Bewegungsmangel ▷ Risikofaktor für einen Schlaganfall
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Bewegung verhindert viele krankhafte Entwicklungen
Körperliche Aktivität steigert den Energieumsatz und senkt somit auch das Körpergewicht. Der Insulinspiegel, Blutzuckerspiegel und die Cholesterinwerte sinken durch regelmäßige und ausreichende Bewegung. Auch für eine gute Immunabwehr, die Gehirnfitness und das psychische Wohlbefinden ist Sport ein wichtiger Faktor. Somit kann Bewegung auch das Risiko für einen Schlaganfall senken. Menschen, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben, können mit Bewegung das Risiko eines erneuten Schlaganfalls ebenfalls reduzieren.
In einer Studie wurden anhand der Daten von 3000 Schlaganfallpatienten die weltweit wichtigsten Risikofaktoren für ischämische Schlaganfälle (Hirninfarkt) und hämorrhagische Schlaganfälle (Hirnblutung) ermittelt. Demnach sind 28,5 Prozent der Schlaganfälle auf Bewegungsmangel zurückzuführen. Bewegungsmangel und anderen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Rauchen, falsche Ernährung und Adipositas sind laut der INTERSTROKE- Studie die fünf wichtigsten Schlaganfall-Risikofaktoren.1
Den Lebensstil und das Gesundheitsverhalten zu verändern, kann sehr anstrengend sein und erfordert viel Kraft und Motivation. Doch jeder kleine Schritt ist es wert!
Das Deutsche Ärzteblatt schrieb am 02.09.2019:
„Sport ist eines der wirkungsvollsten und sichersten ‚Medikamente‘. Nur sind leider die wenigsten Menschen ausreichend körperlich aktiv. Welche ‚Dosierung‘ erforderlich ist, um langfristig auch schweren Erkrankungen vorzubeugen, dazu gibt es mittlerweile klare Empfehlungen“.
Leben im Sitzen
In den letzten Jahrzehnten hat sich unser Lebensstil stark verändert. Viele von uns arbeiten im Sitzen, zum Teil als „Extremsitzer“ mit mehr als 8 Stunden am Tag. Sogar kurze Strecken werden mit dem Auto zurückgelegt. Abends sitzen wir vor dem Computer oder Fernseher. Bewegung ist in unserem Alltag nur noch selten wirklich notwendig, weshalb wir uns immer wieder aktiv dafür entscheiden müssen.
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Erwachsene und auch Kinder erreichen oft nicht die von der WHO empfohlene Mindestaktivitätszeit.
Laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts erreichen nur 26 Prozent der Heranwachsenden die WHO-Bewegungsempfehlung von mindestens 60 Minuten Aktivität pro Tag.2
Aus den Daten des RKI- Gesundheitsmonitorings geht hervor, dass circa die Hälfte der Frauen (47,5%) und Männer (47,2%) im erwerbstätigen Alter (18 bis 64 Jahre) während der Arbeit hauptsächlich sitzen oder stehen und dabei körperlich inaktiv sind.3
Der Teufelskreis
Leider gilt: Je weniger man sich bewegt, umso schwerer fällt es, in Bewegung zu kommen. Ein Teufelskreis. Der innere Schweinehund vergisst allzu gerne, wie wohltuend ein zügiger Spaziergang oder eine Radtour für Körper und Psyche sein können, sodass man ihn immer wieder davon überzeugen muss.
Ein aktives Leben wirkt sich positiv auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, auf Übergewicht, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen sowie auf Krebserkrankungen und Demenz aus. Es senkt das Risiko an Bluthochdruck zu erkranken und einen Schlaganfall zu bekommen. Außerdem kann Bewegung helfen, Stress abzubauen und dem Burn-out-Syndrom oder auch einer Depression vorzubeugen oder eine Therapie zu unterstützen.
Empfehlungen der WHO
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Aktivitätsempfehlungen für verschiedene Bevölkerungsgruppen.
Die Richtlinien geben klare Vorgaben für Dauer und Intensität der Aktivität, und dennoch betont die WHO, dass „für die Gesundheit jede Bewegung zählt“.
