Mikroangiopathie des Gehirns ▷ Folgen, Behandlung, Prognose
In diesem Artikel:
- Was ist eine Mikroangiopathie?
- Wie kommt es zu einer Mikroangiopathie?
- Risikofaktoren
- Welche Folgen hat eine Mikroangiopathie?
- Behandlung
- Prognose und Lebenserwartung
Was ist eine Mikroangiopathie?
Als Mikroangiopathie (von altgriechisch mikrós“- klein, angeío – Gefäß, pathos – Leiden; engl.: microangiopathy, microvascular disease, small vessel disease) bezeichnet man eine Schädigung von kleinen und kleinsten Arterien.
Diese meist arteriosklerotischen Gefäßveränderungen finden sich überwiegend im Gehirn, in den Augen, den Nieren und in peripheren Nerven.
Die Makroangiopathie hingegen beschreibt Erkrankungen der großen Arterien im Gehirn, am Herzen (Herzkranzarterien), an der Bauchschlagader (Aorta) und an den Beinen.
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Wie kommt es zu einer Mikroangiopathie?
Die Ursachen (Ätiologie) einer Mikroangiopathie sind äußerst vielseitig. Mikroangiopathien können eigenständige Krankheiten sein, jedoch liegen in den meisten Fällen bestimmte Risikofaktoren bzw. Grunderkrankungen vor, die Mikroangiopathien begünstigen bzw. zur Folge haben, z.B.:
- arterielle Hypertonie
- Stoffwechselerkrankungen, insb. Diabetes mellitus (diabetische Mikroangiopathie: diabetische Retinopathie, diabetische Nephropathie, diabetische Neuropathie) sowie Hypercholesterinämie
- Nikotinabusus
- Gerinnungsstörungen, z.B. thrombotische Mikroangiopathie: Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS), Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP), Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC)
- Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes, Sklerodermie, Dermatomyositis
- Neoplasien (gut- oder bösartige Neubildungen von Körpergewebe), z.B. Plasmozytom, Polyglobulie, Morbus Waldenström
- CADASIL (Cerebral Autosomal Dominant Arteriopathy with Subcortical Infarcts and Leukoencephalopathy), eine erbliche zerebrovaskuläre Erkrankung mit rezidivierenden ischämischen Schlaganfällen und fortschreitenden kognitiven Defiziten
Risikofaktoren
Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie und Nikotinabusus (s.o. unter Ursachen) gelten, wie auch bei vielen anderen kardio-vaskulären Erkrankungen, bei der Mikroangiopathie als Hauptrisikofaktoren, wobei der arteriellen Hypertonie eine besondere Bedeutung zugeschrieben wird.
Welche Folgen hat eine Mikroangiopathie?
In Abhängigkeit von den zugrunde liegenden Erkrankungen sind unterschiedliche Abläufe der Krankheitsprozesse für die Gefäßveränderungen bzw. -verschlüsse verantwortlich.
Betroffen sind vor allem:
- die Haut durch Ulzera (Geschwüre), subkutane Knötchen (lat. sub cutis: unter der Haut), Erytheme (sichtbare Hautrötungen, palpable Purpura (tastbare Kapillarblutungen in der Haut)
- die Nieren (glomeruläre Nierenerkrankung, Niereninsuffizienz)
- die Augen (Retinopathie, Blindheit)
- die Leber (venöse Verschlusskrankheit)
- das Gehirn (zerebrale entzündlich-rheumatische Gefäßerkrankungen mit chronischen neurologischen Defiziten, Demenz, Schlaganfall)
- das Herz (Herzinsuffizienz als Folge einer chronischen Durchblutungsstörung und Muskelzerstörung) oder
- die (unteren) Extremitäten (Gangrän: Absterben von Gewebe durch länger andauernde Durchblutungsstörungen, z.B. bei diabetischer Mikroangiopathie oder einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, der sog. pAVK).
Diagnostik
Die Diagnostik bei Verdacht auf Mikroangiopathie kann zum einen mittels Biopsie (Entnahme mit nachfolgender Untersuchung von Zellen oder Gewebe aus einem auffällig veränderten Körperbereich) oder durch Funktionsüberprüfung der beteiligten Organe erfolgen (z.B. Niere, Leber, Augenhintergrund).
Zum anderen können zirkulatorische Vorgänge der Endstrombahnen der Gefäße direkt mikroskopisch in der Haut beobachtet werden.
Behandlung
Die Therapien orientieren sich an den jeweiligen Grunderkrankungen bzw. den führenden Risikofaktoren.
Bei Letzteren sind daher angezeigt:
- Blutdrucknormalisierung durch Stressreduktion, salzarme Kost, regelmäßige Bewegung, medikamentöse Behandlung mit Antihypertensiva
- Blutzuckernormalisierung durch Ernährungsumstellung (weniger Kohlenhydrate/Zucker), regelmäßige Bewegung, medikamentöse Behandlung mit Antidiabetika
- Cholesterinsenkung durch fettmodifizierte Ernährung, regelmäßige Bewegung, medikamentöse Therapie mittels Blutfettsenkern (CSE-Hemmern)
- Einstellung des Nikotinkonsums (ggf. unter Zuhilfenahme eines Nichtrauchertrainings)
Prognose und Lebenserwartung
Mikroangiopathien entstehen meist schleichend. Über Jahre und Jahrzehnte hinweg verengen sich z. T. mikroskopisch kleine Blutgefäße, so dass die Patientinnen und Patienten zunächst noch keine wesentlichen Einschränkungen wahrnehmen. Im Alter von 40 Jahren kann es zu ersten Verengungen kommen, die aber erst jenseits des 60. Lebensjahres spürbare Folgen zeigen.
Grundsätzlich sind Zeitpunkt und Art der Einschränkungen abhängig von der jeweiligen Grunderkrankung (s.o. unter Ursachen).
Auch die Lebenserwartung hängt sehr stark vom Zeitpunkt der Diagnose, dem Alter bei der Diagnose und weiteren persönlichen Umständen wie möglichen Grund- und Begleiterkrankungen ab.
Das Risiko von zerebralen Mikroangiopathien, die zu Schlaganfällen und Demenz führen können, lässt sich durch gezielte Prävention verringern. Hier gelten die gleichen Ratschläge wie auch bei anderen Gefäßerkrankungen: Ausdauersport und gesunde Ernährung zählen zu den vorbeugenden Hilfsmitteln, während Übergewicht, Rauchen, Diabetes und Bluthochdruck zu den Risikofaktoren zählen (s.o. unter Therapie).
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Autor
Dr. med. Mark Dankhoff ist Facharzt für Allgemeinmedizin, Ernährungsmedizin, Diabetologische Grundversorgung, Hypertensiologie DHL, Adiposiologie DAG/AGA/DDG, Adipositas-Trainer AGA, Medizinischer Berater. Sein Schwerpunkt ist die Prävention und Therapie von kardiovaskulären Risikofaktoren und Erkrankungen. Seit 2021 ist er als Medical Advisor freiberuflich tätig. Dr. med. Mark Dankhoff ist Gründungsmitglied des „Im Puls. Think Tank Herz-Kreislauf e.V.“. [mehr]
Quellen
- M. Düring, C. Opherk: Zerebrale Mikroangiopathien, in: Aktuelle Neurologie 2018; 45(08): 592-604, Thieme 2018, DOI: 10.1055/a-0646-3746.
- Ludwig et al.: Gefäßmedizin in Klinik und Praxis, 2. Auflage Thieme 2010, ISBN: 9783131101921.
- Pilger et al.: Arterielle Gefäßerkrankungen. Thieme 2002, ISBN: 9783131306319.