Vitamin D und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ▷ Große Studie liefert neue Erkenntnisse
In diesem Artikel:
- Vitamin D
- Die Studie
- Die Ergebnisse der Studie
- Wie häufig ist ein Vitamin D-Mangel?
- Wie lässt sich Vitamin D aufnehmen?
Vitamin D – Das Sonnenvitamin
Ein langer Winter kann auf das Gemüt schlagen. Oft wird dieser Effekt auf das fehlende Vitamin D geschoben. Das Vitamin wird durch die Sonnenstrahlen aufgenommen und soll Einfluss auf den Glückshormon-Stoffwechsel im Gehirn haben.1 Denn streng genommen ist das Vitamin D gar kein Vitamin, sondern eine Hormon-Vorstufe.
Neben dem Einfluss auf die Stimmung hat das Vitamin D eine wichtige Funktion für die Knochen-Gesundheit. Denn es unterstützt die Aufnahme von Calcium aus dem Darm und sorgt für eine Härtung der Knochen. Wenn das Osteoporose-Risiko im Alter steigt, kann dies auch auf einen Mangel an Vitamin D zurückzuführen sein. Zusätzlich ist das Vitamin D für das Immunsystem von großer Bedeutung.
Forschende aus Adelaide in Australien interessierten sich jedoch vor allem für den Zusammenhang zwischen Vitamin D und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie dem Schlaganfall. Sie brachten dafür den Vitamin D-Spiegel der Studienteilnehmenden mit dem Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung.
Die Studie
Der Ablauf der Studie
Wer hat teilgenommen?
Für die Studie2 wurden die Daten von über 260.000 Menschen aus der UK-Biobank ausgewertet. Die UK-Biobank ist eine groß angelegte Proben- und Datensammlung der britischen Bevölkerung mit dem Ziel, die gesundheitsbezogene Forschung voranzutreiben.
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Die Forschenden konnten auf ausgefüllte Fragebögen über die Gesundheit und den Lebensstil der Teilnehmenden zurückgreifen. In der Datenbank waren zusätzlich Blutwerte und das genetische Profil der Teilnehmenden hinterlegt. Das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen konnte über die elektronische Gesundheitskarte und die Sterblichkeitsregister ermittelt werden.
Eine Untergruppe der Teilnehmenden nahm zusätzlich an Bildgebungsstudien teil. Untersuchungen des Magnetresonanztomographens (MRT) gaben über die Struktur und die Funktion des Herz-Kreislauf-Systems der Studienteilnehmenden Aufschluss. Zusätzlich wurde die Halsschlagader mit der Ultraschallbildgebung untersucht.
Was wurde untersucht?
Die Forscher interessierte in erster Linie das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Darüber hinaus untersuchten sie den Zusammenhang zwischen dem Vitamin D-Status und dem Blutdruck sowie den Ergebnissen der Bildgebung der Herz-Kreislauf-Systeme.
Der Vitamin D-Status wurde anhand des Vitamin D im Serum ermittelt. Das Serum ist der flüssige Anteil des Blutes.
Durch die Bildgebung ließ sich auf die Steife der Blutgefäße, das Ausmaß der Gefäßverkalkung, das Blutvolumen in den Herzkammern und die Herzfunktion schließen.
Faktoren, die den Vitamin D-Status beeinflussen
Der Vitamin D-Status wird von einer Reihe an Faktoren beeinflusst. Dazu gehören beispielsweise das Alter und das Geschlecht. Zusätzlich haben das Gewicht und der Lebensstil einen Einfluss auf die Versorgung. So haben Menschen, die rauchen, Alkohol trinken oder sich wenig bewegen, tendenziell einen niedrigen Vitamin D-Status. All diese Faktoren beeinflussen aber auch unabhängig vom Vitamin D-Status das Herz-Kreislauf-Risiko. Für die Analyse wurden diese Faktoren deshalb mit einberechnet, damit diese Faktoren die Ergebnisse der Studie nicht verfälschen konnten.
Die Ergebnisse der Studie
Vitamin D und das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Durchschnittlich hatten die Teilnehmenden einen Vitamin-D-Spiegel von 50 nmol/L im Serum. Ein Wert von 50 nmol/L im Serum gilt als Normwert. Dabei bewegten sich die Spiegel der Teilnehmenden allerdings zwischen 10 und 340 nmol/L. Bei einem Spiegel von unter 30 nmol/L spricht man von einem Vitamin D-Mangel.
