Mediterrane Ernährung ist wirksamer als Fettreduktion ▷ Sekundärprävention von Schlaganfällen
Das Wissen darüber, dass die Art und Weise, wie wir uns ernähren, einen Einfluss auf die Gesundheit hat, ist nicht neu. Jedoch sind die Empfehlungen für eine gesunde Ernährung sehr unterschiedlich.
So wurde Herz-Kreislauf-Patienten Anfang der 2000er-Jahre eine fettreduzierte Ernährungsweise nahegelegt. Heute ist die mediterrane Ernährung in aller Munde, bei der neben Obst, Gemüse, Getreideprodukten und Hülsenfrüchten hohe Mengen von Olivenöl empfohlen werden – also alles andere als fettarm.
Aber ist die mediterrane Ernährungsweise tatsächlich besser geeignet, um sich vor einem erneuten Schlaganfall zu schützen? Das wurde in einer Studie untersucht.
Die Studie
An dieser Studie1 nahmen ca. 1.000 Patienten teil, die zwischen 20 und 75 Jahren alt und von einer koronaren Herzerkrankung betroffen waren. Sie wurden im Rahmen der Studie aufgefordert, ihre Ernährung umzustellen. Es wurden 2 Gruppen gebildet:
- Teilnehmer der Gruppe A sollten sich nach der mediterranen Ernährungsweise ernähren.
- Teilnehmer der Gruppe B bekamen die Anweisung, sich fettarm zu ernähren.
Die Zuteilung zu den Gruppen erfolgte zufällig.
Die Studienteilnehmer waren überwiegend männlich (82,5 %) und im Durchschnitt knapp 60 Jahre alt. Aufgrund des erhöhten Herz-Kreislauf-Risikos nahm der Großteil Medikamente ein, um zum Beispiel die Blutfettwerte zu senken.
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Die Ernährungsempfehlungen im Vergleich
Ganz konkret sahen die Vorschriften für die Ernährungsumstellung wie folgt aus:
Gruppe A Mediterrane Ernährung |
Gruppe B Fettarme Ernährung |
|
---|---|---|
Öl und Fette | Mind. 4 EL Olivenöl (40 – 60 g pro Tag) | Weniger als 2 EL pflanzliche Öle pro Tag (20 – 30 g pro Tag) |
Obst | Mind. 3 Portionen Obst | Mind. 3 Portionen Obst |
Gemüse | Mind. 2 Portionen Gemüse (mind. einmal Rohkost oder Salat) | Mind. 2 Portionen Gemüse (frisch, TK ohne zusätzliche Soße, Fett oder Zucker) |
Getreide und Kartoffeln | 6 Portionen pro Tag, bevorzugt Vollkorn | 6 – 11 Portionen am Tag von Getreide (Vollkorn), Kartoffeln und Hülsenfrüchten |
Hülsenfrüchte | Mind. 3 Portionen pro Woche | 6 – 11 Portionen am Tag von Getreide (Vollkorn), Kartoffeln und Hülsenfrüchten |
Milchprodukte | 2 Portionen am Tag | 2 – 3 Portionen fettreduzierter Milchprodukte |
Nüsse | Mind. 3 Portionen (roh und unbehandelt) pro Woche | Gelegentlicher Verzehr (roh und unbehandelt). Maximal einmal pro Woche |
Fisch und Seefrüchte | Mind. 3 Portionen pro Woche, bevorzugt fetter Fisch | Bevorzugt magerer Fisch, weniger als 1 Portion fetter Fisch pro Woche |
Helles Fleisch | Helles Fleisch rotem Fleisch bevorzugen. Haut und sichtbares Fett sind zu entfernen. | Geflügel (ohne Haut) und mageres Fleisch |
Rotes und verarbeitetes Fleisch | Weniger als eine Portion pro Woche | Max. eine Portion pro Woche |
Eier | 2 – 4 Eier pro Woche | Max. 2-mal die Woche |
Gebäck, Süßigkeiten, Croissants | Max. 1 Portion pro Woche | Max. 1 Portion pro Woche |
Butter und Margarine | Nicht erlaubt | Max. 1 Portion pro Woche |
Wein | Optional. Max. ein Glas am Tag für Frauen oder zwei Gläser am Tag für Männer. | Nicht erlaubt |
Gesüßte oder kohlensäure-haltige Getränke | Weniger als ein Getränk am Tag | Weniger als ein Getränk am Tag |
Kochtechnik und weitere Empfehlungen | Mind. 2 Mal die Woche Verzehr von Sofrito (hausgemachte Soße mit Knoblauch, Kräutern und Tomaten in Olivenöl). | Fettarme Zubereitungsarten (kochen, grillen, backen) dem Anbraten bevorzugen. Sichtbares Fett vor dem Verzehr entfernen |
Die Ernährungsempfehlungen sorgten für eine unterschiedliche Zusammensetzung der Makronährstoffe (Kohlenhydrate, Fette und Proteine). Während die Personen, die sich mediterran ernährten, mindestens 35 Prozent der Kalorien über das Fett aufnahmen, waren es bei den Teilnehmenden, die auf die fettarme Ernährung gesetzt wurden, nur 30 Prozent.
Zum Ausgleich nahmen die Personen der Gruppe A mehr Kalorien über Kohlenhydrate zu sich. Der Anteil der zugeführten Proteine unterschied sich in den beiden Gruppen nicht. Die empfohlene Cholesterinaufnahme in beiden Gruppen wurde auf maximal 300 mg Cholesterin pro Tag beschränkt.
