Lebensstil (Lifestyle) und Schlaganfall ▷ Risikofaktoren
Die Kernaussagen dieser Übersichtsarbeit sind (wörtlich zitiert):
- “Veränderungen des Lebensstils stellen eine zentrale Säule der kardiovaskulären Prävention dar. Aufgrund der begrenzten Anzahl an randomisierten kontrollierten Interventionsstudien ist die wissenschaftliche Evidenz limitiert und basiert größtenteils auf Beobachtungsstudien und Metaanalysen.
- Patienten sollten zur Schlaganfallprävention ausführlich über die vielversprechenden Möglichkeiten einer Lebensstilveränderung zur Behandlung von Risikofaktoren informiert werden.
- Ein gesunder Lebensstil, bestehend aus regelmäßiger körperlicher Aktivität, einer ausgewogenen Ernährung, wenig Alkohol und dem Verzicht auf Rauchen, ist mit einem niedrigen Schlaganfallrisiko assoziiert, da fast alle modifizierbaren Risikofaktoren direkt oder indirekt positiv beeinflusst werden.
- Psychosoziale Faktoren und Schlafverhalten sind ebenfalls wichtige Risikofaktoren der Schlaganfallprävention und werden zunehmend wissenschaftlich untersucht. Hierzu fehlen jedoch aussagekräftige Interventionsstudien”.
Hervorgehoben wird, dass bei der Behandlung von beeinflussbaren Risikofaktoren die Effekte von Veränderungen des Lebensstils oft unterschätzt werden.
Es geht um Vorsorge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, an erster Stelle um die Verhinderung des Auftretens einer Erkrankung (Primärprävention) oder der Wiederholung einer Erkrankung (Sekundärprävention) wie z.B. eines Schlaganfalls oder Herzinfarkts.
Vorangestellt werden zwei wissenschaftlich begründete Feststellungen:
- Durch die INTERSTROKE-Studie2 konnte gezeigt werden, dass zehn beeinflussbare Risikofaktoren 90 Prozent des Schlaganfallrisikos erklären können.
- Die Kombination aus regelmäßiger körperlicher Aktivität, gesunder Ernährung, wenig Alkohol und dem Verzicht auf Rauchen geht mit einem über 70 Prozent geringeren Schlaganfallrisiko einher gegenüber Menschen mit diesen Risikofaktoren.3
Körperliche Aktivität
Empfohlen wird für insgesamt 150 Minuten/Woche, also etwa 45 Minuten 3-4 mal/Woche regelmäßige moderate körperliche Aktivität wie schnelles Gehen, Radfahren, Tanzen oder Yoga. Gegenüber einem isolierten Krafttraining sind Ausdauersportarten wie Laufen, Schwimmen oder Fahrradfahren effektiver.
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Empfehlenswert sind alle Aktivitäten, bei denen man außer Atem kommt oder schwitzt. Alle Empfehlungen sind dem körperlichen Zustand bzw. der Belastbarkeit anzupassen.
Ernährung
Gesunde Ernährung kann das Schlaganfallrisiko senken. Empfohlen werden u.a.
- Täglich Obst, Gemüse, Nüsse, Vollkornprodukte und Fisch
- Hülsenfrüchte
- Pflanzliche Fette, z.B. Olivenöl
- Keine gesüßten Lebensmittel, vor allem keine gesüßten Getränke
- Vermeidung von Transfettsäuren wie in süßem Gebäck oder tiefgekühlter Pizza.
Als Ernährungsvarianten zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden empfohlen die
- Mediterrane Diät mit viel Olivenöl, Früchten, Gemüse, Getreide. Moderater Anteil an Fisch und Geflügel, wenig Milchprodukte, rotes Fleisch, Wurstwaren und Süßigkeiten. Wein in bescheidenem Umfang ist erlaubt.
- Nordische Kost mit Fisch, Äpfeln, Birnen, Wurzelgemüse, Roggenbrot und Haferflocken.
Bei beiden Varianten ist das Schlaganfallrisiko um etwa 15 Prozent reduziert.
- Salzarme Diät: Hier wird eine kochsalzarme Kost mit höchstens 1,5 Gramm pro Tag empfohlen, vor allem um den Hauptrisikofaktor Bluthochdruck zu vermeiden.
Nikotin und Alkohol
Rauchen ist der wichtigste vermeidbare Risikofaktor für den Schlaganfall oder ein Schlaganfall-Rezidiv. Rauchen verdoppelt das Risiko gegenüber Nichtrauchern und steigt für alle 10 Zigaretten, die täglich geraucht werden, um 25 Prozent. Der Verzicht auf Rauchen senkt deutlich das Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden.
