Renale Denervierung ▷ Voraussetzungen, Nebenwirkungen, Prognose und Kosten
In diesem Artikel:
- Was ist eine renale Denervierung?
- Voraussetzungen
- Nebenwirkungen
- Prognose
- Durchführende Zentren
- Kostenübernahme
Grundlagen
Bluthochdruck (Hypertonus bzw. Hypertonie) ist einer der stärksten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein über einen längeren Zeitraum deutlich erhöhter Blutdruck kann zu Organschäden wie Pumpschwäche des Herzens (Herzinsuffizienz), Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenfunktionseinschränkung oder zu Durchblutungsstörungen der Augen führen.
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Daher ist es wichtig, den Blutdruck bei Betroffenen in einen akzeptablen Bereich zu senken (siehe: Bluthochdruck). Dieses geschieht in erster Linie mit Hilfe blutdruckwirksamer Medikamente (siehe: Blutdrucksenker).
Patienten, bei denen trotz Einnahme mehrerer Medikamente keine ausreichende Blutdrucksenkung erzielt werden kann oder die ein hohes Herzinfarkt- bzw. Schlaganfallrisiko haben, bei Diabetikern sowie auch nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall kommen unter Umständen für die Renale Denervierung infrage.
Verfahren: Was ist eine renale Denervierung?
Das Verfahren wirkt an den Nieren, beziehungsweise an den Arterien, durch die das Blut in die Nieren fließt. Hier enden Fasern des vegetativen Nervensystems (Sympathikus). Über diese Verbindung steuert das Zentralnervensystem u.a. den Blutdruck.
Je stärker die Nervenaktivität, desto höher der Druck in den Adern. Werden die Nerven ausgeschaltet, kann der Blutdruck sinken. Dass die Nieren auch ohne diese Nerven gut funktionieren, zeigt sich bei Nierentransplantationen, denn dabei arbeiten die Spendernieren auch ohne diese Nerven.
Hierbei wird bei lokaler Anästhesie ein Katheter durch eine Leistenarterie eingeführt und durch die Hauptschlagader (Aorta abdominalis) bis in die Nierenarterie (A. renalis) geschoben (s. Bild). Dort wird kurzzeitig Wärmeenergie mittels Radiofrequenzwellen abgegeben, um die Nerven zu veröden, die um die Arterie verlaufen. Man spricht hierbei auch von der sog. Ablation der Nierennerven.
Dieser Vorgang wird in der Regel fünf- bis sechsmal wiederholt und in gleicher Weise an der Nierenarterie der gegenüberliegenden Seite durchgeführt. Insgesamt dauert der Eingriff ca. 40 bis 60 Minuten.
Das gesamte Verfahren wird in einem Katheterlabor im Rahmen eines kurzfristigen stationären Krankenhausaufenthaltes durchgeführt. Zur schmerzarmen Einführung des Katheters muss lediglich eine Lokalanästhesie (örtliche Betäubung) der Leistengegend durchgeführt werden; eine Vollnarkose ist nicht erforderlich.
Voraussetzungen
Voraussetzungen für die Behandlung mittels Renaler Denervierung sind:
- Blutdruck trotz Einnahme von mindestens drei verschiedenen Antihypertonika weit oberhalb des Zielbereichs (systolischer Wert über 160 mmHg bzw. über 150 mmHg bei bestehendem Diabetes mellitus)
- gesicherter therapieresistenter Bluthochdruck in der 24-Stunden-Messung
- ausreichend gute Nierenfunktion
- geeignete Durchmesser der Nierenarterien
- Ausschluss relevanter Nierenarterienverengungen
- Ausschluss einer heil- bzw. behandelbaren Bluthochdruckursache (sog. sekundärer Hypertonus) wie z.B. Phäochromozytom (Tumor des Nebennierenmarks), Conn-Syndrom (Tumor der Nebennierenrinde), Nierenarterienstenose oder Schlafapnoe
Diese Untersuchungen können von niedergelassenen Fachärzten (Angiologen, Nephrologen, Kardiologen) oder in angiologischen Ambulanzen durchgeführt werden.
Mögliche Nebenwirkungen
Das Verfahren ist komplikationsarm, wobei Nebenwirkungen natürlich trotzdem möglich sind.
- Übelkeit und Erbrechen
- Probleme mit der Verwendung von Schmerz- oder Beruhigungsmitteln während oder nach dem Eingriff
- Schmerzen und Blutergüsse (Hämatome) an der Katheter-Einstichstelle in der Leistengegend
- Verletzungen an der Niere, die aber noch während des Eingriffs behandelt werden können
- Herzrhythmusstörungen
- Gefäßverletzungen, die einen chirurgischen Eingriff erforderlich machen
- Embolie (Bildung und Ablösung eines Blutgerinnsels)
Nachbeobachtungen über einen Zeitraum von drei Jahren haben keine langfristigen Nebenwirkungen an den Nierengefäßen ergeben.
Prognose
Bis der vollständige Effekt der Behandlung eintritt, vergehen unter Umständen Tage und Wochen, manchmal sogar Monate.
