Erhöhter Hirndruck nach Schlaganfall ▷ Schlaganfall-Folgen

Nach einem Schlaganfall kann ein erhöhter Hirndruck durch Schwellung des Hirngewebes oder Blutansammlungen entstehen. (Foto: Shidlovski | Shutterstock)
In diesem Artikel:
- Das Wichtigste in Kürze
- Hirndruck: Was ist das?
- Wie kann ein Schlaganfall den Hirndruck erhöhen?
- Wer ist besonders gefährdet?
- Symptome: Wie äußert sich ein erhöhter Hirndruck?
- Diagnostik: Wie wird ein erhöhter Hirndruck festgestellt?
- Behandlung und Prognose bei erhöhtem Hirndruck
Das Wichtigste in Kürze:
Für alle, die gleich in die Tiefe gehen und mehr wissen möchten: Hier geht es zur ausführlichen Version des Artikels.Der Hirndruck ist der Druck, dem das Gehirn im Schädel ausgesetzt ist. Durch die harte Schädelhülle und Hirnhaut kann sich das Gehirn bei Schwellung nicht ausdehnen. Das lässt den Druck schnell steigen.
Nach einem Schlaganfall kann ein erhöhter Hirndruck durch Schwellung des Hirngewebes oder Blutansammlungen entstehen.
Die Schwellung kann den Abfluss von Liquor (umgangssprachlich für Hirnwasser) blockieren. Steigt der Hirndruck dadurch an, wird dies im medizinischen Sprachgebrauch als Hydrozephalus bezeichnet.
Symptome eines erhöhten Hirndrucks sind Bewusstseinsstörungen, Übelkeit, Kopfschmerzen und ungleiche Pupillen.
Ein erhöhter Hirndruck ist gefährlich. Durch das Einklemmen bestimmter Bereiche im Gehirn sind lebenswichtige Funktionen wie Atmung und Kreislauf betroffen.
Besonders gefährdet sind Menschen mit großen Schlaganfällen, Hirnblutungen oder Schlaganfällen im Kleinhirn.
Das durch den Schlaganfall betroffene Gewebe schwillt langsam, im Laufe von 2 bis 5 Tagen an.4 Nach einem großen Schlaganfall wird der Zustand der Patienten und Patientinnen deshalb in den ersten Tagen engmaschig überwacht.
In den meisten Fällen lässt sich ein erhöhter Hirndruck über eine klinische Untersuchung feststellen. Zur Verdachtsbestätigung erfolgt ein Schädel-CT oder Ultraschall.
Zur Behandlung gehören Oberkörperhochlagerung und Dämpfung der Funktion des zentralen Nervensystems mit Beruhigungsmitteln (Sedierung).
In schweren Fällen sind chirurgische Eingriffe wie die Entfernung des Schädelknochens oder die Ableitung von überschüssigem Nervenwasser (Liquor) über ein Drainage-Schlauchsystem erforderlich.
Trotz der insgesamt ungünstigen Prognose gibt es Patientinnen und Patienten, die sich durch einen langen Rehabilitationsprozess gut erholen.
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Hirndruck: Was ist das?
Der Hirndruck ist der Druck, dem das Gehirn im Schädel ausgesetzt ist. Durch die harte Schädelhülle und Hirnhaut kann sich das Gehirn bei Schwellung nicht ausdehnen, was den Druck rasch steigen lässt.
Der Hirndruck wird ähnlich wie der Blutdruck in der Einheit Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) gemessen.
normaler Hirndruck: 5 bis 15 mmHg
erhöhter Hirndruck: > 20 mmHg
Die gebräuchliche Abkürzung für Hirndruck lautet ICP (Intracranial Pressure = intrakranieller Druck = Druck innerhalb des Schädels).
Wie kann ein Schlaganfall den Hirndruck erhöhen?
Bei einem ischämischen Schlaganfall stirbt Hirngewebe aufgrund mangelnder Blutzufuhr ab.
