Demenz ▷ Symptome, Risikofaktoren, Formen und Behandlung
In diesem Artikel:
- Was ist Demenz?
- Symptome
- Risikofaktoren einer Demenz
- Formen der Demenz
- Was kann man selbst zur Verhinderung einer Demenz tun?
- Diagnose: Wie wird eine Demenz festgestellt?
- Behandlung
- Leben mit Demenz
- Wie gehe ich als Angehöriger mit der Erkrankung um?
Dieser Artikel soll Ihnen grundlegende Informationen rund um das Thema Demenz bereitstellen, Sie über die verschiedenen Formen der Demenz aufklären und Ihnen Ratschläge geben, falls Sie selbst oder ein Angehöriger betroffen sind.
“Es gibt keine Gesundheit ohne die Gesundheit des Gehirns. In Zukunft wird unser Gehirn allerdings durch eine stetig ansteigende Anzahl von Schlaganfällen, Herzerkrankungen und Demenz bedroht” (Vladimir Hachinky 2020).
Diese Aussage wird durch folgende Abbildung belegt. Sie zeigt die weltweit festgestellte und vorhergesagte Zahl der Patienten mit Schlaganfall, Herzerkrankungen – vor allem Herzinfarkt – und Demenz im Zeitraum zwischen 2005 und 2030:
Im Zeitraum von nur 25 Jahren beträgt die vorhergesagte (prognostizierte) Zunahme
- 142 % bei Demenzerkrankungen
- 90 % bei Schlaganfällen und
- 61 % bei ischämischen Herzerkrankungen (v.a. Herzinfarkten)
Die am stärksten zunehmende und offenbar nur gering durch Prävention beeinflussbare Bedrohung ist die Demenz. Auch ihre Behandlung ist nur sehr eingeschränkt möglich.
Als Ursachen dieser Entwicklung werden die zunehmende Alterung der Weltbevölkerung und die Zunahme der Risikofaktoren auch bei jüngeren Menschen gesehen.
Umso wichtiger wird es in Zukunft sein, Risikofaktoren für das Auftreten von Demenzerkrankungen für den einzelnen Menschen zu erkennen und zu behandeln.
Was ist Demenz?
Der Begriff Demenz wird aus dem lateinischen Wort demens (Nachlassen von Gedächtnis, Denkvermögen und Verstand) abgeleitet.
Die Demenz-Erkrankung ist eine im Leben erworbene Beeinträchtigung des Gedächtnisses, verbunden mit dem Abbau weiterer Hirnleistungen und dem Nachlassen der Bewältigung alltäglicher Verrichtungen, der emotionalen und sozialen Fähigkeiten.
Oft werden die Begriffe Demenz und Alzheimer synonym verwendet. Doch Alzheimer und Demenz sind nicht dasselbe.
Demenz bezeichnet eine Gruppe von Symptomen, das dementielle Syndrom, welche als Folge einer Krankheit auftreten, wie z.B. des Morbus Alzheimer.
Typische Symptome sind Gedächtnisstörungen, Störungen des Denkens und Handelns, Orientierungsstörungen, auch Persönlichkeitsveränderungen.
Die verschiedenen Demenzformen haben also vielfältige Ursachen, Symptome, Verläufe und Therapiemöglichkeiten, doch allen gemeinsam ist der zunehmende Verlust kognitiver Denkleistungen.
In der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) sind Demenz-Erkrankungen unter F00 – F03 aufgeführt.
Symptome einer Demenz
Symptome sind das gestörte Gedächtnis, vor allem das Kurzzeitgedächtnis, die eingeschränkte Aufmerksamkeit und Denkfähigkeit.
Zusätzlich zu diesen kognitiven Defiziten kommt es zu Veränderungen der Persönlichkeit, der emotionalen Schwingungsfähigkeit und des Sozialverhaltens. Es entstehen Schwierigkeiten beim Planen und Ausführen von Tätigkeiten. Auch Sprache und Motorik können betroffen sein. Diese Veränderungen stellen eine starke Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens für die Betroffenen und auch für die Angehörigen dar.
Dieser Onlinekurs erklärt Ihnen in 12 kompakten Modulen alles, was Sie jetzt wissen müssen.
Es handelt sich somit um ein Syndrom (Kombination mehrerer Symptome), das dementielle Syndrom.
Diese Verschlechterung der kognitiven bzw. intellektuellen Möglichkeiten eines Menschen verläuft chronisch-fortschreitend (progredient) und geht über das Altersmaß (altersentsprechende Entwicklung) hinaus und wird somit zu einer Erkrankung des Gehirns.
Über 90 Prozent der Demenz-Erkrankungen beginnen nach dem 65. Lebensjahr.
Was bedeutet Altersvergesslichkeit?
Gedächtnisstörungen im Alter sind häufig. Es kann ganz normal sein, dass die Gedächtnisleistung abnimmt und hier und da einmal der Schlüssel verlegt wird oder Termine vergessen werden. Altersvergesslichkeit ist aber noch keine Demenz!
Altersbedingte Gedächtnisstörungen werden diagnostisch als “Leichte kognitive Beeinträchtigung” (engl. mild cognitive impairment) eingeordnet. Die Alltagskompetenz ist erhalten.
Eine “normale”, nicht erheblich beeinträchtigende Vergesslichkeit im Alter ist zunächst nicht besorgniserregend. Wenn jedoch zum Beispiel über einen längeren Zeitraum häufig Gegenstände verlegt oder Termine vergessen werden, Orientierungsprobleme auftreten und alltägliche Verrichtungen zunehmend schwerfallen, sollte an eine Demenz gedacht werden. Dann ist es sinnvoll, ärztliche Hilfe zur diagnostischen Einordnung und Behandlung in Anspruch zu nehmen.
Die Demenz als medizinische und soziale Herausforderung – Zahlen und Fakten
- Laut dem “World Alzheimer Report” 2018 sind weltweit etwa 50 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Für das Jahr 2050 werden 152 Millionen vorhergesagt. Dieser Zuwachs betrifft hauptsächlich Länder mit geringem oder mittlerem Einkommen, in denen ca. zwei Drittel der Demenzkranken leben. Ursachen sind vor allem die zunehmende Alterung dieser Gesellschaften und die Zunahme der Risikofaktoren bereits in jüngeren Lebensjahren.
- Obwohl vorwiegend ältere Menschen betroffen sind, ist die Demenz keine zwangsläufige bzw. unausweichliche Konsequenz des Alterns.
- In Deutschland lebten am Ende des Jahres 2021 ca. 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Davon ca. 1,2 Millionen Frauen und 0,6 Millionen Männer. Eine Ursache, dass Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind, ist die generell höhere Lebenserwartung der Frauen.
- Die häufigsten Demenzerkrankungen sind mit 50-70 Prozent die Alzheimer-Demenz, mit 15-25 Prozent die Vaskuläre Demenz und mit 5-35 Prozent andere Demenzformen wie die Frontotemporale Demenz, die Lewy-Body-Demenz oder die Demenz bei der Parkinson-Erkrankung.
- Durch die rasch zunehmende Alterung unserer Bevölkerung nimmt die Zahl an Neuerkrankungen in Deutschland pro Jahr (Inzidenz) zu. Bis zum Jahr 2050 könnte es jährlich bis zu 25.000 – 40.000 Betroffene mehr pro Jahr geben als jetzt. Das bedeutet, dass sich bis zum Jahr 2050 die Zahl Demenzkranker, die in Deutschland leben, auf 2,4 bis 2,8 Millionen erhöhen würde.
Diese Veränderungen stellen unsere Gesellschaft und die Medizin vor große Herausforderungen.
Umso wichtiger ist es, frühzeitig darüber zu informieren und aufzuklären. Demenz, vor allem der Demenz infolge von Durchblutungsstörungen des Gehirns (Vaskuläre Demenz), lässt sich durch eine gesunde Lebensweise und Beachtung von Risikofaktoren vorbeugen.