Nach der Auswertung der Forschenden haben Menschen mit einem Spiegel von 50 nmol/L ein 11 Prozent niedrigeres Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben als Menschen mit einem Spiegel von 25 nmol/L. Auch der Blutdruck veränderte sich je nach Vitamin D-Spiegel in einem vergleichbaren Muster.
Der positive Effekt des Vitamin D auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit ist allerdings nur bis zu einem Schwellenwert von 50 nmol/L zu erkennen. Ab einem Spiegel von 50 nmol/L sank das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht weiter erheblich.
Die Ergebnisse zeigen, dass ein Vitamin D-Mangel das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie dem Schlaganfall erhöhen. Wird bereits genug Vitamin D aufgenommen, ist allerdings nicht mit einer relevanten Senkung des Herz-Kreislauf-Risikos durch eine weitere Erhöhung der Aufnahme zu rechnen.
Wie hängt der Vitamin D-Status mit dem Herz-Kreislauf-Risiko zusammen?
Zellversuche geben Hinweise darauf, dass ein Mangel an Vitamin D die Funktion der Zellen des Herzmuskels und der Gefäße beeinträchtigen kann.3 Darüber hinaus hat Vitamin D blutdrucksenkende Eigenschaften. Ein Mangel an Vitamin D kann somit zu einem Bluthochdruck beitragen.4,5,6
Außerdem spielt Vitamin D eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung des Immunsystems und anderen relevanten körperlichen Vorgängen. In der Gesamtheit lässt sich so das erhöhte Herz-Kreislauf-Risiko bei einem Mangel an Vitamin D erklären.
Wie häufig ist ein Vitamin D-Mangel?
In Deutschland betrifft ein schwerer Vitamin D-Mangel circa 30 Prozent der Bevölkerung. Einen leichten Vitamin D-Mangel haben ca. 32 Prozent.7
Eine ausreichende Versorgung liegt bei einem Vitamin D-Spiegel über 50 nmol/L im Serum vor. Ein Spiegel von 30 bis 50 nmol/L wird als leichter Vitamin D-Mangel bezeichnet. Ein Vitamin D-Mangel liegt bei einer Konzentration von unter 30 nmol/L vor.
Im Alter sind Frauen durchschnittlich schlechter versorgt. Frauen mit einem höheren sozioökonomischen Status haben tendenziell einen besseren Vitamin D-Status. Hier spielt möglicherweise das Freizeitverhalten im Freien eine Rolle.7 Folgen eines Vitamin D-Mangels sind – neben dem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko – unter anderem ein erhöhtes Risiko für Osteoporose und Osteomalazie. Bei einem leichten Vitamin D-Mangel sind mögliche Folgen für die Knochengesundheit nicht auszuschließen.
Ein weiterer wichtiger Faktor für den Vitamin D-Spiegel ist die Saison, in der der Vitamin D-Status erfasst wird. Wie die Daten des Robert Koch-Instituts eindrücklich zeigen, sind Menschen in Deutschland im Sommer zum Großteil gut mit dem Vitamin versorgt, wohingegen es in den Wintermonaten ganz anders aussieht:
Wie lässt sich Vitamin D aufnehmen?
10 bis 20 Prozent des Vitamin D wird über die Nahrung aufgenommen. So enthalten einige wenige pflanzliche und tierische Lebensmittel etwas Vitamin D.
Dazu zählen beispielsweise Pilze, fettreiche Seefische und Eier. Allerdings reicht der Gehalt an Vitamin D in diesen Lebensmitteln nicht für eine ausreichende Versorgung mit dem lebenswichtigen Vitamin aus. Durchschnittlich werden 2 bis 4 µg Vitamin D über die Ernährung aufgenommen. Für eine ausreichende Versorgung allein über die Ernährung müssten allerdings 20 µg aufgenommen werden.8
Zusätzlich kann der Körper das Vitamin D mit der UV-B-Strahlung über die Haut selbst herstellen. Schätzungen zufolge werden 80 bis 90 Prozent des Vitamin D über die Haut selbst gebildet.10
Allerdings ist dafür genügend Sonneneinstrahlung mit einer Wellenlänge von 290 bis 315 nm erforderlich. Diese ist in Deutschland in den Wintermonaten von Oktober bis März nicht vorhanden. In den Herbstmonaten kann der Körper auf Reserven im Fettgewebe aus dem Sommer zurückgreifen.11
Konnte in den Sommermonaten allerdings nicht genügend Vitamin D gespeichert werden, beispielsweise durch häufiges Aufhalten in geschlossenen Räumen, kann es in den Herbst- und Wintermonaten zu einem Vitamin D-Mangel kommen.
