Phytosterole – mehr Schaden als Nutzen? ▷ Studie
In diesem Artikel:
- Was ist Cholesterin und was sind Phytosterole?
- Phytosterole und Cholesterin in der Ernährung
- Die Studie
- Ergebnisse der Studie
- Diskussion
Forscher der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig haben den Einfluss von Phytosterolen auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit untersucht und vermuten, dass diese das Herz-Kreislauf-Risiko eher erhöhen, anstatt zu senken.
Um dieses Ergebnis einordnen zu können, ist es zunächst wichtig, zu verstehen, was Phytosterole überhaupt sind.
Was ist Cholesterin und was sind Phytosterole?
Cholesterin ist eine fettähnliche Substanz und ein lebensnotwendiger Stoff zum Aufbau der Hülle um alle Körperzellen, der Zellmembran. Zudem dient es zum Beispiel zur Herstellung von Hormonen oder der Produktion von Gallensäure. Phytosterole sind das “Cholesterin der Pflanzen”. Sie sind in den Zellwänden der Pflanzen zu finden und kommen deshalb natürlicherweise in pflanzlichen Ölen und in geringeren Mengen in Gemüse, Obst, Nüssen, Hülsenfrüchten und Getreide vor.
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Hohe Cholesterinwerte stellen eine Gefahr für die menschlichen Blutgefäße dar, da sich Cholesterin in die Wand der Blutgefäße einlagern und so zur Arteriosklerose und zu Gefäßverengungen führen kann. Gefäßverengungen bergen die Gefahr eines Herzinfarkts oder eines Schlaganfalls. Da Phytosterole dem menschlichen Cholesterin chemisch sehr ähnlich sind, konkurrieren diese mit dem Cholesterin aus der Nahrung um die Aufnahme im Darm. Als Folge scheidet der Körper vermehrt Cholesterin aus.
Phytosterole und Cholesterin in der Ernährung
Phytosterole werden nur von Pflanzen hergestellt. Im Gegensatz zum Cholesterin, welches der Körper größtenteils selbst produziert, sind die gemessenen Phytosterol-Konzentrationen im Blut auf die Ernährung zurückzuführen.
Mit einer “normalen” Ernährung werden ungefähr gleich viel Cholesterin und Phytosterole mit der Nahrung aufgenommen. Allerdings ist die Konzentration von Phytosterolen im Blut, verglichen mit Cholesterin, sehr viel geringer. Denn der Körper nimmt die Phytosterole im Vergleich zum Cholesterin sehr viel schlechter auf und scheidet sie daher vor allem aus.
Bei der sehr seltenen genetischen Erkrankung “Phytosterinämie” werden mehr Phytosterole aufgenommen und weniger Phytosterole ausgeschieden. Das führt zu höheren Blutkonzentrationen an Phytosterinen als üblich. Von Patienten, die an dieser Erkrankung leiden, weiß man, dass auch die Phytosterole zu Schäden an den Blutgefäßen führen können.
Da den Phytosterolen in den letzten Jahren vor allem schützende Eigenschaften nachgesagt wurden, wurden sie einer Reihe von Produkten zugesetzt. Dazu zählen Produkte wie fettarmer Joghurt, Margarine und Milch. Außerdem sind Phytosterole in Form von Nahrungsergänzungsmitteln in der Apotheke erhältlich.
Es konnte gezeigt werden, dass der Verzehr von Lebensmitteln, die mit Phytosterolen angereichert sind, dazu führt, dass die Konzentration auch im Blut leicht ansteigt.
Dieser Anstieg der Konzentration ist allerdings nicht vergleichbar mit dem Anstieg bei dem Vorliegen der genetischen Erkrankung Phytosterinämie. Dennoch zeigt sich, dass es auch bei Menschen, die nicht unter dieser Krankheit leiden, von den Genen abhängt, wie stark die Phytosterole ansteigen.
Das Ziel der nachfolgend beschriebenen Studie war, die Auswirkungen von Phytosterolen im Zusammenhang mit genetischen Veranlagungen zu untersuchen.
