn Sie ein paar wichtige Regeln beachten:
- regelmäßig und ausreichend lauwarme Getränke trinken
- nur leicht verdauliche Speisen zu sich nehmen
- unnötige Wärmequellen wie den Fernseher, Trockner oder Backofen auslassen
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Sommernächte werden immer wärmer
Der Klimawandel ist auch in Deutschland immer deutlicher zu spüren. Die Tagestemperaturen im Sommer erreichen Spitzenwerte. Auch in der Nacht sinken die Temperaturen zum Teil kaum unter 20 °C. Eine Wetterstation in Nordrhein-Westfalen verzeichnete in einer Sommernacht 2025 als Tiefstwert 25 °C.1 Heiße Nächte mit über 20 °C, sogenannte tropische Nächte, werden häufiger.
Doch was bedeutet die Belastung durch hohe nächtliche Temperaturen für unser Herz-Kreislauf-System, insbesondere für das Schlaganfallrisiko?
Die Studie
Ein Forschungsteam untersuchte, wie sich nächtliche Hitze auf das Schlaganfallrisiko auswirkt.2 Sie betrachteten dabei die Entwicklung im Raum Augsburg über einen Zeitraum von 15 Jahren. Damit wollten sie beobachten, wie sich das Risiko im Zeitverlauf vor dem Hintergrund der globalen Erwärmung entwickelt.
Ablauf der Studie
In den Jahren von 2006 bis 2020 wurden zwischen Mai und Oktober 11.037 Schlaganfälle im Augsburger Raum diagnostiziert. Die Schlaganfallpatientinnen und -patienten waren durchschnittlich 71,3 Jahre alt. Die meisten Schlaganfälle wurden als mittelschwer eingestuft.
Folgende Schlaganfall-Typen traten auf:
- 7.430 Hirninfarkte (ischämische Schlaganfälle)
- 2.947 transitorische ischämische Attacken (TIA)
- 642 Hirnblutungen (hämorrhagische Schlaganfälle)
Eine örtliche Wetterstation erfasste stündlich folgende Daten:
- durchschnittliche Temperatur
- relative Luftfeuchtigkeit
- Luftdruck
Die Forschenden analysierten, ob je nach Geschlecht, Altersgruppe, Schlaganfalltyp oder Schlaganfallschwere Unterschiede in der Hitzeanfälligkeit auftraten.
Ergebnisse der Studie
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass das Schlaganfallrisiko an Tagen mit extremer nächtlicher Hitze deutlich erhöht ist. Ab 2013 stieg dieses Risiko für alle Schlaganfalltypen deutlich an, insbesondere das Risiko für einen Hirninfarkt.
Folgende Personen sind besonders anfällig gegen die nächtliche Hitze:
- Menschen über 60 Jahre
- Frauen
- Personen mit leichten Schlaganfallsymptomen
Die Schlaganfälle wurden durchschnittlich innerhalb der ersten beiden Tage nach nächtlicher Hitze beobachtet. Nächte mit extremer Hitze hatten im Zeitraum von 2013 bis 2020 deutliche Auswirkungen auf das Gesamt-Schlaganfall-Risiko. Dieser Einfluss der nächtlichen Temperatur konnte im Zeitraum von 2006 bis 2012 nicht beobachtet werden.
Im Zeitverlauf stieg die Gesamtzahl der Schlaganfälle im Zusammenhang mit dem Auftreten heißer Sommernächte stark an. Das gilt insbesondere für Hirninfarkte und die auch als Mini-Schlaganfälle bezeichneten TIA. Bei Hirnblutungen wurde keine eindeutige Veränderung beobachtet.
Die Analyse zeigte zudem, dass die nächtliche Hitze zwischen 2006 und 2012 zwei Schlaganfälle pro Jahr verursachte. Zwischen 2013 und 2020 stieg die Zahl auf 33 Schlaganfälle pro Jahr.
Schlussfolgerungen
Da Klimaanlagen in Deutschland noch relativ selten zum Einsatz kommen, können die Menschen anfälliger gegenüber einer erhöhten Hitzebelastung sein. Das gilt besonders nachts.
Doch worauf ist das erhöhte hitzebedingte Schlaganfallrisiko, insbesondere für Hirninfarkte, zurückzuführen? Bei extremer nächtlicher Hitze kann es zu einer Abnahme der Körperflüssigkeit (Dehydrierung) kommen. Das Blut wird dickflüssiger und fließt langsamer. Das führt dazu, dass sich Blutgerinnsel leichter bilden können. Diese können in der Folge hirnversorgende Blutgefäße verschließen. Es kommt zum Hirninfarkt.
Die Wissenschaftler konnten keinen direkten Anstieg bei den Hirnblutungen aufgrund nächtlicher Hitze feststellen. Das lässt sich möglicherweise auf die geringen Fallzahlen in der Studie zurückführen. Hohe Temperaturen können jedoch das Risiko für eine Erhöhung des Blutdrucks steigern. Bluthochdruck ist wiederum einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Hirnblutung.
Die erhöhte Anfälligkeit älterer Menschen kann auf altersbedingte Veränderungen des Körpers und eine abnehmende Toleranz gegenüber hohen Temperaturen zurückzuführen sein.
Bei Frauen spielen vermutlich hormonelle Einflüsse eine übergeordnete Rolle. Vor allem während der Periode und in den Wechseljahren. Zudem besitzen Frauen mehr Körperfett als Männer. Dadurch haben sie eine schlechtere Wärmeableitung.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, wie wichtig es ist, nächtliche Hitze als Risikofaktor für den Schlaganfall zu berücksichtigen. Vor allem hinsichtlich des Klimawandels.
