Risikofaktoren für einen schweren Schlaganfall ▷ Studie und Tipps zur Prävention

Bluthochdruck ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für einen Schlaganfall (Foto: Drazen Zigic | Shutterstock)
In diesem Artikel:
- Die INTERSTROKE-Studie
- Ablauf der Analyse
- Untersuchte Risikofaktoren
- Studienergebnisse
- Tipps: Risikofaktoren für einen schweren Schlaganfall im Griff behalten
Hintergrund der Studienanalyse
Eine im Dezember 2024 veröffentlichte Analyse der INTERSTROKE-Studie hatte das Ziel, die Bedeutung verschiedener Risikofaktoren für die Schwere eines Schlaganfalles zu untersuchen.1
Dieser Online-Ratgeber unterstützt Sie bei allem, was jetzt zu tun ist.
Was ist die INTERSTROKE-Studie?
Die INTERSTROKE-Studie ist eine erstmals im Jahr 2010 veröffentlichte internationale Studie, die an mehreren Studienzentren durchgeführt wurde.
Untersucht wurden in dieser Studie die weltweiten Risikofaktoren für einen Schlaganfall. Hierfür wurden ursprünglich Daten von 3.000 Schlaganfall-Betroffenen und 3.000 Kontrollpersonen aus 22 Ländern ausgewertet. Ziel der INTERSTROKE-Studie war es, die wichtigsten Risikofaktoren für einen Schlaganfall ausfindig zu machen.
Mittlerweile wurden im Rahmen der INTERSTROKE-Studie Daten von rund 27.000 Teilnehmenden aus 32 Ländern zusammengetragen. Diese setzen sich aus Schlaganfall-Betroffenen und gesunden Kontrollpersonen zusammen.
Ablauf der Analyse
Um herauszufinden, welche Bedeutung verschiedene Risikofaktoren in Bezug auf den Schweregrad eines Schlaganfalls haben, wurde das in Schlaganfall-Studien am häufigsten eingesetzte Bewertungsverfahren verwendet.
Mit diesem standardisierten Bewertungsverfahren, der modifizierten Rankin-Skala, wurde die Schwere des Schlaganfalls bei den Untersuchten innerhalb 72 Stunden nach Einlieferung ins Krankenhaus ermittelt.
Was ist die modifizierte Rankin-Skala?
Die modifizierte Rankin-Skala, kurz mRS, ist ein standardisiertes Bewertungsverfahren zur Erfassung des Ausmaßes der Beeinträchtigung von Patienten nach einem Schlaganfall und anderen Erkrankungen des Nervensystems in Bezug auf Aktivitäten des alltäglichen Lebens.
Sie wird bevorzugt zur Beurteilung der körperlichen Beeinträchtigung nach einem Schlaganfall und im Rahmen von klinischen Studien eingesetzt.
Die modifizierte Rankin-Skala umfasst Bewertungen mit Punktzahlen von 0 bis 6, mit der geringsten Punktzahl für Patienten ohne jegliche neurologische Beeinträchtigung und der höchsten Punktzahl für Patienten, die an den Folgen des Schlaganfalls versterben. Die dazwischen liegenden Punktzahlen beschreiben verschiedene Abstufungen.
Eine Punktzahl von 4 bis 6 gilt als schwere Beeinträchtigung nach dem Schlaganfall, eine Punktzahl von 0 bis 3 als leichte bis mittelschwere Beeinträchtigung.
Untersuchte Risikofaktoren
Folgende Risikofaktoren wurden bei den Teilnehmenden der INTERSTROKE-Studie untersucht:
- Bluthochdruck: definiert als Blutdruck über 140/90 mmHg
- Vorhofflimmern: beispielsweise mittels Elektrokardiogramm festgestellt
- Zuckerkrankheit Diabetes mellitus: mit erhöhten Blutzuckerwerten und HbA1c-Werten ab 6,5 Prozent oder höher. Dieser Blutwert erfasst die Höhe des Blutzuckers in den Wochen vor der Blutentnahme.