Es kommt zu Entzündungsreaktionen und Schwellung des betroffenen Gewebes. Die Schwellung beansprucht Platz und verdrängt das umliegende Gewebe. Durch die feste Schädelhülle steigt der Druck dann an.1
Bei einer Hirnblutung nimmt das Blut Platz ein und führt dadurch ebenfalls zu einer Drucksteigerung.
Hirndruck durch blockierten Abfluss von Hirnwasser
Das Gehirn enthält mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume, in der Fachsprache Ventrikel genannt, die mit einer speziellen Flüssigkeit, dem Liquor oder umgangssprachlich Hirnwasser gefüllt sind.
Liquor wird ständig produziert und über Abflusswege aus dem Schädel transportiert.
Nach einem Schlaganfall kann die Schwellung die Abflusswege blockieren. Dann wird Liquor weiter produziert, kann aber nicht mehr abfließen. Auch in dieser Situation steigt der Hirndruck an. Das medizinische Fachpersonal spricht von einem Hydrozephalus.
Was ist ein Hydrozephalus?
Hydrozephalus bedeutet wörtlich „Wasserkopf“. Dabei besteht eine krankhafte Erweiterung der Ventrikel. Das passiert zum Beispiel, wenn Liquor nicht mehr aus dem Schädel abfließen kann, weil die Abflusswege verstopft sind. Tritt ein Hydrozephalus akut auf, steigt dadurch der Hirndruck.
Besonders Schlaganfälle, die das Kleinhirn betreffen, können den Hirndruck auf diesem Weg erhöhen.
Das Kleinhirn liegt unmittelbar hinter einer Engstelle im Ventrikelsystem, über die der gesamte Liquor aus dem Schädel fließt. Schwillt dieser Bereich des Gehirns durch einen Schlaganfall an, kann es diese Engstelle verschließen.2
Wie gefährlich ist erhöhter Hirndruck?
Ein erhöhter Hirndruck kann schnell lebensbedrohlich werden.
Steigt der Druck stark an, können Anteile des Gehirns gegen knöcherne Strukturen oder harte Hirnhäute gedrückt werden. Dies kann zu einer Einklemmung führen, bei der lebenswichtige Funktionen wie Atmung und Kreislauf gefährdet sind.3
Wer ist besonders gefährdet?
Je größer ein Schlaganfall ist, desto stärker kann das betroffene Gewebe anschwellen.
Besonders gefährdet für eine Hirndruckerhöhung sind Patientinnen und Patienten mit einem Schlaganfall, der einen Großteil einer Hirnhälfte einnimmt.
Auch bei großen intrakraniellen Blutungen und Subarachnoidalblutungen (SAB) besteht die Gefahr für erhöhten Hirndruck.
Schlaganfälle im Kleinhirn können ebenfalls den Hirndruck erhöhen, da sie den Abfluss des Liquors blockieren.
Weitere Risikofaktoren für die Entwicklung eines erhöhten Hirndrucks sind junges Alter und weibliches Geschlecht.4
Bei jungen Menschen nimmt das Gehirn im Schädel mehr Platz ein als bei älteren Menschen. Es gibt dadurch weniger Reserveraum, wenn das Gehirn nach einem Schlaganfall anschwillt. Deshalb ist das Risiko für einen Anstieg des Hirndrucks höher.
Ältere Menschen sind hier im Vorteil, da durch normale Alterungsprozesse das Hirnvolumen über die Jahre kontinuierlich leicht abnimmt. Kommt es dann nach einem Schlaganfall zu einer Hirnschwellung, steigt der Hirndruck nicht sofort an.
Wenn der Hirndruck nach einem Schlaganfall ansteigt, passiert das in der Regel nicht sofort. Das betroffene Gewebe schwillt langsam an. Das Maximum der Schwellung wird nach 2 bis 5 Tagen erreicht.4
Nach einem großen Schlaganfall sind deshalb die ersten Tage kritisch: In dieser Zeit werden Patienten und Patientinnen besonders engmaschig überwacht. So wird eine Verschlechterung des Zustandes, der auf einen erhöhten Hirndruck hindeuten könnte, schnell erkannt. Das ist wichtig, um in dieser gefährlichen Situation die richtige Behandlung schnell beginnen zu können.
