Die Behandlung des Schlaganfalls ▷ Therapie von Hirninfarkt und Hirnblutung
In diesem Artikel:
- Jede Minute zählt
- Behandlung bei einem Hirninfarkt
- Behandlung einer Hirnblutung
- Die weitere Behandlung in der Akutklinik
- Dauer des Krankenhausaufenthalts
- Rehabilitation
- Was beeinflusst die akute Behandlung eines Schlaganfalles?
Das Wichtigste in Kürze:
- Bei Schlaganfall-Symptomen zählt jede Minute für eine wirkungsvolle Therapie („Time is brain!“). Dies gilt auch heute noch, selbst wenn moderne Behandlungsformen eine wirksame Therapie in ausgewählten Fällen bis 24 Stunden nach Symptombeginn ermöglichen.
- Vor Beginn der Notfalltherapie des Schlaganfalls muss durch eine Bildgebung – Computer- oder Kernspintomographie mit Angiographie – des Gehirns untersucht werden, ob ein Hirninfarkt oder eine Hirnblutung als Ursache der Schlaganfall-Symptome vorliegt.
- Patienten mit Schlaganfall-Symptomen müssen PER RETTUNGSDIENST schnellstens in ein geeignetes Krankenhaus gebracht werden.
- Keine Therapie kann einen Schlaganfall ungeschehen machen, auch wenn manche Patienten heute komplett symptomfrei werden können. Sie kann aber oft die Folgen begrenzen und die Erholung begünstigen.
Jede Minute zählt
In der Notfalltherapie eines Schlaganfalls muss sehr rasch untersucht werden, ob eine Gehirnblutung oder ein Hirninfarkt (Verschluss eines Blutgefäßes im Gehirn durch ein Gerinnsel) vorliegt. Allein aufgrund der Symptome, die ein Patient zeigt, ist diese Unterscheidung nicht sicher möglich.
Die Diagnose wird durch eine Schnittbildgebung des Gehirns, entweder mit Hilfe der Computertomografie (CT) oder der Kernspintomografie (MRT/MRI) mit Darstellung der hirnversorgenden Blutgefäße (Angiographie) gestellt. Erst danach ist es möglich, eine gezielte und sinnvolle Therapie einzuleiten.
Da in jeder Minute, in der eine Hirnregion nicht mit Blut und damit nicht mit Sauerstoff versorgt wird, etwa 2 Millionen Nervenzellen unwiderruflich zugrunde gehen, müssen die Weichen für die Akuttherapie des Schlaganfalls schnellstmöglich gestellt werden.
Jeder Schlaganfall ist ein Notfall, gleichgültig wie schwerwiegend die Symptome sind oder ob diese andauern, schwanken oder sich zurückbilden. Daher muss der Schlaganfall zunächst durch den Rettungsdienst und/oder Notärzte behandelt werden. Die vor der eigentlichen Schlaganfallbehandlung stattfinden Maßnahmen können das Überwachen der Vitalfunktionen Blutdruck, Herzrhythmus, Puls, Atmung und Sauerstoffversorgung betreffen. Dazu kommt die Stabilisierung der Herz-Kreislaufsituation, die Schaffung venöser Zugänge oder auch Sicherung von Atemweg oder Atmung. Schon die Behandlung des Blutdrucks in dieser Frühphase erfordert bereits das Wissen darüber, ob es sich um einen Hirninfarkt oder eine Hirnblutung handelt.1
Die Behandlung bei einem Hirninfarkt / einer zerebralen Ischämie
Bei einem plötzlichen Verschluss eines Hirngefäßes, dem Hirninfarkt oder ischämischen Schlaganfall, der mit 80 % die Mehrheit aller Schlaganfälle ausmacht, geht es v.a. um die schnellstmögliche Wiedereröffnung des verschlossenen Blutgefäßes, was als Rekanalisierung bezeichnet wird. Für die Akutbehandlung des ischämischen Schlaganfalls gibt es von deutschen Fachgesellschaften eine sehr ausführliche Leitlinie, die in 2025 aufgrund neuer Studienergebnisse aktualisiert werden wird.