Auch sind die Ergebnisse ein Hinweis darauf, dass ein stärkeres politisches Eingreifen erforderlich ist, um den Auswirkungen des Klimawandels entgegenzutreten. Das kann sich beispielsweise in der Entwicklung von Hitze-Aktionsplänen niederschlagen. Das Schaffen von mehr städtischen Grünflächen kann darüber hinaus zur Senkung der Temperatur beitragen.
So können Sie auch in heißen Sommernächten einem Schlaganfall vorbeugen
- Räume lüften: Lüften Sie regelmäßig. Halten Sie die Fenster jedoch tagsüber, wenn es am heißesten ist, geschlossen. Nutzen Sie Zeiten, in denen die Außentemperatur geringer ist als in Ihren Räumen.
- Luftzirkulation verbessern: Halten Sie die Luft in Ihren Räumen durch das Aufstellen von Ventilatoren in Bewegung. Achten Sie jedoch darauf, dass der Ventilator nicht direkt auf Sie gerichtet ist. So vermeiden Sie Erkältungen und trockene Schleimhäute.
- Regelmäßig trinken: Trinken Sie ausreichend und regelmäßig. Das gilt sowohl tagsüber als auch im Bedarfsfall nachts. Stellen Sie sich ein Glas Wasser ans Bett und trinken Sie dieses, wenn Sie aufgrund der Hitze aufwachen oder nicht einschlafen können.
- Das Richtige trinken: Trinken Sie am besten Wasser oder ungesüßten Tee. Dieser sollte lauwarm sein. Kalte Getränke wirken zunächst erfrischend, doch sind eher ungeeignet. Sie führen zur Verengung der Blutgefäße, regen den Stoffwechsel an und steigern das Schwitzen. Lauwarme Getränke sind besser für den Kreislauf und helfen dem Körper, die hohen Temperaturen besser zu tolerieren.
- Wechselduschen: Nutzen Sie regelmäßiges Wechselduschen, schon bevor die heißen Sommermonate anstehen. Wechseln Sie dabei zwischen kaltem und warmem Wasser ab. Das warme Wasser weitet die Blutgefäße, das kalte verengt sie. Wechselduschen steigert die Durchblutung und sorgt für eine verbesserte Wärmeregulierung Ihres Körpers. Duschen Sie an heißen Tagen kurz vor dem Schlafen. Mit einem Frischegefühl kann man besser einschlafen. Ein erholsamer Schlaf ist wichtig, denn schlechter Schlaf ist ein Risikofaktor für den Schlaganfall.3
- Leichte Mahlzeiten vor dem Schlafen: Vermeiden Sie schwere Mahlzeiten. Um diese zu verdauen, muss Ihr Körper enorm viel leisten. Das kann die Körpertemperatur erhöhen.
- Im kühlsten Raum schlafen: In einigen Wohnungen und Häusern haben nicht alle Räume dieselbe Temperatur. Schlafen Sie, wenn möglich, im kühlsten Raum. Auch in einem ausgebauten Kellerraum kann man vorübergehend schlafen
- Wärmequellen ausschalten: Schalten Sie möglichst alle elektronischen Geräte aus, die Wärme produzieren. Dazu zählen zum Beispiel der Fernseher, Trockner oder Backofen.
Sie möchten eine schnelle Antwort? Dann fragen Sie unsere KI-Assistentin Lola.
- Der Einfluss des Wetters auf das Schlaganfall-Risiko
- Sind Schlafstörungen ein Risiko für einen erneuten Schlaganfall?
- Bluthochdruck
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Autoren
Dipl.-Biol. Claudia Helbig unter Mitarbeit von Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen
Claudia Helbig ist Diplom-Human- und Molekularbiologin und hat zuvor eine Ausbildung zur Arzthelferin absolviert. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Medizinischen Biochemie und Molekularbiologie hat sie Medizinstudenten in Pathobiochemie-Seminaren und Praktika betreut. Nach Ihrer Arbeit in der pharmazeutischen Forschung hat sie in einem Auftragsforschungsinstitut für klinische Studien unter anderem Visiten mit Studienteilnehmern zur Erhebung von Studiendaten durchgeführt und Texte für die Website verfasst. Mit ihrem interdisziplinären Hintergrund und ihrer Leidenschaft zu schreiben möchte sie naturwissenschaftliche Inhalte fachlich fundiert, empathisch und verständlich an Interessierte vermitteln. [mehr]
Quellen
- Extremwetter in NRW: So viele Hitzetage wird es zukünftig geben; WDR Nachrichten (Stand: 02.07.2025; abgerufen am 08.07.2025) – Autor: Jörn Kießler – URL: https://www1.wdr.de/nachrichten/nrw-hitzewelle-sommer-klimawandel-100.html
- Nocturnal heat exposure and stroke risk – Autoren: Cheng He; Susanne Breitner; Siqi Zhang; Veronika Huber; Markus Naumann; Claudia Traidl-Hoffmann; Gertrud Hammel; Annette Peters; Michael Ertl; Alexandra Schneider – Publikation: European Heart Journal, Volume 45, Issue 24, 21 June 2024, Pages 2158–2166 – DOI: 10.1093/eurheartj/ehae277
- Sleep disorders and sleep deprivation: an unmet public health problem; Chapter 3: Extent and Health Consequences of Chronic Sleep Loss and Sleep Disorders – Autoren: Harvey R. Colten; Bruce M. Altevogt – Publikation: Institute of Medicine, Washington D. C. 2006 – ISBN: 978-0-309-65727-3; 978-1-280-60443-0