Diabetes Typ 2 ist durch Ernährungsumstellung und Gewichtsreduktion “heilbar” ▷ Studie
In diesem Artikel:
- BMI Klassifikation
- Wie berechne ich meinen BMI?
- Wie häufig ist Übergewicht?
- Die wichtigsten Ursachen für verlorene Lebensjahre
Aufsehen erregend, eindeutig und damit ermutigend sind die Ergebnisse der DIRECT – Studie1 (Diabetes Remission Clinical Trial) aus England und Schottland.
Eine Gewichtsreduktion durch Änderung der Ernährung und des Lebensstils kann den Diabetes Typ 2, eine chronische und lebenslang behandlungsbedürftige Erkrankung des Zuckerstoffwechsels, rückgängig machen ( “Diabetes-Heilung” bzw. Remission).
Remission bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich die Blutzuckerwerte normalisieren und keine medikamentöse Behandlung mehr notwendig ist. Bestehen bleibt die Anlage zum Typ-2-Diabetes, der allerdings durch diätetische Maßnahmen “in Schach gehalten” werden kann.
Zur Erinnerung: Mehr als 90 Prozent der ca. 8 Millionen Menschen in Deutschland mit Typ-2-Diabetes haben schweres Übergewicht (Adipositas bzw. Body-Mass-Index BMI ab 30 kg/qm).2
BMI Klassifikation
Nach der Klassifizierung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bedeutet ein BMI:
- von 18,5 – 24,9 Normalgewicht
- von 25,0 – 29,9 Übergewicht
- von 30,0 – 34,9 Adipositas Grad I
- von 35,0 – 39,9 Adipositas Grad II
- von mehr als 40,0 Adipositas Grad III
Wie berechne ich meinen BMI?
Der BMI kann selbst berechnet werden: Körpergewicht (in kg) geteilt durch Körpergröße (in m) im Quadrat.
Beispiel: Mein Gewicht ist 80 kg, meine Körpergröße 1,70 m.
- 1.Schritt: 1,70 x 1,70 = 2,89
- 2.Schritt 80 : 2,89 = 27,7
Dieser Wert bedeutet: Ich bin übergewichtig. Um Normalgewicht zu erreichen, müsste ich mindestens 8 kg abnehmen.
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Was konnte DIRECT erreichen?
DIRECT konnte bei 298 übergewichtigen Patienten im Alter zwischen 20 und 65 Jahren zeigen, dass durch eine 3 bis 5-monatige Diät eine Gewichtsreduktion von durchschnittlich 10 kg erreicht wurde.
Die eingesetzte Diät hatte eine tägliche Energiezufuhr von ca. 840 Kilokalorien (kcal) – 59 Prozent Kohlenhydrate, 13 Prozent Fett und 26 Prozent Eiweiß.
50 Prozent der Studienteilnehmer konnten dadurch ihren Zuckerstoffwechsel normalisieren. Das Spritzen von Insulin oder die Einnahme von blutzuckersenkenden Medikamenten konnte eingestellt werden.
Bei Patienten, die ihr Gewicht um mehr als 15 kg reduzieren konnten, lag die Heilungsrate bei 85 Prozent, bei 5 kg Gewichtsabnahme nur bei 20 Prozent. Positive Nebeneffekte waren auch verbesserte Blutdruck- und Cholesterinwerte, denn Übergewicht und Adipositas gehen häufig mit arterieller Hypertonie und Fettstoffwechselstörungen einher.
Wie konnte das Gewicht gehalten werden?
Nach der Diät mit Fertigdrinks oder mit Flüssigkeit angerührten Nährstoffpulvern erfolgte über einen Zeitraum von 2 bis 8 Wochen die Wiederverwendung von üblichen Nahrungsmitteln als “Normalkost” (mit folgenden Anteilen an der Gesamtkalorien-Zufuhr: 50% Kohlenhydrate, 35% Fett und 15% Eiweiß) mit individueller Ernährungsberatung.
Auch die psychologische Beurteilung und Beratung waren wichtige Bestandteile des Programms. Hierdurch wurde es möglich, das reduzierte Gewicht zu halten.
Wie häufig ist Übergewicht?
Übergewicht und Adipositas sind weltweit ein immer größer werdendes Gesundheitsproblem. Man spricht von einer ”Adipositas-Epidemie”.