Gerinnselauflösende Therapie (Thrombolyse)
Ziel der Thrombolyse ist es, schnellstmöglich die durch ein Gerinnsel in einer Hirnarterie gestörte Durchblutung wiederherzustellen. Durchblutungsgestörte Bereiche im Gehirn führen zu neurologischen Ausfällen.
Bei der Thrombolyse wird ein Medikament, welches Blutgerinnsel auflösen kann, über den Zeitraum von einer Stunde über die Vene verabreicht. Eine möglichst rasche Wiedereröffnung des betroffenen Gefäßes kann das Risiko für eine bleibende Behinderung nach einem Schlaganfall verringern. 2024 wird in Deutschland ein neues Medikament für die Thrombolyse zugelassen, das im Gegensatz zum bisherigen Medikament auf einmal (als sog. Bolus) gegeben werden kann und nicht mehr über ein Stunde (als sog. Infusion) verabreicht werden muss und dabei mindestens genauso wirksam ist. Ob darüber hinaus Vorteile bestehen, wird derzeit untersucht. Jedenfalls erweitern sich damit die Möglichkeiten der Thrombolyse.
Da als unerwünschte Nebenwirkungen dieser Therapie Blutungen sowohl im Gehirn als auch an anderen Stellen des Körpers auftreten können, ist die Thrombolyse in Abhängigkeit von Vorerkrankungen oder Blutveränderungen nicht für jeden Patienten geeignet und kann daher nicht immer durchgeführt werden.
Allerdings ist das Zeitfenster für diese Therapie für die meisten Patienten eng: Die Thrombolyse ist für einen Therapiebeginn innerhalb von viereinhalb Stunden nach Auftreten der ersten Symptome des Schlaganfalls zugelassen. Wird diese Therapie später durchgeführt, so ist ihre Wirksamkeit deutlich geringer und das Risiko einer Blutung in das abgestorbene Hirngewebe erhöht sich mit jeder Minute. Ursache hierfür ist die zunehmende Brüchigkeit der Gefäße im Bereich des Hirninfarkts und die Blutgerinnungshemmung durch das Lyse-Medikament.
In den letzten Jahren haben jedoch viele Studien gezeigt, dass für ausgewählte Patienten die Thrombolyse noch später, z.B. 6, 9, oder sogar mehr Stunden nach Symptombeginn angewandt werden kann. Dies setzt aber eine Bildgebung voraus, die zeigt, dass die Hirnschäden des Infarkts noch nicht zu fortgeschritten sind, das sog. ausreichend viel rettbares Gewebe vorhanden ist, Umgehungskreisläufe (sog. Kollateralen) die Versorgung aufrechterhalten und die Einblutungsgefahr nicht zu groß ist. Solche Bildgebungs-Technologie hat sich zuletzt deutlich weiterentwickelt. Z.B. ist es mittels MRT möglich, Patienten zu erkennen, denen auch nach einem Schlaganfall im Schlaf, dessen Beginn also unbekannt ist, mit einer Thrombolyse geholfen werden kann(2).
Insofern geht die Entwicklung bei der Thrombolyse weg von einem starren Zeitfenster hin zu einer individuellen Therapie, basierend auf der Gehirnbildgebung. Deshalb ist es so wichtig, dass der Patient so schnell wie möglich in ein Krankenhaus mit dieser Bildgebung gelangt. Auch ist wichtig, zu wiederholen, dass trotz der heutzutage später möglichen Behandlung für den Therapieerfolg weiterhin gilt: Je früher, desto besser, also weiterhin Time is brain!
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Mechanische Thrombektomie
Wenn ein sehr großes Hirngefäß durch ein Blutgerinnsel verstopft ist, hilft die Thrombolyse nur in 30 % der Fälle. Hier kann die mechanische Thrombektomie als Behandlung infrage kommen.1 Hierbei wird ein dünner Katheter über die Leiste an die Stelle des Gefäßverschlusses gebracht. Mit Hilfe des Katheters kann das Gerinnsel dann vor Ort eingefangen und herausgezogen oder abgesaugt werden.