1 von 4 Erwachsenen und 4 von 5 Jugendlichen bewegen sich laut WHO nicht ausreichend. Über 5 Millionen Todesfälle pro Jahr wären vermeidbar, wenn die Bewegungsempfehlungen weltweit besser umgesetzt würden.4
Die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO (auf Englisch: World Health Organisation) zur körperlichen Bewegung lauten:
Erwachsene, auch Personen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen, im Alter von 18 bis 64 Jahren sollten sich pro Woche mindestens 150-300 Minuten mäßig oder 75-150 Minuten intensiv bewegen. Beide Aktivitätsformen können natürlich auch gemischt werden. Ein zusätzliches Muskelaufbautraining aller wichtiger Muskelgruppen sollte an mindestens zwei Tagen in der Woche durchgeführt werden.
Gilt das auch für Menschen über 65 Jahre?
Natürlich sollen sich auch Senioren möglichst viel bewegen. Die WHO empfiehlt ab dem 65. Lebensjahr an zumindest drei Tagen in der Woche zunehmend Aktivitäten durchzuführen, die vor allem Gleichgewicht, Koordination und Muskelkraft stärken.
Gut wäre z.B. ein täglicher Spaziergang von 3 bis 5 Kilometern oder eine halbe bis eine Stunde Fahrradfahren oder Schwimmen. Kraft- und Dehnübungen können auch gut zu Hause durchgeführt werden.
Bewegung mit körperlichen Einschränkungen
Personen, die körperliche Einschränkungen aufweisen, sollten sich so viel und intensiv bewegen, wie es individuell sicher möglich ist. Die Zeit im Sitzen sollte auch bei eingeschränkten Menschen minimiert werden.5 Denn selbst kleinste Bewegungseinheiten wirken sich positiv auf die Gesundheit aus.
Für sturzgefährdete Personen eignen sich zusätzlich Balance- und Koordinationsübungen.5
Dabei ist es natürlich wichtig, das Ausmaß der Bewegung an Ihre körperliche Konstitution anzupassen. Tun Sie nur das, was ihr Körper und gesundheitlicher Zustand zulässt und wobei Sie sich auch gut fühlen.
Auch für Kinder gibt es Richtlinien
Mindestens 60 Minuten am Tag sollten sich Kinder zwischen 5 und 17 Jahren bei moderater bis hoher Intensität bewegen.
An drei Tagen in der Woche sollten Kinder und Jugendliche Aktivitäten von hoher Intensität sowie Aktivitäten, die Muskeln und Knochen stärken, nachgehen.
Motivation und Regelmäßigkeit lautet die Devise
Aktivieren Sie Partner und Freunde, Sie zu begleiten. Zusammen aktiv zu sein, macht viel Freude! Auch ein Hund kann motivieren, täglich nach draußen zu gehen. Vielleicht hilft es Ihnen, sich einen Wochenplan zu erstellen, in dem sie sich notieren, wann sie welchen Aktivitäten nachgehen. Das Gefühl, auf eine erfolgreiche Woche zurückzublicken kann ebenfalls sehr motivierend sein! Ob nun Kraft- oder Ausdauertraining am effektivsten ist, ist noch unklar. Doch grundsätzlich gilt: jede Art von Bewegung lohnt sich und ist besser als keine Bewegung!
Dabei ist es natürlich wichtig, das Ausmaß der Bewegung an Ihre körperliche Konstitution anzupassen. Tun Sie nur das, was ihr Körper und gesundheitlicher Zustand zulässt und wobei Sie sich auch gut fühlen.
Die Redaktion legt Wert auf eine geschlechtergerechte Sprache. Sie verzichtet aber auf die Verwendung von Gendersternchen und ähnlichen Symbolen, da sie die Lesbarkeit reduzieren und nicht mit der geltenden Rechtschreibung und Grammatik vereinbar sind. Stattdessen verwenden wir das „generische Maskulinum“, damit adressieren wir alle Geschlechtsidentitäten.