- Psychosozialer Stress: Ermittlung durch Fragebögen
- Ungesunde Ernährungsweise: mithilfe eines Bewertungsmaßstabs zur Einschätzung der Ernährungsgewohnheiten bestimmt
- Rauchen: nach Angaben der Teilnehmenden
- Alkohol: nach Angaben der Teilnehmenden
- Ungünstige Fettverteilung im Körper: bestimmt anhand des Taille-Hüft-Quotienten (Waist-to-Hip-Ratio, WHR)
- Störungen des Fettstoffwechsels: bestimmt anhand der Cholesterin- und Triglyceridwerte im Blut
- Bewegungsmangel: nach Angaben der Teilnehmenden
Die 7 Gesundheitszustände nach der modifizierten Rankin-Skala
mRS-Punktzahl | Beschreibung der Beeinträchtigung2 |
---|---|
0 | Überhaupt keine Symptome |
1 | Keine nennenswerte Behinderung: trotz der Symptome in der Lage, alle üblichen Aufgaben und Tätigkeiten zu verrichten |
2 | Leichte Behinderung: nicht in der Lage, alle bisherigen Tätigkeiten auszuführen, aber in der Lage, sich ohne Hilfe um seine Angelegenheiten zu kümmern |
3 | Mäßige Behinderung: benötigt etwas Hilfe, ist aber in der Lage, ohne Hilfe zu gehen. |
4 | Mittelschwere Behinderung: nicht in der Lage, ohne Hilfe zu gehen und nicht in der Lage, die eigenen körperlichen Bedürfnisse ohne Hilfe zu erfüllen |
5 | Schwerbehinderung: bettlägerig, inkontinent, auf ständige Pflege und Betreuung angewiesen nicht in der Lage, ohne Hilfe zu gehen und nicht in der Lage, die eigenen körperlichen Bedürfnisse ohne Hilfe zu erfüllen |
6 | Tod |
Ergebnis der Studienanalyse
Die knapp 27.000 Teilnehmenden der Fall-Kontroll-Studie bestanden aus einer Gruppe von 13.460 Schlaganfall-Patienten (Fälle) und einer Gruppe von 13.488 gesunden Teilnehmenden (Kontrolle). Das Durchschnittsalter der Schlaganfall-Betroffenen lag bei etwa 62 Jahren, etwa 41 Prozent davon waren Frauen.
Bei insgesamt 64 Prozent der Schlaganfall-Patienten wurde die Beeinträchtigung als leicht bis mittelschwer eingestuft. Das heißt, die Betroffenen benötigten eventuell Hilfe im Alltag, konnten jedoch alleine gehen.
Von einem schweren Schlaganfall waren 36 Prozent der Schlaganfall-Patienten betroffen. Diese waren bis hin zur Pflegebedürftigkeit stark beeinträchtigt. Der Schlaganfall führte schlimmstenfalls zum Tod.
Drei Risikofaktoren erhöhen das Risiko für einen schweren Schlaganfall deutlich
Untersuchte mit Bluthochdruck hatten ein 3,2-fach höheres Risiko, einen schweren Schlaganfall zu erleiden, als Untersuchte mit normalem Blutdruck. Das Risiko für einen leichten Schlaganfall war etwa 2,9-mal so hoch wie bei Kontrollpersonen ohne Bluthochdruck.
Betroffene mit Vorhofflimmern hatten im Vergleich mit gesunden Kontrollpersonen sogar ein beinahe fünfmal so hohes Risiko für einen schweren Schlaganfall und ein fast viermal so hohes Risiko für einen leichten Schlaganfall.
Bei Betroffenen, die rauchten, war das Risiko für einen leichten Schlaganfall über 1,5-mal höher und für einen schweren Schlaganfall beinahe doppelt so hoch im Vergleich mit Nichtrauchenden.
In der folgenden Tabelle ist der prozentuale Anteil an Untersuchten mit schwerem beziehungsweise leichtem Schlaganfall dargestellt, bei dem die entsprechenden Risikofaktoren vorlagen:
Bluthochdruck in Prozent | Vorhofflimmern in Prozent | Rauchen in Prozent | |
---|---|---|---|
Patienten mit schwerem Schlaganfall | 74 | 11 | 30 |
Patienten mit leichtem Schlaganfall | 72 | 9 | 30 |
Was ist Vorhofflimmern?
Das Vorhofflimmern ist eine lang anhaltende Herzrhythmusstörung, die besonders bei älteren Menschen vorkommt. Sie entsteht in der Arbeitsmuskulatur des Herzens.
Die Vorhöfe des Herzens werden hierbei ungeregelt und mit hoher Frequenz elektrisch erregt. Es können dadurch beispielsweise Schwindel, Atemnot, Unruhe und Beklemmungsgefühl als Krankheitszeichen auftreten.
Was bedeuten die Ergebnisse?
