Ein Case-Management-Programm zur Sekundärprävention von Schlaganfällen ▷ Video-Interview
Der Stroke Action Plan for Europe 2018-2030 formuliert die Entwicklung von nationalen Modellen für eine sektorenübergreifende Versorgung und organisierte Nachsorge als eines der zentralen Ziele in der Gesundheitsversorgung von Schlaganfällen.
Doch im Jahr 2021 gibt es in Deutschland noch immer kein strukturiertes Nachsorgeprogramm für Schlaganfall-Patientinnen und Patienten. Für viele Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes mellitus gibt es bereits Nachsorgeprogramme – nicht aber für eine hochkomplexe Erkrankung wie den Schlaganfall, welche für Betroffene und Angehörige nicht leicht zu überblicken ist. Dabei erleiden innerhalb der ersten drei Jahre nach einem Schlaganfall etwa 20 Prozent aller Überlebenden erneut einen Schlaganfall.1
Die Versorgungsherausforderung
Die konsequente Umsetzung der Sekundärprävention nach einem Schlaganfall ist von entscheidender Bedeutung, um das hohe Risiko für einen erneuten Schlaganfall zu reduzieren. Ebenso gilt es, eine mögliche Pflegebedürftigkeit und das Versterben des Patienten zu vermeiden.
Untersuchungen ergaben, dass sich die Therapieziele bei Patientinnen und Patienten nach einem Schlaganfall oftmals nicht an den Leitlinien von Fachgesellschaften orientieren.
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Die ambulante sekundärpräventive Versorgung hinsichtlich der Adhärenz ist verbesserungswürdig. Möglicherweise wissen Patienten zu wenig über vaskuläre Risikofaktoren und einem gesunden Lebensstil, um einem erneuten Schlaganfall aktiv vorzubeugen. Zudem gibt es keine einheitlich koordinierte und sektorenübergreifende Kommunikation zwischen den Akutkrankenhäusern und den nachbehandelnden Ärzten und Therapeuten.
Eine koordinierte Schlaganfall-Nachsorge
Eine koordinierte Schlaganfall-Nachsorge erweist sich hinsichtlich der Komplexität der Erkrankung als sinnvoll und angebracht.
Ziel ist es einerseits, den Dialog zwischen den einzelnen Akteuren der Versorgungskette entlang des Behandlungspfades zu verbessern. Zum anderen soll die Einhaltung von Therapiezielen der Sekundärprävention entsprechend den Leitlinien sichergestellt werden.
Denn das Leben geht für Betroffene nach einem Schlaganfall weiter. Wenn jedoch die Umstände, die zu einem Schlaganfall geführt haben, nicht verändert werden, kommt es in 20 Prozent der Fälle zu einem erneuten Ereignis. Insbesondere wenn lediglich eine kurzfristige Beeinträchtigung vorlag, ist bei den Betroffenen der Wille zur Veränderung des Lebensstils oftmals nicht ausreichend, um die Therapie erfolgreich umzusetzen.2
Das Versorgungskonzept von SOS-Care
Mit SOS-Care hat das Universitätsklinikum Dresden unter Beteiligung der AOK Plus ein Case-Management-Programm aufgebaut. Das Hauptziel von SOS-Care ist die leitliniengerechte Fortführung der medikamentösen Sekundärprophylaxe. Denn nur so können die vaskulären Risikofaktoren reduziert und weitere Ereignisse verhindert werden.
Schlaganfall-Lotsinnen und Lotsen unterstützen die Eigenverantwortung von Patienten mittels Aufklärung und Einüben neuer Verhaltensmuster. Auch durch das frühzeitige Erkennen einer Post-Stroke-Depression und die entsprechende Behandlung soll das Risiko eines erneuten Schlaganfalles reduziert werden.
Es geht es darum, die Lebensqualität und Zufriedenheit der Patienten zu stärken. So kann die nach einem Schlaganfall notwendige Veränderung des Lebensstils positiv verstärkt werden. Gelingt dies, können Folgeereignisse verhindert, Leben verlängert und Pflegebedürftigkeit vermieden werden.3
Derzeit steht das Programm nur Versicherten der AOK PLUS im Raum Dresden zur Verfügung. Es ist zu hoffen, dass in Zukunft alle Schlaganfall-Patienten in Ostsachsen von dieser Versorgungsform profitieren.
Im Interview: PD Dr. med. Jessica Barlinn, M.Sc.
Oberärztin
AG Schlaganfallforschung
Dresdner Neurovaskuläres Centrum
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Telemedizinische Schlaganfallversorgung Ost-Sachsen Netzwerk
SOS-TeleNET/SOS-Care, www.sos-net.de
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- Was macht eine Stroke-Nurse?
- Medikamentöse Sekundärprophylaxe des Schlaganfalls
- Was kann ich essen, um einem Schlaganfall vorzubeugen?
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autorin
Corinna von Büdingen ist Diplom-Betriebswirtin und hält einen MBA in „Leadership and Management“. Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin und verantwortlich für das Business Development und den Aufbau der Medizinredaktion. [mehr]
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Quellen
- Schlaganfallhäufigkeit und Versorgung von Schlaganfallpatienten in Deutschland – Autoren: Heuschmann, P. U., Busse, O., Wagner, M., Endres, M., Villringer, A., Röther, J., Kolominsky-Rabas, P. L. & Berger K. für das Kompetenznetz Schlaganfall, die Deutsche Schlaganfall Gesellschaft sowie die Stiftung, Deutsche Schlaganfall-Hilfe – Publikation: Aktuelle Neurologie, 37(7), 333-340. – URL: 10.1055/s-0030-1248611
- Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und transitorische
ischämische Attacke (Teil 1) – Deutsche Gesellschaft für Neurologie (2018) – URL: https://www.dgn.org/leitlinien/3024-ll-23-ll-sekundaerprophylaxeischaemischer-schlaganfall-und-transitorische-ischaemische-attacke - Koordinierte Schlaganfallnachsorge durch Case Management auf der Basis eines standardisierten Behandlungspfades: Ergebnisse einer monozentrischen Pilotstudie – Autoren: Barlinn, J., Barlinn, K., Helbig, U., Siepmann, T., Pallesen, L.-P., Urban, H., Pütz, V., Schmitt, J., Reichmann , H. & Bodechtel, U. (2016). – Publikation: Der Nervenarzt, 87(8), 860-869 – DOI: https://doi.org/10.1007/s00115-016-0100-6