Stabile Seitenlage
Stabile Seitenlage (Abb.: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. / morisse-design)
In diesem Artikel:
- Ein bewusstloser Mensch – was tun?
- Welche Ursachen gibt es?
- Was bedeutet stabile Seitenlage?
- Warum ist diese Standard-Lagerung so wichtig?
- Wie wird die stabile Seitenlage durchgeführt?
- Stabile Seitenlage durchgeführt – und nun?
- Wann darf die stabile Seitenlage nicht durchgeführt werden?
- Gibt es Besonderheiten, die man bei bestimmten Personengruppen beachten muss?
Ein bewusstloser Mensch – was tun?
Haben Sie schon einmal die Situation erlebt, in der Sie einer bewusstlosen Person helfen sollten und nicht wussten, wie Sie das anstellen? Viele Menschen reagieren in solch einer Situation panisch und wissen nicht, was sie tun müssen und was sie lieber lassen sollten.
Ein bewusstloser Mensch benötigt schnell medizinische Hilfe durch Auslösen des Notrufs unter der Nummer 112.
Um beurteilen zu können, ob Maßnahmen der Wiederbelebung eingeleitet werden müssen, sollten Sie eine Bewusstseins- und Atemkontrolle nach folgendem Schema durchführen:
- Die Bewusstseins- und Atemkontrolle muss in Rückenlage durchgeführt werden.
- Sprechen Sie den Betroffenen laut an.
- Erfolgt hierauf keine Reaktion, wird er zusätzlich an den Schultern ergriffen und vorsichtig gerüttelt.
- Erfolgt auch jetzt keine Reaktion, ist der Betroffene nicht erweckbar, also bewusstlos.
- Der Ersthelfer legt eine Hand auf die Stirn des Bewusstlosen und eine an das Kinn. Die Hände bleiben in dieser Position, bis die Atemkontrolle beendet ist.
- Der Kopf wird nun in den Nacken gebeugt und das Kinn nach vorne gezogen (lebensrettender Handgriff).
- Der Helfer legt danach seine Wange oder sein Ohr über die Mund-Nase-Partie des Bewusstlosen und achtet dabei auf: sichtbare Bewegungen des Brustkorbes, hörbare Atemgeräusche, spürbare Atemzüge an der eigenen Wange
- Der Helfer kontrolliert die Atmung bis zu 10 Sekunden.
- Stellt er eine normale Atmung fest, wird der Betroffene in die Stabile Seitenlage gelegt. Es müssen in diesem Fall keine Maßnahmen der Wiederbelebung eingeleitet werden.
- Stellt er keine normale Atmung fest, erfolgt die Herz-Lungen-Wiederbelebung.
Eine Mundrauminspektion vor der Atemkontrolle erfolgt nur bei einem begründeten Verdacht auf eine mögliche Atemwegsverlegung.
Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes spielt die stabile Seitenlage eine bedeutsame Rolle.
Welche Ursachen gibt es?
Für eine plötzlich auftretende Bewusstlosigkeit können viele Ursachen verantwortlich sein. Die häufigsten sind:
- Mangeldurchblutung des Gehirns durch einen plötzlichen Abfall des Blutdrucks, eine Herzrhythmusstörung, durch einen Herzstillstand oder einen Schlaganfall (Ischämischer Schlaganfall, Hirnblutung, Subarachnoidalblutung)
- Schädel-Hirn-Verletzungen
- Stoffwechselentgleisungen, wie beispielsweise ein massiver Anstieg (Hyperglykämie) oder Abfall (Hypoglykämie) des Blutzuckers
- Epileptische Anfälle
- Vergiftungen durch Alkohol, Medikamente, Drogen oder Gase (z.B. Kohlenmonoxid)
- Nieren- und Leberversagen
Was bedeutet stabile Seitenlage?
Die stabile Seitenlage ist eine Standard-Lagerung, die bei selbständig atmenden bewusstlosen Menschen durchgeführt werden sollte. Dadurch bringt man die Person in eine für sie sichere Körperposition, die sie selbständig nicht einnehmen kann. Sie verhindert das versehentliche Einatmen von Blut, Speichel oder Erbrochenem. Daran könnte eine bewusstlose Person ersticken.