Risikofaktoren einer Demenz
In dem 2020 veröffentlichten “Bericht der Lancet Kommission zur Prävention, Behandlung und Versorgung von Demenz-Erkrankungen” wurden weltweit insgesamt 12 Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz identifiziert, welche verhindert werden können. Diese Risikofaktoren verursachen ca. 40 Prozent der Demenzerkrankungen:
- Geringe Bildung
- Bluthochdruck (arterielle Hypertonie)
- Beeinträchtigung des Hörens
- Rauchen
- Übergewicht
- Depression
- Körperliche Inaktivität
- Diabetes mellitus
- Eingeschränkte soziale Kontakte
- Exzessiver Alkoholkonsum
- Kopfverletzungen
- Luftverschmutzung
Bemerkenswert ist, dass mindestens 6 dieser Risikofaktoren – Bluthochdruck, Rauchen, Übergewicht, körperliche Inaktivität, Diabetes und exzessiver Alkoholkonsum – auch gesicherte Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind, vor allem für den Schlaganfall und den Herzinfarkt.
- Seit 2017 stehen neun Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz fest: Geringe Bildung, Bluthochdruck, Hörprobleme, Rauchen, Fettleibigkeit, Depression, körperliche Inaktivität, Diabetes und geringe soziale Interaktionen.
- Seit dem Jahr 2020 sind drei weitere modifizierbare Risikofaktoren hinzugekommen: exzessiver Alkoholkonsum, Kopfverletzungen und Luftverschmutzung.
- Die Vermeidung dieser insgesamt 12 Risikofaktoren kann bis zu 40 Prozent der Demenzerkrankungen aufschieben, wenn nicht sogar verhindern.
- Prävention ist sowohl eine Aufgabe der Politik, des Gesundheitssystems, aber auch des Einzelnen.
- Es ist nie zu früh oder zu spät, um die Risikofaktoren präventiv anzugehen.
- Die Politik sollte besonders Risikogruppen motivieren, ihre soziale, kognitive und körperliche Situation zu verbessern.
- In der Versorgung von Demenz-Patienten herrschen Ungleichheiten. Diese gesellschaftlichen Ungleichheiten betreffen vor allem Gruppen, welche aufgrund von Hautfarbe oder auch Herkunft nicht die gleiche gesundheitliche Versorgung erhalten. Dieses Problem betrifft nicht nur die Versorgung von Demenzkranken, sondern spiegelt weltweit ein Versorgungsproblem wider. Dieses Problem ist vor allem ein gesundheitspolitisches Problem.
- Demenzerkrankungen treten vermehrt in Schichten mit mittlerem oder niedrigem Einkommen auf und finden sich weniger bei Menschen mit höherem oder hohem Einkommen.
Gibt es noch andere Risikofaktoren?
Die moderne Hirnforschung und ein neuer Zweig der Wissenschaft, die “Social Genomics”, beschäftigt sich auch mit der Frage, inwieweit neben den genannten Risikofaktoren der Lebensstil und das individuelle Verhalten eines Menschen im sozialen Zusammenleben das Auftreten von Krankheiten wie Krebs, Demenz oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen.
Menschen mit einer sinn-geleiteten, fürsorglich-sozialen Grundhaltung zeigen eine verminderte Aktivität der sogenannte “Risikogene”, also eine Konstellation von Genen, welche mit einem verminderten Krankheitsrisiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte, Krebs- und Demenzerkrankungen verbunden ist.
Joachim Bauer schreibt (wörtlich zitiert): “Eine auf Humanität, auf “gutes Leben” im Sinne guten, prosozialen Zusammenlebens, auf Gemeinsinn, Fairness und Empathie ausgerichtete Lebenshaltung aktiviert genetische Programme und Körpersysteme, die der menschlichen Gesundheit zuträglich sind und Erkrankungsrisiken vermindern.
Ständige Angst und Aggression und die damit verbundene Aktivierung entsprechender neuronaler Systeme produziert im menschlichen Körper subakut verlaufende, sozusagen “unter dem Radar fliegende” chronische Entzündungsprozesse, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebsleiden und Demenzerkrankungen begünstigen”.
Eine verständlich erklärende Zusammenfassung findet sich in dem Buch “Das empathische Gen” von Joachim Bauer.3
Frühzeitig gegen die wichtigsten Risikofaktoren ankämpfen
Laut einer Studie aus Schweden haben Menschen mit jahrelang zunehmenden kardiovaskulären Risikofaktoren ein mehr als dreifach erhöhtes Risiko an einer Alzheimer-Demenz oder vaskulären Demenz zu erkranken.
Der medizinische Begriff “Kardiovaskulär” bedeutet “das Herz und die Gefäße betreffend”.
Zu den wichtigsten, vermeidbaren kardiovaskulären Risikofaktoren zählen: Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes und hohe Blutfettwerte, Bewegungsmangel und falsche Ernährung.
All diese Faktoren lassen sich durch eine gesunde Lebensweise reduzieren oder sogar verhindern. Dazu gehören eine ausgewogene, salz- und fettarme Ernährung, der Verzicht auf Rauchen, wenig oder kein Alkohol, ausreichend Bewegung sowie eine wirksame Therapie des Bluthochdrucks, des Diabetes mellitus u.a.
Durch gezielte Prävention, Aufklärung der Gefährdeten und Behandlung der Risikofaktoren können also bis zu 40 Prozent der Demenz-Erkrankungen verhindert werden.4
Risikoabschätzung durch Bluttests: Neue Erkenntnisse aus der Demenz-Forschung
Eine Demenz-Erkrankung wird meist erst dann erkannt, wenn das Gehirn bereits geschädigt ist und erste Symptome aufgetreten sind. Je früher eine Demenz erkannt wird, desto größer sind jedoch die Chancen einer Behandlung.
Forscher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen in Göttingen haben Moleküle im Blut von Studienteilnehmern gefunden, anhand derer man das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, frühzeitig erkennen könne, bevor erste Symptome auftreten.
Es handelt sich um drei sogenannte Micro-RNAs, deren Konzentration im Blut Aufschluss über die geistige Leistungsfähigkeit geben. Micro-RNAs sorgen dafür, dass Zellen untereinander kommunizieren und im Gleichgewicht sind.
Treten Veränderungen im Gehirn auf, wie z.B. Entzündungen, Untergang von Nervenzellen oder eine gestörte Kommunikation zwischen den Zellen, lassen sich diese Micro-RNAs messen. Das Ziel ist, einen einfachen Schnelltest zu entwickeln, der in Zukunft als Routineuntersuchung durchgeführt werden kann.6
Diese Methode muss jedoch noch weiter untersucht und geprüft werden, bis sie in der Praxis angewandt wird.
Verschiedene Formen einer Demenz
Primäre Demenz-Syndrome
Man unterscheidet zwischen primären und sekundären Demenz-Syndromen. Primäre Demenzsyndrome sind dadurch gekennzeichnet, dass die Ursache der Demenz direkt im Gehirn liegt. Sie sind bisher nicht heilbar.
Dazu gehören die neurodegenerativen Erkrankungen, bei denen Gehirnzellen allmählich zugrunde gehen. Hauptvertreter sind:
- Morbus Alzheimer (AD)
- Frontotemporale Demenz (FTD)
- Lewy-Körper- Demenz
- Demenz bei Morbus Parkinson
- Vaskuläre Demenz
Auch Mischformen der Demenz sind möglich. Bevorzugt tritt eine Mischform aus Alzheimer-Demenz und vaskulärer Demenz auf.
Morbus Alzheimer
Morbus Alzheimer ist mit 50-70 Prozent die am häufigsten vorkommende Form der Demenz.
Je älter ein Mensch wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken. In über 90 Prozent der Fälle tritt die Erkrankung nach dem 65. Lebensjahr auf. Man spricht dann auch von seniler Demenz.
Nur ca. 7 Prozent aller Alzheimer-Demenzen treten deutlich vor dem 65. Lebensjahr auf. Diese präsenile Demenz steht in Zusammenhang mit erblichen Faktoren.
Die Häufigkeit der Erkrankung bei über 80-Jährigen in Deutschland liegt bei 30-40 Prozent.
Wie äußert sich die Alzheimer-Erkrankung?
Frühzeichen sind das Nachlassen von Interessen, Vernachlässigung von Hobbys, Vermeidung von sozialen Kontakten, Problemen bei komplexeren oder beruflichen Anforderungen, depressive Verstimmung und Orientierungsstörungen.
Während des langsamen, schleichenden Krankheitsbeginns kommt es insbesondere zu Gedächtnisstörungen, Desorientiertheit (“Welcher Tag ist heute?”, “Wo bin ich?”) und Störungen der Aufmerksamkeit.