Ein hohes Risiko für einen Vitamin D-Mangel haben ältere Menschen und Personen, die sich selten oder nur bedeckt im Freien aufhalten. Eine klassische Bürotätigkeit, in der die meiste Zeit des Tages in geschlossenen Räumen verbracht wird, kann ebenfalls zu einer unzureichenden Aufnahme des Vitamins führen.
Auch Menschen mit einer dunkleren Hautfarbe und einem höheren BMI sind häufiger von Vitamin D-Mangel betroffen.12 Zusätzlich können Magen-Darm-Erkrankungen, Leber- oder Nierenerkrankungen oder bestimmte Medikamente wie Antiepileptika die Vitamin D-Bildung verringern.
Empfehlungen für die Vitamin D-Aufnahme
Die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine Aufnahme von 20 µg pro Tag über die Ernährung, wenn nicht mit einer Aufnahme über die Sonne zu rechnen ist.13
Es wird empfohlen, Gesicht, Hände und Arme in den Monaten von März bis Oktober zwei bis dreimal wöchentlich der Sonne auszusetzen.7 Bei längeren und intensiven Sonnenbädern ist aber keineswegs auf Sonnenschutz zu verzichten.
Vitamin D bestimmen lassen
Der Vitamin D-Spiegel kann bei einem Hausarzt bestimmt werden. Bei Verdacht auf einen Mangel übernehmen einige Krankenkassen die Kosten hierfür. Ansonsten ist mit Kosten von 20 bis 35 Euro zu rechnen. Wichtig ist dabei, auf die Saisonalität zu achten: Wird der Vitamin D-Spiegel im Sommer gemessen, ist ein Mangel im Winter nicht auszuschließen.
Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel
Empfohlen wird die Einnahme von Vitamin D-Nahrungsergänzungsmitteln, wenn ein Mangel nachgewiesen wurde.
In den Sommermonaten ist es nicht erforderlich, Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, wenn kein Verdacht auf einen Vitamin D-Mangel besteht. Für Menschen, die in den Sommermonaten wenig Sonne ausgesetzt sind oder weniger Vitamin D über die Haut bilden können, kann die Einnahme über Nahrungsergänzungsmittel in den Wintermonaten sinnvoll sein.
Mit dem Alter nimmt die Fähigkeit der Haut, Vitamin D zu bilden, ab. Wird zusätzlich viel Zeit in Innenräumen verbracht, beispielsweise aufgrund chronischer Krankheiten oder Immobilität, kommt es häufig zu einem Mangel an Vitamin D.
Bei der regelmäßigen Einnahme von Hormonen oder Medikamenten ist mit dem Hausarzt Rücksprache zu halten.
Überdosierungen sind nur durch eine dauerhaft überhöhte orale Zufuhr (über 100 µg pro Tag) möglich. Eine exzessive Sonneneinstrahlung führt nicht zu einer Überdosierung von Vitamin D.8 Von einer Überdosierung wird bei Serumwerten von mehr als 400 nmol/L gesprochen.
Vitamin D-Nahrungsergänzungsmittel aus der Drogerie enthalten zwischen 5 µg in Kombipräparaten und 100 µg in hochdosierten Nahrungsergänzungsmitteln. Alternativ gibt es Präparate, die im wöchentlichen Rhythmus eingenommen werden sollen und zwischen 125 – 175 µg Vitamin D enthalten. Die Präparate sind als Spray, Tropfen oder Tabletten erhältlich. Bei manchen Nahrungsergänzungsmitteln ist der Gehalt in internationalen Einheiten (i.E.) angegeben. Eine internationale Einheit entspricht 0,025 µg Vitamin D.
