Wortfindungsstörungen ▷ Schlaganfall-Folgen

Menschen mit Wortfindungsstörungen haben Probleme, das “passende Wort” zu finden und in einen sinnvollen Zusammenhang zu setzen (Foto: imtmphoto | Shutterstock)
In diesem Artikel:
- Wie äußern sich Wortfindungsstörungen?
- Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
- Ursachen
- Diagnose
- Behandlung
- Prognose
- Vorbeugung
- Was können Sie als Patient selbst tun?
Wie äußern sich Wortfindungsstörungen?
Menschen mit Wortfindungsstörungen haben Probleme, das “passende Wort” zu finden und in einen sinnvollen Zusammenhang zu setzen.1 Der Betroffene sucht nach passenden Worten, oft mit vielen Umschreibungen. Hierdurch kann es zu längeren Pausen im Gespräch kommen. Bei einer Schädigung des Sprachzentrums im Gehirn kann eine Wortfindungsstörung auftreten.
Diese Form der Sprachstörung wird amnestische Aphasie genannt und kann als alleinige Störung auftreten.
Allgemein beschreibt der Begriff Aphasie eine Störung des Sprachausdrucks. Betroffen ist oft nicht nur die Sprachproduktion, sondern auch das Sprachverständnis, wenn auch möglicherweise nicht so vordergründig. Auch das Lesen (Alexie), Schreiben (Agraphie) und Rechnen (Akalkulie) können gleichzeitig gestört sein.
Auch Kinder können unter Wortfindungsstörungen leiden. Man spricht in diesem Fall von kindlichen Wortfindungsstörungen, die auch Abrufstörungen genannt werden. Sie gehören zu den häufigsten Sprachstörungen bei Kindern.
Untersuchungen ergaben, dass bei 27 – 30 Prozent der Grundschüler und 37 – 63 Prozent der Schüler an Sprachheil- und Lernförderschulen solche Störungen vorkommen.3
Was sind die Ursachen von Wortfindungsstörungen?
Meist sind Schädigungen der in der Großhirnrinde liegenden Sprachareale für Wortfindungsstörungen verantwortlich. Drogen und Alkohol können ebenfalls zu vorübergehenden Wortfindungsstörungen führen. Auch unterschiedliche akute sowie chronische Erkrankungen können verantwortlich sein.4
Hierzu zählen:
- Schlaganfälle (Hirninfarkt, Hirnblutung)
- Enzephalitis (Gehirnentzündung)
- Schwere Depression und Psychosen mit wahnhaften Störungen
- Schädel-Hirn-Trauma
- Tumore des Gehirns
- Demenz-Erkrankungen, wie z.B. Alzheimer-Demenz
- Konzentrations- oder Gedächtnisschwäche
- Chronischer Stress (kann die Konzentration schwächen und zu Gedächtnisproblemen führen, die mit Wortfindungsstörungen einhergehen können)
- Entwicklungsstörungen bei Kindern
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Treten anhaltende Wortfindungsstörungen auf, muss in jedem Fall medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden, da ernstzunehmende Erkrankungen verantwortlich sein können. Ansprechpartner sind Neurologen und Hausärzte, bei “schlagartigem” Auftreten sollte umgehend der Rettungsdienst verständigt werden.
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Es kann auch vorkommen, dass gerade bei älteren Menschen z.B. nach der Einnahme von Beruhigungs- oder Schlafmitteln, nach Operationen in Vollnarkose oder nach einer schweren Gehirnerschütterung Probleme mit der Wortfindung auftreten. Auch bei diesen meist vorübergehenden Störungen ist eine ärztliche Untersuchung sinnvoll.
Wie können Wortfindungsstörungen diagnostisch eingeordnet werden?
Voraussetzung für eine geeignete Therapie ist eine möglichst eindeutige Diagnose. Es geht um die Klärung der Ursache der Wortfindungsstörung. Nach einer eingehenden allgemeinärztlichen, oft auch neurologischen und/oder psychiatrischen Untersuchung wird in vielen Fällen eine Bildgebung des Gehirns durch computer- oder kernspintomographische Untersuchungen (CT, MRT) durchgeführt.6
Wie werden Wortfindungsstörungen behandelt?
Nach der Durchführung spezifischer Tests zur Einordnung von Art und Schwere der Sprachstörung durch Sprachtherapeuten bzw. Logopäden wird das weitere therapeutische Vorgehen festgelegt. Zunächst werden Benenntests und Sprachverständnistests u.a. durchgeführt, zudem erfolgt die Überprüfung von schriftlichen Leistungen, Leseleistung und Lese-Sinn-Verständnis.7
Danach wird ein individuell angepasster Behandlungsplan erstellt. Die Sprachtherapie muss meist über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden und sollte mehrmals pro Woche stattfinden.
Eine britische Studie8 konnte 2017 zeigen, dass Wortfindungsstörungen bei Kindern teilweise durch schlechtes Wissen um die Bedeutungen von Wörtern, Begriffen und deren Zusammenhänge entstehen. Durch Verbesserung dieses sogenannten semantischen Wissens konnten Wortfindungsstörungen bei Kindern reduziert werden, die Kinder kamen im Alltag besser zurecht.
Aussicht und Prognose
Leidet der Betroffene anhaltend unter Wortfindungsstörungen, kann dies mit schweren Einschränkungen im Alltag und Hilfe durch andere verbunden sein.
Telefonieren oder das Einkaufen in einem Laden können unüberwindbare Hürden werden. Bei schweren Wortfindungsstörungen kann es für den Betroffenen unmöglich werden, Wünsche und Bedürfnisse zu äußern.