Die Gedächtnisstörungen betreffen vor allem Neu-Informationen, also das Kurzzeitgedächtnis. Oftmals gelingt es den Betroffenen, diese Störungen zu bagatellisieren und ein weitgehend normales, soziales Leben aufrechtzuerhalten. Durch diese Fassade bleiben die ersten Anzeichen der Alzheimer-Demenz zunächst oft unerkannt.
Zudem sind nicht-kognitive Symptome wie Depressivität und abnehmende Aktivität im Alltag und die Reduktion von Sozialkontakten frühe Symptome des Morbus Alzheimer. Betroffene ziehen sich zunehmend zurück, werden stiller und halten sich aus Diskussionen oder Aktivitäten raus.
In der späteren Krankheitsphase kommt es zunehmend zu Altgedächtnisstörungen. Das Altgedächtnis beherbergt Informationen, die vor einer Hirnschädigung ins Gedächtnis aufgenommen wurden. Diese sind zum Beispiel autobiografische Informationen oder Fachwissen aus dem früheren Berufsleben.
Auch die Orientierungsstörungen nehmen in der späteren Krankheitsphase weiter zu. Die Betroffenen sind zu ihrer eigenen Person und der Situation, in der sie sich befinden, nicht mehr orientiert. “Wer bist du?”, “Was machen Sie hier?” fragen die Betroffenen dann auch ihre eigenen Kinder, Enkelkinder, Geschwister oder Lebenspartner.
Etwa ein Drittel der Alzheimer Patienten entwickeln ein Parkinson-Syndrom, was zu einer zusätzlichen körperlichen Beeinträchtigung und zusätzlicher Belastung für die Betroffenen und Angehörigen führt. Angehörige von Alzheimer-Patienten berichten oft, dass sie die Patienten nicht mehr “wiedererkennen”, und sie “ zu einem anderen Menschen” geworden sind.
In der Spätphase der Alzheimer-Demenz kann es vorkommen, dass die Betroffenen unruhig und aggressiv werden. Aufgrund der kognitiven Störungen fällt es den Patienten schwer, ihre Umwelt und ihre Einflüsse zu verstehen. Das kann auch zu Wahnvorstellungen und Halluzinationen führen, da sie sich die Welt um sich herum komplett neu erklären müssen. Die Betroffenen sehen dann zum Beispiel überall eine Gefahr lauern, und denken, dass sie beispielsweise beklaut oder angelogen werden.
Die Alzheimer-Demenz ist ein unumkehrbarer, fortschreitender Prozess. Im Endstadium können die Betroffenen die Aktivitäten des täglichen Lebens nicht mehr selbstständig ausführen. Sie sind dann völlig pflegebedürftig und auf die Hilfe von Pflegenden und Angehörigen angewiesen. Es kann sein, dass sie sehr wortkarg werden oder vollständig verstummen.
Meist verweigern die Betroffenen im Endstadium der Erkrankung die Nahrungszufuhr. Die starke Abnahme des Körpergewichts und der dadurch extrem geschwächte Körper führen schlussendlich meist zu einer Lungenentzündung oder anderen schweren Infektion, schlussendlich zum Versterben.
Die Ursachen und der genaue Entstehungsmechanismus der Alzheimer-Demenz sind bis heute noch nicht vollständig geklärt.
Es kommt jedoch nachgewiesenermaßen zum Verlust von Nervenzellverbindungen, die für die Informationsübertragung im Gehirn zuständig sind. In weiterer Folge gehen auch die Nervenzellen selbst zugrunde. Folgende komplexe Mechanismen werden verantwortlich gemacht:
- Der Meynert Basalkern (Nucleus basalis) ist eine Ansammlung von Nervenzellen im Gehirn, die eine wichtige Rolle für die Speicherung von Gedächtnisinhalten und Informationen spielen. Er produziert einen wichtigen Botenstoff (Neurotransmitter), das Acetylcholin, das für die Übertragung von Informationen zwischen den Nervenzellen verantwortlich ist. Bei der Alzheimer-Krankheit kommt es zur Schädigung des Meynert Basalkerns und damit zu einem Mangel an Acetylcholin. Ereignisse aus der nahen Vergangenheit können somit nicht mehr gespeichert werden. Die Therapie der Alzheimer-Demenz besteht unter anderem darin, den Abbau des Acetylcholins zu hemmen. Die entsprechenden Medikamente werden Acetylcholinesterasehemmer genannt.
- In Gehirnen von Alzheimer-Patienten konnten sogenannte Amyloid-Ablagerungen mikroskopisch festgestellt werden. Amyloide sind fehlgefaltete Proteine, die sich zwischen den Nervenzellen als sogenannte Plaques ablagern. Diese Plaques führen zum Untergang von Gehirnzellen und Verbindungen zwischen den Gehirnzellen. Die geistige Leistungsfähigkeit nimmt dadurch ab.8
- Außerdem konnte eine Anhäufung von Tau-Protein in den Gehirnzellen festgestellt werden. Das Tau-Protein ist ein normaler Bestandteil von Zellen. Bei Zell-Zerfall wird Tau übermäßig mit Phosphatgruppen beladen und verliert seine Struktur und Funktion. Das Tau-Protein verklumpt und setzt sich als die – von Alois Alzheimer im Jahr 1906 benannten – Alzheimer-Fibrillen in der Zelle ab. Die Zellen verlieren dadurch ihre Struktur und gehen zugrunde. Die Abbauprodukte der Fibrillen und Plaques können im Hirnwasser bzw. Liquor bestimmt werden. Es wird ebenfalls daran geforscht, die Abbauprodukte im Blut nachweisen zu können, um somit frühzeitig und einfacher eine Demenz erkennen zu können.9
Ist Demenz vererbbar? – die familiäre Alzheimer-Krankheit10
Nur etwa 1 Prozent der Alzheimer-Demenzen sind erblich bedingt. Bisher sind drei Gene bekannt, die für die erbliche Form der Alzheimer-Demenz verantwortlich sind: Amyloid-Precursor-Protein auf Chromosom 21, Presenilin-1-Gen auf Chromosom 14 und Presenilin-2-Gen auf Chromosom 1.
Weist eines dieser Gene eine Mutation auf, also eine Veränderung des Erbguts, tritt die Alzheimer-Demenz in jedem Fall auf. Man spricht dann von der familiären Alzheimer-Krankheit.
Die Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt. Das bedeutet, wenn ein Elternteil betroffen ist, erkranken die Kinder zu 50 Prozent ebenfalls.
Im Unterschied zur altersbedingten Alzheimer-Erkrankung, tritt die vererbbare Alzheimer-Erkrankung bereits sehr früh, zwischen dem 30. und 65. Lebensjahr auf.
Frontotemporale Demenz (FTD)
Im Gegensatz zur Alzheimer-Demenz steht nicht die Gedächtnisstörung, sondern die fortschreitende Störung des Verhaltens im Vordergrund. Dazu gehören nicht angepasstes Sozialverhalten, Verlust von Manieren und Anstand und unbedachte Handlungen. Ein weiteres Merkmal ist der häufig frühe Krankheitsbeginn in der Altersgruppe der 45- bis 65-Jährigen.
Die Frontotemporale Demenz (früher auch “Morbus Pick” genannt) ist mit circa 20 Fällen pro 100.000 Einwohner eine relativ seltene Form der Demenz. Ungefähr 3-9 Prozent der Demenzkranken leiden an FTD.
Sie entsteht durch zunehmenden Untergang von Hirngewebe im Stirnlappen und Schläfenlappen des Gehirns. Da sie überwiegend zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auftritt, gehört sie zu den präsenilen Demenzen.
Die genaue Ursache ist bisher ungeklärt. Es konnten jedoch 5 Genmutationen erkannt werden, die die Erkrankung auslösen könnten.
Die ersten Symptome betreffen vorwiegend Emotionen und das soziale Verhalten, da diese im Stirn- und Schläfenlappen des Gehirns gesteuert werden. Gedächtnisstörungen und Orientierungsprobleme treten im Gegensatz zur Alzheimer-Demenz erst im späteren Verlauf auf.