Warum ist diese Standard-Lagerung so wichtig?
Eine Bewusstlosigkeit beinhaltet folgende Gefahren:
- Blut, Speichel oder Erbrochenes können eingeatmet werden. Bewusstlose Menschen merken nicht, wenn sie erbrechen.
- Bei bewusstlosen Menschen können die sogenannten Schutzreflexe, wie z.B. Husten oder Würgen, gestört sein.
- Bewusstlose Personen können ersticken oder in der Folge eine schwere Lungenentzündung entwickeln, wenn Fremdkörper in die Lunge gelangen.
Wie wird die stabile Seitenlage durchgeführt?
Abbildung: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. / morisse-design
Die Durchführung der stabilen Seite ist nicht kompliziert1:
- die Atemkontrolle kann nur in Rückenlage durchgeführt werden. Erst danach entscheidet sich der Helfer zwischen der stabilen Seitenlage oder einer Reanimation in Rückenlage.
- Für die stabile Seitenlage ist es wichtig, dass sich der Helfer seitlich neben dem Betroffenen hinkniet und dafür sorgt, dass die Beine des Bewusstlosen ausgestreckt sind. Der Arm, der auf der Seite des Helfers ist, sollte angewinkelt nach oben gelegt werden. Die Handinnenfläche zeigt dabei nach oben.
- Der dem Helfer ferne Arm wird am Handgelenk gefasst und nun quer über den Brustkorb des Bewusstlosen gelegt. Der Handrücken kommt auf die Wange des Bewusstlosen und muss dort festgehalten werden.
- Als Nächstes muss der Helfer den Oberschenkel des fernen Beines fassen und das Bein beugen. Der Betroffene wird zum Helfer herübergezogen.
Das „Ziehen“ kann auch am Knie der betroffenen Person erfolgen, um die Hebelwirkung zu nutzen. Das ist beispielsweise bei schweren Menschen der Fall. Während des „Ziehens“ wird durch die Hand des Helfers der Kopf des Betroffenen gestützt. So wird die Person einfach und schonend auf die Seite des Helfers gedreht. Dabei muss der Helfer darauf achten, den Kopf aktiv zu führen, um ein Verdrehen der Halswirbelsäule zu verhindern.
Das nach oben gezogene Bein wird so ausgerichtet, dass der Oberschenkel im rechten Winkel zur Hüfte liegt. Dabei muss jedoch darauf geachtet werden, dass der Fuß nicht vom Boden abgehoben wird.
- Anschließend muss der Kopf des Bewusstlosen nach hinten gestreckt werden, um so das Freihalten der Atemwege sicherzustellen. Die an der Wange liegende Hand des Bewusstlosen muss so positioniert werden, dass der Hals auch überstreckt bleibt.
- Nach erfolgter Seitenlagerung muss spätestens jetzt der Notruf durchgeführt werden, sofern zuvor kein weiterer Helfer mit dieser Aufgabe betraut werden konnte.
Stabile Seitenlage durchgeführt – und nun?
Wenn die bewusstlose Person in die stabile Seitenlage gebracht wurde, muss der Helfer bis zum Eintreffen der Rettungskräfte folgendes weiterhin kontrollieren:
- Bewusstsein
- Atmung
Es muss darauf geachtet werden, dass der Mund des Bewusstlosen als tiefster Punkt der Atem- und Speisewege erhalten bleibt.
Hört der Bewusstlose auf zu atmen, muss umgehend mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen werden.
Wann darf die stabile Seitenlage nicht durchgeführt werden?
Obwohl die Durchführung der stabilen Seitenlage in vielen Situationen sehr wichtig und erforderlich ist, ist sie nicht immer richtig und notwendig. Die Durchführung sollte man z.B. dann unterlassen, wenn der Betroffene bewusstlos ist und nicht mehr atmet. In solchen Fällen muss sofort mit der Reanimation, also mit der Wiederbelebung, begonnen werden.
Nach einem Unfall oder Sturz ist möglicherweise die Wirbelsäule verletzt. In diesem Fall kann das Bewegen des Bewusstlosen zu einer Verschlechterung dieser Verletzung führen. Andererseits ist die Gefahr, an Erbrochenem oder Blut zu ersticken, viel schwerwiegender. Gegebenenfalls sollte der Bewusstlose von 2 Personen vorsichtig auf die Seite gedreht werden. Ein ruckartiges Ziehen oder Zerren sollte vermieden werden.