Nahrungsergänzungsmittel stellen damit eine Möglichkeit dar, einen Vitamin D-Mangel in den Wintermonaten zwischen November und März zu vermeiden.
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Autorin
Marieke Theil, M.Sc. hält einen Master of Science in Molecular Nutrition und hat sich in Gesundheitspsychologie weitergebildet. Im Rahmen ihrer Masterarbeit hat sie sich mit dem Einfluss verschiedener Ernährungsformen auf das kardiovaskuläre Risiko befasst. Damit verfügt sie über ein fundiertes Verständnis der Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen. [mehr]
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Quellen
- New Clues about Vitamin D Functions in the Nervous System – Autoren: Garcion, Emmanuel, Nelly Wion-Barbot, Claudia N Montero-Menei, François Berger, Didier Wion – Publikation: Trends in Endocrinology & Metabolism, 13.3 (2002), 100–105 – DOI: 10.1016/S1043-2760(01)00547-1
- Non-Linear Mendelian Randomization Analyses Support a Role for Vitamin D Deficiency in Cardiovascular Disease Risk – Autoren: Zhou, Ang, Joseph B Selvanayagam, Elina Hyppönen – Publikation: European Heart Journal, 2021, ehab809 – DOI: 10.1093/eurheartj/ehab809
- Vitamin D and Cardiovascular Disease – Autoren: Al, Mheid Ibhar, and Arshed A. Quyyumi – Publikation: Journal of the American College of Cardiology, 70.1 (2017), 89–100 – DOI: 10.1016/j.jacc.2017.05.031
- 1,25-Dihydroxyvitamin D3 Is a Negative Endocrine Regulator of the Renin-Angiotensin System – Autoren: Li, Yan Chun, Juan Kong, Minjie Wei, Zhou-Feng Chen, Shu Q. Liu, Li-Ping Cao – Publikation: The Journal of Clinical Investigation, 110.2 (2002), 229–38 – DOI: 10.1172/JCI15219
- Cardiac Hypertrophy in Vitamin D Receptor Knockout Mice: Role of the Systemic and Cardiac Renin-Angiotensin Systems – Autoren: Xiang, Wei, Juan Kong, Songcang Chen, Li-Ping Cao, Guilin Qiao, Wei Zheng et al. – Publikation: American Journal of Physiology-Endocrinology and Metabolism, 288.1 (2005), E125–32 – DOI: 10.1152/ajpendo.00224.2004
- Calcium-Independent and 1,25(OH)2D3-Dependent Regulation of the Renin-Angiotensin System in 1α-Hydroxylase Knockout Mice – Autoren: Zhou, Chunlei, Fengxiang Lu, Kejiang Cao, Di Xu, David Goltzman, Dengshun Miao – Publikation: Kidney International, 74.2 (2008), 170–79 – DOI: 10.1038/ki.2008.101
- Vitamin-D-Status von Erwachsenen in Deutschland – Robert Koch-Institut 2016 – DOI: 10.17886/RKI-GBE-2016-036
- Vitamin D (Calciferole) – Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Ernährung – URL: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/
- Natural Vitamin D Content in Animal Products – Autoren: Schmid, Alexandra, Barbara Walther – Publikation: Advances in Nutrition, 4.4 (2013), 453–62 – DOI: 10.3945/an.113.003780
- Vitamin D Deficiency – Autoren: Holick, Michael F. – Publikation: The New England Journal of Medicine, 357.3 (2007), 266–81 – DOI: 10.1056/NEJMra070553
- Human Serum 25-Hydroxycholecalciferol Response to Extended Oral Dosing with Cholecalciferol – Autoren: Heaney, Robert P, K Michael Davies, Tai C Chen, Michael F Holick, M Janet Barger-Lux – Publikation: The American Journal of Clinical Nutrition, 77.1 (2003), 204–10 – DOI: 10.1093/ajcn/77.1.204
- Vitamin D Status among Adults in Germany – Results from the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1) – Autoren: Rabenberg, Martina, Christa Scheidt-Nave, Markus A. Busch, Nina Rieckmann, Birte Hintzpeter, Gert Mensink – DOI: 10.25646/2015
- New Reference Values for Vitamin D – German Nutrition Society – Publikation: Annals of Nutrition & Metabolism, 60.4 (2012), 241–46 – URL: https://www.jstor.org/stable/48514606