Die Analyse-Ergebnisse der INTERSTROKE-Studie konnten zeigen, dass insbesondere drei Risikofaktoren deutlich für das Auftreten eines schweren Schlaganfalls verantwortlich sind. Ein schwerer Schlaganfall führt zu erheblichen Einschränkungen bei Aktivitäten des alltäglichen Lebens.
Die drei Risikofaktoren, die mit einem schweren Schlaganfall in Verbindung gebracht werden, sind:
- Bluthochdruck
- Vorhofflimmern
- Rauchen
Ein Beispiel für einen Risikofaktor, der im Gegensatz dazu eher mit einem erhöhten Risiko für einen leichten Schlaganfall verbunden ist, ist eine ungünstige Körperfettverteilung – kurz: zu viel Bauchfett.
Die gute Nachricht ist: Alle drei Risikofaktoren, die hauptsächlich schwere Schlaganfälle verursachen, sind vermeidbar und/oder behandelbar!
Risikofaktoren für einen schweren Schlaganfall im Griff behalten
Lassen Sie regelmäßig Ihren Blutdruck messen oder messen Sie ihn bequem mit einem Blutdruckmessgerät zu Hause.
Ab einem Blutdruck von mehr als 120/70 mmHg sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin suchen und sich über eine mögliche Therapie beraten lassen.
Mit Bewegung und einer salzarmen Ernährung können Sie zudem Ihren Blutdruck senken.
Puls prüfen: Ertasten Sie selbst Ihren Puls am Handgelenk. Fühlen Sie Unregelmäßigkeiten? In diesem Fall kann ärztlich festgestellt werden, ob bei Ihnen ein Vorhofflimmern vorliegt und dieses medikamentös oder mit einem kleinen Eingriff behandelt werden kann. Auch hier wirkt grundsätzlich regelmäßige Bewegung vorbeugend.
Dass Rauchen ungesund ist, ist nicht neu. Sie können insbesondere einem schweren Schlaganfall vorbeugen, indem Sie darauf verzichten.
Sie möchten eine schnelle Antwort? Dann fragen Sie unsere KI-Assistentin Lola.
- Gemeinsame Risikofaktoren für Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Übersicht über alle Risikofaktoren
- Schlaganfall – Zahlen, Daten, Fakten
- Einem Schlaganfall vorbeugen – wie schütze ich mich?
Sie erhalten von uns regelmäßig und kostenlos aktuelle Informationen rund um den Schlaganfall.
Dieser Online-Ratgeber unterstützt Sie bei allem, was jetzt zu tun ist.
Artikel aktualisiert am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autoren
Dipl.-Biol. Claudia Helbig unter Mitarbeit von Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen
Claudia Helbig ist Diplom-Human- und Molekularbiologin und hat zuvor eine Ausbildung zur Arzthelferin absolviert. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Medizinischen Biochemie und Molekularbiologie hat sie Medizinstudenten in Pathobiochemie-Seminaren und Praktika betreut. Nach Ihrer Arbeit in der pharmazeutischen Forschung hat sie in einem Auftragsforschungsinstitut für klinische Studien unter anderem Visiten mit Studienteilnehmern zur Erhebung von Studiendaten durchgeführt und Texte für die Website verfasst. Mit ihrem interdisziplinären Hintergrund und ihrer Leidenschaft zu schreiben möchte sie naturwissenschaftliche Inhalte fachlich fundiert, empathisch und verständlich an Interessierte vermitteln. [mehr]
Quellen
- Association of Vascular Risk With Severe vs Non-Severe Stroke: An Analysis of the INTERSTROKE Study (2024) – Autoren: Reddin, Catriona; Canavan, Michelle; Hankey, Graeme J.; Oveisgharan, Shahram; Langhorne, Peter; Wang, Xingyu; Iversen, Helle Klingenberg; Lanas, Fernando; Al-Hussain, Fawaz; Czlonkowska; Anna; Oğuz, Aytekin; Judge, Conor; Rosengren, Annika; Xavier, Denis; Yusuf, Salim; O’Donnell, Martin J.; – Publikation: Neurology. 2024;103(11):e210087 – DOI: 10.1212/WNL.0000000000210087
- Outcomes Validity and Reliability of the Modified Rankin Scale: Implications for Stroke Clinical Trials: A Literature Review and Synthesis (2007) – Autoren: Banks, Jamie L.; Marotta, Charles A. – Publikation: Stroke. 2007;38(3):1091-1096 – DOI: 10.1161/01.STR.0000258355.23810.c6