Laut WHO waren im Jahr 2016 39 Prozent der Erwachsenen übergewichtig, 11 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen adipös.3 Für Deutschland sehen die Zahlen noch schlechter aus: 54 Prozent der Erwachsenen sind übergewichtig, 18 Prozent adipös.4 In den USA sind 36 Prozent der Bevölkerung adipös!5
Die wichtigsten Ursachen für verlorene Lebensjahre
Die “Top 4” der globalen Ursachen von vermeidbar verlorenen Lebensjahren sind:
Zur Prävention von Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes werden die Ärzte in vielen Leitlinien aufgefordert, übergewichtigen Patienten Ernährungs- und Lebensstilberatung anzubieten. Denn die gesellschaftlichen Kosten von Übergewicht und Adipositas sind enorm, mit bedrohlich ansteigender Tendenz.
Wie steht es um die Selbst- oder Fehleinschätzung des Übergewichts?
“Mangelnde Selbsteinschätzung der Übergewichtigkeit behindert eine effektive Aufklärung zu gesundheitlichen Risiken und folglich eine Motivation zur Verhaltensänderung”.6
Die Mehrheit der Fehleinschätzungen beruht auf Unterschätzungen. Normalgewichtige ordneten ihren BMI häufiger korrekt ein als Übergewichtige. Insgesamt ist die Selbsteinschätzung häufig fehlerhaft, besonders bei älteren und übergewichtigen Menschen und bei Männern.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autor
Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen ist niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am Neurozentrum Ravensburg. Als Chefarzt leitete er die Abteilung für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit gehört die Diagnostik und Behandlung von Schlaganfällen. [mehr]
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Quellen
- Durability of a primary care-led weight-management intervention for remission of type 2 diabetes: 2-year results of the DiRECT open-label, cluster-randomised trial – Autoren: Prof Michael E J Lean, MD; Wilma S Leslie, PhD; Alison C Barnes, PGDip; Naomi Brosnahan, PGDip; George Thom, MSc; Louise McCombie, BSc; Carl Peters, MB; Sviatlana Zhyzhneuskaya, MD; Ahmad Al-Mrabeh, PhD; Kieren G Hollingsworth, PhD; Angela M Rodrigues, PhD; Lucia Rehackova, PhD; Prof Ashley J Adamson, PhD; Prof Falko F Sniehotta, PhD; Prof John C Mathers, PhD; Hazel M Ross, BSc; Yvonne McIlvenna, MSc; Paul Welsh, PhD; Sharon Kean; Prof Ian Ford, PhD; Alex McConnachie, PhD; Claudia-Martina Messow, PhD; Prof Naveed Sattar, FMedSci; Prof Roy Taylor, MD – Publikation: The Lancet Diabetes & Endocrinology VOLUME 7, ISSUE 5, P344-355, MAY 01, 2019 – DOI: 10.1016/S2213-8587(19)30068-3
- Adipositas stärkster Risikofaktor für Diabetes Typ 2 – Jeder zweite Erwachsene hat Übergewicht – Pressemitteilung der Deutsche Diabetes-Hilfe e.V. – URL: https://www.diabetesde.org/pressemitteilung/adipositas-staerkster-risikofaktor-diabetes-typ-2-0
- Global Health Observatory (GHO) data – Risk factors – Overweight and obesity – URL: https://www.who.int/gho/ncd/risk_factors/overweight_text/en/
- Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen in Deutschland – Autoren: Anja Schienkiewitz, Gert B. M. Mensink, Ronny Kuhnert, Cornelia Lange – Publikation: Journal of Health Monitoring 2017 2(2) – Robert Koch-Institut, Berlin – DOI: 10.17886/RKI-GBE-2017-025
- World Health Organization: Global Health Observatory repository: Prevalence of obesity among adults 2019 – URL: https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/obesity-and-overweight
- Fehleinschätzungen selbstberichteter Body-Mass-Index-Kategorien. Eine systematische Übersicht und Metaanalyse – Autoren: Freigang R, Geier AK, Schmid GL, Frese T, Klement A, Unverzagt S – Publikation: Dtsch Arztebl Int 2020;117: 553-560 – DOI: 10.3238/arztebl.2020.0253