Die FTD kann abhängig von den Krankheitszeichen unterteilt werden:
- Frontotemporale Demenz vom Verhaltenstyp: Kennzeichnend ist insbesondere der Verlust der Manieren, Enthemmtheit, Aggressivität, Euphorie und erst im späteren Verlauf der Verlust der Gedächtnisfunktion. Die Diagnose ist nicht leicht zu stellen, da Persönlichkeitsveränderungen häufig mit anderen psychischen Erkrankungen verwechselt werden. Das aggressive, enthemmte Verhalten stellt für die Angehörigen eine extreme Belastung dar und erschwert das Zusammenleben enorm.11
- Primär progressive Aphasie: Es kommt primär zu einer Sprachstörung aufgrund einer Schädigung der Sprachzentren im Gehirn. Dazu gehören Wortbildungs- und Wortfindungsstörung, das Neu-Erfinden von Wörtern, grammatikalische Fehler und auch Sprachverständnisstörungen. Persönlichkeit und Gedächtnis verändern sich erst im späteren Stadium.
Lewy-Body-Demenz
Die Lewy-Body-Demenz tritt bei rund 5 Prozent der Demenzerkrankungen auf.
Die Erkrankung tritt typischerweise bei Menschen auf, die älter als 60 Jahre sind. Sie ist eine neurodegenerative Demenzform, die besonders im Anfangsstadium durch die kognitive Verschlechterung der Alzheimer-Demenz sehr ähnlich ist.
Neben der fortschreitenden Gedächtnisstörung kommt es zu schwankenden kognitiven Fähigkeiten und schwankender Wachheit. Wache und aufmerksame Perioden wechseln sich mit Perioden von Verwirrtheit und Schläfrigkeit im Stunden- / Tages- oder Wochenrhythmus ab.
Zudem können psychotische Symptome mit visuellen Halluzinationen und ausgeprägte Schlafstörungen mit lebhaften Träumen vorkommen.12
Etwa ein Jahr nach Beginn der Demenz treten auch Bewegungsstörungen ähnlich dem Morbus Parkinson auf. Die Symptome sind Zittern, verlangsamte Bewegungen, ein auffälliges Gangbild, in dem der Betroffene sich auffällig nach vorne oder zur Seite beugt, Muskelsteifigkeit und dadurch eine erhöhte Sturzgefahr.
Es sind bislang keine Risikofaktoren bekannt, die eine Lewy-Body-Demenz begünstigen. In einigen Fällen wurde die Erkrankung durch die Genmutation ausgelöst, welche auch zum Morbus Parkinson führt.13
Die definitive Diagnose kann erst nach Versterben der Betroffenen gestellt werden, wenn die sogenannten namensgebenden Lewy-Körperchen im Hirngewebe unter dem Mikroskop nachgewiesen werden. Lewy-Körperchen wurden 1912 von Friedrich H. Lewy bei Parkinson-Patienten in Nervenzellen des Hirnstamms entdeckt. Auch bei Demenzkranken können Lewy-Körperchen in den Zellen der Großhirnrinde nachgewiesen werden.
Lewy-Körper sind Proteine, die in die Zellen des Gehirns eingeschlossen sind, diese schädigen und somit die Kommunikation zwischen den Zellen stören.
Demenz bei Morbus Parkinson
Rund ein Drittel der Menschen, die an Morbus Parkinson leiden, entwickeln im Verlauf der Erkrankung eine Demenz.14
Während bei der Alzheimer-Demenz hauptsächlich das Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis gestört wird, sind bei der Parkinson-Demenz vorwiegend die Aufmerksamkeit und die Verlangsamung von Denkprozessen betroffen.
Gut erhalten bleibt oft die Lernfähigkeit. Das Erlernte ist aber nur verzögert abrufbar.
Demenz bei Morbus Parkinson entsteht erst spät im Krankheitsverlauf, nach ca. 10-15 Jahren. Zu den körperlichen Symptomen wie Zittern, Muskelschwäche und verlangsamten Bewegungen kommen dann auch kognitive Störungen hinzu.
Hinweise sind Störungen der Aufmerksamkeit, des visuell-räumlichen Wahrnehmens, Depressionen und Antriebsstörungen. Diese Beeinträchtigungen verschlechtern die Lebensqualität und auch die Überlebenschancen der Parkinson-Patienten erheblich.
Frühzeitiges Erkennen, Gehirnjogging, soziale Kontakte sowie ausreichende Trinkmengen und eine gesunde Ernährung können die Erkrankung zwar nicht aufhalten, jedoch zu einer Verbesserung der Symptome und der Lebensqualität beitragen.
Vaskuläre Demenz
Mit 10-20 Prozent ist die vaskuläre Demenz die zweithäufigste Demenzform nach der Alzheimer-Demenz.
Die vaskuläre Demenz wird durch eine Schädigung des Gehirns aufgrund von Durchblutungsstörungen verursacht. Sie tritt als Folge von einem oder mehreren, meist auch kleineren Schlaganfällen auf.
Die vaskuläre Demenz äußert sich vor allem durch Verlangsamung im Denken, durch Probleme mit der Aufmerksamkeit und Konzentrationsschwierigkeiten.
Auch Stimmungsschwankungen, Depression, körperliche Beschwerden wie Schwindel und Sprachstörungen können auftreten. Die Symptome können sich phasenweise auch wieder bessern.
Risikofaktoren für einen Schlaganfall und für die vaskuläre Demenz sind: Hohes Alter, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, ein hoher Cholesterinspiegel, Erkrankungen des Herzens wie z.B. Vorhofflimmern, Übergewicht, Bewegungsmangel und Rauchen.
Je nach Ort und Ausmaß der Durchblutungsstörung und der damit einhergehenden Schädigung des Gehirns werden mehrere Formen und Ausprägungen unterschieden:
- Häufigste Form der vaskulären Demenz ist die subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE), auch nach ihrem Erstbeschreiber als Morbus Binswanger benannt. Sie wird durch mehrere kleine Infarkte im Hirngewebe unterhalb der Großhirnrinde verursacht. Die Symptome entstehen meist schleichend. Der Hauptrisikofaktor für die Entstehung dieser Gefäßschäden ist langjähriger Bluthochdruck.
- Eine weitere Unterform ist die Multiinfarktdemenz, die auf dem Boden mehrerer größerer Infarkte entsteht. Die Symptome treten eher plötzlich auf und schreiten stufenweise fort, eventuell durch weitere Infarkte.
Durch bildgebende Verfahren des Gehirns, wie die Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT), lassen sich die unterschiedlichen Formen der Vaskulären Demenz und die Infarktareale mit hoher Wahrscheinlichkeit diagnostisch einordnen.
Bei der Therapie der vaskulären Demenz stehen die Behandlung der ursächlichen Gefäßerkrankungen und die Prävention der oben genannten Risikofaktoren im Vordergrund. Zum Beispiel werden Medikamente gegen Blutdruckhochdruck, Diabetes mellitus und zur Senkung des Cholesterinspiegels eingesetzt. Blutverdünner verhindern die Entstehung von Blutgerinnseln und weiteren Infarkten.
Wie auch in der Prävention des Schlaganfalls oder Herzinfarkts, sind eine gesunde, ausgewogene Ernährung, der Verzicht auf Alkohol und Nikotin, viel Bewegung und Reduktion von Stress wichtige Maßnahmen, um der vaskulären Demenz vorzubeugen!
Sekundäre Demenzsyndrome
Sekundäre Demenzsyndrome sind Folge einer Erkrankung außerhalb des Gehirns. Ursachen können Medikamentenvergiftungen, Alkoholabhängigkeit, Hormonstörungen, Vitaminmangel, entzündliche Erkrankungen oder Infektionen wie Borreliose oder HIV sein, die das Gehirn schädigen. Die sekundären Demenzsyndrome sind zum Teil heilbar.
Was kann man selbst zur Verhinderung einer Demenz tun?
Es gibt viele Risikofaktoren, welche in der Summe das Risiko für die Entstehung einer Demenz erhöhen.
Natürlich ist jede Veränderung, wie zum Beispiel der Rauchstopp, sinnvoll und auch effektiv. Dennoch ist es wichtig, die gesamte körperliche und auch psychische Situation kritisch zu betrachten. Es ist nie zu spät, etwas zu verändern.
Die Lancet-Kommission empfiehlt als wichtigste Maßnahme, den systolischen Blutdruckwert unter 130 mmHg zu halten. Gerade ab einem Lebensalter von über 40 Jahren sollte hierfür eine medikamentöse Therapie erwogen werden.
Es sollte zum Beispiel auch auf Hörstörungen geachtet werden.
Es wird empfohlen, sich möglichst oft in einer Umgebung in Gebieten aufzuhalten, in welcher die Luftverschmutzung gering ist. Also ist es sinnvoll, mehr Zeit in der Natur zu verbringen.