Alkohol ist einerseits ein Risikofaktor vorzugsweise für Hirnblutungen, andererseits werden geringe Mengen (weniger als 40 Gramm pro Tag) für unbedenklich oder gar präventiv gehalten.
Kaffee und Tee
Kaffee hat keinen negativen Effekt auf das Schlaganfallrisiko. 3 – 5 Tassen am Tag können das Risiko reduzieren. Tee wird als unbedenklich angesehen.
Impfungen
Gesichert ist, dass bei akuten Infektionen das Schlaganfallrisiko erhöht ist. Es gibt aber keinen Hinweis dafür, dass Impfungen (Influenza-, Pneumokokken- und Herpes-Zoster-Impfungen) das Risiko erhöhen.
Schlaf
Arbeiten im Schichtdienst erhöht das Risiko, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden.
Das Schlafapnoe-Syndrom verdoppelt das Schlaganfallrisiko. Eine lange Schlafdauer (mehr als 9 Stunden pro Nacht) ist mit einem 12 Prozent höheren Risiko für einen ischämischen Schlaganfall (Hirninfarkt) verbunden und eine reduzierte Schlafdauer (weniger als 7 Stunden pro Nacht) mit einem 21 Prozent höheren Risiko für eine Hirnblutung.
Eine schlechte Schlafqualität oder ein Mittagsschlaf von länger als 90 Minuten kann das Schlaganfallrisiko erhöhen, während ein kurzer Mittagsschlaf (kürzer als 30 Minuten) das Risiko für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt vermindert gegenüber Menschen, die keinen täglichen Mittagsschlaf halten.
Entspannung, Ruhe, Meditation
Psychosoziale Stressfaktoren im Privat- oder Berufsleben, finanzielle Sorgen oder stark belastende Lebensereignisse sind bei Patienten mit Herzinfarkt deutlich häufiger zu finden.
Psychosozialer Stress verdoppelt das Risiko, einen Hirninfarkt zu erleiden und ist damit ein bedeutender Risikofaktor. Eine Erklärung hierfür ist, dass mit Stress auch Risikofaktoren wie Bluthochdruck, körperliche Inaktivität und Rauchen verbunden sind.
Durch die Reduktion von Stressfaktoren, Entspannungs- und Meditationsübungen kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesenkt werden.
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Autor
Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen ist niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am Neurozentrum Ravensburg. Als Chefarzt leitete er die Abteilung für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit gehört die Diagnostik und Behandlung von Schlaganfällen. [mehr]
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Quellen
- Schlaganfallprävention durch Lifestyle-Modifikation – Autoren: Alexander H. Nave, Matthias Endres – Publikation: Dtsch Med Wochenschr 2021; 146(12): 787-792 – DOI: 10.1055/a-1221-6985
- Global and regional effects of potentially modifiable risk factors associated with acute stroke in 32 countries (INTERSTROKE): a case-control study – Autoren: Martin J O’Donnell, Siu Lim Chin, Sumathy Rangarajan, Denis Xavier, Lisheng Liu, Hongye Zhang , Purnima Rao-Melacini, Xiaohe Zhang, Prem Pais, Steven Agapay, Patricio Lopez-Jaramillo, Albertino Damasceno, Peter Langhorne, Matthew J McQueen, Annika Rosengren, Mahshid Dehghan, Graeme J Hankey, Antonio L Dans, Ahmed Elsayed, Alvaro Avezum, Charles Mondo, Hans-Christoph Diener, Danuta Ryglewicz, Anna Czlonkowska, Nana Pogosova, Christian Weimar, Romaina Iqbal, Rafael Diaz, Khalid Yusoff, Afzalhussein Yusufali, Aytekin Oguz, Xingyu Wang, Ernesto Penaherrera, Fernando Lanas, Okechukwu S Ogah, Adesola Ogunniyi, Helle K Iversen, German Malaga, Zvonko Rumboldt, Shahram Oveisgharan, Fawaz Al Hussain, Daliwonga Magazi, Yongchai Nilanont, John Ferguson, Guillaume Pare, Salim Yusuf – Publikation: Lancet. 2016 Aug 20;388(10046):761-75 – DOI: 10.1016/S0140-6736(16)30506-2
- Primary prevention of stroke by a healthy lifestyle in a high-risk group – Autoren: Susanna C Larsson, Agneta Åkesson, Alicja Wolk – Publikation: Neurology. 2015 Jun 2;84(22):2224-8 – DOI: 10.1212/WNL.0000000000001637