Stammganglieninfarkt ▷ Definition, Symptome, Behandlung und Prognose
In diesem Artikel:
Was sind die Stammganglien?
Die Stammganglien sind Ansammlungen von Nervenzellen (Ganglien), welche beiderseits tief im unteren Bereich des Großhirns und im Mittelhirn liegen, in der Abbildung oben rot-orange wiedergegeben. Die anatomischen Bezeichnungen der einzelnen Kerngebiete sind: Striatum (Putamen und Nucleus caudatus), Pallidum, Substantia nigra und Nucleus subthalamicus. Sie erhalten Nervenimpulse u.a. sowohl vom Großhirn als auch vom peripheren Nervensystem, z.B. von den Armen und Beinen.
Was ist die Funktion der Stammganglien?
Die Stammganglien spielen eine wesentliche Rolle für den geordneten Ablauf aller Bewegungen des Körpers. Sie regulieren komplexe motorische Abläufe wie z.B. das Gehen, handwerkliche Tätigkeiten, Klavierspielen, Fahrradfahren oder Tennisspielen. Die Stammganglien sind auch verantwortlich für die unwillkürlichen Bewegungen.
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Eine typische, nicht durch einen Schlaganfall verursachte Erkrankung der Stammganglien ist das weltweit verbreitete Parkinson-Syndrom. Es ist eine Stoffwechselstörung des Gehirns durch Dopamin-Mangel. Die häufigsten Symptome sind unwillkürliches Zittern (Tremor), Verlangsamung aller Bewegungen des Körpers und Gesichts (Akinese) und Steifheit der Muskulatur (Rigor).
Botenstoffe bzw. Neurotransmitter der Stammganglien sind:
- Dopamin, das sogenannte “Glückshormon”, welches eine erregende Funktion auf die Nerventätigkeit besitzt.
- Acetylcholin, welches als Neurotransmitter eine wesentliche Rolle für die Regulation vieler Körperfunktionen hat, z.B. bei der Übertragung von elektrischen Nervenimpulsen auf die Muskulatur, welche willkürliche Bewegungen ausführt.
- Gamma-Amino-Buttersäure (GABA), welches eine hemmende Funktion auf die Nerventätigkeit ausübt, z.B. bei einer Epilepsie, dem “elektrischen Hirnkrampf”.
Mögliche Symptome eines Stammganglieninfarkts
Häufig betrifft ein Stammganglieninfarkt auch die umgebenden Nervenstrukturen der Stammganglien und richtet damit größeren Schaden an. Das bedeutet, dass auch Nervenzellen und -bahnen geschädigt werden, welche andere und sehr wichtige Funktionen ausüben.
Da die Stammganglien im Hirngewebe z.B. direkt an die sog. Capsula interna angrenzen, kann die Sehbahn und die zentrale Nervenbahn für die Übermittlung der Impulse des Großhirns an die willkürliche Muskulatur, die sog. Pyramidenbahn, welche durch die Capsula interna verläuft, geschädigt werden.
Die wichtigsten und plötzlich auftretenden Symptome, die auch von Laien durch den FAST-Test festgestellt werden können, sind je nach Lokalisation und Ausdehnung der Hirnschädigung:
- Einseitig herabhängender Mundwinkel
- Auf der Gegenseite Halbseitenlähmung (Hemiparese bis Hemiplegie)
- Aphasie (Sprachstörung)1
- Hemianopsie (Gesichtsfeldeinschränkung)
- Tremor (Zittern im Bereich der Extremitäten oder des Kopfes)
- Koordinationsstörungen
- Sensibilitätsstörungen (Einschränkung oder Verlust von Empfindungen wie Berührung, Schmerz oder Temperatur
- Kognitive Einschränkungen i.R. einer vaskulären Demenz2
Behandlung
In der Notaufnahme des Krankenhauses wird nach den ärztlichen, neurologischen Untersuchungen schnellstmöglich unter dem Motto “Zeit ist Hirn” die Computertomographie (CT) veranlasst. Sie kann die zunächst wichtigste Frage beantworten, ob und in welchem Ausmaß eine Minderdurchblutung (Ischämie) oder eine Blutung als Ursache des Schlaganfalls vorliegt. Danach kann bei einer Ischämie geprüft werden, ob die medikamentöse Auflösung eines Blutgerinnsels (Lyse-Therapie) und/oder die Entfernung (Thrombektomie) durch NeuroradiologInnen erfolgen soll.
Bei einer Blutung kann es sinnvoll werden, NeurochirurgInnen beizuziehen, mit der Frage, ob ein operativer Eingriff notwendig ist.
Die weitere Akutbehandlung erfolgt auf der Stroke Unit, der Überwachungsstation für Schlaganfall-PatientInnen. Danach wird durch eine gezielte und intensive Neurorehabilitation stationär und ambulant oft mit gutem Erfolg versucht, die körperlichen, geistigen und seelischen Folgen des Schlaganfalls zu verbessern.
Prognose
Der weitere Verlauf nach einem Stammganglieninfarkt oder einer -blutung wird von der Ausdehnung der betroffenen Hirnregion bestimmt. Grundsätzlich haben kleinere, lakunäre Infarkte eine bessere Prognose als territoriale Infarkte, welche einen größeren Hirnbereich betreffen. Nach einem Stammganglieninfarkt oder einer -blutung treten nicht selten gravierende und behindernde Beeinträchtigungen auf, welche dauerhaft das weitere Leben bestimmen. Allerdings existieren für diese schwere Phase vielfältige Hilfen, um die Lebensqualität zu verbessern.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autoren
unter Mitarbeit von stud. med. Nina Siegmar
Prof. Dr. med. Hans Joachim von Büdingen ist niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am Neurozentrum Ravensburg. Als Chefarzt leitete er die Abteilung für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit gehört die Diagnostik und Behandlung von Schlaganfällen. [mehr]Sie erhalten von uns regelmäßig und kostenlos aktuelle Informationen rund um den Schlaganfall.
Quellen
- Aphasia in vascular lesions of the basal ganglia: A comprehensive review – Autoren: MarciaRadanovica, Leticia LessaMansurb – Publikation: Brain and Language Volume 173, October 2017, Pages 20-32 – DOI: 10.1016/j.bandl.2017.05.003
- Vaskuläre Demenz: Wie erkennen und behandeln? – Autoren: Hamann, Gerhard F. – Publikation: Dtsch Arztebl 2015; 112(49): [7]; – DOI: https://doi.org/10.3238/PersNeuro.2015.12.04.02