Sie haben eine Frage zum Bewegungsmangel und seinen gesundheitlichen Auswirkungen? Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen und Angehörigen in unserem Forum aus.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autor
unter Mitarbeit von stud. med. Rosalie Hartmann
Dr. med. Thomas Staudacher ist Facharzt für Neurologie. Sein Schwerpunkt ist die Notfallbehandlung von Schlaganfällen. 20 Jahre lang leitete er eine Stroke Unit, also eine Spezialstation zur Akutbehandlung und Intensiv-Überwachung von Schlaganfall-Patienten. [mehr]Sie erhalten von uns regelmäßig und kostenlos aktuelle Informationen rund um den Schlaganfall.
Quellen
- Interstroke Studie: Weltweite Risikofaktoren für Schlaganfall – Autorin: Bettina Christine Martini, Legau – Publikation: Arzneimitteltherapie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft – URL: https://www.arzneimitteltherapie.de/heftarchiv/2011/02/weltweite-risikofaktoren-fur-schlaganfall.html
- Themenblatt: Körperliche Aktivität – Robert Koch Institut – URL: https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Adipositas_Monitoring/Verhalten/HTML_Themenblatt_Koerperliche_Aktivitaet.html
- Arbeitsbezogene körperliche Aktivität bei Erwachsenen in Deutschland – Autoren: Jonas D. Finger, Gert B. M. Mensink, Cornelia Lange, Kristin Manz – Publikation: Journal of Health Monitoring · 2017 2(2) – DOI: 10.17886/RKI-GBE-2017-026
- WHO gibt neue Aktivitätsempfehlungen heraus – „für die Gesundheit zählt jede Bewegung“ – URL: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/118657/WHO-gibt-neue-Aktivitaetsempfehlungen-heraus-fuer-die-Gesundheit-zaehlt-jede-Bewegung
- DEGAM-Leitlinie Nr. 8: Schlaganfall, S3-Leitlinie, AWMF-Register-Nr. 053-011, Seite 138. – Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, 2020, Berlin
URL: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/053-011 - The Exercise is Medicine Global Health Initiative: a 2014 update – Autoren: Felipe Lobelo, Mark Stoutenberg, Adrian Hutber – Publikation: British Journal of Sports Medicine 2014;48:1627-1633. – DOI: 10.1136/bjsports-2013-093080 – PMID: 24759911
- Acute exercise improves physical sexual arousal in women taking antidepressants – Autoren: Lorenz TA, Meston CM. – Publikation: Ann Behav Med. 2012 Jun;43(3):352-61. – DOI: 10.1007/s12160-011-9338-1 – PMID: 22403029 – PMCID: PMC3422071
- Too much sitting: the population health science of sedentary behavior – Autoren: Owen N, Healy GN, Matthews CE, Dunstan DW – Publikation: Exerc Sport Sci Rev. 2010 Jul;38(3):105-13. DOI: 10.1097/JES.0b013e3181e373a2 – PMID: 20577058 – PMCID: PMC3404815
- The effects of intensive, long-term treadmill running on reproductive hormones, hypothalamus-pituitary-testis axis, and semen quality: a randomized controlled study – Autoren: Safarinejad MR, Azma K, Kolahi AA. – Publikation: J Endocrinol. 2009 Mar;200(3):259-71. – DOI: 10.1677/JOE-08-0477 – PMID: 19066291
- Pre-stroke physical activity is associated with fewer post-stroke complications, lower mortality and a better long-term outcome – Autoren: Wen CP, Liu CH, Jeng JS, Hsu SP, Chen CH, Lien LM, Chen AC, Lee JT, Chen PK, Hsu CS, Chern CM, Chen CC, Hsu MC, Lu K, Chen HJ, Wang HK, Muo CH, Hsu CY – Publikation: Eur J Neurol. 2017 Dec;24(12):1525-1531. – DOI: 10.1111/ene.13463 – PMID: 28926165
- Global recommendations on physical activity for health – Autoren: World Health Organization (WHO) – ISBN: 9789241599979 – URL: https://www.who.int/dietphysicalactivity/publications/9789241599979/en/