Diese Therapie sollte möglichst innerhalb von sechs Stunden nach Beginn der ersten Schlaganfallsymptome durchgeführt werden, weil dann der Behandlungserfolg am besten ist. 2014/2015 haben mehrere große Studien bewiesen, dass die Kombination der Thrombolyse mit einer nachfolgenden Thrombektomie für Patienten mit einem großen Hirngefäßverschluss eindeutig wirksamer ist als die Thrombolyse allein.
Wie oben schon angesprochen, haben in den letzten Jahren weitere Studien gezeigt, dass per Bildgebung ausgewählte Patienten sogar auch ein späterer Beginn der Therapie möglich, z.B. bis zu 24h nach Symptombeginn, dann ohne vorherige Thrombolyse. Ganz aktuell haben auch mehrere Studien gezeigt, dass selbst große, fortgeschrittene Hirninfarkte mittels Thrombektomie behandelt werden können.3 Insgesamt wird sich die Schlaganfall-Behandlung mittels Thrombektomie also erweitern und viel bessere Chancen für die Patienten bestehen als früher.
Die Thrombektomie kann auch bei Patienten angewendet werden, für die eine Thrombolyse aufgrund von Begleiterkrankungen oder wechselwirkenden Medikamenten nicht möglich ist. Allerdings ist die Thrombektomie aber nur möglich, wenn der Gefäßverschluss auch technisch mit dem Katheter erreichbar ist. Bei Verschlüssen in sehr dünnen Gefäßen oder sehr weit in der Peripherie des Gehirns gelegenen Gefäßen ist sie noch nicht gut genug durchführbar, bzw. sind die technischen Möglichkeiten noch nicht ausreichend durch klinische Ergebnisse bestätigt.
Die Thrombektomie ist ein aufwändiges Verfahren, das nur von erfahrenen Spezialisten, den interventionellen Neuroradiologen zusammen mit Spezialteams aus Neurologen und Anästhesisten, durchgeführt werden kann. Sie wird daher nur in entsprechenden Schlaganfall-Zentren angeboten. Patienten, für die eine mechanische Thrombektomie als Therapie infrage kommt, werden nach Beginn der Lysetherapie u.U. anschließend in ein entsprechendes Zentrum verlegt.
Der Zugang zu und die individuelle Auswahl von gefäßeröffnenden Therapien ist eine große Herausforderung, die aber heute jedem Patienten bestmöglich angeboten werden muss.4
Blutverdünnende Therapie
Diese Therapie erhalten Patienten, die weder für eine gerinnselauflösende Therapie noch für eine mechanische Thrombektomie infrage kommen. Beispielsweise, weil ihr Hirninfarkt bereits zu weit fortgeschritten ist, oder weil sie Begleiterkrankungen oder Begleitmedikamente haben, die eine Thrombolyse unicht erlauben und/oder an einem für die Thrombektomie nicht zugänglichen Gefäßverschluss leiden. Auch Patienten mit sehr kleinen oder flüchtigen Schlaganfällen und sehr geringen neurologischen Ausfällen erhalten ggf. alternativ gerinnungshemmende Therapie, manchmal durch Medikamentenkombinationen.
In diesen Fällen erhalten Patienten in der Akutphase ein Medikament, das die Zusammenballung der Blutplättchen hemmt (Thrombozyten-Aggregationshemmer). Dadurch sollen Patienten vor dem Auftreten einer erneuten zerebralen Ischämie geschützt werden. Solche Medikamente bekommen auch viele rekanalisierte Patienten mit gewissem Abstand zur Akutbehandlung und dann nicht selten dauerhaft.
Die Behandlung einer Hirnblutung
Auch wenn die Hirnblutung als Folge des Platzens eines Blutgefäßes im Gehirn, unter den Schlaganfällen nur 10 – 15 Prozent ausmacht, ist sie sehr bedeutsam, weil sie zu den besonders schweren Schlaganfällen gehört. Patienten mit Hirnblutung müssen nicht selten auf der Intensivstation behandelt werden, versterben häufiger oder überleben mit schwerwiegenderen Folgen.
Die Behandlung einer Hirnblutung beruht auf zwei Prinzipien: zum einen sollte die Blutung zum Stillstand gebracht werden, falls es noch nicht von allein geschehen ist. Zum anderen muss versucht werden, negative Folgen für das umliegende Hirngewebe zu vermeiden.
