Dysphagie ▷ Ursachen, Symptome und Therapie
In diesem Artikel:
Definition
Unter Dysphagie versteht man Schluckstörungen, die durch eine Erkrankung unterschiedlicher Teile des Schluckapparates ausgelöst werden können. Hierbei kommt es zu einer Beeinträchtigung des Schluckmechanismus beim Essen, Trinken oder auch beim Schlucken von Speichel.
Der Begriff leitet sich aus dem Griechischen ab: die Vorsilbe dys steht für miss-/un-, phagein bedeutet essen.
Ursachen
Es gibt viele verschiedene Ursachen für eine Dysphagie. Zu den häufigsten gehören:
- Erkrankungen der Mundhöhle oder Speiseröhre: Entzündungen, gut- oder bösartige Wucherungen / Tumoren, Vernarbungen, schlechter Zahnstatus oder schlecht sitzender Zahnersatz, Schilddrüsenvergrößerungen, die von außen auf die Speiseröhre drücken
- Neurologische Erkrankungen (=neurogene Dysphagie)1: Schlaganfall, Schädel-Hirn-Verletzungen, Parkinson-Erkrankung, Multiple Sklerose (MS), Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), verschiedene Erkrankungen der Muskulatur (z.B. Myasthenia gravis, Lambert-Eaton-Syndrom), Erkrankungen der peripheren Nerven (z.B. bei Diabetes mellitus, Alkoholabhängigkeit), Entzündungen im Nervensystem (z.B. Guillain-Barré-Syndrom, Borreliose)
- Nebenwirkungen von Medikamenten: z.B. bei Medikamenten gegen Psychosen, gegen Reizblase, gegen Parkinson oder zur Muskelentspannung
- Schluckstörung im Rahmen des Alterungsprozesses: zunehmende Schwäche der Muskulatur und des Bindegewebes
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Symptome
Bei einer Dysphagie kann durch den gestörten Schluckvorgang Nahrung oder Flüssigkeit nicht mehr richtig zum Magen transportiert werden. Die Folge ist, dass es zum „Verschlucken“ kommen kann.
Bei gut erhaltenen Schutzreflexen wird dann vermehrt gehustet oder gewürgt, um die Nahrung wieder in die Mundhöhle zu befördern, bei gestörten Reflexen kann die Nahrung ungehindert in die Lunge gelangen. Teilweise kann es beim Versuch zu schlucken auch zu einem Austritt von Nahrung oder Flüssigkeit durch die Nase kommen.
Im Extremfall kann das Schlucken überhaupt nicht mehr möglich sein, Betroffene können dann nicht mal mehr ihren eigenen Speichel schlucken, sondern müssen ihn ständig ausspucken.
Eine Dysphagie ist typischerweise schmerzlos. Ist das Schlucken schmerzhaft, so nennt man dies formal Odynophagie.
Diagnostik
Die Art der Untersuchungen zur Abklärung einer Dysphagie hängt sehr von den Beschwerden sowie der zeitlichen Entwicklung der Beschwerden ab. Sinnvoll können hierbei sein:
- Spiegelung von Speiseröhre und Magen (Ösophago-/Gastroskopie): Beurteilung von Strukturveränderungen dieser Organe
- Druckmessung der Speiseröhre (Manometrie): Darstellung des Schluckaktes
- Röntgenbreischluck: Verfolgung des Speisebreis unter Röntgendurchleuchtung
- Neurologische Abklärung der Dysphagie: neurologische Untersuchung, Bildgebung des Kopfes, spezielle Blutuntersuchungen sowie Untersuchungen der Nervenleitgeschwindigkeiten und der Muskelaktivität
Folgen
Ein intakter Schluckakt ist lebenswichtig. Nur so kann Flüssigkeit und Nahrung in ausreichender Menge in den Körper gelangen. Eine Dysphagie kann damit zur Austrocknung und/oder Mangelernährung führen, hier sind insbesondere ältere Menschen sehr gefährdet.
Gerät durch einen gestörten Schluckakt Nahrungsbrei oder Flüssigkeit über die Luftröhre in die Lunge statt über die Speiseröhre in den Magen, so kann sich eine Lungenentzündung ausbilden (Aspirationspneumonie).