Die Therapie von Wortfindungsstörungen ist je nach Ursache mit einem hohen Zeit- und Geduldbedarf verbunden, besonders wenn Schädigungen von Hirnstrukturen vorliegen.
Auch für Kinder sind Wortfindungsstörungen sehr belastend, da sie dadurch in der Schule häufig Opfer von Mobbing oder Ausgrenzung werden. Eine frühzeitig eingeleitete Sprachtherapie und Sprachförderung kann hier jedoch oft gute Abhilfe schaffen.7
Kann man Wortfindungsstörungen vorbeugen?
Die Vorbeugung (Prophylaxe) von Wortfindungsstörungen ist nicht möglich, da sie meistens durch andere Erkrankungen, wie z.B. einen Schlaganfall verursacht werden. Man kann jedoch versuchen, Risikofaktoren zu beseitigen oder zu behandeln, welche das Schlaganfallrisiko erhöhen. Dazu zählen u.a. Rauchen, Bluthochdruck und Übergewicht. Außerdem sollte darauf geachtet werden, sich ausreichend zu bewegen und einen gesunden Lebensstil zu pflegen.
Was können Sie als Patient selbst tun?
Wortfindungsstörungen müssen nicht unbedingt etwas Krankhaftes sein. Jeder kann einmal mit der Schwierigkeit konfrontiert werden, das richtige Wort im Gespräch zu finden. Das ist normal und altersunabhängig.
Wenn Sie aber bemerken, dass Sie mit zunehmendem Alter Schwierigkeiten mit der Wortfindung entwickeln, sollten Sie nach ärztlicher Klärung der Ursache Gedächtnistraining betreiben.
Wie bereits erwähnt, können Stress und Hektik ebenfalls Wortfindungsstörungen provozieren. Wenn Sie häufiger unter Stress leiden und in dieser Situation Sprachstörungen bemerken, sollten Sie versuchen, durch verschiedene Methoden dem Stress entgegenzuwirken. Hierbei können z.B. Entspannungsmethoden (progressive Muskelentspannung, Meditation) oder Ausdauersportarten helfen. Auch ausreichender Schlaf ist sehr wichtig.
Sind Sie bereits in Sprachtherapie, sollten Sie die Übungen des Logopäden auch regelmäßig selbstständig zu Hause durchführen.
Sie haben eine Frage zu den Wortfindungsstörungen oder zu den anderen Folgen eines Schlaganfalls? Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen und Angehörigen in unserem Forum aus.
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Autorin
unter Mitarbeit von stud. med. Sedef Kuecuekuncular
Dr. med. Christina Rückert ist Fachärztin für Neurologie und Geriatrie und arbeitete mehr als 10 Jahre als Oberärztin an der Oberschwabenklinik in Ravensburg. Ihre berufliche Tätigkeit beinhaltete auch die stellvertretende ärztliche Leitung der Zentralen Notaufnahme. Seit Juli 2021 ist sie gemeinsam mit ihrem Mann – ebenfalls Facharzt für Neurologie – in eigener Praxis in Rothenburg ob der Tauber niedergelassen. Ein Schwerpunkt ihrer ambulanten Tätigkeit ist die Nachsorge von Patienten nach einem Schlaganfall. [mehr]Sie erhalten von uns regelmäßig und kostenlos aktuelle Informationen rund um den Schlaganfall.
Quellen
- Logopädische Diagnostik der Wortverarbeitung bei Kindern mit umschriebener Sprachentwicklungsstörung – Autoren: Siegmüller, J., J. Beier – Publikation: Sprache · Stimme · Gehör, 40.02 (2016), 76–81 – DOI: https://doi.org/10.1055/s-0042-100716
- Wortfindungsstörung – Ursachen, Behandlung & Hilfe – URL: https://medlexi.de/Wortfindungsst%C3%B6rung
- Therapie von Kindlichen Wortfindungsstörungen Nach Dem Patholinguistischen Therapieansatz – Researchgate – URL: https://www.researchgate.net/publication/242782575_Therapie_von_Kindlichen_Wortfindungsstorungen_nach_dem_Patholinguistischen_Therapieansatz
- Word-Finding Difficulty: A Clinical Analysis of the Progressive Aphasias – Autoren: Jonathan D. Rohrer, William D. Knight, Jane E. Warren, Nick C. Fox, Martin N. Rossor, Jason D. Warren – Publikation: Brain. 2008 Jan; 131(Pt 1): 8–38 – DOI: 10.1093/brain/awm251
- Sprachstörung / Aphasie | Spontansprache – Sprachtherapie Intensiv – URL: https://www.sprachtherapie-intensiv.de/aphasie/
- Störungen des Wortschatzes – dbl – Deutscher Bundesverband für Logopädie e. V.
- Die Wortfindungsstörung – NeuroNation – URL: https://blog.neuronation.com/de/die-wortfindungsstorung/
- Effectiveness of Semantic Therapy for Word-Finding Difficulties in Pupils with Persistent Language Impairments: A Randomized Control Trial – Autoren: Susan H Ebbels, Hilary Nicoll, Becky Clark, Beth Eachus, Aoife L Gallagher, Karen Horniman, Mary Jennings, Kate McEvoy, Liz Nimmo, Gail Turner – Publikation: Int J Lang Commun Disord. Jan-Feb 2012;47(1):35-51. – DOI: https://doi.org/10.1111/j.1460-6984.2011.00073.x