Symptome: Wie äußert sich ein erhöhter Hirndruck?
Ein erhöhter Hirndruck zeigt sich häufig durch diese Symptome:
- vermindertes Bewusstsein: Die betroffene Person wird schläfrig, benommen und reagiert nicht auf Ansprache
- Übelkeit, Erbrechen
- zunehmende Kopfschmerzen
- Pupillenveränderungen: Eine Pupille wird größer als die andere (Anisokorie)4

Erhöhter Hirndruck: Symptome. Ein erhöhter Hirndruck kann sich in Bewusstseinsstörungen wie zum Beispiel Schläfrigkeit oder Benommenheit äußern. Auch Übelkeit, Erbrechen, stärker werdende Kopfschmerzen oder Unterschiede in der Größe beider Pupillen sind mögliche Hinweise auf einen erhöhten Hirndruck nach Schlaganfall.
Diagnostik: Wie wird ein erhöhter Hirndruck festgestellt?
Der Hirndruck wird in seltenen Fällen direkt mit einer Sonde im Gehirn gemessen. Diese Methode wird weniger häufig angewendet, da sie mit Risiken verbunden ist.
Die klinische Untersuchung nach den typischen Symptomen liefert schon gute Hinweise, ob der Hirndruck erhöht sein könnte.
Ergibt sich daraus der Verdacht, dass ein erhöhter Hirndruck vorliegen könnte, wird in der Regel ein CT des Schädels ergänzt. So lassen sich indirekte Zeichen eines erhöhten Hirndrucks nachweisen.
Zu den Hirndruck-Zeichen im CT gehören:
- Eine Verschiebung der Mittellinie durch die Schwellung des betroffenen Gewebes
- Eine Kompression der Liquorräume: Bereiche, die normalerweise mit Flüssigkeit gefüllt sind, erscheinen kleiner als gewöhnlich oder verschwinden vollständig.
- Verschwinden der Hirnfurchen: Normalerweise besteht die Hirnrinde aus Erhebungen (Gyri), dazwischen liegen Furchen (Sulci). Bei erhöhtem Hirndruck schwillt das Gehirn an. Dadurch verschwinden die Furchen.5
Auch Ultraschall kann Hinweise auf einen erhöhten Hirndruck geben.5 Die Ultraschallsonde wird dabei vor dem Ohr angelegt. Hier ist der Schädelknochen vergleichsweise dünn und es können Strukturen des Gehirns dargestellt werden.
Wie wird erhöhter Hirndruck behandelt?
Um einen erhöhten Hirndruck zu senken, gibt es verschiedene wirksame Maßnahmen:
- Der Oberkörper wird um 30 Grad hochgelagert, um den Abfluss von Blut aus dem Gehirn zu fördern.
- tiefe Sedierung („künstliches Koma”): reduziert den Stoffwechsel und verhindert Blutdruckanstieg und Stressreaktionen
- Das Serum-Natrium wird hochnormal gehalten, um einen Einstrom von Flüssigkeit in die Hirnzellen zu vermeiden.6
Reichen diese Maßnahmen nicht aus, können chirurgische Eingriffe erforderlich sein:
- Ist ein Hydrozephalus die Ursache für den erhöhten Hirndruck, kann eine Drainage in die Hirnventrikel gelegt werden.4 So kann Liquor über die Drainage abfließen und der Hydrozephalus bildet sich zurück.
- Bei einer Schwellung nach einem großen Schlaganfall kann eine Entfernung der Schädeldecke erforderlich sein.4 Der Fachausdruck für diese Operation ist Hemikraniektomie.
Wie sind die Aussichten für Betroffene?
Tritt nach einem Schlaganfall ein erhöhter Hirndruck auf, ist dies ein ungünstiges prognostisches Zeichen. Die Wahrscheinlichkeit, zu versterben oder für eine fortbestehende deutliche Behinderung ist deutlich erhöht.4
Werden Maßnahmen wie die Entfernung der Schädeldecke durchgeführt, steigen die Überlebenschancen deutlich. Dennoch bleibt ein hohes Risiko für eine schwere bleibende Behinderung.7
Trotz der insgesamt ungünstigen Prognose gibt es Patientinnen und Patienten, die sich durch einen langen Rehabilitationsprozess gut erholen.
