Schlaganfall – Dimension und Fakten ▷ Daten und Prognose

Weltweit ist der Schlaganfall die zweithäufigste Todesursache und die Hauptursache für bleibende körperliche, seelische und geistige Beeinträchtigungen (Foto: Tefi | Shutterstock)
In diesem Artikel:
- Die globale Belastung durch Krankheiten
- Krankheitsursachen
- Die globale Belastung durch den Schlaganfall
- Daten für Deutschland und Prognosen
- Daten für Europa und Prognose
- Daten für die USA und Prognose
“Es gibt keine Gesundheit ohne ein gesundes Gehirn. In Zukunft wird unser Gehirn allerdings durch eine ständig zunehmende Zahl von Schlaganfällen, Herzerkrankungen und Demenzerkrankungen bedroht.”1 (Vladimir Hachinski)
Weltweit festgestellte und vorhergesagte Entwicklung der Patienten mit Schlaganfällen (Hirninfarkten), Herzerkrankungen (Herzinfarkt) und Demenz im Zeitraum zwischen 2005 und 2030.1
Bei den ischämischen Herzerkrankungen (vor allem Herzinfarkt) wird im Zeitraum von 25 Jahren eine Zunahme um 61 Prozent erwartet, bei den Schlaganfällen eine Zunahme um 90 Prozent und bei Demenzerkrankungen um 142 Prozent.
Ein Großteil dieser Erkrankungen kann durch Prävention verhindert werden. Sie werden durch wenige Risikofaktoren wie beispielsweise Bluthochdruck verursacht. Und diese sind in den meisten Fällen durch den Lebensstil oder medizinisch kontrollierbar.
Bevor auf die Dimension der ständig zunehmenden gesundheitlichen, ökonomischen und sozialen Belastungen (burden) durch Schlaganfälle eingegangen wird, erscheint eine Erläuterung des Begriffs “Belastung” zunächst allgemein und weltweit für alle Erkrankungen sinnvoll. Der Fokus richtet sich danach auf die Herz-Kreislauf-Erkrankungen, deren Hauptvertreter der Bluthochdruck, der Herzinfarkt und der Schlaganfall sind. Zuletzt wird die Dimension der Belastungen durch den Schlaganfall vergleichend auch für die USA, Europa und Deutschland behandelt. Zudem werden die Prognosen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen zusammengefasst.
Die globale Belastung durch Krankheiten
Krankheiten verursachen körperliche, seelische und geistige Beeinträchtigungen oder töten. Sie machen Lebens- und Arbeitszeit zunichte. Um die Folgenschwere einzelner Erkrankungen beurteilen zu können, reicht es nicht aus, die Todesrate (Mortalität) und Häufigkeit (Morbidität) statistisch zu erfassen. Aufschlussreicher ist die Beurteilung der Belastung von Krankheiten durch die Summe von Mortalität und Morbidität. Diese Summe ergibt eine 1993 eingeführte, standardisierte Maßzahl (Metrik), DALY genannt, die einen direkten Vergleich einzelner Erkrankungen in unterschiedlichen Populationen über die Zeit erlaubt.
DAILY benennt die durch Krankheit oder vorzeitigen Tod verlorenen gesunden Lebensjahre oder englisch Disability Adjusted LifeYears: 1 DALY ist definiert als der Verlust von einem Jahr in guter Gesundheit.
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In der jährlich aktualisierten Publikation “Burden of Disease – Our World in Data”2,3,4 wird die Dimension der Belastung einer Bevölkerung durch Krankheiten in vielen Einzelheiten beschreiben. Sie betrug 2017 in der Summe von vorzeitigem Tod und Krankheit 2 Milliarden und 503 Millionen DALYs. Statistisch gesehen bedeutet dies, dass jeder Mensch auf der Erde bis zu einem Drittel seiner gesunden Lebensjahre verliert. Allerdings mit großen Unterschieden hinsichtlich der untersuchten Populationen. Um diese vergleichen zu können, wurde berechnet, wie viele DALYs pro 100.000 Einwohner eines Landes vorkommen.
