Ärztliche Nachsorge nach einem Schlaganfall ▷ Was passiert in der Allgemeinarzt- oder Facharztpraxis?
Warum ist die Nachsorge so wichtig für Schlaganfallpatienten?
Der Schlaganfall ist eine chronische Erkrankung und kann wiederholt auftreten. Daher ist eine möglichst strukturierte und konsequente Nachsorge eine wichtige Voraussetzung für eine positive Bewältigung der Beeinträchtigungen.
Hauptziel ist die Verhinderung eines erneuten Schlaganfalls, die Sekundärprävention.
Nachsorge ist Teamarbeit
Bei der Nachsorge helfen viele Menschen mit: Angehörige, Ärztinnen und Ärzte, Therapeuten und Betreuende wie Stroke Nurses und Sozialdienste.
Die Koordination liegt in den Händen der Ärztinnen und Ärzte.
Wichtig ist, dass alle Beteiligten reibungslos zusammenarbeiten. Das erfordert eine gute Vernetzung der Menschen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen.
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Was passiert in der Allgemeinarzt- oder Facharztpraxis?
Die Verlaufskontrollen nach einem Schlaganfall umfassen mehrere Bausteine:
- Sekundärprävention, also die empfohlene Vorsorge zur Verhinderung eines erneuten Schlaganfalls nach der Akutbehandlung.
- Überwachung der Risikofaktoren und Medikamenteneinnahme
- ergänzende bzw. Kontroll-Diagnostik
- Therapie von Komplikationen
- Koordination und Kooperation
Sekundärprävention – vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung eines erneuten Schlaganfalls
Bereits in der Akutphase in der Klinik wird sehr genau nach den Ursachen des jeweiligen Schlaganfalls geforscht. Warum ist das so wichtig? Meist ist die Ursache für den ersten Schlaganfall auch verantwortlich für einen erneuten.
In der Umsetzung der erforderlichen Sekundärprävention orientieren wir uns an den entsprechenden aktuellen Leitlinien der Fachgesellschaften. Die konkreten Leitlinien können Sie unter www.dgn.org/leitlinien nachlesen.
Die Leitlinien umfassen Empfehlungen zur medikamentösen Behandlung. Sie geben Orientierung zum Umgang mit den Risikofaktoren hinsichtlich der Arteriosklerose wie Hypercholesterinämie, Bluthochdruck und Diabetes mellitus. Der Lebensstil im Allgemeinen ist Thema, aber auch besondere Situationen wie Gefäßverengungen und Schlafapnoe.
Wir verordnen entsprechende Medikamente und richten die Aufmerksamkeit auf notwendige Veränderungen des Lebensstils.
Die folgenden 3 Risikofaktoren und Orientierungswerte rücken dabei oft in den Fokus:
Übermäßiger Alkoholkonsum
- Wer abstinent lebt, sollte dies beibehalten.
- Für Menschen mit starkem Alkoholkonsum ist es wichtig, die Menge zu reduzieren.
Übergewicht
- Ein guter BMI-Wert liegt zwischen 18,5 und 24,9 kg/m².
- Der Bauchumfang bei Männern sollte 102 cm nicht überschreiten. Für Frauen empfiehlt sich ein Bauchumfang unter 88 cm.
- Um Übergewicht zu reduzieren, ist eine Ernährungsumstellung notwendig.
Bewegungsmangel
- Regelmäßige Bewegung und sportliche Aktivitäten sind ein wichtiger Teil der Schlaganfallprophylaxe.
In unseren Gesprächen mit den Patienten wird immer wieder die Notwendigkeit der konsequenten Therapietreue (Adhärenz) betont. Das betrifft die vereinbarte Umsetzung der empfohlenen Medikation oder Therapien genauso wie die Anpassung der Lebensgewohnheiten.
Unser gemeinsames Ziel: das Risiko für einen erneuten Schlaganfall, andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder eine vaskuläre Demenz zu senken.
Ergänzende bzw. Kontroll-Diagnostik
Bei dieser Form der Diagnostik liegt das besondere Augenmerk auf Patienten mit bekannter Einengung (Stenose) der Arterien, die das Gehirn mit Blut versorgen. Hier sind regelmäßige Kontrollen durch die Doppler- und Duplexsonographie erforderlich.