Im Jahr 2022 wurden die Langzeitergebnisse auf dem Kongress des American College of Cardiology vorgestellt und veröffentlicht. Die Veränderungen des systolischen und diastolischen 24-Stunden-Blutdrucks zeigten über 36 Monate eine dauerhafte Senkung: der mittlere systolische Blutdruck nach Renaler Denervierung war durchschnittlich um 18,7 mm Hg gesunken; der mittlere diastolische Blutdruck war ebenfalls signifikant niedriger (-5,9 mm Hg).
Erfahrungen zeigen, dass die Renale Denervierung bei etwa 70 Prozent der bisher behandelten Menschen mit Bluthochdruck wirkt, bei 30 Prozent nicht. Warum das so ist, konnte noch nicht abschließend geklärt werden; eventuell liegen in diesen Fällen andere Ursachen des Bluthochdrucks vor oder der Nerv ist bei der Verödung nicht richtig getroffen worden.
Durchführende Zentren
Die renale Denervierung sollte in einem zertifizierten RDN-Zentrum stattfinden.
Hierfür haben die Deutsche Hochdruckliga e.V., die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. und die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. ein Zertifizierungsprogramm erstellt. Die Zertifizierung eines Zentrums stellt sicher, dass die renale Denervierung dort entsprechend dem aktuellen medizinischen Kenntnisstand und den Empfehlungen der Experten leitliniengerecht durchgeführt wird.
Derzeit gibt es deutschlandweit spezialisierte und zertifizierte RDN-Zentren, die über besonders große Erfahrung mit dieser Technik verfügen.
Kostenübernahme
Bislang gehört die Renale Denervierung nicht zur Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen. Viele Experten für Bluthochdruck sehen aber die dringende Notwendigkeit, die Therapiemöglichkeiten zu erweitern und setzen sich für die Zertifizierung weiterer qualifizierter Zentren (s.o.) ein.
Da es sich seitens der Krankenkassen derzeit noch um sog. „Einzelfallentscheidungen“ handelt, sollten sich Betroffene daher an ihren behandelnden Arzt wenden, der sie bei Notwendigkeit einer RDN-Therapie bzgl. der Kostenübernahme durch den Kostenträger unterstützen kann.
Es ist allerdings davon auszugehen, dass die RDN in naher Zukunft in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen überführt wird.
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Autor
Dr. med. Mark Dankhoff ist Facharzt für Allgemeinmedizin, Ernährungsmedizin, Diabetologische Grundversorgung, Hypertensiologie DHL, Adiposiologie DAG/AGA/DDG, Adipositas-Trainer AGA, Medizinischer Berater. Sein Schwerpunkt ist die Prävention und Therapie von kardiovaskulären Risikofaktoren und Erkrankungen. Seit 2021 ist er als Medical Advisor freiberuflich tätig. Dr. med. Mark Dankhoff ist Gründungsmitglied des „Im Puls. Think Tank Herz-Kreislauf e.V.“. [mehr]
Quellen
- Akademie Niere (Hrsg.): Lehrbuch für Nieren- und Hochdruckkrankheiten 2023. Verlag Pabst Science Publishers, 2023. ISBN 978-3-95853-835-1.
- Halbach M, Boer J, Böhm M et al.: Kommentar zum Konsensuspapier zur renalen Denervation der Arbeitsgruppe Hypertonie der European Society of Cardiology (ESC) und der European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI). Kardiologie (2023). https://doi.org/10.1007/s12181-023-00618-z.
- Heuser RR, Schlaich MP, Hering D, Bertog SC: Renal Denervation – Treatment and Device-Based Neuromodulation. Verlag Springer, Cham, 2. Auflage, 2024. ISBN 978-3-031-38933-7.
- Kandzari DE, Böhm M, Mahfoud F et al.: Effect of renal denervation on blood pressure in the presence of antihypertensive drugs: 6-month efficacy and safety results from the SPYRAL HTN-ON MED proof-of-concept randomised trial. Lancet 2018; 391: 2346–55.
- Mahfoud F., Galle J., Schunkert H. et al.: Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK), der Deutschen Hochdruckliga e. V. DHL®/Deutschen Gesellschaft für Hypertonie und Prävention und der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) zur Zertifizierung von „Renale-Denervations-Zentren (RDZ)“ – Update. Kardiologe 15, 463-470 (2021), https://doi.org/10.1007/s12181-021-00492-7.
- Mahfoud F, Kandzari DE, Kario K et al.: Long-term efficacy and safety of renal denervation in the presence of antihypertensive drugs (SPYRAL HTN-ON MED): a randomised, sham-controlled trial. Lancet 2022. Published: April 04, 2022. DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(22)00455-X.
- Mann J: Nierenerkrankungen: Was Ihre Nieren schützt und stärkt. Verlag TRIAS, 2. Auflage, 2014. ISBN 9783830480266.
- Weil J: Renale Denervation – Phoenix aus der Asche. Aktuelle Kardiologie 2022; 11(02): 154-160. DOI: 10.1055/a-1693-2156.