Besonders gesundheitsschädlich sind das Rauchen und auch das Passivrauchen. Auch hinsichtlich der Entwicklung einer Demenz.
Übermäßiger Alkoholkonsum erhöht das Risiko, an Demenz zu erkranken. Hier geht es nicht darum, am Wochenende ein Glas Wein oder ein Bier mit Freunden zu verbieten. Wichtig ist, sich selbst einzugestehen, wie oft und wie viel Alkohol konsumiert wird.
Diagnose: Wie wird eine Demenz festgestellt?
Demenz selbst erkennen
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. nennt 11 Warnsignale, die dabei helfen können, eine mögliche Demenz zu erkennen15:
- Falsche Wortwahl im Gespräch
- Unfähigkeit, einem Gespräch zu folgen
- Häufiges Verlegen und Suchen von Gegenständen (z.B. Autoschlüssel)
- Nachlassen des Urteilsvermögens
- Erschwerte Entscheidungsfindung
- Gestörte Orientierung
- Gestörte räumliche Wahrnehmung
- Depressive oder gereizte Verstimmung
- Abnahme der Merkfähigkeit
- Rückzug aus der Arbeitswelt und dem Familien- oder Freundeskreis
- Erschwerte Bewältigung des Alltags
Dies sind Warnsignale, die auf eine Demenz hindeuten. Allerdings müssen nicht alle Anzeichen auftreten. Und auch andere Krankheiten können diese Symptome verursachen.
Demenz entwickelt sich schleichend. Bei den ersten Anzeichen sollte zeitnah ein Hausarzt, Neurologe oder Psychiater aufgesucht werden. Je früher mit der Therapie begonnen wird, desto länger kann die kognitive Leistungsfähigkeit erhalten bleiben.
Auch wenn keine primäre Demenz wie die Alzheimer-Erkrankung hinter den Symptomen steckt, können mit einem Arztbesuch andere mögliche Erkrankungen untersucht und ausgeschlossen werden. Wenn Sie also Anzeichen einer Demenz bei sich oder einem Angehörigen bemerken und sich Sorgen machen, zögern Sie nicht, zu Ihrem Hausarzt zu gehen.
Das Erstgespräch
Die erste Ansprechperson ist meist der Hausarzt bzw. die Hausärztin. Im ersten Arztgespräch werden zunächst die Krankengeschichte des Patienten und die Symptome, die auf eine Demenz hinweisen, besprochen.
- Welche Symptome sind aufgetreten?
- Wie lange bestehen die Symptome schon?
- Wie stark ist die Beeinträchtigung ausgeprägt und wie war der bisherige Verlauf?
Für die Diagnosestellung müssen andere, behandelbare Erkrankungen, die mit kognitiven Defiziten einhergehen, ausgeschlossen werden. Hierfür werden körperliche Symptome, aber auch psychische und soziale Faktoren erfragt, die einen möglichen Einfluss haben. Es wird nach der Einnahme von Drogen, Alkohol, Medikamenten (Schlafmittel, starke Schmerzmittel) sowie nach Vorerkrankungen, Operationen, nach dem sozialen Umfeld, der Wohn- und Lebenssituation der Patienten gefragt.
Im ersten Gespräch ist es auch hilfreich, wenn Angehörige oder enge Freunde befragt werden. Oft schämen sich die Betroffenen und vertuschen die ersten Anzeichen der Demenz oder beschönigen die Situation.
Für eine gute Therapieplanung ist eine frühzeitige Diagnose sehr wichtig. Begleiten Sie nach Möglichkeit Ihren Angehörigen zum Arztgespräch und schildern Sie Ihren Eindruck und Ihre Beobachtungen.
Zum Ausschluss anderer Erkrankungen wird zudem eine körperliche Untersuchung und eine Blutuntersuchung durchgeführt. Es werden Schädel-Hirn-Verletzungen und Funktionsstörungen anderer Organe wie z.B. der Schilddrüse ausgeschlossen, Leber- und Nierenwerte, die Folsäure und der Vitamin-Status bestimmt und ein EKG des Herzens erstellt. Anhand der Blutuntersuchung lässt sich allerdings nicht erkennen, ob es sich um eine Alzheimer-Demenz oder eine andere Demenzform handelt.
Die Hausärztin bzw. der Hausarzt veranlassen anschließend die Überweisung zu Neurologen und Psychiatern oder zu Memory-Kliniken bzw. Gedächtnisambulanzen.
Die Diagnose Demenz ist für die Betroffenen, für die Angehörigen und Freunde nicht selten ein Schock und stellt sie vor große Herausforderungen. Viele Fragen drängen sich auf.
Wichtig ist, neben der intensiven Auseinandersetzung mit der Erkrankung, weiterhin gemeinsam am Leben teilzunehmen und den Alltag gut zu planen. Hierfür gibt es professionelle Unterstützung und Beratung. Zum Beispiel den “Online-Ratgeber Demenz” des Bundesministeriums für Gesundheit.
Memory-Kliniken bzw. Gedächtnisambulanzen
Dies sind spezielle Ambulanzen, die der Früherkennung und Abklärung von Demenz-Erkrankungen dienen. Ein interdisziplinäres Team aus Neurologen, Psychiatern, Fachpflegekräften, Psychologen und Sozialarbeitern steht bei der Untersuchung von Gedächtnisstörungen sowie bei der Beratung, Therapieplanung und Begleitung von Betroffenen zur Verfügung.16
Weitere Untersuchungen
Zur Erkennung einer Demenz stehen spezifische neuropsychologische Tests zur Verfügung.
Der am häufigsten angewandte Test ist der Mini-Mental-Status-Test (MMST). Es werden auch der Uhrentest, der Montreal Cognitive Assessment Test (MoCA) und der Demenz-Detektion-Test (DemTecT) u.a. verwendet. Bei diesen Tests werden das Orientierungsvermögen, der Schweregrad der Gedächtnisstörungen, das Sprachvermögen sowie das räumliche Denken überprüft.
Liquorpunktion – Untersuchung des Nervenwassers
Durch eine Nadel-Punktion im Bereich der Lendenwirbelsäule (Lumbalpunktion) lässt sich Nervenwasser entnehmen und untersuchen. Das Nervenwasser (Liquor) ist eine Flüssigkeit, die das Gehirn und das Rückenmark umgibt. Die Untersuchung dient dem Ausschluss entzündlicher Erkrankungen des Gehirns sowie zur Diagnosestellung einer primären, degenerativen Demenz. Das Vorliegen der typischen Eiweiße Amyloid und Tau-Protein, machen eine primäre Demenz sehr wahrscheinlich.
Bildgebende Verfahren
Durch eine Magnetresonanztomographie (MRT) lassen sich Gehirnstrukturen und Nervengewebe besonders gut beurteilen. Auch eine Computertomographie (CT) kann zum Ausschluss von Hirntumoren und Hirnblutungen sowie zur Unterscheidung von degenerativen und vaskulären Demenzen herangezogen werden.
Behandlung: Wie wird eine Demenz behandelt?
Nicht – medikamentöse Therapie
Nicht-medikamentöse Behandlungen haben eine große Bedeutung, um das Leben von Demenz-Erkrankten und ihrer Angehörigen zu erleichtern.
Im Gespräch mit den Patienten und Angehörigen wird zunächst geklärt, welche Kapazitäten, persönliche Wünsche und Bedürfnisse vorhanden sind. Dies ist die Grundlage, um eine individualisierte Therapie zu planen.
An erster Stelle der Therapieziele stehen die Verbesserung der Lebensqualität und eine möglichst gewohnte Alltagsbewältigung. Die Angehörigen sollten so weit wie möglich entlastet werden, um ihre körperliche und seelische Gesundheit zu schützen. Das Wohlbefinden der Patienten soll gefördert und das Auftreten von Depressionen und Verhaltensstörungen verhindert oder verzögert werden.
Um diese Ziele zu erreichen, ist oft ein großes interdisziplinäres Netzwerk aus Ärzten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Psychologen und Pflegenden und nicht zuletzt von Angehörigen oder anderen Betreuungspersonen aufzubauen.
Welche Therapie gewählt wird, hängt von der persönlichen Situation der Betroffenen und vom Krankheitsstadium ab.
Die individuell ausgewählten Behandlungen und Aktivitäten sollen dem Betroffenen Spaß machen!
Eine Methode ist die autobiografische Arbeit. Mithilfe von Fotos und Erzählungen können Betroffene schöne Erinnerungen aus ihrem Leben aktivieren und damit das Langzeitgedächtnis stimulieren.