Häufig werden im weiteren Verlauf geistige Einschränkungen diagnostiziert, die kurz nach dem Schlaganfall noch nicht zu erkennen waren. Oder sie standen hinter akuten medizinischen Problemen zurück.
Hierbei handelt es sich um neuropsychologische Störungen, also um die Beeinträchtigung der höheren Hirnleistungsfunktionen. Das können Störungen der Aufmerksamkeit, Konzentration, Merkfähigkeit oder ein Neglect sein. Sie können den Alltag der Patienten massiv einschränken. Insbesondere dann, wenn Betroffene wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.
Orientierende Untersuchungen in der Sprechstunde sind hilfreich. Bei Bedarf wird eine vertiefte neuropsychologische Untersuchung veranlasst.
Kontrolle auf Vorhofflimmern
Häufig tritt die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern mit zunehmendem Alter auf. Insbesondere bei Patienten mit uneindeutiger Ursache des ersten Schlaganfalls sind regelmäßige Kontrollen notwendig. Denn bei bis zu 20 Prozent der ursächlich ungeklärten Schlaganfälle lässt sich im weiteren Verlauf ein paroxysmales Vorhofflimmern feststellen.
Häufig ist es im Alltag jedoch nicht möglich, regelmäßige Langzeit-EKG-Kontrollen durchzuführen. Durch den Einsatz eines Eventrecorders, d.h., eines unter die Haut implantierten EKG-Aufzeichnungsgeräts, gelingt es, permanent die Herztätigkeit aufzuzeichnen. Auch die Apple-Watch oder ähnliche Geräte können hilfreich sein, wenn das Vorhofflimmern in größeren Zeitabständen auftritt.
Therapie von Komplikationen
Nach einem Schlaganfall können Komplikationen auftreten, die eine besondere medikamentöse Behandlung erfordern.
Dazu gehören Folgen wie
- Spastik (Hier ist natürlich auch das konsequente Umsetzen von Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie wichtig.)
- Symptomatische Epilepsie
- Depression
Die medizinische Versorgung nach einem Schlaganfall
Etwa ein Drittel aller Schlaganfallpatienten ist dauerhaft auf fremde Hilfe angewiesen. Sie profitieren am meisten davon, wenn Akut- und Rehabilitationskliniken, Haus- und Fachärzte, beteiligte Fachgruppen in der Rehabilitation (Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie) und Pflegedienste auch mit den Angehörigen eng zusammenarbeiten.
Nach der Entlassung aus der stationären Krankenhausbehandlung oder aus der Rehabilitationsklinik gilt es deshalb die ambulante Rehabilitationsbehandlung
- zielgerichtet fortzusetzen,
- zu koordinieren und
- zu dokumentieren.
Die wichtigsten Fragen, die immer wieder aufkommen, sind:
- Gibt es einen ambulanten Therapiebedarf?
- Ist eine erneute Reha-Maßnahme erforderlich?
- Wie sieht die Arbeitsplatzsituation aus?
- Sollte über eine Veränderung der Wohnsituation nachgedacht werden?
Wichtige Kooperationspartner sind:
Integrationsfachdienst
- Berufliche Orientierung und passende Übergänge
- Beratung und Begleitung im und zurück ins Arbeitsleben
- Angebote für Arbeitgeber
Selbsthilfegruppen
- für Schlaganfallbetroffene und deren Angehörige
- für Aphasiebetroffene und deren Angehörige
Sie haben eine Frage zum Schlaganfall? Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen und Angehörigen in unserem Forum aus.
- Schlaganfall-Nachsorge – Therapie, Rehabilitation und Sekundärprävention
- Wie häufig ereignen sich erneute Schlaganfälle?
- Rehabilitation nach einem Schlaganfall
Sie erhalten von uns regelmäßig und kostenlos aktuelle Informationen rund um den Schlaganfall.
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Artikel erstmalig veröffentlicht am: - Nächste geplante Aktualisierung am:
Autor
Dr. med. Jürgen Kunz ist niedergelassener Facharzt für Neurologie am Neurozentrum Ravensburg. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Behandlung von Patienten nach einem Schlaganfall. Bei der Behandlung eines Schlaganfalls ist für ihn die sektorenübergreifende Zusammenarbeit mit anderen Ärzten und Therapeuten sehr wichtig. [mehr]