Für die Behandlung der Hirnblutung gibt es mehrere internationale Leitlinien, die aber bald überarbeitet werden müssen, weil es seit 2023 – zum Glück – neue Studienergebnisse zu Behandlungsmöglichkeiten gibt.5
Konservative Therapie
Nicht jede Hirnblutung muss operiert werden. Insbesondere kleine Einblutungen in die Gehirnsubstanz können sich gut „von alleine“ wieder zurückbilden, ähnlich wie ein Bluterguss unter der Haut. Voraussetzung hierfür ist eine normale Gerinnungsfähigkeit des Blutes. Wenn diese durch Medikamente (“Blutverdünner”) verändert ist, z.B. durch sog. Antikoagulantien, so muss sie mit Medikamenten normalisiert werden. Zudem sollte verhindert werden, dass es zu einer Zunahme der Blutung oder einer erneuten Einblutung an anderer Stelle kommt.
Hauptrisikofaktor hierfür ist ein hoher Blutdruck, daher ist eine sehr strenge Blutdruckeinstellung mit Werten unter 140/90 mmHg anzustreben. In der Akutphase ist daher immer eine Behandlung auf einer Überwachungsstation (Stroke Unit oder Intensivstation) nötig, um engmaschige Blutdruckkontrollen sicherzustellen, sowie eine anfangs zumeist intravenöse Gabe von blutdrucksenkenden Medikamenten einzuleiten. Eine frühe Blutdrucksenkung, zusammen mit anderen konservativen Maßnahmen wie Stabilisierung der Blutgerinnung, Blutzuckereinstellung oder Fiebersenkung konnte in einer aktuellen großen Studie die Situation von Patienten mit einer Hirnblutung verbessern.6
Manche Hirnblutungen liegen auch so tief im Gehirngewebe, dass ein operativer Zugang sehr schwierig oder gefährlich für den Patienten wäre. In diesen Fällen müsste der Operateur sich den Weg durch viel gesundes Gehirngewebe bahnen und würde dieses dadurch schädigen, um überhaupt die Blutung zu erreichen. Eine Möglichkeit kann dann die sog. dekompressive Hemikraniektomie sein, also die druckentlastende Entfernung des Schädeldeckels, was sich kürzlich als eine denkbare Option gezeigt hatte.7
Operative Therapie
Bei größeren Hirnblutungen, die massiven Druck auf das umliegende Hirngewebe ausüben, kann es erforderlich sein, die Blutung „auszuräumen“, also mittels Operation zu entfernen.2 Allerdings haben große Studien zu diesem Vorgehen bisher keine Vorteile gezeigt.
Teilweise kann es auch nötig sein, mittels eines dünnen Schlauches (Katheter), der in die Hirnkammern eingelegt wird, Druck im Gehirn zu reduzieren, indem Blut oder Nervenwasser (Liquor) vorübergehend nach außen abgeleitet wird. Wenn Blut in diese hirnwassergefüllten Räume eingedrungen ist, kann mittels eines solchen Schlauchs auch ein dortige Thrombolyse zur besseren Ableitung durchgeführt werden.
Nachdem sich über 30 Jahre in Studien kein chirurgischer Ansatz zur Ausräumung von Hirnblutungen als vorteilhaft gezeigt hat, hat sich aktuell die gewebeschonende, minimal-invasive Ausräumung per Port – ein in das Unterhautfettgewebe implantierter, dauerhafter Zugang zum Gefäßsystem – als vorteilhaft erwiesen. Die positiven Studienergebnisse beschränkten sich aber auf die mehr an der Hirnoberfläche gelegenen, also nicht die tief liegenden Blutungen. Zahlreiche weitere Studien mit ähnlichem Ansatz laufen momentan, und es darf auf vielversprechende Ergebnisse gehofft werden.