Auch regelmäßige Bewegung hat einen erstaunlich positiven Effekt auf die Gehirnleistung und auf das seelische Wohlbefinden. So wird empfohlen, wenn möglich, täglich etwa 10.000 Schritte zügig zu gehen. In Bewegungsgruppen werden Schwimmen, Wanderungen oder Tanzen angeboten.
Gerade Tanzen wirkt sich durch die Musik, durch den Kontakt zu einem Partner und auch zur Stabilisierung des Gleichgewichts, welches nicht selten im Alter beeinträchtigt ist, sehr günstig aus. Die Bewegung kann sich insbesondere bei Einsamkeit, sozialer Isolation, auch bei Schlafproblemen und Verhaltensstörungen positiv auswirken.
Besonders wichtig ist die Betreuung durch Angehörige oder Pflegekräfte. Eine ausführliche Aufklärung über die Demenz hilft, das Verhalten der Betroffenen und die Entstehung der psychischen Symptome zu verstehen. Angehörigen und Pflegenden sollen hilfreiche Tipps im Umgang mit Demenz und Strategien zur Entspannung und im Umgang mit Belastungen vermittelt werden.
In frühen Stadien sollen Alltagskompetenzen gestärkt und die kognitive Leistung stabilisiert werden.
Mithilfe von Ergotherapie können spielerische Fähigkeiten trainiert werden, um Aktivitäten wie Ankleiden, Kochen, den Tag strukturieren oder Körperpflege möglichst lange selbstständig durchführen zu können.17
Durch Gehirnjogging und kognitives Training soll die Merkfähigkeit und Konzentration gefördert werden. Das kann durch Wortspiele, Puzzles, Rechenaufgaben in Gruppen oder mit den Angehörigen erfolgen.18
Im Laufe der Erkrankung lässt das Gedächtnis immer mehr nach. Dann können Menschen mit Demenz mit multisensorischen Verfahren angesprochen werden. Die Personen liegen oder sitzen in einem gemütlichen Raum und können sich durch Düfte, durch Licht- und Musikeffekte oder Berührungen (Snoezelen) entspannen. Diese Methode wirkt sich insbesondere bei Verhaltensstörungen positiv aus.
Weitere nicht – medikamentöse Interventionen sind Musik- und Kunsttherapie, Tier-Therapie, Logopädie und Psychotherapie.19
Wertschätzung und Verständnis
Im Umgang mit Dementen kommt es oft zu Überforderung, Frustration und Unverständnis.
Die Kommunikation ist nicht selten extrem erschwert und das Verhalten der Betroffenen kann sehr anstrengend und nervenaufreibend sein.
Für Demenzkranke existiert eine vollkommen andere Realität, die wir als Pflegende als solche annehmen müssen. Das fällt nicht immer leicht. Durch Wertschätzung und Verständnis können wir dazu beitragen, dass sich die Betroffenen ernst genommen und wohler fühlen. Wenn wir mit Dementen kommunizieren, tauchen wir in Ihre Welt ein, korrigieren sie nicht oder reden ihnen nicht ihre oft unverständlichen Vorstellungen aus.
Medikamentöse Therapie
Medikamente spielen bei der Behandlung von Demenz-Erkrankungen eine wichtige Rolle.
Sie dienen der Stabilisierung und Besserung geistiger Fähigkeiten, des Orientierungsvermögens und damit der Alltagsbewältigung der Betroffenen. Sie sollen den kognitiven Abbau hinauszögern und damit das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Heilen können diese Medikamente die Demenz jedoch bislang nicht.
Die verschiedenen Demenzformen werden unterschiedlich behandelt. Im Folgenden werden die einzelnen Therapiemöglichkeiten besprochen.
Spezifische Therapie der Alzheimer – Demenz
Antidementiva sind Medikamente, die bei der Alzheimer-Demenz eingesetzt werden. Sie sollten den kognitiven Abbau so lange wie möglich verzögern. Den Untergang der Nervenzellen können sie jedoch nicht verhindern.
In leichten bis mittleren Stadien werden Acetylcholinesterase-Hemmer eingesetzt. Bei der Alzheimer-Demenz konnten erniedrigte Spiegel des Botenstoffs Acetylcholin festgestellt werden, der im Gehirn der Signalübertragung zwischen den Nervenzellen dient. Die Acetylcholinesterase ist ein Enzym, welches Acetylcholin an den Synapsen im Gehirn abbaut. Die Medikamente hemmen also dieses Enzym und bewirken eine Erhöhung des Acetylcholinspiegels und damit eine Verbesserung des Informationsaustauschs im Gehirn.
Zu den Wirkstoffen zählen Donepezil, Rivastigmin und Galantamin. Sie werden in Form von Tabletten, Flüssigkeit oder als Pflaster verabreicht.
Zu beachten ist eine wirksame Dosierung. Abruptes Absetzen dieser Medikamente führt zu einer dramatischen Verschlechterung der dementiellen Symptomatik.
In mittelschweren bis schweren Stadien wird der Glutamat-Antagonist Memantin auch zusätzlich eingesetzt. Bei Demenzen wurden erhöhte Glutamatspiegel festgestellt. Zu viel Glutamat kann die Nervenzellen schädigen. Memantin soll die Nervenzellen vor dem schädlichen Einfluss des Glutamats schützen und dadurch die Denkfähigkeit und kognitive Leistung länger aufrechterhalten. Die Betroffenen gewinnen an Lebensqualität trotz der fortschreitenden Erkrankung.
Ginkgo-Biloba, ein Extrakt aus den Blättern des Ginkgo-Baums, wird ebenfalls bei Demenz eingesetzt. Es gibt Hinweise, dass sich Gingko positiv auf die Kognition und das Erinnerungsvermögen der Patienten auswirkt. Als alleinige Therapie der Alzheimer-Demenz wird Ginkgo-Biloba allerdings nicht empfohlen.
Welche Medikamente eingesetzt werden, entscheiden schließlich die Ärzte gemeinsam mit den Betroffenen und Angehörigen. Auch diese Medikamente können mit Nebenwirkungen wie Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall und Herzrhythmusstörungen einhergehen und mit anderen Medikamenten interagieren, weshalb eine sorgfältige Abwägung zwischen Vor- und Nachteilen sehr wichtig ist.
Therapie der Frontotemporalen Demenz
Für die frontotemporale Demenz ist keine spezifische Therapie mit Antidementiva zugelassen. Daher werden die nichtmedikamentösen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Begleitsymptome einer Demenz, wie eine depressive Verstimmung, Verhaltensstörungen, Sinnestäuschungen (Halluzinationen) oder Schlafstörungen können medikamentös spezifisch behandelt werden.
Therapie der Lewy-Body-Demenz
Gegen die motorischen Symptome wie verlangsamte Bewegungen und Muskelstarre kann eine niedrig dosierte dopaminerge Therapie mit L-DOPA, wie in der Parkinson-Therapie, erfolgen. Es gilt jedoch besondere Vorsicht, da L-DOPA zur Entstehung von psychotischen Symptomen wie Halluzinationen beitragen kann.
Bei psychotischen Symptomen wie Halluzinationen oder paranoiden Ideen, auch bei Unruhezuständen und Schlafstörungen können die Substanzen Clozapin oder alternativ Quetiapin verabreicht werden. Dies immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt.
Gegen die eigentliche Demenz stehen keine spezifischen Medikamente zur Verfügung. Jedoch werden in einzelnen Fällen Antidementiva als sogenannte Off-Label-Use-Therapie eingesetzt, also versuchsweise ohne gesetzliche Zulassung des Medikaments für diese Erkrankung.20
Therapie der vaskulären Demenz
Auch hier wird der Einsatz von Antidementiva nicht empfohlen.
Das Ziel in der Therapie der vaskulären Demenz liegt in der Behandlung der Risikofaktoren und Ursachen, die zu einer Gefäßerkrankung des Gehirns oder zu einem Schlaganfall geführt haben.
Im Vordergrund stehen daher die medikamentöse Therapie des Bluthochdrucks, Blutgerinnungshemmer und Medikamente gegen erhöhten Cholesterin- oder Blutzuckerspiegel.
Medikamente bei psychischen und verhaltensbezogenen Symptomen
Menschen, die an Demenz erkrankt sind, leiden häufig im Verlauf ihrer Erkrankung zusätzlich unter psychischen Beeinträchtigungen und Verhaltensstörungen.