Ländervergleich für das Jahr 2017 in DALYs pro 100.000 Einwohner:
Land | DALYs / 100.000 EW |
---|---|
Spanien | 17.003 |
Italien | 17.022 |
Schweiz | 17.048 |
Frankreich | 17.833 |
Österreich | 18.621 |
Australien | 19.038 |
Kanada | 19.227 |
Deutschland | 19.580 |
England | 20.121 |
China | 22.087 |
Polen | 23.038 |
USA | 24.306 |
Brasilien | 27.894 |
Russland | 32.179 |
Indien | 39.560 |
Pakistan | 56.925 |
Afrikanische Staaten | > 50.000 |
Zentralafrikanische Republik | 96.471 |
Für Deutschland wurde im Vergleich mit 12 westeuropäischen Ländern nach England der höchste Wert ermittelt. Die wenigsten DALYs hatten Spanien, Italien und die Schweiz.
Eine Erklärung für den überdurchschnittlich hohen DALY-Wert Deutschlands, verglichen mit den meisten Ländern Westeuropas, wird in der unzureichenden Prävention vor allem der nicht-übertragbaren Erkrankungen gesehen. Hierzu gehören an erster Stelle die Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deren Hauptrisikofaktoren entwickeln sich schleichend und beschwerdefrei. Hierzu gehören vor allen der Bluthochdruck, Diabetes mellitus und hohe Cholesterinwerte als Verursacher der Arteriosklerose.
Krankheitsursachen
Unterschieden wird zwischen nicht-übertragbaren Krankheiten (Häufigkeit 2017 ca. 60 Prozent) wie zum Beispiel die Herz-Kreislauf-Erkrankungen, übertragbaren Erkrankungen (Häufigkeit 2017 ca. 28 Prozent) wie Tuberkulose, Malaria oder Covid-19, zudem Verletzungen oder Tod durch Unfälle, Krieg, Terrorismus, Selbstmord u.a.
Wir konzentrieren uns in diesem Artikel auf die nicht-übertragbaren Krankheiten.
Die Kernaussage dieser Erhebung ist, dass zwischen 1990 und 2017 insbesondere die nicht-übertragbaren Krankheiten von 46 Prozent im Jahr 1990 auf 60 Prozent im Jahr 2017 deutlich zugenommen haben.
Erklärungen für diese Entwicklung sind die signifikante Reduktion übertragbarer Krankheiten durch Verbesserung der Gesundheitssysteme, durch Einkommenszuwachs und durch die Verbesserung des Lebensstandards in vielen Ländern.
Was sind die weltweit häufigsten Krankheiten unter dem Aspekt von DALY?
Die häufigsten Krankheiten oder andere Ursachen (Auswahl), geordnet nach Anzahl der verursachten DALYs in Millionen
Ursachen | DALYs in Mio. |
---|---|
Herz-Kreislauf-Erkrankungen | 365,87 |
Krebserkrankungen | 233,51 |
Geisteskrankheiten, Drogen | 122,76 |
Atemwegserkrankungen | 112,32 |
Neurologische Erkrankungen | 111,17 |
Krieg und Terrorismus | 10,1 |
Naturkatastrophen | 1,2 |
Festzuhalten ist somit, dass die Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit großem Vorsprung an erster Stelle stehen.
Die globale Belastung durch den Schlaganfall
Weltweit ist der Schlaganfall die zweithäufigste Todesursache und die Hauptursache für bleibende körperliche, seelische und geistige Beeinträchtigungen.5
2015 waren Schlaganfälle und Herzinfarkte für 15,2 Millionen Todesfälle verantwortlich.
