Hilft Aerobic gegen eine Beeinträchtigung der Denkleistung? ▷ Studie
In diesem Artikel:
Hintergrund der Studie
Glücklicherweise hat sich die medizinische Versorgung so weit verbessert, dass ein Schlaganfall in vielen Fällen nicht mehr tödlich endet. Aufgrund der vielen Überlebenden nimmt aber auch die Anzahl derjenigen zu, die mit den Folgen eines Schlaganfalls leben müssen.
Zu den Folgen gehören unter anderem kognitive Beeinträchtigungen wie eine Demenz. Nach einer Alzheimer-Erkrankung sind die Gefäßschädigungen im Gehirn nach einem Schlaganfall die häufigste Ursache für eine Demenz-Erkrankung. Durchschnittlich 30 Prozent der Überlebenden eines Schlaganfalls leiden anschließend unter einer sogenannten vaskulären Demenz.
Sport wirkt Bluthochdruck, Diabetes mellitus, hohen Cholesterinwerten und Übergewicht entgegen, welche allesamt Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen darstellen. Darüber hinaus verbessert Sport auch die Gehirngesundheit.
In mehreren Studien wurde daher untersucht, ob eine sportliche Betätigung messbar Gehirnleistungen bei Menschen, die Gefäßschädigungen im Gehirn aufweisen, steigert. Ziel dieser Metaanalyse war es, die Ergebnisse dieser Studien zusammenzufassen.
Was ist Aerobic?
Unter “Aerobic” versteht sich das Ausüben von aerobischen Bewegungen. Das heißt, dass Sauerstoff benutzt wird, um Kohlenhydrate für die Energiegewinnung zu verbrauchen. Das geschieht bei leicht bis moderat anstrengender sportlicher Betätigung, wie beispielsweise bei der Ausführung rhythmischer Bewegungen, beim Radfahren oder Walken.
Methodik der Studie
Bei der Studie1 handelt es sich um eine sogenannte Metaanalyse. Bei einer Metaanalyse werden die Daten aller passenden Studien ausgewertet. Aufgrund der Menge an Daten gelten Metaanalysen als Goldstandard in der Naturwissenschaft.
Die Qualität der einzelnen Studien überprüften geschulte WissenschaftlerInnen aus China nach einem standardisierten Schema. Für diese Metaanalysen werteten die AutorInnen die Daten von insgesamt 11 Studien aus. Damit ließen sich Daten von 1.038 PatientInnen zusammentragen.
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Das durchschnittliche Alter der Teilnehmenden lag bei 71 Jahren. Die Intensität des Trainings unterschied sich zwischen den Studien. In einer Studie machten die Teilnehmenden bei einem leichten Training mit. In den restlichen Studien war das Training moderat bis intensiv. Die Häufigkeit des Trainings betrug 3 – 7 Mal die Woche und das gesamte Sportprogramm dauerte zwischen 1 – 18 Monaten.
Die Messung der kognitiven Fähigkeiten wurde mit einer Reihe von Testungen durchgeführt. Zum einen testeten die ForscherInnen, wie gut die Teilnehmenden Sachverhalte verstehen und wiedergeben konnten. Außerdem wurde das soziale Verhalten, die Fähigkeit, Probleme zu lösen und das Gedächtnis evaluiert. Aber auch Fähigkeiten wie die visuell-räumliche Verarbeitung und das Leseverstehen wurden untersucht.
Ergebnisse
Die Studie zeigte, dass Aerobic-Übungen die Denkleistung bei Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen verbesserten. Dabei beobachteten die ForscherInnen, dass sich moderates Training sogar etwas besser auszuwirken scheint als das intensive Training. Das leichte Training schien die kognitiven Fähigkeiten nicht messbar zu verbessern.
Bei denjenigen, bei denen die Denkleistung durch eine Gefäßschädigung nicht beeinträchtigt waren, verbesserte das Aerobic die Denkleistung nicht zusätzlich.
Einordnung
Dass sich Sport positiv auf die Gehirnleistung auswirkt, erklären die ForscherInnen damit, dass durch Sport mehr Wachstumsfaktoren gebildet werden.
Wachstumsfaktoren sind Signalstoffe, die das Wachstum und die Ausreifung von Zellen beeinflussen. Gleichzeitig wird die Bildung und Vernetzung von Nervenzellen angetrieben. Das geschieht insbesondere im Hippocampus, einer Region im Gehirn, die für die Gedächtnisbildung zuständig ist. Einer der bedeutenden Wachstumsfaktoren ist der Wachstumsfaktor BDNF. Die Konzentration dieses Wachstumsfaktors im Blut einer Person geht mit der Fähigkeit einher, den Alltag zu bestreiten.2
Moderates Training scheint sich am besten auf die Gehirnleistung auszuwirken. Verschiedene WissenschaftlerInnen fanden heraus: Je intensiver und länger das Training ist, umso positiver wirkt sich dieses auf die Gehirngesundheit aus.
Bei einem intensiven Training könnte die Motivation der Teilnehmenden nachgelassen haben. Leichtes Aerobic hingegen könnte bei den Teilnehmenden nicht genügend Wachstumsfaktoren ausgeschüttet haben, sodass keine messbaren Veränderungen im Gesamtwert auftraten.
Allerdings zeigte diese Studie, dass sich trotz dessen die Geschwindigkeit der Denkprozesse und das Arbeitsgedächtnis verbesserte. Das Arbeitsgedächtnis sorgt dafür, dass Menschen sich mehrere Sachen gleichzeitig merken können und bereits bestehende Informationen mit neuem Wissen verknüpfen können. Deshalb ist leichtes Training gegenüber gar keinem Training eindeutig vorzuziehen.
Fazit
Aerobic könnte die Denkleistung bei Menschen mit beeinträchtigten kognitiven Fähigkeiten verbessern. Neben der Intensität des Trainings ist aber auch die Motivation für den Umfang der positiven Effekte entscheidend.
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Autorin
Marieke Theil, M.Sc. hält einen Master of Science in Molecular Nutrition und hat sich in Gesundheitspsychologie weitergebildet. Im Rahmen ihrer Masterarbeit hat sie sich mit dem Einfluss verschiedener Ernährungsformen auf das kardiovaskuläre Risiko befasst. Damit verfügt sie über ein fundiertes Verständnis der Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen. [mehr]
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Quellen
- Cognitive Gains of Aerobic Exercise in Patients With Ischemic Cerebrovascular Disorder: A Systematic Review and Meta-Analysis – Autoren: Shu, Yimei, Qing He, Yi Xie, Wanrong Zhang, Shuang Zhai, and Ting Wu – Publikation: Frontiers in Cell and Developmental Biology, 8 (2020) – DOI: 10.3389/fcell.2020.582380
- Brain-Derived Neurotrophic Factor Correlates with Functional and Cognitive Impairment in Non-Disabled Older Individuals – Autoren: Navarro-Martínez, Rut, Julio Fernández-Garrido, Cristina Buigues, Elena Torralba-Martínez, Mary Martinez-Martinez, Yolanda Verdejo et al. – Publikation: Experimental Gerontology, 72 (2015), 129–37 – DOI: 10.1016/j.exger.2015.10.001