Hierzu gehören Depressionen, Unruhe, Aggressivität, Wahn und auch Schlafstörungen. Diese können durch Schmerzen, eine ungünstige, laute oder überfordernde Umgebung oder durch das Bewusstwerden der eigenen Erkrankung ausgelöst werden.
Bei der Alzheimer-Demenz werden, wie oben besprochen, Medikamente aus der Klasse der Acetylcholinrezeptoren-Hemmer empfohlen.
Bei depressiven Episoden können Antidepressiva (SSRIs, Mirtazapin) zu einer besseren Stimmung beitragen.
Unruhe und Aggressionen sowie Wahn und Halluzinationen werden mit Antipsychotika (Risperidon, Haloperidol) behandelt.
Gegen Schlafstörungen können Beruhigungs- oder Schlafmittel eingesetzt werden. Allerdings sollten Benzodiazepine wie Diazepam oder Lorazepam sehr zurückhaltend verordnet werden, da sie müde machen (sedieren) und muskelentspannend wirken und damit das Sturzrisiko und auch das Risiko für Abhängigkeit steigt.
Neues aus der Arzneimittelforschung
Antikörper gegen Demenz
Im Juni 2021 wurde in den USA zur Therapie der Alzheimer-Demenz der neue Wirkstoff Aducanumab zugelassen. Aducanumab ist ein Antikörper, der sich gegen das Beta-Amyloid richtet, welches die Ablagerungen im Gehirn von Alzheimer-Patienten bildet und für die Zerstörung der Nervenzellen verantwortlich ist. Die Europäische Arzneimittelbehörde hat Ende des Jahres 2021 den Antrag auf Zulassung aufgrund der noch fraglichen Wirksamkeit, der Nebenwirkungen und Risiken dieses sehr teuren Medikaments in der Europäischen Union abgelehnt.21
Transkranielle Pulsstimulation (TPS)
Die Transkranielle Pulsstimulation ist eine Methode, mit der Ultraschallimpulse durch die Schädeldecke in verschiedene Hirnregionen geschickt werden. Die Gehirnzellen sollen dadurch wieder angeregt werden. Allerdings konnte die Wirksamkeit dieser Methode noch nicht mit ausreichender Sicherheit belegt werden, weshalb die Kosten für die Behandlung in der Regel von den Betroffenen selbst übernommen werden müssen.22
Leben mit Demenz
Die Diagnose Demenz ist für die Betroffenen ein tiefer Einschnitt in das gewohnte Leben.
Sie stehen vor der großen Herausforderung, sich mit ihrer Krankheit zu befassen und einen Weg zu finden, mit den Veränderungen umzugehen. Viele Betroffene sind sich bewusst darüber, dass sich ihr Erinnerungs- und Denkvermögen fortschreitend verschlechtern wird.
Manche Betroffene versuchen, ihre Erkrankung zu verstehen und zu akzeptieren. Andere lehnen die Diagnose ab und verdrängen sie. Angst vor der Zukunft, Trauer, Wut und das Gefühl von Einsamkeit erschweren den Betroffenen zusätzlich den Umgang mit der Diagnose.
Viele Betroffene wünschen sich mehr Akzeptanz und einen wertschätzenden Umgang durch die Gesellschaft. Angehörige und Pflegende können sie dabei unterstützen, mit der Erkrankung umzugehen und einen möglichst selbstständigen Alltag zu führen. Einige Betroffene stehen eventuell zum Zeitpunkt der Diagnose noch mitten im Berufsleben und könnten durch die entsprechende Unterstützung der Gesellschaft zunächst noch ihrer Tätigkeit nachgehen.
Auch nach der Diagnose Demenz kann das Leben schöne Momente bescheren. Einige Betroffene betrachten das Leben aus einem anderen Blickwinkel und überlegen, wie sie sich nach der Diagnose neuen und freudvollen Tätigkeiten widmen können. Diese Menschen machen Mut und können anderen Betroffenen einen Weg zeigen, mit ihrer Erkrankung zu leben und trotzdem ein erfülltes Leben zu führen.
Wie gehe ich als Angehöriger mit der Erkrankung um?
Die Demenzerkrankung trifft die ganze Familie und das soziale Umfeld der Betroffenen. Besonders die engsten Angehörigen und Betreuer sind von Anfang an einer hohen Belastung ausgesetzt. Nach der Diagnose Demenz stehen Angehörige vor vielen, teilweise sehr schwierigen Fragen:
- Wie gehe ich selbst mit der Erkrankung und dem Verlust des Erinnerungsvermögens um?
- Wie gestalten wir in Zukunft den Alltag und unser gemeinsames Leben?
- Müssen wir eine neue Wohnung finden und wie organisiere ich geeignete Hilfsmittel?
- Kann ich selbst weiter zur Arbeit gehen und wer unterstützt mich?
Tipps zur Kommunikation mit einem Demenz-Betroffenen
Die Entscheidung, einen an Demenz erkrankten Menschen zu pflegen, muss immer freiwillig sein! Durch den Familien- und Bekanntenkreis und das soziale Umfeld darf kein Druck entstehen. Es ist nicht immer möglich, diese Bürde auf sich zu nehmen. Daher ist es wichtig, diese Entscheidung abzuwägen und mit engen Vertrauenspersonen die Ängste und Zweifel zu besprechen.
Ein offener Umgang – Gemeinsam stark sein!
Die Öffentlichkeit reagiert nicht selten auf bestimmte Verhaltensweisen von Demenz-Betroffenen mit Unverständnis, Überforderung oder Irritiertheit. Nicht für jeden ist das Thema Demenz gegenwärtig. Doch das lässt sich ändern.
Die Zahlen über die Entwicklung der Demenz am Anfang dieses Artikels zeigen uns deutlich: Demenz kann früher oder später uns alle betreffen. Deshalb ist ein offener, toleranter und verständnisvoller Umgang in unserer Gesellschaft mit der Erkrankung Demenz sehr erstrebenswert.
Die sogenannten “Verständnis Kärtchen” der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft sind eine einfache Methode, um das Umfeld auf die Probleme einer Demenz aufmerksam zu machen.24 Ohne lange, komplizierte Erklärungen können Betroffenen und Angehörigen damit mehr Geduld, Verständnis und Feinfühligkeit entgegengebracht werden.
Tipps für Angehörige
Im frühen Krankheitsstadium ist es besonders wichtig, noch vorhandene Fähigkeiten der Betroffenen zu nutzen.
Der Alltag kann durch einen gut strukturierten Zeitplan und Orientierungshilfen erleichtert werden. Die Umgebung sollte sicher sein, da die Erkrankung auch Wahrnehmung und Orientierung beeinflusst und Betroffene einer erhöhten Sturzgefahr ausgesetzt sind.
Die Betroffenen haben das Bedürfnis nach einer sicheren und geborgenen Umgebung. Sie möchten selbst aktiv und selbstständig agieren und sich in das Geschehen einbringen.
Nutzen Sie Kalender oder Notizzettel, feste Wochenpläne und Plätze, an denen Dinge aufgehoben werden, um Struktur in den Alltag zu bekommen.
Im fortgeschritteneren Stadium ist oft das Sprachvermögen und auch das Sprachverständnis eingeschränkt. Die Betroffenen werden zunehmend vergesslicher und können ihre Bedürfnisse nicht mehr äußern, Entscheidungen fällen oder ihre persönlichen Angelegenheiten regeln. Die Angehörigen sind sehr gefordert und übernehmen für die Betroffenen nahezu komplett die Verantwortung.
Die Entlastung von pflegenden Angehörigen wird zunehmend wichtiger, sowohl zum Schutz der Angehörigen als auch zum Wohle der Betroffenen und zur Verbesserung der Versorgungsqualität.
https://www.demenz-partner.de/demenz-kurs-suchen/kurse-finden
Vorsorge treffen
Mit fortschreitender Demenz sind die Betroffenen oft nicht mehr in der Lage, wichtige Entscheidungen zu treffen, Situationen einzuschätzen oder Geschäfte zu führen. Sie sind dann nicht mehr geschäftsfähig.
Das Grundgesetz legt fest, dass jeder Mensch das Recht dazu hat, nach seinen persönlichen Vorstellungen und Wünschen zu leben und eigene Entscheidungen nach freiem Willen zu treffen.