Hirninfarkte und Hirnblutungen nehmen weltweit zu, offenbar unaufhaltsam.6 In der Gruppe der Hirninfarkte, die ca. 85 Prozent aller Schlaganfälle ausmachen, fanden sich zwischen 1990 und 2013, also innerhalb von nur 23 Jahren, folgende Entwicklungen:
Zugenommen haben
- Todesfälle um 50 Prozent
- Inzidenz (Häufigkeit/Jahr) um 60 Prozent
- Prävalenz (Zahl der Menschen, die nach einem Schlaganfall leben) um 122 Prozent
- DALYs um 39 Prozent
Zwischen 1990 und 2013 hat die Belastung durch Schlaganfälle besonders bei Menschen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren deutlich zugenommen, um 25 Prozent. Insgesamt ist somit eine Verschiebung der Inzidenz von Schlaganfällen in Richtung jüngerer Menschen festzustellen, vor allem in Populationen mit geringem oder mittlerem Einkommen. Der epidemische Anstieg von Risikofaktoren bei jungen Erwachsenen ist in Russland, China und Indien besonders steil. 12 Prozent der Schlaganfälle in Indien ereignen sich bei Menschen im Alter unter 40 Jahren.
2019 waren ein erhöhter Nüchtern-Blutzucker-Spiegel und Übergewicht die Hauptursachen bzw. Risikofaktoren für ein Leben mit Behinderung und für Verletzungen.7
Allerdings könnten Schlaganfälle zu einem Großteil (70 – 90 Prozent) durch die Vermeidung, Erkennung und Behandlung von wenigen Risikofaktoren verhindert werden.
Die Hauptrisikofaktoren sind weltweit:
- Bluthochdruck
- Rauchen
- Übergewicht
- Diabetes mellitus
- Vorhofflimmern
- Fettstoffwechselstörungen
- Bewegungsmangel
- Falsche Ernährung
Daten für die USA 20188,9,10 und Prognose11
Bei einer Einwohnerzahl von 327 Millionen erkrankten in den USA im Jahr 2018 795.000 Menschen an einem Schlaganfall. 610.000 erstmalig, 185.000 (ca. 25 Prozent) nach einem vorausgegangenem Schlaganfall (Schlaganfall-Rezidive). 140.000 starben.
Etwa 87 Prozent aller Schlaganfälle sind Hirninfarkte (ischämische Schlaganfälle) durch Blockade der Durchblutung in einer Hirnregion.
2009 waren 34 Prozent der Patienten, die wegen eines Schlaganfalls stationär behandelt wurden, jünger als 65 Jahre.
Der Schlaganfall ist die Hauptursache für schwere, anhaltende Behinderungen. Bei mehr als der Hälfte der über 65-jährigen Überlebenden eines Schlaganfalls ist die Mobilität eingeschränkt.
Hauptrisikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind ein hoher BMI (Body Mass Index), ein erhöhter Nüchtern-Blutzucker-Wert und das Rauchen.
Bluthochdruck und Rauchen bleiben nach statistischen Erhebungen 1990 und 2019 die Hauptrisikofaktoren für DALYs, also verlorene gesunde Lebensjahre.
Eine Prognose der Häufigkeit und Kosten von Schlaganfällen ab dem Jahr 2013 bis 2030 kommt zu dem Ergebnis, dass 2030 3,88 Prozent der über 18-jährigen US-Bürger in ihrem Leben einen Schlaganfall erlitten haben. Das sind bei einer voraussichtlichen Anzahl der Einwohner 2030 (359,4 Millionen) 13,94 Millionen Menschen.
Grundlage dieser Berechnungen sind die Annahmen, dass die Bevölkerung weiterhin rasch altert und ab dem Alter von 55 Jahren sich die Schlaganfallhäufigkeit mit jedem Jahrzehnt verdoppelt.
2030 werden 73,1 Millionen US-Bürger, das sind 21 Prozent, älter als 65 J alt sein. 2016 waren es noch 49,2 Millionen (15 Prozent).