Insgesamt haben die positiven Signale zu diesen frühen (< 48h) Behandlungsoptionen zu neuer Hoffnung für Patienten mit Hirnblutungen geführt, die zunehmend mittels eines ganzen Maßnahmenbündels behandelt werden sollten.8,9
Die weitere Behandlung in der Akutklinik
An die akute Behandlung in den ersten Stunden nach Aufnahme in der Klinik schließt sich die Behandlung auf einer Schlaganfallspezialstation (sog. Stroke Unit) – seltener sogar auf Intensivstation – und im weiteren Verlauf auf einer Normalstation an. Dort findet eine weitere diagnostische Abklärung statt, damit eine mögliche Ursache für den Schlaganfall gefunden werden kann.
Nur wenn man die Ursache kennt, kann für die Zukunft eine wirkungsvolle Therapie eingeleitet werden, die möglichst ein erneutes Schlaganfall-Ereignis verhindern kann (sogenannte Sekundärprophylaxe).
Dauer des Krankenhausaufenthalts
Die Dauer des Klinikaufenthaltes richtet sich danach, ob sich bei den weiteren Untersuchungen andere behandlungsbedürftige Erkrankungen zeigen oder ob eine Entlassung direkt in eine Rehabilitationseinrichtung erfolgt. Bei komplikationsloser stationärer Behandlung ist mit 3 bis 5 Tagen Krankenhausaufenthalt zu rechnen, bei erschwerten Behandlungsabläufen können auch 2 bis 3 Wochen erforderlich sein.
Rehabilitation – die Behandlung nach der Akuttherapie
Ein großer Teil von Patienten führt nach einem Schlaganfall eine Rehabilitationsbehandlung durch.3 Diese kann sowohl stationär in einer Klinik oder ambulant erfolgen.
Stationäre Behandlung
Eine stationäre Behandlung ist geeignet für Patienten, die intensive neurologische Rehabilitation benötigen und die durch ihre Schlaganfall-Symptome so beeinträchtigt sind, dass sie eine ambulante Therapie von zu Hause aus nicht durchführen können.
Zumeist wird die Dauer für zunächst 3 Wochen durch den Kostenträger (Krankenkasse oder Rentenversicherung) bewilligt, wenn jedoch weiterer stationärer Behandlungsbedarf im Anschluss besteht, kann eine Verlängerung beantragt werden.
Für ältere Schlaganfallpatienten mit reduzierter körperlicher Belastbarkeit und / oder vielen Vorerkrankungen besteht statt einer neurologischen Rehabilitationsbehandlung die Möglichkeit zu einer geriatrischen Rehabilitation.
Ambulante Behandlung
Eine ambulante Behandlung ist geeignet für Patienten, die sich selbst versorgen können oder eine entsprechende Unterstützung im häuslichen Umfeld haben. Es muss ihnen möglich sein, die Rehabilitationseinrichtung regelmäßig zu den vorgegebenen Terminen zu erreichen. Da der Patient in seiner gewohnten Umgebung ist, kann mit den Therapeuten sehr gezielt für die Aktivitäten des täglichen Lebens geübt werden, da unmittelbar ersichtlich ist, in welchen Bereichen noch Rehabilitationsbedarf besteht.
Egal, ob stationär oder ambulant: Rehabilitation ist für die Patienten „harte Arbeit“. Sie benötigen Willenskraft, Ausdauer und Fleiß, denn das Gehirn lernt nur durch ständiges Wiederholen. Oft geben die Therapeuten „Hausaufgaben“ für zu Hause mit. Und auch nach einer stationären Rehabilitationsbehandlung wird es für den Patienten mit ambulanter Therapie weitergehen.
Die Rehabilitationsbehandlung nach einem Schlaganfall dauert oftmals Monate, bei manchen Menschen sogar Jahre, denn auch nach längerer Zeit können noch Erfolge erzielt werden.
Was beeinflusst die akute Behandlung eines Schlaganfalles?
Zeit: Je schneller ein Schlaganfall erkannt wird und medizinische Hilfe geleistet werden kann, desto schneller kann eine zielgerichtete Therapie eingeleitet werden. Für den Patienten bedeutet das: Das Risiko für eine bleibende Behinderung nach einem Schlaganfall wird verringert.