Diese kann so schwerwiegend verlaufen, dass Betroffene daran versterben. Begünstigt wird eine Lungenentzündung in diesen Fällen dadurch, dass oft nicht nur das Schlucken gestört ist, sondern auch der Hustenreflex, der ein „Verschlucken“ verhindern soll.
Therapie
Hierzu gehört einerseits die medizinische Therapie der Grunderkrankung. Zum anderen erfolgt eine Therapie – insbesondere bei neurologisch bedingten Schluckstörungen – durch verschiedene Ansätze der Sprech- und Schlucktherapie (Logopädie).
Ziel dieser Therapie ist es, ein möglichst sicheres Schlucken wieder herzustellen, um eine ausreichende Nahrungszufuhr zu ermöglichen und die Atemwege zu schützen. Dazu gehören u. a. Übungen zur Verbesserung der Sensibilisierung von Würg-, Schluck- und Hustenreflex, aber auch motorische Schulungen von Körperhaltung, Körperspannung und Kopfposition beim Schlucken.
Spezielle Kostformen können die Nahrungsaufnahme erleichtern und ein Verschlucken vermeiden. Generell gilt, dass bei einer Schluckstörung auf sehr trockene, körnige, faserige oder klebrige Produkte verzichtet werden sollte. Auch bei der Wahl der geeigneten Kostform helfen die Logopäden2.
Wichtig sind eine konsequente Mundhygiene und eine gute Mundgesundheit, in Studien konnte nachgewiesen werden, dass Patienten mit Dysphagie und schlechter Mundgesundheit ein erhöhtes Risiko für eine Lungenentzündung haben, dies gilt insbesondere für ältere Patienten und Patienten nach Schlaganfall3.
Insbesondere in der Akutphase einer neurologischen Erkrankung kann die Schluckstörung so ausgeprägt sein, dass eine Ernährung vorübergehend über eine Magensonde oder einen zentralen Venenkatheter erfolgen muss.
Wann sollten Sie einen Arzt aufsuchen?
Wenn Schluckstörungen häufig auftreten oder von einer Sekunde zur nächsten, wenn die Schluckstörung schmerzhaft ist oder Sie begleitend Fieber haben, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.
Schlagartig auftretende Schluckstörungen sind oft ein Notfall. Insbesondere, wenn Sie zusätzlich Lähmungserscheinungen im Gesicht, an Armen und/oder Beinen oder Sprachstörungen feststellen oder Schmerzen im Brustkorb haben, sollten Sie umgehend medizinische Hilfe erhalten und den Rettungsdienst (Rufnummer 112) verständigen.
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Autorin
Dr. med. Christina Rückert ist Fachärztin für Neurologie und Geriatrie und arbeitete mehr als 10 Jahre als Oberärztin an der Oberschwabenklinik in Ravensburg. Ihre berufliche Tätigkeit beinhaltete auch die stellvertretende ärztliche Leitung der Zentralen Notaufnahme. Seit Juli 2021 ist sie gemeinsam mit ihrem Mann – ebenfalls Facharzt für Neurologie – in eigener Praxis in Rothenburg ob der Tauber niedergelassen. Ein Schwerpunkt ihrer ambulanten Tätigkeit ist die Nachsorge von Patienten nach einem Schlaganfall. [mehr]
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Quellen
- Neurogene Dysphagie, S1-Leitlinie, 2020 – Autoren: Dziewas R., Pflug C. et al., – Publikation: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie – URL: https://dgn.org/leitlinie/155
- Klinische Ernährung in der Neurologie – Autoren: Wirth R., Dziewas R. et al. – Publikation: Aktuelle Ernährungsmedizin 2013; 38(04): e49-e89. DOI: 10.1055/s-0033-1343317
- The association between oral bacteria, the cough reflex and pneumonia in patients with acute stroke and suspected dysphagia – Autoren: Perry SE, Huckabee ML, Tompkins G, Milne T. – Publikation: Journal of oral rehabilitation 2020;47(3):386-394. – DOI: 10.1111/joor.12903