2013 wurden von der American Heart Associatian und American Stroke Association (AHA/ASA) folgende Entwicklungen hinsichtlich der Kosten der Krankheit Schlaganfall vorhergesagt:12
Zwischen 2013 und 2030 werden die direkten Behandlungskosten um 129 Prozent von 71,55 Milliarden USD auf 184,13 Milliarden USD ansteigen, die indirekten Kosten (verlorene Produktivität) um 68 Prozent von 33,65 auf 56,54 Milliarden.
Daten für Europa und Prognose13
Übereinstimmend wird festgestellt:
- Schlaganfälle sind vermeidbar, aber die öffentliche Wahrnehmung der Risikofaktoren ist gering ausgeprägt. Es fehlt an Gesundheitsbildung und Gesundheitskompetenz.
- Die Wirkung von Aufklärungs-Kampagnen ist nur kurzlebig.
- Der Anteil der Bevölkerung mit einem oder mehreren Risikofaktoren ist zunehmend hoch.
- Bei mehr als der Hälfte der Patienten mit bekanntem Bluthochdruck, dem wichtigsten Risikofaktor für einen Schlaganfall, wird dieser nicht wirksam behandelt. Die Therapietreue (Adhärenz, früher Compliance genannt) ist in der Bevölkerung gering ausgeprägt.
- Vorhofflimmern, eine häufig auftretende Rhythmusstörung des Herzens, wird oft erst nach einem Schlaganfall festgestellt oder nicht leitliniengerecht behandelt.
Auf der Basis von Daten der Studie “Global Burden of Disease” wurde für Europa von Hatem A Wafa et al.13 eine Bestandsaufnahme der Inzidenz (jährliche Häufigkeit einer Erkrankung), der Prävalenz (Anteil der Bevölkerung, der von einer Krankheit betroffen ist), der Todesrate (Mortalität)) und der DALYs (verlorene gesunde Lebensjahre durch Krankheit oder Tod) vorgenommen.
Die Frage war, wie viele Menschen in Europa prospektiv im Jahr 2047, also 30 Jahre nach der Bestandsaufnahme 2017, mit den Folgen eines Schlaganfalls leben werden.
Zusammengefasst wurden folgende Feststellungen getroffen:
- 2017 sind in der Europäischen Union bei 445,53 Millionen Einwohnern 1.12 Millionen Schlaganfälle aufgetreten. 0.49 Millionen verstarben an einem Schlaganfall.
- 2017 lebten in der Europäischen Union 9.53 Millionen Menschen nach einem Schlaganfall.
- Die Zahl der DALYs (durch Krankheit oder Tod verlorene gesunde Lebensjahre pro 100.000 Einwohner) lag 2017 bei 7.06 Millionen.
- Die direkten und indirekten Kosten lagen 2015 bei insgesamt 50 Milliarden Euro.
- Prognosen: Vorausgesagt wird eine Zunahme von 34 Prozent aller Schlaganfälle für den Zeitraum zwischen 2015 und 2035. Die Zunahme der Menschen, die nach einem Schlaganfall leben, wird für den Zeitraum zwischen 2017 und 2047 auf 37 Prozent geschätzt.
- Als Ursachen dieser bedrohlichen Entwicklung werden vor allem die rasch zunehmende Alterung der Populationen, zudem die sinkenden Todesraten durch rascher einsetzende und verbesserte Behandlungsmethoden des Schlaganfalls angeführt.
Daten für Deutschland und Prognosen
In einer Publikation des Robert Koch-Instituts (RKI) von 2015 finden sich unter dem Abschnitt Herz-Kreislauf-Erkrankungen zum Thema Schlaganfall die auch 2021 gültigen Kernaussagen:
- “Der Schlaganfall ist die zweithäufigste Todesursache und eine Hauptursache für Behinderungen im Erwachsenenalter”.
