Wallenberg-Syndrom ▷ Symptome, Ursachen, Behandlung und Prognose
In diesem Artikel:
Geschichte
Das Syndrom wurde erstmals 1808 vom schweizer Neurologen Dr. Gaspard Vieusseux beschrieben. Die Bezeichnung Wallenberg-Syndrom ist allerdings nach dem deutschen Internisten und Neurologen Prof. Dr. Adolf Wallenberg (1862-1949) benannt, der das Syndrom 1895 bei einem Patienten ebenfalls klinisch beschrieb, zusätzlich aber 1901 nach dem Tod dieses Patienten durch den Autopsiebefund eine genaue anatomische Beschreibung veröffentlichte.
Definition und Ursachen
Durch einen Verschluss oder eine hochgradige Enge der im Bereich des Hirnstammes gelegenen Arteria cerebelli inferior posterior oder der Arteria vertebralis entsteht das Wallenberg-Syndrom (Synonyme: Viesseaux-Wallenberg-Syndrom, Wallenberg-Foix-Syndrom, Dorsolaterales Medulla-oblongata- oder Arteria-cerebellaris-inferior-posterior-Syndrom).
Die dabei am häufigsten betroffene Arterie ist die A. vertebralis. Als Folge davon kommt es zu einem Infarkt der dorsolateralen Medulla oblongata als Teil des Hirnstamms.
Das Syndrom ist eine seltene Form des ischämischen Schlaganfalls.
Das Syndrom
Der Begriff Syndrom steht für eine charakteristische Kombination von Symptomen. Die Symptome entsprechen den jeweils betroffenen neurologischen Strukturen und sind demzufolge vielgestaltig.
Typisch für das Wallenberg-Syndrom sind
- gleichseitig (ipsilaterale) auftretende Zeichen, wie ein abgeschwächter Kornealreflex (Lidschluss bei Berühren der Hornhaut des Auges)
- Sensibilitätsstörung des Gesichts, Horner-Syndrom (vollständiges oder teilweises Herabhängen des Oberlides, Pupillenverengung, Einsinken des Augapfels in die Augenhöhle)
- Stimmbandlähmung
- Schluckstörung (Dysphagie)
- Gaumensegellähmung und
- Hemiataxie (Bewegungsstörungen einer Körperhälfte).
- Schwindel und Gleichgewichtsstörungen
Kontralateral (auf der Gegenseite) kann eine dissoziierte Sensibilitätsstörung (Störung der Temperatur- und Schmerzempfindung bei erhaltener Berührungsempfindung) am Körper (nicht im Gesicht) bestehen. Die herabgesetzte Schmerzempfindung kann zur Unterschätzung von Hitze mit der Gefahr von Verbrennungen führen.
Charakteristisch ist auch eine Fallneigung zur erkrankten Seite sowie ein ipsilateraler Nystagmus (kurze rhythmische Zuckungen oder Pendelbewegungen der Augen).
Behandlung
Ganz im Vordergrund steht die möglichst frühzeitig beginnende Behandlung der sehr beeinträchtigenden Schluckstörung durch eine Logopädin oder einen Logopäden. Hierbei handelt es sich um eine gezielte und qualifizierte Behandlung.
Eine 2006 durchgeführte Untersuchung bei 28 Patienten mit Schluckstörung bei Wallenberg-Syndrom konnte zeigen, dass nach der Schlucktherapie 21 Patienten wieder ohne wesentliche Einschränkungen schlucken konnten.1 Die Prognose ist somit als gut zu bezeichnen, auch bei schwerer und längere Zeit bestehende Schluckstörung.
Ebenfalls möglichst rasch nach dem Schlaganfall sollte die Physiotherapie zum Einsatz kommen und konsequent durchgeführt werden.
- Bei Schluckbeschwerden und Sprechstörungen sind zunächst eine Magensonde sowie die qualifizierte Sprech- und Schlucktherapie notwendig.
- In einigen Fällen können Medikamente bei der Verringerung oder Beseitigung von Schmerzen helfen.
- Die geringe Größe der betroffenen Arterien eignet sich nur bedingt zur operativen Rekanalisation.
- Eine Schlaganfall-Rezidiv-Prophylaxe ist immer notwendig. Dabei ist eine Behandlung der Risikofaktoren entscheidend. Die Patienten werden oft dauerhaft auf eine medikamentöse Behandlung mit niedrig dosiertem Aspirin (ASS) eingestellt, um das Risiko eines weiteren Schlaganfalls zu minimieren.
- Unter Umständen (z. B. bei Vorhofflimmern) kommt auch eine langfristige Behandlung mit Gerinnungshemmern (Antikoagulantien) vor.
- Weitere Medikamente können sinnvoll sein, um einen Bluthochdruck oder andere Risikofaktoren, die mit Schlaganfällen assoziiert sind, zu unterdrücken
- Eine Lebensstiländerung verbessert dabei (wie in der Primärprophylaxe) die Prognose.
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Prognose
Die Aussichten für Betroffene mit Wallenberg-Syndrom hängen von der Größe und Lage des durch den Schlaganfall geschädigten Gebietes ab. Bei einigen Personen ist, u.a. durch Rekanalisation, ein Rückgang der Symptome innerhalb von Wochen oder Monaten zu beobachten. Insgesamt ist die Prognose hinsichtlich einer Besserung gut.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autor
unter Mitarbeit von Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen
Dr. med. Mark Dankhoff ist Facharzt für Allgemeinmedizin, Ernährungsmedizin, Diabetologische Grundversorgung, Hypertensiologie DHL, Adiposiologie DAG/AGA/DDG, Adipositas-Trainer AGA, Medizinischer Berater. Sein Schwerpunkt ist die Prävention und Therapie von kardiovaskulären Risikofaktoren und Erkrankungen. Seit 2021 ist er als Medical Advisor freiberuflich tätig. Dr. med. Mark Dankhoff ist Gründungsmitglied des „Im Puls. Think Tank Herz-Kreislauf e.V.“. [mehr]
Quellen
- Hölling, Ralf (2006): Schluckstörung bei Wallenberg-Syndrom. Störungsmuster und Outcome. Dissertation. LMU München: Medizinische Fakultät – URL: https://edoc.ub.uni-muenchen.de/5036/
- H.-C. Hopf: Erkrankungen der Hirnnerven. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2006. ISBN 3-13-140111-7.
- Juline Hagemann: Schluckstörungen beim Wallenberg-Syndrom. Studien und Therapieansätze. Grin Verlag, München, 2016. ISBN 9783668352995.
- Adolf Wallenberg: Akute Bulbäraffektion (Embolie der Art. cerebellar. post. inf. sinistra) In: Arch. Psychiat. Nervenkr., 27, 1895
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