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Autor
Dr. med. Johannes Heinemann Facharzt für Neurologie an der Universitätsklinik Freiburg Dr. Johannes Heinemann ist Facharzt für Neurologie an der Universitätsklinik Freiburg. Sein klinischer Schwerpunkt ist die Notfall- und Intensivneurologie. Die Akutbehandlung von Schlaganfallpatienten bereitet ihm große Freude, da hier schnelle Entscheidungen und präzises Handeln gefragt sind. Sein Ziel ist es, Wissen über den Schlaganfall und seine Behandlung verständlich und praxisnah zu vermitteln, um Betroffenen und ihren Angehörigen zu helfen, den Weg der Genesung und Prävention besser zu verstehen und zu meistern. [mehr]
Quellen
- Mechanisms of reduced cerebral blood flow in cerebral edema and elevated intracranial pressure. - Autoren: Zadka Y, Doron O, Rosenthal G, Barnea O. - Publikation: J Appl Physiol (1985). 2023 Feb 1;134(2):444-454 - DOI: 10.1152/japplphysiol.00287.2022 - Epub: 2023 Jan 5 - PMID: 36603049
- Space-occupying cerebellar infarction: complications, treatment, and outcome. - Autoren: Neugebauer H, Witsch J, Zweckberger K, Jüttler E. - Publikation: Neurosurg Focus. 2013 May;34(5):E8 - DOI: 10.3171/2013.2.FOCUS12363 - PMID: 23634927
- Types of Cerebral Herniation and Their Imaging Features. - Autoren: Riveros Gilardi B, Muñoz López JI, Hernández Villegas AC, Garay Mora JA, Rico Rodríguez OC, Chávez Appendini R, De la Mora Malváez M, Higuera Calleja JA. - Publikation: Radiographics. 2019 Oct;39(6):1598-1610 - DOI: 10.1148/rg.2019190018 - PMID: 31589570
- Recommendations for the management of cerebral and cerebellar infarction with swelling: a statement for healthcare professionals from the American Heart Association/American Stroke Association. - Autoren: Wijdicks EF, Sheth KN, Carter BS, Greer DM, Kasner SE, Kimberly WT, Schwab S, Smith EE, Tamargo RJ, Wintermark M; American Heart Association Stroke Council - Publikation: Stroke. 2014 Apr;45(4):1222-38 - DOI: 10.1161/01.str.0000441965.15164.d6 - Epub: 2014 Jan 30 - PMID: 24481970
- Diagnosis of elevated intracranial pressure in critically ill adults: systematic review and meta-analysis. - Autoren: Fernando SM, Tran A, Cheng W, Rochwerg B, Taljaard M, Kyeremanteng K, English SW, Sekhon MS, Griesdale DEG, Dowlatshahi D, McCredie VA, Wijdicks EFM, Almenawer SA, Inaba K, Rajajee V, Perry JJ. - Publikation: BMJ. 2019 Jul 24;366:l4225 - DOI: 10.1136/bmj.l4225 - PMID: 31340932 - PMCID: PMC6651068
- Initial Diagnosis and Management of Acutely Elevated Intracranial Pressure. - Autoren: Kareemi H, Pratte M, English S, Hendin A. - Publikation: J Intensive Care Med. 2023 Jul;38(7):643-650 - DOI: 10.1177/08850666231156589 - Epub: 2023 Feb 19 - PMID: 36802976 - PMCID: PMC10302390
- Timing of neurosurgical interventions for intracranial hypertension: the intensivists' and neurosurgeons' view. Autoren: Lin V, Hutchinson PJ, Kolias A, Robba C, Wahlster S. - Publikation: Curr Opin Crit Care. 2025 Apr 1;31(2):137-148 - DOI: 10.1097/MCC.0000000000001243 - Epub: 2025 Jan 22 - PMID: 39991845