- “Die Neuerkrankungs- und Sterberaten sind altersstandardisiert seit zwei Jahrzehnten stetig gefallen”.
- “Dieser positiven Entwicklung liegen wahrscheinlich Fortschritte in der Prävention und Therapie des Schlaganfalls sowie der Verbesserung der allgemeinen Lebensumstände zugrunde”.
- “Gleichzeitig stieg die absolute Zahl der von Schlaganfall betroffenen Menschen kontinuierlich an – vor allem wegen des demographischen Wandels und der damit verbundenen Alterung der Bevölkerungen. Dieser Prozess wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen”.
In diesem Zusammenhang ist interessant zu wissen, wie sich in Deutschland nach Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamts die Lebenserwartung bei Geburt voraussichtlich erhöhen wird:20
Frauen des Jahrgangs 2060 werden eine durchschnittliche Lebensdauer von 88,1 Jahren (Männer 84,4 Jahre) erreichen und werden im Vergleich zu 1950 um 19,6 Jahre älter, Männer um 19,8 Jahre älter.
- 2020 Frauen 83,6 Jahre, Männer 78,9 Jahre
- 2030 Frauen 84,8 Jahre, Männer 80,4 Jahre
- 2040 Frauen 85,9 Jahre, Männer 81,8 Jahre
Welche Erkrankungen verursachen die meisten Todesfälle in Deutschland?
Sterbegeschehen in Deutschland
Eine umfassende Analyse des Sterbegeschehens in Deutschland wurde vom Robert Koch-Institut (RKI) im Rahmen des Projekts “BURDEN 2000” durchgeführt und im Deutschen Ärzteblatt Int. 202114 veröffentlicht.
Die Kenntnis, welche Todesursachen in bedeutendem Umfang zu verlorenen Lebensjahren durch Tod beitragen (YLL, “years of life lost”), ist besonders wichtig für die zukünftige Konzentration auf “Brennpunkte” innerhalb der Erkrankungen und vor allem für die Prävention.
In Deutschland betrugen die verlorenen Lebensjahre (YLL) 2017:
- Rund 11,6 Millionen YLL, davon 42,8 Prozent Frauen und 57,2 Prozent Männer
- Den größten Anteil hatten mit 35,2 Prozent bösartige Neubildungen (Krebs), gefolgt von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (27,6 Prozent).
- Nur 14,7 Prozent der Sterbefälle entfielen auf die unter 65-Jährigen, was allerdings 38,2 Prozent der YLL sind.
Ein bedeutender Anteil der YLL entfiel somit auf jüngere und mittlere Altersgruppen. Hieraus ergibt sich die Aufforderung, möglichst früh im Leben, also in der Kindheit und Jugend, mit Gesundheitsbildung und Präventionsstrategien zu beginnen.
Aussagekräftiger ist, wie oben bereits bei “Die globale Belastung durch Krankheiten” beschrieben, die Berechnung der DALYs.
In Deutschland kam es im Jahr 2017 zu 19.570 DALYs. Dies bedeutet für jeweils 100.000 Einwohner 19.570 verlorene gesunde Lebensjahre. Hochgerechnet auf 82,2 Millionen Einwohner kam es somit in Deutschland 2017 zu 16 Millionen, 86 Tausend und 540 verlorenen Lebensjahren in guter Gesundheit durch vorzeitigen Tod und Krankheit.
Kerndaten für den Schlaganfall in Deutschland
- Jährlich erleiden etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall, 70.000 davon zum wiederholten Mal.15
- Ca. 1,76 Millionen Menschen leben mit den Folgen dieser Erkrankung. Nach den Herzerkrankungen und Krebserkrankungen liegt der Schlaganfall auf Platz 3 der Todesursachen.16
- In den ersten 30 Tagen nach einem Schlaganfall versterben 6,8 Prozent der Patienten.17
- Etwa die Hälfte der überlebenden Patienten sind behindert und dauerhaft auf medizinische Behandlung, Pflege und Unterstützung angewiesen.18
- 25 % aller Schlaganfall-Patienten sind jünger als 65 Jahre und somit im erwerbstätigen Alter.