Gibt es Besonderheiten, die man bei bestimmten Personengruppen beachten muss?
- Stabile Seitenlage bei Verletzungen des Brustkorbes: eine Lagerung sollte auf die verletzte Seite geschehen. So wird eine ungehinderte Atmung über den oben liegenden, unverletzten Lungenflügel sichergestellt.
- Stabile Seitenlage bei Schwangeren: eine Lagerung sollte auf die linke Seite der Schwangeren vorgenommen werden. Damit wird verhindert, dass durch das Ungeborene in Rücken- oder Rechtsseitenlage die untere Hohlvene abgedrückt und damit der Blutrückstrom zum Herzen gestört wird.
- Stabile Seitenlage bei Kleinkindern oder Babys: Bei Kindern, die jünger als zwölf Monate sind, sollte der Kopf nicht überstreckt werden, da dies bei ihnen zur zusätzlichen Verengung der Atemwege führen kann. Aus diesem Grund sollte der Kopf in einer neutralen Position gelassen werden.
Wichtig!
Falls Sie noch nie einen Erste Hilfe-Kurs besucht haben oder Ihr letzter Kurs lange zurückliegt: Melden Sie sich für einen Kurs an. Es gibt spezielle Kurse für Kinder/Jugendliche oder Senioren. Vergessen Sie nicht, dass auch Sie jederzeit mit einer Notfallsituation konfrontiert werden können – zuhause oder unterwegs.
Für Erste-Hilfe-Maßnahmen gilt generell: lieber nicht perfekt als gar nicht.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
- Vergessen Sie nicht, einen Notruf abzusetzen.
- Die stabile Seitenlage führen Sie dann durch, wenn Sie z.B. eine Person treffen, die ihr Bewusstsein verloren hat, aber trotzdem weiterhin selbstständig atmet.
- Da bei einer Bewusstlosigkeit die Schutzreflexe fehlen, stellt man durch diese Standardlagerung sicher, dass die Atemwege frei sind.
- Führen Sie die stabile Seitenlage nicht durch, wenn keine Atmung vorhanden ist. In dem Fall muss sofort mit der Wiederbelebung begonnen werden.
- Bei Schwangeren müssen Sie darauf achten, dass die Frau auf die linke Seite gelegt wird, um zu verhindern, dass das Vena–Cava–Kompressionssyndrom auftritt.
- Bei Säuglingen dürfen Sie den Kopf nicht überstrecken.
- Wenn Sie die bewusstlose Person in die stabile Seitenlage gebracht haben, dürfen Sie nicht vergessen, die Atmung regelmäßig bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zu kontrollieren.
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Autorin
unter Mitarbeit von stud. med. Sedef Kuecuekuncular
Dr. med. Christina Rückert ist Fachärztin für Neurologie und Geriatrie und arbeitet seit über 10 Jahren als Oberärztin an der Oberschwabenklinik in Ravensburg. Ihre berufliche Tätigkeit beinhaltet auch die stellvertretende ärztliche Leitung der Zentralen Notaufnahme.Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die Akutversorgung von neurologisch erkrankten Patienten, hierbei in erster Linie die Versorgung von Patienten mit akutem Schlaganfall. [mehr]
Quellen
- Stabile Seitenlage – Johanniter-Unfall-Hilfe – URL: https://www.johanniter.at/kurse/erste-hilfe-kurse/erste-hilfe-tipps/stabile-seitenlage/
- Does lying in the recovery position increase the likelihood of not delivering cardiopulmonary resuscitation? – Autoren: Freire-Tellado M, et al. – Publikation: Resuscitation 2017, online 9. April. – DOI: 10.1016/j.resuscitation.2017.03.00
- Stabile Seitenlage: Nicht unbedingt lebensrettend – Autorin: Zylka-Menhorn, Vera – Publikation: Dtsch Arztebl 2017; 114(21): A-1049 / B-876 / C-858 – URL: https://www.aerzteblatt.de/archiv/189105/Stabile-Seitenlage-Nicht-unbedingt-lebensrettend