Symptome: Die Schwere der Symptomatik ist wichtig. Patienten mit nur sehr leichter Symptomatik würde man nicht dem Risiko einer möglicherweise komplikativen Therapie aussetzen. Weil sich diese aber verschlechtern können, muss der Patient trotzdem rasch ins Krankenhaus gelangen. Auch die Dauer der Symptome ist entscheidend: wichtig ist eine korrekte Angabe, wann die Symptome begonnen haben. Falsch und gefährlich für den Patienten ist es, eine Zeit zu „raten“, zu „spekulieren“ oder den Zeitpunkt des Auffindens des Patienten mit seinen Symptomen zu nennen. In unklaren Fällen muss dies dem behandelnden Arzt durch die Patienten, Angehörigen oder den Rettungsdienst auch so mitgeteilt werden, ebenso der Zeitpunkt, zu dem der Patient zuletzt besschwerdfrei gesehen wurde („Last seen well“). Andernfalls läuft der Patient durch eine mögliche, wohlgemeinte Therapie Gefahr, Komplikationen zu erleiden.
Ursache der Symptome: Nur wenn die Ursache der Symptome schnell und richtig diagnostiziert wird, kann die richtige Therapie gewählt werden. Sollte dies nicht möglich sein, wird eine Therapie vorgenommen, die den meisten Schlaganfallpatienten hilft.
Begleiterkrankungen und Begleitmedikation: Für die richtige Therapieentscheidung sind dies sehr wichtige Informationen. Die Einnahme einer blutverdünnenden Medikation sollte nie verschwiegen werden, ebenso sollte ehrlich angegeben werden, wenn die Medikamente eigenmächtig weggelassen worden sind. Tragisch wäre es beispielsweise, wenn der behandelnde Arzt davon ausgeht, dass stark blutverdünnende Medikamente eingenommen werden und daher eine Thrombolyse nicht oder erst mit Zeitverzögerung nach Kenntnis ausführlicher Blutgerinnungswerte durchgeführt wird.
Geeignetes Krankenhaus: JEDER Schlaganfallpatient MUSS schnellstmöglich in das geeignetste Krankenhaus, und zwar mit dem Rettungsdienst, nicht mit dem Privat-PKW. Auch die Vorstellung in der Arztpraxis ist eine unnötige Verzögerung. Welches Krankenhaus das geeignetste ist, entscheidet der Rettungsdienst.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autoren
Prof. Dr. med. Julian Bösel und Dr. med. Christina Rückert
Prof. Dr. med. Julian Bösel studierte von 1993 bis 2000 Medizin in Heidelberg und London mit Auslandsaufenthalten in Südafrika, Lateinamerika und den USA. Er spezialisierte sich von 2002 bis 2007 in Neurologie und experimenteller neurowissenschaftlicher Forschung über neuronale Hypoxie am Universitätsklinikum Charité Berlin. Von 2008 bis 2016 war er Oberarzt und Sektionsleiter für Akut- und Intensivneurologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Von 2017 bis 2022 war er Klinischer Direktor der Neurologie mit umfassendem Schlaganfallzentrum und Koordination des neuromuskulären Netzwerks am Klinikum Kassel, Campus Hospital der University of Southampton, Kassel. Derzeit ist er Adjunct Professor, Fakultät für Neurologie am Johns Hopkins University Hospital (USA) und 1. Vize-Präsident der Deutsche Gesellschaft für NeuroIntensiv- und Notfallmedizin (DGNI). Daneben hat er verschiedene andere Positionen und Mitgliedschaften in medizinischen Gesellschaften (z.B. DGN, DGNL, DSG, DIVI, NCS, ESO).