- Das Risiko, innerhalb von 5 Jahren einen erneuten Schlaganfall zu erleiden, liegt bei ca. 20 %.
Die Belastung der deutschen Bevölkerung durch Schlaganfall-Risikofaktoren
Aufgezählt werden die wichtigsten Risikofaktoren, welche für Schlaganfälle und auch Herzinfarkte verantwortlich sind.
1. Bluthochdruck (Hypertonie)
- Die Bevölkerung in Deutschland ist insgesamt zu 35-40 % betroffen, davon ca. 22 % im Alter zwischen 40 und 49 Jahren und 75 % im Alter zwischen 70 und 79 Jahren.
- Die Häufigkeit von Bluthochdruck nimmt mit dem Alter deutlich zu. Mit der fortschreitenden Alterung wird das Gesamtvorkommen ebenfalls stetig zunehmen.
- Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist der Bluthochdruck für 54 % aller Schlaganfälle und 47 % der Herzinfarkte verantwortlich.
- Kein anderer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommt so häufig vor: 25 % der Weltbevölkerung haben einen zu hohen Blutdruck.
- Im Alter bis 59 Jahre sind Männer deutlich häufiger betroffen, die Frauen etwas häufiger ab einem Alter von 60 Jahren.
Die Daten
Lebensalter | Frauen% | Männer% |
---|---|---|
18-29 | 1.3 | 8.4 |
30-39 | 4.8 | 11.4 |
40-49 | 17.2 | 26.2 |
50-59 | 34.6 | 41.7 |
60-69 | 60.7 | 58.8 |
70-79 | 74.7 | 73.6 |
Hypertonie in Deutschland 2008-2011 nach Alter und Geschlecht in %
2. Diabetes mellitus
- In Deutschland sind ca. 10 Prozent der Einwohner (8,2 Millionen) betroffen. Tendenz ebenfalls steigend.
- Zwischen 1980 und 2014 ist die Zahl der Diabetiker weltweit von 108 auf 422 Millionen angestiegen.
- Prognostiziert wird ein Anstieg bis zum Jahr 2035 auf 592 Millionen.
- 80 Prozent aller Diabetiker leben in Ländern mit niedrigen bis mittleren Einkommen, z.B. in Indien, Südostasien oder Indonesien.
- Diabetes ist der Hauptrisikofaktor für Erblindung, Nierenversagen, Herzinfarkt, Schlaganfall und Gliedmaßen-Amputationen.
- Diabetes kann verhindert oder behandelt werden. Durch gesunde oder angepasste Ernährung, körperliche Aktivität, Medikamente und regelmäßige Kontrolle auch der Komplikationen.
3. Fettstoffwechselstörungen
- In der Altersgruppe zwischen 18 und 79 Jahren haben in Deutschland 60,5 % der Frauen und 56,6 % der Männer einen Cholesterinwert im Blut von über 190 mg/dl. Bei 20,3 % der Frauen und 17,9 % der Männer beträgt dieser Wert über 240 mg/dl.
- Erhöhtes Cholesterin, vor allem das LDL-Cholesterin, ist ein Risiko für die Entstehung der Arteriosklerose und damit für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
4. Rauchen
- Etwa jeder vierte Erwachsene (26,2 %) in Deutschland raucht. Das sind mehr als 5 Millionen Raucher.
- Schätzungsweise sterben in Deutschland etwa 140.000 Menschen an den Folgen des Rauchens.
- Die jährlich durchs Rauchen bedingten Krankheitskosten belaufen sich in Deutschland auf mehr als 20 Milliarden Euro.
