Thrombolyse (Lysetherapie) ▷ Ablauf, Dauer, Risiken
In diesem Artikel:
- Was ist eine Thrombolyse?
- Lysetherapie bei Schlaganfall
- Dauer der Lysetherapie
- Risiken der Lyse
- Wie oft wird die Lysetherapie eingesetzt?
Was ist eine Thrombolyse bzw. Lysetherapie beim Schlaganfall?
Die Thrombolyse (auch Lysetherapie oder Lyse genannt) ist die medikamentöse Auflösung eines Blutgerinnsels (Thrombus bzw. Blutpfropf, der ein Blutgefäß verstopft) mit einer Substanz, die meistens intravenös z.B. in eine Armvene gespritzt (systemische Lyse) oder intraarteriell direkt am Blutgerinnsel verabreicht wird (lokale Lyse).
Sie wird zur Behandlung des ischämischen Schlaganfalls (Hirninfarkt), des Herzinfarkts und der Lungenembolie eingesetzt.
80 Prozent aller Schlaganfälle werden durch ein Blutgerinnsel verursacht, welches häufig aus dem Herzen bei Vorhofflimmern abgeschwemmt wird und eine Hirnarterie verstopft.
Wann wird die Lysetherapie bei Schlaganfall eingesetzt?
Die Lysetherapie mit dem Enzym rtPA wird in der Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls seit mehr als 20 Jahren weltweit angewandt, in Deutschland seit dem Jahr 2000.
Zeitkritisch: Die Anwendung sollte möglichst rasch nach Auftreten des Schlaganfalls erfolgen, denn “Zeit ist Hirn”. In Deutschland erreichen ca. ein Drittel der Schlaganfall-Patienten innerhalb des Zeitfensters von drei Stunden die Klinik, doch nur ca.12 Prozent werden mit einer Thrombolyse behandelt. Es besteht somit ein großes Verbesserungspotenzial, z.B. durch den Einsatz einer “mobilen Stroke Unit”, was einen entscheidenden Zeitgewinn bedeuten kann.
In einer Pressemitteilung der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) im Februar 2016 wird festgestellt: “Die Lysetherapie rettet seit 20 Jahren Millionen Menschen mit Schlaganfall das Leben und bewahrt sie vor schweren Behinderungen”.
Therapieziel: Das Therapieziel ist die Auflösung bzw. Beseitigung eines Blutgerinnsels, um die Durchblutung in einer verstopften Hirnarterie wiederherzustellen. Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) kann die Lyse bis zu 4 ½ Stunden nach Auftreten des Schlaganfalls durchgeführt werden, auch in Kombination mit der mechanischen Thrombektomie.
Bildgebung: In Ausnahmefällen kann mit spezieller Bildgebung (Kernspintomografie, MRT, NMR, MRI) definiert werden, ob eine Lysetherapie auch außerhalb des Zeitfensters von 4 ½ Stunden möglich ist. Dies gilt auch, wenn der Zeitpunkt des Schlaganfalls (z.B. im Schlaf) nicht exakt bestimmt werden kann.
Ältere Patienten: Auch Patienten, die älter als 80 Jahre sind, können von der Lyse profitieren. In der IST-3-Studie waren 46 Prozent der Schlaganfall-Patienten zwischen 81 und 90 Jahre alt, 7 Prozent sogar über 90 Jahre. Es konnte gezeigt werden, dass diese Altersgruppe tendenziell eher von einer Thrombolyse profitieren als jüngere Patienten. Zudem ist das Risiko einer Hirnblutung als Komplikation der Lyse in dieser Altersgruppe nicht erhöht.
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Wie lange dauert eine Lysetherapie?
Während etwa einer Stunde wird die Lyse-Substanz über einen Perfusor mit definierten Substanzmengen in eine oberflächliche Vene gespritzt.
Treten bei der Lysetherapie Nebenwirkungen oder Komplikationen auf?
In 3-8 Prozent der Behandlungen tritt eine Blutung in das mangeldurchblutete Hirngewebe auf, meistens ohne Verschlechterung der anfänglichen Symptome.
Wie häufig wird die Lyse-Therapie in Deutschland durchgeführt?
In einer kürzlich erschienenen Studie wurde festgestellt, dass in Deutschland bei 1,11 Millionen Schlaganfall-Patienten in den Jahren 2013 – 2017 die Lyserate von 12,4 auf 15,9 Prozent angehoben werden konnte. Das bedeutet, dass ca. jeder sechste Patient mit der intravenösen Lyse behandelt wurde.
Die mechanische Thrombektomie wurde als neueres Verfahren 2017 bei 5,8 Prozent der Patienten durchgeführt.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autor
Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen ist niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am Neurozentrum Ravensburg. Als Chefarzt leitete er die Abteilung für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit gehört die Diagnostik und Behandlung von Schlaganfällen. [mehr]
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Quellen
- Gemeinsame Presseinformation der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) – Februar 2016
- MRI-Guided Thrombolysis for Stroke with Unknown Time of Onset – Autoren: Götz Thomalla, M.D., Claus Z. Simonsen, M.D., Ph.D., Florent Boutitie, Ph.D., Grethe Andersen, M.D., D.M.Sc., Yves Berthezene, M.D., Bastian Cheng, M.D., Bharath Cheripelli, M.D., Tae-Hee Cho, M.D., Franz Fazekas, M.D., Jens Fiehler, M.D., Ian Ford, Ph.D., Ivana Galinovic, M.D., et al. – Publikation: N Engl J Med 2018; 379:611-622 – DOI: 10.1056/NEJMoa1804355
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