Die Durchführung
Nachdem die Studienteilnehmer die Vorschriften für die Ernährungsumstellung erhielten, wurden sie durchschnittlich 7 Jahre lang beobachtet. Während dieser Zeit hatten sie regelmäßig Kontakt zu Diätassistenten und klinischem Personal. Die Teilnehmer bekamen nicht nur die Vorschriften aufgetragen, sondern wurden immer wieder professionell zu einer Ernährungsumstellung motiviert und auf ihrem Weg positiv bestärkt.
Die wesentlichen Fragen der Forschergruppe waren:
- Wie häufig traten Herz-Kreislauf-Ereignisse insgesamt in den beiden Gruppen auf?
- Ist eine Gruppe häufiger betroffen?
Ergebnisse
Auftreten von Herz-Kreislauf-Ereignissen
Nach 7 Jahren sind 198 Herz-Kreislauf-Ereignisse aufgetreten: 17, 3 Prozent in der mediterranen Gruppe A und 22,2 Prozent in der fettreduzierten Gruppe B. Die Ergebnisse zeigen somit, dass die mediterrane Ernährungsweise geeigneter ist, um sich vor einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu schützen. So lässt sich berechnen, dass die Personen, die sich mediterran ernährten, im Vergleich zu Personen ohne Ernährungsumstellung ein um 26 Prozent niedrigeres Auftreten von Herz-Kreislauf-Ereignissen hatten.
Auswirkungen auf Blutwerte
Die Blutzucker- und Blutfettwerte entwickelten sich durch die Ernährungsumstellung bei beiden Ernährungsweisen vergleichbar ins Positive. Allerdings lässt sich nicht mit Sicherheit beurteilen, inwieweit dieser positive Effekt durch die Einnahme der Medikamente beeinflusst wird. Denn wie bereits oben erwähnt, nahm der Großteil aufgrund ihrer Vorerkrankung Medikamente gegen Bluthochdruck oder eine Fettstoffwechselstörung zu sich.
So gut gelang die Ernährungsumstellung
Die Umstellung auf die ideale Ernährungsform bringt natürlich nichts, wenn es den Studienteilnehmern nicht gelingt, sich langfristig an die Empfehlungen zu halten. Deshalb interessierte die Forschenden auch, inwieweit die Ernährungsempfehlungen langfristig umgesetzt wurden.
Zu beobachten war, dass sich die Teilnehmer aus beiden Gruppen in den folgenden Jahren gesünder ernährten. In beiden Gruppen wurden mehr Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte verzehrt. Dadurch stieg die Zufuhr von Ballaststoffen messbar.
Die Personen, die sich mediterran ernährten, nahmen mehr Fett zu sich, aber weniger gesättigte Fettsäuren, aßen mehr Nüsse und fetten Fisch als zu Beginn der Studie. Die Personen mit der fettreduzierten Ernährung aßen mehr Kohlenhydrate, dafür aber weniger Fett. Zum Ende der Studie hatten knapp 14 Prozent die Ernährungsumstellung abgebrochen. Dabei war die Abbruchquote bei den Menschen, die sich fettarm ernähren sollten, deutlich höher. Allgemein fiel es den Teilnehmern mit der mediterranen Ernährungsform leichter, sich an die Vorschriften zu halten.
Anmerkungen zur Studie
Bei dieser Studie ist kritisch anzumerken, dass es keine Kontrollgruppe gab. Dies wäre ethisch nicht vertretbar gewesen, da es sich bei den Studienteilnehmern um Risikopatienten handelte.
Bei den positiven Ergebnissen ist zu erwähnen, dass die Teilnehmenden während der gesamten Studie professionell beraten und motiviert wurden. Das heißt, es ist unklar, wie weit sich das Risiko der Teilnehmenden gesenkt hätte, wären sie nicht professionell beraten und immer wieder für eine Ernährungsumstellung motiviert worden.
Außerdem handelte es sich bei den Teilnehmenden um Spanier. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Akzeptanz für eine mediterrane Ernährung in diesem Land generell höher ist, als es in Deutschland der Fall wäre.
Grundsätzlich lässt sich jedoch festhalten, dass sich eine mediterrane Ernährung anbietet, um sich vor einer Herz-Kreislauf-Erkrankung und damit auch einem Schlaganfall zu schützen.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autorin
Marieke Theil, M.Sc. hält einen Master of Science in Molecular Nutrition und hat sich in Gesundheitspsychologie weitergebildet. Im Rahmen ihrer Masterarbeit hat sie sich mit dem Einfluss verschiedener Ernährungsformen auf das kardiovaskuläre Risiko befasst. Damit verfügt sie über ein fundiertes Verständnis der Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen. [mehr]
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Quellen
- Long-Term Secondary Prevention of Cardiovascular Disease with a Mediterranean Diet and a Low-Fat Diet (CORDIOPREV): A Randomised Controlled Trial – Autoren: Delgado-Lista, Javier, Juan F Alcala-Diaz, Jose D Torres-Peña, Gracia M Quintana-Navarro, Francisco Fuentes, Antonio Garcia-Rios et al. – Publikation: The Lancet, 399.10338 (2022), 1876–85 – DOI: 10.1016/S0140-6736(22)00122-2