- Das Rauchen von Tabak und Passivrauchen sind weltweit das zweithäufigste Todesrisiko und ein Hauptrisiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
5. Übergewicht
- Laut Robert Koch-Institut sind in Deutschland zwei Drittel der Männer (67 %) und die Hälfte der Frauen übergewichtig (Body-Mass-Index, BMI > 25, gemessen in kg pro Quadratmeter Körperoberfläche. Normalwert 18 – 25).
- Etwa ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland ist stark übergewichtig, d.h., adipös (BMI >30).
- In einer groß angelegten Studie konnte Übergewicht für 26,5 % der untersuchten Schlaganfälle verantwortlich gemacht werden.19
6. Bewegungsmangel
- Mangelhafte Bewegung ist ein bedeutender Risikofaktor für Schlaganfall und Herzinfarkt.
- In Deutschland halten sich – laut den Daten des Robert Koch-Instituts (Gesundheitsmonitoring) – nur 26 % der Heranwachsenden an die WHO-Empfehlungen zur Mindestaktivitätszeit.
- Etwa die Hälfte der erwerbstätigen Frauen (47,5 %) und Männer (47,2 %) im Alter zwischen 18 und 64 Jahren sitzen oder stehen während der Arbeit und sind körperlich weitgehend inaktiv.
- Laut der INTERSTROKE-Studie sind 28,5 % der Schlaganfälle auf Bewegungsmangel zurückzuführen.
Weitere Risikofaktoren sind eine familiäre Belastung mit Stoffwechselerkrankungen (Zucker und Fette), Alkohol und Drogen, schlechte Ernährung mit erhöhtem Salzverbrauch u.a.
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Autor
Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen ist niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am Neurozentrum Ravensburg. Als Chefarzt leitete er die Abteilung für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit gehört die Diagnostik und Behandlung von Schlaganfällen. [mehr]
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Quellen
- Brain Health—Curbing Stroke, Heart Disease, and Dementia: The 2020 Wartenberg Lecture – Autoren: Hachinski, Vladimir – Publikation: Neurology, 97.6 (2021), 273–79 – DOI: 10.1212/WNL.0000000000012103
- Measuring Universal Health Coverage Based on an Index of Effective Coverage of Health Services in 204 Countries and Territories, 1990–2019: A Systematic Analysis for the Global Burden of Disease Study 2019 – Autoren: Lozano, Rafael, Nancy Fullman, John Everett Mumford, Megan Knight, Celine M Barthelemy, Cristiana Abbafati et al. – Publikation: The Lancet, 396.10258 (2020), 1250–84 – DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30750-9
- Global Burden of 87 Risk Factors in 204 Countries and Territories, 1990–2019: A Systematic Analysis for the Global Burden of Disease Study 2019 – Autoren: Murray, Christopher J L, Aleksandr Y Aravkin, Peng Zheng, Cristiana Abbafati, Kaja M Abbas, Mohsen Abbasi-Kangevari et al. – Publikation: The Lancet, 396.10258 (2020), 1223–49 – DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30752-2
- Global Age-Sex-Specific Fertility, Mortality, Healthy Life Expectancy (HALE), and Population Estimates in 204 Countries and Territories, 1950–2019: A Comprehensive Demographic Analysis for the Global Burden of Disease Study 2019 – Autoren: Wang, Haidong, Kaja M Abbas, Mitra Abbasifard, Mohsen Abbasi-Kangevari, Hedayat Abbastabar, Foad Abd-Allah et al. – Publikation: The Lancet, 396.10258 (2020), 1160–1203 – DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30977-6