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Quellen
- Intensive Ambulance-Delivered Blood-Pressure Reduction in Hyperacute Stroke – Autoren: Gang Li, Yapeng Lin, Jie Yang, Craig S Anderson, Chen Chen, Feifeng Liu, Laurent Billot, Qiang Li, Xiaoying Chen, Xiaoqiu Liu, Xinwen Ren, Chunfang Zhang, Ping Xu, Lijun Wu, Feng Wang, Daijun Qiu, Mei Jiang, Yiqian Peng, Chaohui Li, Yiyang Huang, Xiaohui Zhao, Jiye Liang, Yao Wang, Xiangjun Wu, Xiaoyun Xu, Guofang Chen, Dongya Huang, Yue Zhang, Lian Zuo, Guozhao Ma, Yumei Yang, Junjie Hao, Xiahong Xu, Xinli Xiong, Yueyu Tang, Yijia Guo, Jianping Yu, Shuping Li, Song He, Fengkai Mao, Quandan Tan, Song Tan, Nengwei Yu, Ruxiang Xu, Mingwei Sun, Binghu Li, Jiang Guo, Leibo Liu, Hueiming Liu, Menglu Ouyang, Lei Si, Hisatomi Arima, Philip M Bath, Gary A Ford, Thompson Robinson, Else Charlotte Sandset, Jeffrey L Saver, Nikola Sprigg, H Bart van der Worp, Lili Song – Publikation: N Engl J Med. 2024 May 30;390(20):1862-1872. Epub 2024 May 16. – DOI: 10.1056/NEJMoa2314741
- MRI-Guided Thrombolysis for Stroke with Unknown Time of Onset – Autoren: Götz Thomalla, Claus Z Simonsen, Florent Boutitie, Grethe Andersen, Yves Berthezene, Bastian Cheng, Bharath Cheripelli, Tae-Hee Cho, Franz Fazekas, Jens Fiehler, Ian Ford, Ivana Galinovic, Susanne Gellissen, Amir Golsari, Johannes Gregori, Matthias Günther, Jorge Guibernau, Karl Georg Häusler, Michael Hennerici, André Kemmling, Jacob Marstrand, Boris Modrau, Lars Neeb, Natalia Perez de la Ossa, Josep Puig, Peter Ringleb, Pascal Roy, Enno Scheel, Wouter Schonewille, Joaquin Serena, Stefan Sunaert, Kersten Villringer, Anke Wouters, Vincent Thijs, Martin Ebinger, Matthias Endres, Jochen B Fiebach, Robin Lemmens, Keith W Muir, Norbert Nighoghossian, Salvador Pedraza, Christian Gerloff – Publikation: N Engl J Med. 2018 Aug 16;379(7):611-622. – DOI: 10.1056/NEJMoa1804355
- Endovascular thrombectomy for acute ischaemic stroke with established large infarct: multicentre, open-label, randomised trial – Autoren: Martin Bendszus, Jens Fiehler, Fabien Subtil, Susanne Bonekamp, Anne Hege Aamodt, Blanca Fuentes, Elke R Gizewski, Michael D Hill, Antonin Krajina, Laurent Pierot, Claus Z Simonsen, Kamil Zeleňák, Rolf A Blauenfeldt, Bastian Cheng, Angélique Denis, Hannes Deutschmann, Franziska Dorn, Fabian Flottmann, Susanne Gellißen, Johannes C Gerber, Mayank Goyal, Jozef Haring, Christian Herweh, Silke Hopf-Jensen, Vi Tuan Hua, Märit Jensen, Andreas Kastrup, Christiane Fee Keil, Andrej Klepanec, Egon Kurča, Ronni Mikkelsen, Markus Möhlenbruch, Stefan Müller-Hülsbeck, Nico Münnich, Paolo Pagano, Panagiotis Papanagiotou, Gabor C Petzold, Mirko Pham, Volker Puetz, Jan Raupach, Gernot Reimann, Peter Arthur Ringleb, Maximilian Schell, Eckhard Schlemm, Silvia Schönenberger, Bjørn Tennøe, Christian Ulfert, Kateřina Vališ, Eva Vítková, Dominik F Vollherbst, Wolfgang Wick, Götz Thomalla – Publikation: Lancet. 2023 Nov 11;402(10414):1753-1763. – DOI: 10.1016/S0140-6736(23)02032-9
- Access to and application of recanalizing therapies for severe acute ischemic stroke caused by large vessel occlusion – Autoren: Julian Bösel, Gordian J. Hubert, Jessica Jesser, Markus A. Möhlenbruch, Peter A. Ringleb – Publikation: Neurol Res Pract. 2023; 5: 19. – DOI: 10.1186/s42466-023-00245-9