Die Studie
Methodik der Studie
Bei der Studie1 handelt es sich um eine genetische Assoziationsstudie. Im Rahmen dieser Studie wurde die Konzentration von Phytosterolen im Blut an fast 10.000 Studienteilnehmern untersucht. Die Blutproben stammen aus einer Biobank des Leipziger Forschungszentrums für Zivilisationserkrankungen (LIFE). Anhand der Daten wurde analysiert, inwieweit der Phytosterol- und der Cholesteringehalt im Blut mit der Entwicklung einer koronaren Herzerkrankung zusammenhängen.
Ergebnisse der Studie
Es konnte gezeigt werden, dass die Phytosterol-Konzentration im Blut nicht nur von der Einnahme der Phytosterole abhängen. Vielmehr sind es Gene, die mitbestimmen, wie viel von den mit der Nahrung zugeführten Phytosterolen auch tatsächlich ins Blut gelangen. Hier konnten sieben Regionen im Genom (Gesamtheit der vererbbaren Informationen einer Zelle) ausfindig gemacht werden, die hierüber bestimmen. Demnach unterliegt die Konzentration der Phytosterole im Blut einer moderaten bis hohen Erblichkeit.
Diskussion
Aus den Ergebnissen der Studie lässt sich nicht direkt ableiten, dass die Phytosterole in Lebensmitteln schädlich sind. Es kann auch auf Basis dieser Studie nicht die Empfehlung gegeben werden, die Zumischung von Phytosterolen zu Lebensmitteln zu beenden.
Aus der Studie ergeben sich aber hilfreiche Erkenntnisse hinsichtlich des Fettstoffwechsels. Diese Erkenntnisse könnten genutzt werden, um die Medikamentenentwicklung bei Fettstoffwechselstörungen voranzutreiben.
Die Frage bleibt: Welchen Nutzen haben mit Phytosterol angereicherte Lebensmittel bei Menschen, die nicht unter hohen Cholesterinwerten leiden? So sieht die Verordnung dieser angereicherten Lebensmittel vor, dass sie ausschließlich für Personen bestimmt sind, welche die Cholesterinkonzentration senken möchten. Das Ziel ist, zu verhindern, dass diese Produkte von Menschen eingenommen werden, für die sie gar nicht gedacht sind.2
Bei Menschen, die aufgrund ihrer erhöhten Cholesterinwerte Phytosterole einnehmen wollen, ist zu klären, wo genau die Ursache für die erhöhten Cholesterinwerte liegt.
Sollte beispielsweise die Leber zu viel Cholesterin bilden, würde die Hemmung der Aufnahme von Cholesterin aus dem Darm durch Phytosterole nur eine geringe Wirkung haben. Deswegen ist bei Vorliegen von erhöhten Cholesterinwerten anzuraten, mit dem Arzt zu besprechen, wie hoch der Nutzen von Phytosterolen im Einzelfall einzuschätzen sind.
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Autorin
Marieke Theil, M.Sc. hält einen Master of Science in Molecular Nutrition und hat sich in Gesundheitspsychologie weitergebildet. Im Rahmen ihrer Masterarbeit hat sie sich mit dem Einfluss verschiedener Ernährungsformen auf das kardiovaskuläre Risiko befasst. Damit verfügt sie über ein fundiertes Verständnis der Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen. [mehr]
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Quellen
- Genome-Wide Meta-Analysis of Phytosterols Reveals Five Novel Loci and a Detrimental Effect on Coronary Atherosclerosis – Autoren: Scholz, Markus, Katrin Horn, Janne Pott, Arnd Gross, Marcus E. Kleber, Graciela E. Delgado et al. – Publikation: Nature Communications, 13.1 (2022), 143 – DOI: 10.1038/s41467-021-27706-6
- Europäische Kommission, Verordnung (EU) Nr. 739/2013 der Kommission vom 30. Juli 2013, 2013.