- Global Burden of Stroke – Autoren: Katan, Mira, Andreas Luft – Publikation: Seminars in Neurology, 38.02 (2018), 208–11 – DOI: 10.1055/s-0038-1649503
- Update on the Global Burden of Ischemic and Hemorrhagic Stroke in 1990-2013: The GBD 2013 Study – Autoren: Feigin, Valery L., Rita V. Krishnamurthi, Priya Parmar, Bo Norrving, George A. Mensah, Derrick A. Bennett et al. – Publikation: Neuroepidemiology, 45.3 (2015), 161–76 – DOI: 10.1159/000441085
- Heart Disease and Stroke Statistics—2020 Update: A Report From the American Heart Association – Autoren: Virani, Salim S., Alvaro Alonso, Emelia J. Benjamin, Marcio S. Bittencourt, Clifton W. Callaway, April P. Carson et al. – Publikation: Circulation, 141.9 (2020) – DOI: 10.1161/CIR.0000000000000757
- Awareness of Stroke Warning Symptoms – 13 States and the District of Columbia, 2005 – URL: https://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/mm5718a2.htm
- NCHS Data Brief No. 95, May 2012’, 95, 2012, 8
- Underlying Cause of Death, 1999-2019 Request – URL: https://wonder.cdc.gov/ucd-icd10.html
- Forecasting the Future of Stroke in the United States: A Policy Statement from the American Heart Association and American Stroke Association – Autoren: Ovbiagele, Bruce, Larry B. Goldstein, Randall T. Higashida, Virginia J. Howard, S. Claiborne Johnston, Olga A. Khavjou et al. – Publikation: Stroke, 44.8 (2013), 2361–75 – DOI: 10.1161/STR.0b013e31829734f2
- Analysis of the Costs and Payments of a Coordinated Stroke Center and Regional Stroke Network – Autoren: Rymer, Marilyn M., Edward P. Armstrong, Neil R. Meredith, Sissi V. Pham, Kevin Thorpe, Denise T. Kruzikas – Publikation: Stroke, 44.8 (2013), 2254–59 – DOI: 10.1161/STROKEAHA.113.001370
- Burden of Stroke in Europe: Thirty-Year Projections of Incidence, Prevalence, Deaths, and Disability-Adjusted Life Years – Autoren: Wafa, Hatem A., Charles D.A. Wolfe, Eva Emmett, Gregory A. Roth, Catherine O. Johnson, Yanzhong Wang – Publikation: Stroke, 51.8 (2020), 2418–27 – DOI: 10.1161/STROKEAHA.120.029606
- Verlorene Lebensjahre durch Tod – Deutsches Ärzteblatt, 2021 – URL: https://www.aerzteblatt.de/archiv/218057/Verlorene-Lebensjahre-durch-Tod
- Schlaganfallhäufigkeit und Versorgung von Schlaganfallpatienten in Deutschland – Autoren: Heuschmann, P., O. Busse, M. Wagner, M. Endres, A. Villringer, J. Röther et al. – Publikation: Aktuelle Neurologie, 37.07 (2010), 333–40 – DOI: 10.1055/s-0030-1248611
- The Burden of Stroke in Europe Report, 2018 – URL: https://strokeeurope.eu/
- The Frequency and Timing of Recurrent Stroke – Deutsches Ärzteblatt – URL: https://www.aerzteblatt.de/int/archive/article?id=210365
- The Projected Burden of Stroke in the German Federal State of Hessen up to the Year 2050: Blunt Projections – Autoren: Dirk M. Hermann – Publikation: Deutsches Aerzteblatt Online – DOI: 10.3238/arztebl.2008.0844a
- Risk Factors for Ischaemic and Intracerebral Haemorrhagic Stroke in 22 Countries (the INTERSTROKE Study): A Case-Control Study – Autoren: O’Donnell, Martin J, Denis Xavier, Lisheng Liu, Hongye Zhang, Siu Lim Chin, Purnima Rao-Melacini et al. – Publikation: The Lancet, 376.9735 (2010), 112–23 – DOI: 10.1016/S0140-6736(10)60834-3
- Entwicklung der Lebenserwartung bei Geburt in Deutschland nach Geschlecht in den Jahren von 1950 bis 2060 – Statista –URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/273406/umfrage/entwicklung-der-lebenserwartung-bei-geburt–in-deutschland-nach-geschlecht/#professional