Alle wichtigen Angelegenheiten des Lebens können nur selbstständig und rechtswirksam geregelt werden, wenn die Person noch geschäftsfähig und einwilligungsfähig ist.24
Es ist daher wichtig, bereits im Vorfeld oder spätestens ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung eine Vorsorgevollmacht zu erstellen. In dieser wird eine Vertrauensperson bevollmächtigt, wichtige Fragestellungen zu klären und im Sinne des Betroffenen Entscheidungen zu treffen. Die Bevollmächtigten dürfen dann stellvertretend zum Beispiel fragen, ob und welches Pflegeheim infrage kommt. Sie können auch finanzielle Angelegenheiten für den Betroffenen erledigen.
Ist die Demenz schon fortgeschritten und liegt keine Vorsorgevollmacht vor, wird von einem Arzt eingeschätzt, ob der Patient noch geschäftsfähig ist, um die Vorsorgevollmacht auszustellen. Ist dies nicht der Fall, muss eine Betreuungsverfügung vom Amtsgericht erstellt werden.25
Die Betreuungsverfügung regelt die rechtliche Vertretung der Betroffenen. Hierzu wird vom Gericht ein Betreuer bestellt, der in Absprache mit den Angehörigen die persönlichen Angelegenheiten der Betroffenen in ihrem Sinne regelt. Meistens wird die Betreuung von einem Mitglied der Familie übernommen.
Die betreuende Person regelt ebenso Fragen zum Vermögen oder zur Wohnsituation der Betroffenen.
Für spezielle medizinische Fragen zu notwendigen Eingriffen, Therapieoptionen, künstliche Ernährung und lebensverlängernden Maßnahmen ist eine Patientenverfügung notwendig.
In dieser legt der Betroffene, solange er noch geschäfts- und einwilligungsfähig ist, fest, welche medizinischen Maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden dürfen.
All diese Maßnahmen dienen zum Schutz des Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen, zur Wahrung der Würde des Menschen und des mutmaßlichen Patientenwillens und zum Schutz von Angehörigen, Pflegenden und Ärztinnen und Ärzten. Sie sollten so früh wie möglich besprochen und festgelegt werden, um im weiteren Krankheitsverlauf den persönlichen Vorstellungen der Betroffenen gerecht zu werden.
Dieser Onlinekurs erklärt Ihnen in 12 kompakten Modulen alles, was Sie jetzt wissen müssen.
Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autoren
unter Mitarbeit von stud. med. Rosalie Hartmann
Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen ist niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am Neurozentrum Ravensburg. Als Chefarzt leitete er die Abteilung für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit gehört die Diagnostik und Behandlung von Schlaganfällen. [mehr]Sie erhalten von uns regelmäßig und kostenlos aktuelle Informationen rund um den Schlaganfall.
- Blutdrucksenkende Therapie schützt nicht nur vor Schlaganfall, sondern auch vor Demenz
- Können wir uns vor Schlaganfall, Herzinfarkt und Demenz schützen?
- Demenz-Risiko nach einem Schlaganfall
- Kardiovaskuläre Risikofaktoren und Demenz
Quellen
- Brain Health – Curbing Stroke, Heart Disease, and Dementia – Autoren: Vladimir Hachinski – Publikation: Neurology August 10, 2021; 97 (6) – DOI: 10.1212/WNL.0000000000012103
- Dementia prevention, intervention, and care: 2020 report of the Lancet Commission – Autoren: Prof Gill Livingston, Jonathan Huntley, Andrew Sommerlad, Prof David Ames, Prof Clive Ballard, Prof Sube Banerjee, et al. –Publikation: The Lances VOLUME 396, ISSUE 10248, P413-446, AUGUST 08, 2020 – DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30367-6
- Das empathische Gen. Humanität, das Gute und die Bestimmung des Menschen – Autor: Joachim Bauer – Herder, Freiburg i. Br.
- Association of Cardiovascular Risk Trajectory With Cognitive Decline and Incident Dementia – Autor: Bryn Farnsworth von Cederwald, Maria Josefsson, Anders Wahlin, Lars Nyberg, Nina Karalija – Publikation: Neurology. 2022 May 17;98(20):e2013-e2022 – DOI: 10.1212/WNL.0000000000200255
- Demenz-Test: Forscher arbeiten an Früherkennung – NDR – URL: https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Demenz-Test-Forscher-arbeiten-an-Frueherkennung,demenz812.html
- A MicroRNA Signature That Correlates with Cognition and Is a Target against Cognitive Decline – Autoren: Islam, Md Rezaul/Kaurani, Lalit/Berulava, Tea/Heilbronner, Urs/Budde, Monika/Centeno, Tonatiuh Pena/Elerdashvili, Vakthang/Zafieriou, Maria‐Patapia/Benito, Eva/Sertel, Sinem M/et al. – Publikation: EMBO Molecular Medicine, 13 (11).
- Nucleus basalis Meynert – Lexikon der Neurowissenschaft – Spektrum.de – URL: https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/nucleus-basalis-meynert/8948
- Morbus Alzheimer – Amboss – URL: https://www.amboss.com/de/wissen/Morbus_Alzheimer/
- Alois Alzheimer – Wikipedia – URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Alois_Alzheimer
- Genetische Grundlagen von Alzheimer – Ist Alzheimer erblich? – Alzheimer Forschung Initiative e.V. – URL: https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/wasistalzheimer/genetische-grundlagen/
- Frontotemporale Demenz – Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. – URL: https://www.deutsche-alzheimer.de/demenz-wissen/frontotemporale-demenz
- Demenz mit Lewy-Körperchen und Demenz bei M. Parkinson – Autor: Juebin Huang , MD, PhD, Department of Neurology, University of Mississippi Medical Center – Publikation: MSD Manual – URL: https://www.msdmanuals.com/de/profi/neurologische-krankheiten/delir-und-demenz/demenz-mit-lewy-k%C3%B6rperchen-und-demenz-bei-m-parkinson
- Die Lewy-Körperchen-Demenz – Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V – URL: https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/Alz/pdf/factsheets/infoblatt14_lewy-koerperchen-demenz_dalzg.pdf
- Parkinson-Demenz: Ursachen & Risiko – Autorin: Claudia Flöer – URL: https://www.pflege.de/krankheiten/parkinson/demenz/
- 11 Warnsignale für Demenz – Deutsche Alzheimer Gesellschaft – URL: https://shop.deutsche-alzheimer.de/sites/default/files/broschueren/pdf/11-warnsignale-a4.pdf
- Gedächtnisambulanzen in Deutschland – strukturell-organisatorische Voraussetzungen und Aufgabenfelder – Autoren: Lucrezia Hausner, Lutz Frölich, Christine A. F. von Arnim, Jens Bohlken, Richard Dodel, Markus Otto, Michael Rapp, Jörg Schulz, Tilmann Supprian, M. Axel Wollmer, Frank Jessen – Publikation: Der Nervenarzt volume 92, pages708–715 (2021) – DOI: 10.1007/s00115-020-01007-7
- Die nicht-medikamentöse Behandlung von Demenzerkrankungen – Deutsche Alzheimer Gesellschaft – URL: https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/Alz/pdf/factsheets/infoblatt6_nichtmedikamentoese_behandlung.pdf
- Demenz Behandlung – Stiftung Gesundheitswissen – URL: https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/demenz/behandlung
- Nicht-medikamentöse Behandlung – Stärkung von Wohlbefinden und Alltagskompetenz – Alzheimer Forschung Initiative e.V. – URL: https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/behandlung/nicht-medikamentoese-behandlung/
- Atypische Parkinson-Syndrome – Amboss – URL: https://www.amboss.com/de/wissen/Atypische_Parkinson-Syndrome
- Aducanumab: First Approval – Autoren: Dhillon, Sohita – Publikation: Drugs, 81 (12), 1437–1443.
- Hoffnung oder Hype? Die Transkranielle Pulsstimulation – Alzheimer Forschung Initiative e.V. – URL: https://awo.org/was-tun-nach-der-diagnose-demenz
- Alzheimer-Kärtchen – Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. – URL: https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/Alz/pdf/Flyer_und_Dokumente/angehoerigen-kaertchen_dalzg.pdf
- Demenz – Publikation: Amboss – URL: https://www.amboss.com/de/wissen/Demenz/
- Rechte und Pflichten – Publikation: Wegweiser Demenz – URL: https://www.wegweiser-demenz.de/wwd/rechtliches/rechte-und-pflichten