- 2022 Guideline for the Management of Patients With Spontaneous Intracerebral Hemorrhage: A Guideline From the American Heart Association/American Stroke Association – Autoren: Steven M Greenberg, Wendy C Ziai, Charlotte Cordonnier, Dar Dowlatshahi, Brandon Francis, Joshua N Goldstein, J Claude Hemphill 3rd, Ronda Johnson, Kiffon M Keigher, William J Mack, J Mocco, Eileena J Newton, Ilana M Ruff, Lauren H Sansing, Sam Schulman, Magdy H Selim, Kevin N Sheth, Nikola Sprigg, Katharina S Sunnerhagen – Publikation: Stroke. 2022 Jul;53(7):e282-e361 – DOI: 10.1161/STR.0000000000000407
- The third Intensive Care Bundle with Blood Pressure Reduction in Acute Cerebral Haemorrhage Trial (INTERACT3): an international, stepped wedge cluster randomised controlled trial – Autoren: Lu Ma, Xin Hu, Lili Song, Xiaoying Chen, Menglu Ouyang, Laurent Billot, Qiang Li, Alejandra Malavera, Xi Li, Paula Muñoz-Venturelli, Asita de Silva, Nguyen Huy Thang, Kolawole W Wahab, Jeyaraj D Pandian, Mohammad Wasay, Octavio M Pontes-Neto, Carlos Abanto, Antonio Arauz, Haiping Shi, Guanghai Tang, Sheng Zhu, Xiaochun She, Leibo Liu, Yuki Sakamoto, Shoujiang You, Qiao Han, Bernard Crutzen, Emily Cheung, Yunke Li, Xia Wang, Chen Chen, Feifeng Liu, Yang Zhao, Hao Li, Yi Liu, Yan Jiang, Lei Chen, Bo Wu, Ming Liu, Jianguo Xu, Chao You, Craig S Anderson – Publikation: Lancet. 2023 Jul 1;402(10395):27-40 – DOI: 10.1016/S0140-6736(23)00806-1
- Decompressive craniectomy plus best medical treatment versus best medical treatment alone for spontaneous severe deep supratentorial intracerebral haemorrhage: a randomised controlled clinical trial – Autoren: Jürgen Beck, Christian Fung, Daniel Strbian, Lukas Bütikofer, Werner J Z’Graggen, Matthias F Lang, Seraina Beyeler, Jan Gralla, Florian Ringel, Karl Schaller, Nikolaus Plesnila, Marcel Arnold, Werner Hacke, Peter Jüni, Alexander David Mendelow, Christian Stapf, Rustam Al-Shahi Salman, Jenny Bressan, Stefanie Lerch, Arsany Hakim, Nicolas Martinez-Majander, Anna Piippo-Karjalainen, Peter Vajkoczy, Stefan Wolf, Gerrit A Schubert, Anke Höllig, Michael Veldeman, Roland Roelz, Andreas Gruber, Philip Rauch, Dorothee Mielke, Veit Rohde, Thomas Kerz, Eberhard Uhl, Enea Thanasi, Hagen B Huttner, Bernd Kallmünzer, L Jaap Kappelle, Wolfgang Deinsberger, Christian Roth, Robin Lemmens, Jan Leppert, Jose L Sanmillan, Jonathan M Coutinho, Katharina A M Hackenberg, Gernot Reimann, Mikael Mazighi, Claudio L A Bassetti, Heinrich P Mattle, Andreas Raabe, Urs Fischer – Publikation: Lancet. 2024 Jun 1;403(10442):2395-2404. – DOI: 10.1016/S0140-6736(24)00702-5
- Acute care bundles should be used for patients with intracerebral haemorrhage: An expert consensus statement – Autoren: Adrian R Parry-Jones, Susann J Järhult, Natalie Kreitzer, Andrea Morotti, Danilo Toni, David Seiffge, Alexander David Mendelow, Hiren Patel, Hens Bart Brouwers, Catharina Jm Klijn, Thorsten Steiner, Walter Brian Gibler, Joshua N Goldstein – Publikation: Eur Stroke J. 2024 Jun;9(2):295-302 – DOI: 10.1177/23969873231220235
- Treatment for intracerebral hemorrhage: Dawn of a new era – Autoren: David J Seiffge, Craig S Anderson – Publikation: Int J Stroke. 2024 Jun;19(5):482-489 – DOI: 10.1177/17474930241250259